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Albinos - Kontinente

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REPORTAGE<br />

Arme sind mit dunkelbraunen Flecken übersät: Melanome,<br />

Symptome von schwerem Hautkrebs. Ihr Hals ist rauh und<br />

faltig wie der einer alten Frau, permanente Sonnenbrände<br />

haben ihre Haut vorschnell altern lassen. Das krause, weißblonde<br />

Haar verbirgt Peres unter einem engen roten Kopftuch.<br />

Und auf ihrem Rücken schlummert selig ihr ganzer<br />

Stolz: ein schwarzes Baby. Peres nimmt die Welt aus halb<br />

geschlossenen, farblosen Augen wahr, die mühsam gegen<br />

die Sonne anblinzeln. Während sie einen Teller Reis dicht<br />

unter ihre Augen hält, um Spelzen und schadhafte Körner<br />

auszusortieren, erzählt sie, was am 12. Dezember 2008 geschah.<br />

Banditen dringen in ihr Haus ein. Sie schießen auf ihren<br />

Onkel und hacken ihm die rechte Hand ab. Peres rennt um<br />

ihr Leben bis zur nächsten Polizeistation. Ihr Onkel stirbt,<br />

die Behörden bringen seine Nichte und ihr Baby nach<br />

Kabanga. Hier ist sie nun seit mehr als einem Jahr. „Ich<br />

möchte nicht wieder heim. Ich habe Angst“, sagt Peres.<br />

„Aber ich fühle mich schlecht, weil ich zu Hause meine<br />

Felder nicht mehr bestellen kann.“<br />

„Ich fühle micht schlecht, weil ich meine<br />

Felder nicht mehr bestellen kann.“<br />

Peres Buchinhuri, 35, seit Dezember 2008 in Kabanga<br />

Lernen: Semeni, 18, lernt für ihren Schulabschluss. Viele Albinokinder haben in Kabanga das erste Mal Gelegenheit, eine Schule zu besuchen.<br />

Kochen: Die Frauen vertreiben sich die Zeit mit Reis lesen oder Kassava schälen, während ihre Felder zu Hause brach liegen bleiben.<br />

Die magischen Kräfte der weißen Schwarzen<br />

In Kabanga, wo die Behörden mittlerweile 50 <strong>Albinos</strong> aus<br />

der Region einquartiert haben, werden die Menschen zwar<br />

täglich mit Nahrung versorgt. Aber sie sind aus ihrem Alltag<br />

und ihren Familien seit mehr als einem Jahr herausgerissen.<br />

Ihre Tage vergehen mit Kochen, Waschen, Schlafen – und<br />

Warten auf bessere Zeiten.<br />

Tansania, aufstrebendes Urlaubsparadies für westliche<br />

Touristen, schockt die Welt mit Nachrichten über bestialische<br />

Ritualmorde. Seit Ende 2007 sind dort mindestens 50<br />

<strong>Albinos</strong> ermordet worden. Die Angreifer hacken ihnen<br />

Arme und Beine ab, trennen Brüste und Genitalien ab,<br />

stechen ihnen die Augen aus. Die begehrten Körperteile<br />

bringen sie zu Heilern und Hexenmeistern, die daraus<br />

Pulver und Zaubertränke machen. Sie sollen Glück in der<br />

Liebe, im Leben und im Geschäft bringen. Fischer nageln<br />

Albinohaut an ihre Schiffsplanken oder weben Albinohaar<br />

in ihre Netze in der Hoffnung auf einen reichen Fischfang.<br />

Heiler versprechen Erfolg bei der Suche nach Gold oder<br />

anderen Bodenschätzen, wenn sie eine Tinktur aus Albinozutaten<br />

am Eingang einer Mine und in deren Stollen verspritzen.<br />

Sie versprechen ihren Kunden Reichtum, wenn sie<br />

Albinoblut trinken, aus Albinohaut gefertigte Schuhe oder<br />

ein Amulett mit dem Köperteil eines <strong>Albinos</strong> tragen.<br />

In Tansania und seinen Nachbarländern ist der alte Aberglaube<br />

an die magischen Kräfte der verfluchten Weißen neu<br />

erblüht und hat den makabren Handel mit ihren Körperteilen<br />

zu einem lukrativen Geschäft gemacht. „Mir hat man<br />

gesagt, dass eine Albinohand bis zu umgerechnet 22 000<br />

Euro kosten kann”, erzählt Bruder Theo Call. „Aber hier hat<br />

wohl kaum jemand so viel Geld“, meint er. Solch einen Preis<br />

könnten allenfalls die Goldsucher im Kongo bezahlen. In<br />

<br />

Scherzen: Pendo, 20 (rechts), bringt die anderen Frauen gerne zum Lachen.<br />

1-2010 kontinente • 25

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