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1. Familienbericht der Stadt Bad Bentheim

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<strong>1.</strong> <strong>Familienbericht</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong><br />

Kin<strong>der</strong>betreuung in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong><br />

„Weil unsere Kin<strong>der</strong> unsere einzige<br />

reale Verbindung in die Zukunft sind<br />

und weil sie die Schwächsten sind,<br />

gehören sie an die erste Stelle <strong>der</strong> Gesellschaft.“<br />

Olof Palme<br />

<strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> 2007<br />

erstellt von Frie<strong>der</strong>ike Orth


<strong>Familienbericht</strong> 2007 2 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Inhalt<br />

<strong>1.</strong> Vorbemerkung<br />

2. Demografische Daten<br />

2.1 Bevölkerung und Bevölkerungsentwicklung<br />

2.2 Altersstruktur<br />

2.3 Auslän<strong>der</strong><br />

3. Soziale Daten zu Familien<br />

3.1 Haushalte mit Kin<strong>der</strong>n<br />

3.2 Alleinerziehende<br />

3.3 Sozialhilfebezug<br />

4. Die Betreuung in den Kin<strong>der</strong>gärten<br />

5. Die Betreuung in <strong>der</strong> Tagespflege<br />

6. Ergebnisse aus Gesprächen mit Migrantenfamilien<br />

7. Schlussfolgerungen<br />

Literaturverzeichnis<br />

Anhang:<br />

<br />

<br />

Antrag auf Erstellung eines <strong>Familienbericht</strong>es<br />

Interviewleitfaden


<strong>Familienbericht</strong> 2007 3 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

<strong>1.</strong> Vorbemerkung<br />

Die immense Bedeutung von Familien für das Funktionieren unserer Gesellschaft wird<br />

spätestens, seit <strong>der</strong> „demografische Wandel“ in aller Munde ist, endlich erkannt.<br />

Familien sind unverzichtbare Leistungsträger. Sie sichern den Fortbestand <strong>der</strong><br />

Bevölkerung, erwirtschaften einen großen Teil des Bruttosozialproduktes und bilden<br />

mit ihren sozialen Netzen die Grundstruktur in den Städten und Gemeinden.<br />

Die familienpolitischen Maßnahmen des Bundesfamilienministeriums scheinen bereits<br />

in diesem Jahr zu einer günstigen Entwicklung <strong>der</strong> Geburtenzahlen geführt zu haben.<br />

Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden sind 2007<br />

seit 10 Jahren erstmals wie<strong>der</strong> ca. 1 % mehr Kin<strong>der</strong> in Deutschland zur Welt<br />

gekommen als im Vorjahr.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e auf kommunaler Ebene wird Familienfreundlichkeit zu einem<br />

bedeutenden Standortfaktor. Denn Familie wird vor Ort, in den Städten, Kreisen und<br />

Gemeinden erlebt. Hier fallen die Entscheidungen für o<strong>der</strong> gegen Kin<strong>der</strong> und genau<br />

hier muss Familienpolitik konkret gestaltet werden.<br />

Warum ein <strong>Familienbericht</strong>?<br />

<strong>Familienbericht</strong>erstattung soll helfen, die Lebensumstände von Familien in einer<br />

Kommune für die Politik transparenter zu machen und zielorientiert in lokale<br />

Maßnahmen münden zu lassen. Ein <strong>Familienbericht</strong> bildet eine fundierte fachliche<br />

Grundlage für die Entwicklung von Leitzielen und Prioritäten, die die tatsächlichen<br />

Bedürfnisse von Familien berücksichtigt.<br />

Daher haben alle zuständigen Ratsgremien <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> auf Antrag 1 des<br />

Ratsmitgliedes Michael Aßmann einstimmig beschlossen, ebenfalls einen<br />

<strong>Familienbericht</strong> anfertigen zu lassen.<br />

Häufig werden <strong>Familienbericht</strong>e von darauf spezialisierten Forschungsinstituten<br />

erstellt, die dann sämtliche für Familien, Kin<strong>der</strong> und Jugendliche relevanten Daten<br />

erfassen und zusätzlich eine umfangreiche Familienbefragung durchführen und<br />

auswerten. Diese Dimension war für <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> nicht finanzierbar. Zudem soll in<br />

<strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> eine regelmäßige Fortschreibung des <strong>Familienbericht</strong>es erfolgen.<br />

Daher liegt eine wechselnde inhaltliche Schwerpunktsetzung näher.<br />

Zwar hat <strong>der</strong> vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene „Familienatlas<br />

2007“ dem Landkreis Grafschaft <strong>Bentheim</strong> insgesamt recht gute Noten ausgestellt,<br />

allerdings sind auch deutliche Mängel in puncto Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

zutage getreten. Hierfür ist insbeson<strong>der</strong>e die Situation in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

entscheidend. Daher liegt hier <strong>der</strong> Schwerpunkt dieses ersten <strong>Familienbericht</strong>es.<br />

<strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> befindet sich insofern in einer beson<strong>der</strong>en Situation, als in den<br />

vergangenen Jahren durch den starken Zuzug von Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>n, die momentan ca.<br />

1 Der Antrag befindet sich im Wortlaut im Anhang.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 4 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

11% <strong>der</strong> Bevölkerung stellen, eine positive Bevölkerungsentwicklung zu verzeichnen<br />

ist. Allerdings sind die in den Nie<strong>der</strong>landen berufstätigen Mütter und Väter noch viel<br />

stärker auf ein umfassendes Angebot in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung angewiesen, da sie<br />

üblicherweise bereits 2-3 Monate nach <strong>der</strong> Geburt eines Kindes wie<strong>der</strong> arbeiten<br />

müssen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Viele nie<strong>der</strong>ländische Familien<br />

nutzen daher weiter die Betreuungsangebote in <strong>der</strong> Nähe ihrer Arbeitsstellen in den<br />

Nie<strong>der</strong>landen. Eine Integration dieser Familien in unsere Gesellschaft wird dadurch<br />

erschwert. Die Sprachschwierigkeiten, auf die die Kin<strong>der</strong> dann in deutschen Schulen<br />

stoßen, sind ungleich größer. Der Besuch <strong>der</strong> hiesigen Kitas mit all den Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> frühen Sprachför<strong>der</strong>ung bietet eine wichtige Basis für spätere Bildungserfolge<br />

und damit auch gesellschaftliche Teilhabe.<br />

Das heißt, wenn wir den zugezogenen Familien sowohl aus den Nie<strong>der</strong>landen, als<br />

auch aus <strong>der</strong> Türkei, den Staaten <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion o<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>en<br />

Land eine echte Chance zur Integration bieten wollen, müssen wir auch ihren Bedarf<br />

an Kin<strong>der</strong>betreuung ausloten und möglichst erfüllen. Dazu möchte dieser<br />

<strong>Familienbericht</strong> einen Beitrag leisten.<br />

Zur Methodik:<br />

Neben den allgemeinen demografische Daten, also den Bevölkerungszahlen in <strong>Bad</strong><br />

<strong>Bentheim</strong> und <strong>der</strong> Altersstruktur, wurden spezifische Zahlen zur sozialen Lage von<br />

Familien zusammengestellt. Die Anzahl <strong>der</strong> Haushalte mit Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong><br />

Alleinerziehenden und des Sozialhilfebezuges mit Rückschlüssen auf die Kin<strong>der</strong>armut<br />

in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> wurden ermittelt.<br />

Zur Situation in den Kin<strong>der</strong>gärten sind zunächst die Betreuungsangebote aller<br />

<strong>Bentheim</strong>er Kitas beschrieben. Dann wurde die Betreuungsquote <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Nationalitäten und Jahrgänge erfasst. Auch die finanzielle Situation <strong>der</strong> Eltern in den<br />

Kin<strong>der</strong>gärten wurde anhand <strong>der</strong> gestaffelten Beitragssätze transparent gemacht.<br />

Außerdem wurden mit Vertreterinnen <strong>der</strong> wichtigsten Nationalitäten strukturierte<br />

Interviews 2 geführt, um ihre Meinung über die Akzeptanz <strong>der</strong> hiesigen<br />

Kin<strong>der</strong>betreuungsangebote unter ihren Landsleuten einzuholen.<br />

2 Der Interviewleitfaden befindet sich ebenfalls im Anhang.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 5 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

2. Demografische Daten<br />

2.1 Bevölkerung und Bevölkerungsentwicklung<br />

In <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> leben mit Stand vom <strong>1.</strong> September 2007 insgesamt<br />

16.344 Menschen.<br />

Nach den Daten des Nie<strong>der</strong>sächsischen Landesamtes für Statistik vom 30.6. 2007<br />

gab es im <strong>1.</strong> Halbjahr 2007 seit dem Jahr 2000 erstmals eine leicht negative<br />

Bevölkerungsentwicklung (-20). Diese erklärt sich zum einen aus <strong>der</strong> schon seit 2001<br />

ungünstigen Geburten- und Sterberate, zum an<strong>der</strong>en aus einer relativ hohen Zahl an<br />

Fortzügen, wodurch <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ungssaldo nicht wie in den Vorjahren den<br />

Bevölkerungssaldo ausgleichen konnte (siehe Abb. 1).<br />

Bevölkerungsfortschreibung 2000 - 2007<br />

Lebend-<br />

Geburten-<br />

Wan<strong>der</strong>ungs- Bevölkerungs-<br />

<strong>1.</strong> Halbjahr geborene Gestorbene saldo Zugezogene Fortgezogene saldo saldo<br />

2000 83 77 6 328 315 13 19<br />

2001 62 74 -12 340 289 51 39<br />

2002 59 69 -10 471 283 188 178<br />

2003 61 81 -20 412 312 100 80<br />

2004 52 106 -54 412 335 77 23<br />

2005 64 92 -28 359 286 73 45<br />

2006 39 77 -38 414 344 70 32<br />

2007 50 98 -48 460 432 28 -20<br />

Lebend-<br />

Geburten-<br />

Wan<strong>der</strong>ungs- Bevölkerungs-<br />

Gesamtjahr geborene Gestorbene saldo Zugezogene Fortgezogene saldo saldo<br />

2000 147 171 -24 765 678 87 63<br />

2001 132 150 -18 875 660 215 197<br />

2002 125 137 -12 1071 618 453 441<br />

2003 136 171 -35 851 692 159 124<br />

2004 133 197 -64 863 690 173 109<br />

2005 118 171 -53 751 668 83 30<br />

2006 92 151 -59 890 699 191 132<br />

Abb. 1


<strong>Familienbericht</strong> 2007 6 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

2.2 Alterstruktur<br />

Die <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>er Bevölkerung weist am <strong>1.</strong> September 2007 folgende<br />

Altersstruktur auf:<br />

Alterstruktur am <strong>1.</strong> September 2007<br />

0 bis 3 Jahre 521<br />

4 bis 6 Jahre 430<br />

7 bis 15 Jahre 1626<br />

16 bis 18 Jahre 597<br />

Altersstruktur 2007<br />

0 bis 18 Jahre 3174 19,42%<br />

19 bis 65 Jahre 10080 61,67%<br />

Über 65 Jahre 3090 18,91%<br />

0 bis 18 Jahre<br />

19 bis 65 Jahre<br />

Über 65 Jahre<br />

Gesamt 16344<br />

Abb. 2<br />

Die Differenzierung nach den drei Altersgruppen 0 bis 18 Jahre (wirtschaftlich und<br />

sozial abhängige Kin<strong>der</strong> und Jugendliche), 19 bis 65 Jahre (wirtschaftlich aktive<br />

Altersgruppe) und über 65 Jahre (Ältere und Alte) erlaubt Aussagen sowohl über die<br />

„Überalterung“ eines Ortes, als auch über das Unterstützungspotential und die<br />

familiäre Prägung.<br />

Im Jahr 2007 liegt <strong>der</strong> „Jugendquotient“ (Verhältnis <strong>der</strong> Personen unter 18 Jahren zu<br />

100 Personen im „erwerbsfähigen“ Alter, also 19 bis 65 Jahre) bei 31,5. Der<br />

„Altenquotient“ (Anzahl <strong>der</strong> über 65-jährigen pro 100 „Erwerbsfähige“) ist bei 30,6.<br />

Der „Alt-Jung-Quotient“ (Anzahl <strong>der</strong> über 65-jährigen pro 100 unter 18-jähirge)<br />

beträgt 97,3, ist also fast 1:<strong>1.</strong> Hier gilt ein Faktor unter 100 als günstig. Der<br />

„Unterstützungsquotient“ (Junge und Alte pro 100 „Erwerbsfähige“) liegt bei 62,<strong>1.</strong><br />

Beim Vergleich mit <strong>der</strong> Altersstruktur im Jahre 2003 3 (siehe Abb. 3) fällt zunächst<br />

auf, dass bereits in dieser kurzen Zeit, trotz Bevölkerungswachstums, weniger<br />

Menschen unter 18 Jahren und mehr Menschen über 65 Jahren in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong><br />

leben.<br />

3 Im Jahr 2003 wurde im Einwohnermeldeamt ein neues Datenerfassungssystem eingeführt,<br />

deswegen sind erst ab dieser Zeit die Daten in dieser Differenzierung verfügbar.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 7 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Alterstruktur am 2. November 2003<br />

0 bis 3 Jahre 560<br />

4 bis 6 Jahre 517<br />

7 bis 15 Jahre 1638<br />

16 bis 18 Jahre 585<br />

Altersstruktur 2003<br />

0 bis 18 Jahre 3300 20,64%<br />

19 bis 65 Jahre 10029 62,72%<br />

Über 65 Jahre 2660 16,64%<br />

0 bis 18 Jahre<br />

19 bis 65 Jahre<br />

Über 65 Jahre<br />

15989<br />

Abb. 3<br />

Der Jugendquotient lag damals noch bei 32,9, <strong>der</strong> Altenquotient bei 26,5 und <strong>der</strong><br />

Unterstützungsquotient betrug 59,4. Beson<strong>der</strong>s die Verschiebung des Alt-<br />

Jungquotienten, <strong>der</strong> 2003 noch bei 80,6 lag und heute bereits 97,3 beträgt, ist<br />

bemerkenswert und veranschaulicht die Alterung <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Vergleich <strong>der</strong> Altersstruktur 2003 – 2007<br />

2003 2007<br />

Jugendquotient 32,9 31,5<br />

Altenquotient 26,5 30,6<br />

Alt-Jung-Quotient 80,6 97,3<br />

Unterstützungsquotient 59,4 62,1<br />

Abb. 4<br />

Laut Bevölkerungsvorausberechnungen <strong>der</strong> Bertelsmannstiftung ist zwar durch den<br />

Zuzug von Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>n bis 2020 mit einem Bevölkerungsanstieg um ca. 12 % zu<br />

rechnen, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> 0 - 18-jährigen wird jedoch um rund 17 % sinken, während<br />

<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> 65 – 79-jährigen um ein Drittel wachsen und sich <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> über<br />

80-jährigen sogar verdoppeln wird. 4<br />

4 Vgl. www.wegweiserdemographie.de


<strong>Familienbericht</strong> 2007 8 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

2.3 Auslän<strong>der</strong><br />

In <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> leben mit Stand vom <strong>1.</strong> September 2007 16.344 Menschen. 84,8%<br />

davon haben die deutsche Staatsangehörigkeit, 10,6% die nie<strong>der</strong>ländische und 4,7%<br />

an<strong>der</strong>e Staatsangehörigkeiten.<br />

Wohnbevölkerung<br />

gesamt Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Auslän<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> gesamt<br />

Anzahl 16.344 13.853 <strong>1.</strong>727 764 2.491<br />

Prozent 84,8% 10,6% 4,7% 15,2%<br />

Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit<br />

Deutsche<br />

Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Auslän<strong>der</strong><br />

Abb. 5<br />

Von den nicht nie<strong>der</strong>ländischen Auslän<strong>der</strong>n bilden die türkischen Staatsangehörigen<br />

mit 327 Personen die größte Gruppe, gefolgt von russischen Staatsangehörigen mit<br />

289 Personen 5 . Alle an<strong>der</strong>en Nationalitäten sind nur vereinzelt vertreten.<br />

Hier sei jedoch darauf hingewiesen, dass wesentlich mehr Menschen in <strong>Bad</strong><br />

<strong>Bentheim</strong> einen Migrationshintergrund haben. „Die Ergebnisse des Mikrozensus 2005<br />

haben gezeigt, dass <strong>der</strong> Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund gut doppelt<br />

so hoch ist wie <strong>der</strong> statistisch erfasste Auslän<strong>der</strong>anteil. (...) Mittlerweile hat jedes<br />

vierte Kind einen Migrationshintergrund.“ (Landtagsdrucksache 15/3900, S. 358)<br />

5 Fasst man alle Staatsangehörigen <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion zusammen, bilden sie mit 513<br />

Personen nach den Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>n die größte Gruppe von Auslän<strong>der</strong>n in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 9 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

3. Soziale Daten zu Familien<br />

3.1 Haushalte mit Kin<strong>der</strong>n<br />

Laut den Zahlen <strong>der</strong> Familienkasse Osnabrück vom September 2007 gibt es in <strong>Bad</strong><br />

<strong>Bentheim</strong> <strong>1.</strong>324 Kin<strong>der</strong>geldfälle mit Kin<strong>der</strong>n unter 18 Jahren 6 .<br />

Die genaue Zahl <strong>der</strong> Haushalte wird in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> vom Einwohnermeldeamt nicht<br />

erfasst. Es wird von ungefähr 7000 Haushalten ausgegangen.<br />

Abb. 6<br />

Gesamt Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Auslän<strong>der</strong><br />

Haushalte mit Kin<strong>der</strong>n 1324 1139 92 93<br />

Haushalte mit 1 Kind 389 356 13 20<br />

Haushalte mit 2 Kin<strong>der</strong>n 636 539 56 41<br />

Haushalte mit 3 Kin<strong>der</strong>n 227 189 18 20<br />

Haushalte mit 4 Kin<strong>der</strong>n 55 43 3 9<br />

Haushalte mit 5 Kin<strong>der</strong>n 17 12 2 3<br />

3.2 Alleinerziehende<br />

Von den 1324 Haushalten mit Kin<strong>der</strong>n unter 18 Jahren sind 239 Haushaltsvorstände<br />

allein erziehend. Dies entspricht einer Quote von 18%.<br />

218 <strong>der</strong> Alleinerziehenden sind weiblich, 21 männlich.<br />

Nach Nationalitäten glie<strong>der</strong>n sich die Alleinerziehenden wie folgt:<br />

Alleinerziehende<br />

gesamt Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Auslän<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> insges.<br />

Anzahl 239 211 11 17 28<br />

Prozent 88,30% 4,60% 7,10% 11,70%<br />

Abb. 7<br />

Von den 239 Alleinerziehenden waren 71 auf Sozialhilfe angewiesen.<br />

6 Die Kin<strong>der</strong>geldberechtigten sind in aller Regel die Eltern. Auch Verwandte o<strong>der</strong> Pflegeeltern, die<br />

Kin<strong>der</strong> in familienähnlicher Weise in ihren Haushalt aufgenommen haben, können Kin<strong>der</strong>geld<br />

beantragen.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 10 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

3.3 Sozialhilfebezug<br />

Bekanntermaßen sind Familien mit mehreren Kin<strong>der</strong>n überdurchschnittlich von Armut<br />

betroffen und auf soziale Hilfen angewiesen.<br />

In <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> gibt es am 30. Juni 2007 403 Fälle o<strong>der</strong> 883 Personen, die<br />

Sozialhilfe (nach SGB II), also die sogenannten Hartz IV-Leistungen beziehen. Von<br />

den 403 Fällen sind 172 Alleinstehende, 55 Paare ohne Kin<strong>der</strong>, 105 Paare mit<br />

Kin<strong>der</strong>n und 71 Alleinerziehende.<br />

Von den 105 Familien sind 37 mit 1 Kind, 32 mit 2 Kin<strong>der</strong>n und 36 mit 3 o<strong>der</strong> mehr<br />

Kin<strong>der</strong>n.<br />

Von den 71 Alleinerziehenden sind 35 mit 1 Kind, 24 mit 2 Kin<strong>der</strong>n und 12 mit 3 o<strong>der</strong><br />

mehr Kin<strong>der</strong>n.<br />

Sozialhilfebezug am 30. Juni 2007<br />

403 Fälle<br />

Davon: Alleinstehende 172<br />

Paare ohne Kin<strong>der</strong> 55<br />

Paare mit Kin<strong>der</strong>n 105 Davon mit 1 Kind: 37<br />

Mit 2 Kin<strong>der</strong>n: 32<br />

Mit 3 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n: 36<br />

Alleinerziehende 71 Davon mit 1 Kind: 35<br />

Mit 2 Kin<strong>der</strong>n: 24<br />

Mit 3 o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n: 12<br />

Abb. 8<br />

883 Personen<br />

Davon: Unter 18 Jahre: 301<br />

Über 18 Jahre: 582<br />

Insgesamt gibt es 301 Kin<strong>der</strong> unter 18 Jahren mit Anspruch auf Sozialhilfe.<br />

Darüber hinaus gibt es 27 Kin<strong>der</strong> unter 18 Jahren, die Sozialleistungen als geduldete<br />

Asylbewerber beziehen.<br />

Damit leben mindestens 328 Kin<strong>der</strong> in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> an <strong>der</strong> Armutsgrenze, das sind<br />

10,3% aller Kin<strong>der</strong> unter 18 Jahren 7 . Bei Menschen über 18 Jahren ist die<br />

Sozialhilfequote mit 4,6% nicht einmal halb so hoch.<br />

Neben den auf Sozialhilfe angewiesenen Familien gibt es eine nicht näher zu<br />

bestimmende Zahl an Familien, die durch Berufstätigkeit ein Einkommen auf<br />

Sozialhilfeniveau erzielen. Die Zahl <strong>der</strong> von Armut betroffenen Kin<strong>der</strong> dürfte also<br />

noch höher liegen.<br />

7 Landkreisweit sind es ebenfalls ca. 10%.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 11 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

4. Die Betreuung in den Kin<strong>der</strong>gärten 8<br />

In <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> gibt es zwei Spielkreise in städtischer Trägerschaft, die<br />

sich in den Ortsteilen Sieringhoek und Waldseite befinden. Sie verfügen über 20<br />

bzw. 23 Plätze und bieten Betreuungszeiten von 8 bis 12 Uhr an.<br />

Im Ortsteil Gildehaus befinden sich die evangelisch-reformierten Kin<strong>der</strong>gärten<br />

Sonnenschein und Regenbogen. Im Kin<strong>der</strong>garten Regenbogen gibt es seit dem <strong>1.</strong><br />

Oktober 2007 eine provisorisch untergebrachte 9 Krippengruppe mit 7 Plätzen. In<br />

einem Fall teilen sich zwei Kin<strong>der</strong> einen Platz, gehen also nur an zwei, bzw. drei<br />

Tagen <strong>der</strong> Woche in die Gruppe. Darüber hinaus existieren zwei Regelgruppen mit<br />

jeweils 25 Kin<strong>der</strong>n. Die maximalen Öffnungszeiten sind momentan von 7.30 Uhr bis<br />

12.30 Uhr.<br />

Der Kin<strong>der</strong>garten Sonnenschein hat eine Krippengruppe mit 15 Plätzen und drei<br />

Regelgruppen für jeweils 22, bzw. 23 Kin<strong>der</strong>. Hier sind die Öffnungszeiten ebenfalls<br />

von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr. Daneben gibt es eine Ganztagsgruppe für 22 Kin<strong>der</strong>, die<br />

bis 17.00 Uhr geöffnet ist. Auch die Krippenkin<strong>der</strong> können bis 17.00 Uhr betreut<br />

werden. Mittags wird von einer Hauswirtschafterin im Kin<strong>der</strong>garten gekocht. Das<br />

Mittagessen wird meist von rund 22 Kin<strong>der</strong>n in Anspruch genommen.<br />

In <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> gibt es den Katholischen Kin<strong>der</strong>garten St. Johannes und die<br />

evangelisch-reformierten Kin<strong>der</strong>gärten Kirchstraße und Sperberstraße. Der<br />

katholische Kin<strong>der</strong>garten St. Johannes hat vier Gruppen mit jeweils 25 Kin<strong>der</strong>n,<br />

von denen drei von 7.30 Uhr bis maximal 13.00 Uhr geöffnet sind und eine bis 17<br />

Uhr offen ist. Das Ganztagsangebot und das Mittagessen wird von 20 Kin<strong>der</strong>n in<br />

Aspruch genommen.<br />

Im Kin<strong>der</strong>garten Kirchstraße gibt es eine Krippengruppe mit 15 Plätzen, drei<br />

Regelgruppen mit jeweils 25 Kin<strong>der</strong>n und eine „Notgruppe“, die provisorisch in einem<br />

etwas kleineren Raum untergebracht ist, mit 10 Kin<strong>der</strong>n. Geöffnet ist <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>garten maximal von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr.<br />

Der Kin<strong>der</strong>garten Sperberstraße hat eine Integrativgruppe 10 mit 18 Plätzen und<br />

eine Regelgruppe mit 25 Plätzen. Die maximalen Öffnungszeiten sind von 7.30 Uhr<br />

bis 13.30 Uhr.<br />

8 Neben den Kin<strong>der</strong>gärten gibt es noch Eltern-Kindgruppen und sogenannte Loslösegruppen, die<br />

von verschiedenen Trägern z.T. in den Kin<strong>der</strong>gärten selbst, z.T. in Gemeindehäusern o<strong>der</strong><br />

Vereinsheimen angeboten werden. In den Loslösegruppen werden Kin<strong>der</strong> ab zwei Jahren an zwei<br />

bis drei Tagen für ca. drei Stunden betreut.<br />

9 Die Gruppe ist vorübergehend im Intensivraum des Kin<strong>der</strong>gartens untergebracht. Sobald die<br />

För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong> von Land und Bund bewilligt sind, wird es einen Anbau für die Gruppe geben.<br />

10 Hier werden körperlich und/o<strong>der</strong> geistig behin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong> gemeinsam mit <strong>der</strong> übrigen Gruppe<br />

betreut und geför<strong>der</strong>t. Dazu ist eine heilpädagogische Fachkraft zusätzlich abgestellt.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 12 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Mit Stand vom 30. Juni 2007 sind 426 Kin<strong>der</strong> in den <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>er Kin<strong>der</strong>gärten<br />

und Spielkreisen. Nach Nationalitäten und Geburtsjahrgängen lassen sie sich<br />

folgen<strong>der</strong>maßen differenzieren:<br />

Abb. 9<br />

Alle Kin<strong>der</strong>gärten<br />

Geb.-Jahrgang Kin<strong>der</strong> ges. Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> and. Nation.<br />

2000-2005 426 355 52 12<br />

2000 38 32 3 2<br />

2001 132 113 16 2<br />

2002 119 99 13 6<br />

2003 102 86 15 1<br />

2004 30 26 3 0<br />

2005 6 3 2 1<br />

Nach den Daten des Einwohnermeldeamtes <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> vom 29. August 2007<br />

leben Kin<strong>der</strong> wie folgt nach Geburtsjahrgängen in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>:<br />

Abb. 10<br />

Bevölkerung<br />

Geb.-Jahrgang Kin<strong>der</strong> ges. Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> and. Nation.<br />

2000 168 143 20 5<br />

2001 165 140 23 2<br />

2002 135 108 21 6<br />

2003 150 125 23 2<br />

2004 156 128 23 5<br />

2005 134 115 17 2<br />

Die folgende Tabelle zeigt die Betreuungsquote, <strong>der</strong> prozentuale Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die<br />

in den Kin<strong>der</strong>garten gehen:<br />

Betreuungsquote<br />

Geb.-jahrgang Kin<strong>der</strong> ges. Deutsche Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> and. Nation.<br />

2000 Nicht ermittelt, da viele schon eingeschult sind<br />

2001 80 80,71 69,57 100<br />

2002 88,15 91,67 61,9 100<br />

2003 68 68,8 65,22 50<br />

2001-2003 78,44 79,89 65,67 90<br />

2004 19,23 20,31 13,04 0<br />

2005 4,48 2,61 11,76 50<br />

Abb. 11


<strong>Familienbericht</strong> 2007 13 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Betreuungsquote 11 wird sichtbar, dass in den<br />

Geburtsjahrgängen 2001-2003 die nie<strong>der</strong>ländischen Kin<strong>der</strong> prozentual deutlich<br />

seltener die <strong>Bentheim</strong>er Kin<strong>der</strong>gärten besuchen als die deutschen und die an<strong>der</strong>er<br />

Nationalität (65,7% zu 79,9 % zu 90%). Dass offenbar die an<strong>der</strong>en ausländischen<br />

Kin<strong>der</strong> fast vollständig die Kitas besuchen, ist überraschend und sehr erfreulich.<br />

Keine Aussage lässt sich hingegen treffen, wie hoch die Betreuungsquote bei den<br />

deutschen Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergrund ist. In fast allen Kin<strong>der</strong>gärten finden<br />

sich Kin<strong>der</strong> mit deutscher Staatsangehörigkeit, <strong>der</strong>en Eltern aber aus <strong>der</strong> Türkei,<br />

Russland o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n stammen 12 . Beson<strong>der</strong>s viele Migrantenkin<strong>der</strong><br />

gibt es in den Kin<strong>der</strong>gärten Kirchstraße (insgesamt 35 Kin<strong>der</strong>, von denen 16 die<br />

deutsche Staatsbürgerschaft haben) und St. Johannes (insgesamt 22 Kin<strong>der</strong>, 16<br />

davon mit deutscher Staatsbürgerschaft).<br />

Einen sehr hohen Anteil an nie<strong>der</strong>ländischen Kin<strong>der</strong>n haben die Kin<strong>der</strong>gärten<br />

Sperberstraße mit 21% und Sonnenschein mit 25%.<br />

In den jüngeren Jahrgängen nähert sich die Betreuungsquote <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> deutschen Kin<strong>der</strong> an bzw. übertrifft sie sogar. Ein weiterer Ausbau <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>krippen, <strong>der</strong> ja zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erstellung dieses Berichtes bereits<br />

stattgefunden hat, kommt also <strong>der</strong> Integration hier auf jeden Fall entgegen.<br />

Da die Kin<strong>der</strong>gartenbeiträge in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> nach dem Einkommen <strong>der</strong> Eltern<br />

gestaffelt sind, lassen sich anhand dieser Daten Aussagen zur finanziellen Situation<br />

<strong>der</strong> Eltern in den Kin<strong>der</strong>gärten treffen:<br />

Abb. 12<br />

Alle Kin<strong>der</strong>gärten<br />

Einkommensstufen Anzahl %-Anteil<br />

Vom Jugendamt bezahlt 52 13,8<br />

Bis 22.000 € 93 24,7<br />

22.000 – 30.000 € 75 19,9<br />

30.000 – 38.000 € 58 15,4<br />

38.000 – 46.000 € 52 13,8<br />

Über 46.000 € 46 12,2<br />

Bemerkenswert ist, dass 38,5% <strong>der</strong> Eltern von Kin<strong>der</strong>gartenkin<strong>der</strong>n ein Einkommen<br />

von unter 22.000 € jährlich haben, während im oberen Einkommensbereich über<br />

38.000 € nur 26% <strong>der</strong> Eltern liegen.<br />

11 Dabei muss man in die Überlegungen einbeziehen, dass aus dem Jahrgang 2000 sicherlich viele,<br />

und aus 2001 möglicherweise einige Kin<strong>der</strong> bereits eingeschult waren. Aus dem Jahrgang 2003<br />

kamen ein großer Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erst mit Beginn des neuen Kin<strong>der</strong>gartenjahres in die Kitas, daher<br />

ist <strong>der</strong> Jahrgang 2002 am stärksten in den Kitas vertreten.<br />

12 Das Staatsangehörigkeitsgesetz wurde zum <strong>1.</strong><strong>1.</strong>2000 dahingehend geän<strong>der</strong>t, dass ein in<br />

Deutschland geborenes Kind ausländischer Eltern automatisch (auch) die deutsche<br />

Staatsbürgerschaft erhält, wenn mindestens ein Elternteil seit acht Jahren regelmäßig in<br />

Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 14 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

5. Die Situation in <strong>der</strong> Tagespflege<br />

Die verfügbaren Zahlen aus dem Bereich <strong>der</strong> Tagespflege sind sicherlich nicht<br />

vollständig, da hier nur die über das Jugendamt vermittelten o<strong>der</strong> dem Jugendamt<br />

gemeldeten Tagespflegeverhältnisse erfasst sind. Privat eingegangene<br />

Vereinbarungen mit Tagesmüttern o<strong>der</strong> -vätern sind nicht meldepflichtig und somit<br />

nicht zu erfassen.<br />

Daher erscheint es nicht sinnvoll, diese Zahlen in die Betreuungsquote mit<br />

einzubeziehen.<br />

Tagespflege <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong><br />

Stichtag 30.06.2007<br />

Abb. 13<br />

Jahrgang deutsch nie<strong>der</strong>l. türkisch<br />

1995 1<br />

1996 1 1<br />

1997 1<br />

1998 3<br />

1999 1<br />

2000 1<br />

2001 3 1<br />

2002 1<br />

2003 2 1<br />

2004 1<br />

2005 3<br />

2006 2<br />

2007 1<br />

Anzahl 19 4 1


<strong>Familienbericht</strong> 2007 15 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

6. Ergebnisse <strong>der</strong> Befragung von Migrantenfamilien<br />

Im Dezember 2007 wurden mit jeweils zwei nie<strong>der</strong>ländischen, türkischen und aus <strong>der</strong><br />

ehemaligen Sowjetunion stammenden Müttern strukturierte Interviews 13 zur<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> geführt. Hierbei handelt es sich selbstverständlich<br />

nicht um repräsentative Befragungen, son<strong>der</strong>n eher um einen qualitativen Einblick in<br />

die Lebensverhältnisse von Migrantenfamilien.<br />

Die beiden Türkinnen leben seit 1976 bzw. 2002 in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>. Ihre Kin<strong>der</strong> sind<br />

zwischen fünf und acht Jahre alt. Alle besuchen o<strong>der</strong> besuchten die hiesigen<br />

Kin<strong>der</strong>gärten und Schulen. Die Interviewten sind sowohl mit dem Umfang als auch<br />

mit <strong>der</strong> Qualität und <strong>der</strong> Auswahl an Kin<strong>der</strong>gärten sehr zufrieden. Auch die kirchliche<br />

Bindung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten sehen sie nicht als problematisch an. „Die Kin<strong>der</strong> werden<br />

ja zu nichts gezwungen.“ Die Integration <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> im Kin<strong>der</strong>garten wurde als<br />

unproblematisch erlebt.<br />

Nach Einschätzung <strong>der</strong> befragten Mütter besuchen alle Kin<strong>der</strong> aus dem (türkischen)<br />

Bekanntenkreis die Kin<strong>der</strong>gärten und sind damit zufrieden.<br />

Als beson<strong>der</strong>s wichtig bei den Kin<strong>der</strong>gärten werden die Sprachför<strong>der</strong>ung und<br />

Schulvorbereitung, <strong>der</strong> Kontakt zu an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n sowie umfassende<br />

Betreuungszeiten angegeben. Die räumliche Nähe zum Kin<strong>der</strong>garten erschien den<br />

Befragten weniger wichtig.<br />

Die aus <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion stammenden interviewten Mütter sind<br />

Spätaussiedlerinnen und haben heute die deutsche Staatsangehörigkeit. Beide leben<br />

seit 2000 in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>. Sie haben Kin<strong>der</strong> zwischen drei und 17 Jahren. Alle<br />

besuchen o<strong>der</strong> besuchten die hiesigen Kin<strong>der</strong>gärten und Schulen. Der Umfang <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>betreuung wird von einer Mutter als für sie ausreichend bezeichnet, die an<strong>der</strong>e<br />

kritisierte sie als zu gering und zu unflexibel. Die Qualität <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten wird<br />

insgesamt als gut beurteilt, allerdings konnte eine Mutter ihr Kind nicht in dem von<br />

ihr gewünschten Kin<strong>der</strong>garten unterbringen und empfand die Gruppenräume als zu<br />

klein. Die Kin<strong>der</strong> hatten teilweise anfängliche Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Integration,<br />

wobei es den jeweils jüngeren Geschwistern wegen des Sprachvorsprungs meist<br />

leichter fiel. Die Kin<strong>der</strong> aus dem Bekanntenkreis kommen zumindest im Alter von vier<br />

Jahren alle in den Kin<strong>der</strong>garten. Auf den früheren Besuch des Kin<strong>der</strong>gartens wird<br />

zumeist aus Kostengründen verzichtet, wenn die Mutter nicht berufstätig ist.<br />

Das Erlernen <strong>der</strong> deutschen Sprache in <strong>der</strong> Kita wird auch hier neben dem Kontakt zu<br />

an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n als wichtigster Grund für den Kin<strong>der</strong>gartenbesuch genannt.<br />

Umfassende Zeiten und räumliche Nähe werden teils als relevant, teils als sehr<br />

wichtig eingeschätzt.<br />

Bei den nie<strong>der</strong>ländischen Familien wurde bewußt eine, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> die hiesigen<br />

Kin<strong>der</strong>gärten und Schulen besuchen, als auch eine, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen<br />

betreut werden, für die Befragung ausgewählt. Die Antworten unterscheiden sich<br />

dementsprechend stark.<br />

13 Der Interviewleitfaden befindet sich im Anhang.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 16 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Die Mutter, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen zur Schule 14 gehen und zwischen fünf<br />

und elf Jahren alt sind, lebt seit 2004 in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>. Sie empfindet den Umfang an<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> als zu gering und schätzt auch die Qualität als<br />

nicht gut ein. Sie hat von Bekannten von schlechten Erfahrungen bezüglich <strong>der</strong><br />

Integration <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gehört, so dass diese ihre Kin<strong>der</strong> sogar aus Schule und<br />

Kin<strong>der</strong>garten wie<strong>der</strong> herausgenommen haben. Sie beurteilt das Schulsystem als<br />

verwirrend und nicht gut, insbeson<strong>der</strong>e, weil die Kin<strong>der</strong> Hausaufgaben unter Aufsicht<br />

<strong>der</strong> Eltern machen müssen. Dies empfindet sie als Überfor<strong>der</strong>ung. Von <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>betreuung erwartet Sie an erster Stelle umfangreiche Betreuungszeiten und<br />

Kontakt zu an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n, die Sprachför<strong>der</strong>ung und Vorbereitung auf die Schule<br />

hat mittleren Stellenwert, räumliche Nähe sieht sie als wenig wichtig an.<br />

Die an<strong>der</strong>e nie<strong>der</strong>ländische Mutter, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> ebenfalls zwischen fünf und elf<br />

Jahren alt sind, lebt seit 2002 in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>. Ihre Kin<strong>der</strong> besuchen o<strong>der</strong> besuchten<br />

in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> den Kin<strong>der</strong>garten und die Schule. Sie ist mit dem Umfang an<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung zufrieden, da sie nicht berufstätig ist, die Qualität und<br />

Auswahlmöglichkeiten findet sie gut. Die Integration ihrer Kin<strong>der</strong> im Kin<strong>der</strong>garten<br />

war problemlos und sie würde je<strong>der</strong> Familie zum Besuch des deutschen<br />

Kin<strong>der</strong>gartens raten. Sie kennt viele nie<strong>der</strong>ländische Familien in <strong>der</strong> Nachbarschaft,<br />

die überwiegend ihre Kin<strong>der</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen betreuen lassen. Als Grund nennt<br />

sie vor allem die Unsicherheit gegenüber dem deutschen Betreuungs- und<br />

Bildungssystem. Auch befürchten manche Eltern, dass ihre Kin<strong>der</strong> zu „deutsch“<br />

werden und die eigenen kulturellen Prägungen verloren gehen. „Wenn die <strong>Stadt</strong><br />

etwas für die Integration <strong>der</strong> Familien tun will, dann ist Information über das System<br />

nötig“ war eine zentrale Aussage <strong>der</strong> Befragten. Sie hält die Sprachför<strong>der</strong>ung und<br />

Vorbereitung auf die Schule für ebenso wichtig wie den Kontakt zu an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n<br />

und die umfassenden Betreuungszeiten. Die räumliche Nähe zum Kin<strong>der</strong>garten<br />

erscheint ihr weniger wichtig.<br />

Zusammenfassend ist die Sicht <strong>der</strong> Familien mit Migrationshintergrund auf die<br />

Angebote <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> dann positiv, wenn ein Elternteil<br />

nicht o<strong>der</strong> nur wenig berufstätig ist. Wie sich auch schon an den Betreuungsquoten<br />

ablesen lässt, sind die nicht nie<strong>der</strong>ländischen Migrantenfamilien in unsere<br />

Betreuungsangebote gut integriert und überwiegend auch zufrieden. Bei den<br />

nie<strong>der</strong>ländischen Familien scheint es nach den Aussagen <strong>der</strong> Befragten<br />

integrationswillige zu geben, die die hiesigen Angebote überwiegend in Anspruch<br />

nehmen und sich auf die deutschen Verhältnisse einstellen (z.T. sogar mit dem<br />

Verzicht auf die Berufstätigkeit eines Elternteils) und solche, die zwar hier wohnen,<br />

aber in ihrem Alltag weiterhin auf die Nie<strong>der</strong>lande orientiert bleiben. Dies geschieht<br />

zum einen aus Sorge um den Verlust <strong>der</strong> kulturellen Identität, zum an<strong>der</strong>en aus<br />

Unkenntnis <strong>der</strong> hiesigen Systeme. Zudem wollen viele Eltern den Kin<strong>der</strong>n, die beim<br />

Umzug nach Deutschland bereits die nie<strong>der</strong>ländische Schule besuchen, keinen<br />

Wechsel zumuten.<br />

14 Die Kin<strong>der</strong> werden in den Nie<strong>der</strong>landen bereits mit vier Jahren eingeschult, wobei in den ersten<br />

beiden Jahren ähnlich wie in deutschen Kin<strong>der</strong>gärten gearbeitet wird.


<strong>Familienbericht</strong> 2007 17 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

7. Schlussfolgerungen<br />

Im Jahr 2007 hat sich an <strong>der</strong> Situation in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung bereits vieles<br />

verän<strong>der</strong>t.<br />

Der quantitative Ausbau <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung in den Kin<strong>der</strong>gärten, die Schaffung<br />

weiterer Krippenplätze für Kleinstkin<strong>der</strong> und die Ausdehnung <strong>der</strong> Betreuungszeiten ist<br />

- auch unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Familien - sehr<br />

zu begrüßen. Der Wunsch nach Berufstätigkeit von Müttern nimmt zu und wird heute<br />

auch nicht mehr gesellschaftlich geächtet. Die in diesem Jahr erstmals erschienene<br />

„World Vision“-Kin<strong>der</strong>studie 15 , bei <strong>der</strong> 8 – 11-jährige repräsentativ über ihr Leben<br />

befragt wurden, kommt sogar zu dem Ergebnis, dass Kin<strong>der</strong> berufstätiger Eltern<br />

häufig zufriedener mit dem elterlichen Kontakt sind als die von nicht berufstätigen<br />

Eltern. Entscheidend scheint hier, wie so oft, die Qualität <strong>der</strong> Begegnung und <strong>der</strong><br />

Beschäftigung zu sein, nicht die reine Anwesenheit: „...Kin<strong>der</strong> mit berufstätigen<br />

Eltern, die sich gezielt Zeit für den Nachwuchs nehmen und zusätzlich<br />

Freizeitmöglichkeiten organisieren, (sind) sehr zufrieden mit ihrem Leben.“ Die Studie<br />

zeigt darüber hinaus, dass schon im Grundschulalter die Lebenswelten von Kin<strong>der</strong>n in<br />

ihrem Freizeitverhalten deutlich auseinan<strong>der</strong> klaffen und massiv über die zukünftigen<br />

Bildungschancen entscheiden. Hier bestätigt sich das auch bei den PISA-Studien<br />

deutlich gewordene Problem, dass in erster Linie die Herkunft eines Kindes über den<br />

weiteren Bildungsweg entscheidet. Rund ein Viertel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in Deutschland<br />

bekommt von seinen Eltern zu wenige Impulse für eine positive Entwicklung. Diese<br />

Kin<strong>der</strong> geben sich häufig schon früh auf.<br />

Ein Ausbau <strong>der</strong> Ganztagsangebote in Kitas und Schulen kann hier ausgleichend<br />

wirken und helfen, auch diesen Kin<strong>der</strong>n eine Zukunftsperspektive zu geben. Eine<br />

Kin<strong>der</strong>gartenleiterin in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> hat bestätigt, dass das Ganztagsangebot<br />

gerade für die Kin<strong>der</strong> aus einem wenig unterstützenden Elternhaus enorm zum<br />

Ausschöpfen ihrer Potentiale beiträgt. Ebenso sieht es eine aktuelle<br />

Landtagsdrucksache: „Auch bei rückläufigen Kin<strong>der</strong>zahlen ist davon auszugehen,<br />

dass die Bedeutung <strong>der</strong> außerfamiliären Betreuungsangebote steigen wird. Dafür<br />

verantwortlich sind die verän<strong>der</strong>ten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen:<br />

Zunächst ist auf den hohen Stellenwert <strong>der</strong> frühkindlichen Bildung hinzuweisen. Ein<br />

Besuch des Kin<strong>der</strong>gartens verbessert die Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n. Dies gilt<br />

in beson<strong>der</strong>em Maße für Kin<strong>der</strong> aus Familien, die diese nicht entsprechend för<strong>der</strong>n<br />

können.“ (Landtagsdrucksache 15/3900, S. 373)<br />

Wichtig ist allerdings, den quantitativen Ausbau <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung nicht allein<br />

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu gestalten, son<strong>der</strong>n auch die Bedürfnisse<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zu berücksichtigen. Kin<strong>der</strong> brauchen verlässliche Bindung, kontinuierliche<br />

Beziehungen und möglichst zufriedene Bezugspersonen. Eltern, <strong>der</strong>en Wunsch nach<br />

Berufstätigkeit erfüllt ist, sind sicherlich zufrieden, aber auch die Erzieherinnen in den<br />

Kin<strong>der</strong>betreuungseinrichtungen sollten mit ihrer Situation zufrieden sein und nicht<br />

15 Vgl. GN vom 25.10.07 und taz vom 24. und 25.10.07


<strong>Familienbericht</strong> 2007 18 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

überfor<strong>der</strong>t werden. Die Anfor<strong>der</strong>ungen in einer altersübergreifenden Gruppe o<strong>der</strong><br />

einer Kleinstkin<strong>der</strong>gruppe sind selbstverständlich an<strong>der</strong>e als in einer Regelgruppe.<br />

Entsprechend müssen die Qualifikationen angepasst werden.<br />

Von Fachleuten werden gerade im Krippenbereich nicht nur die Kapazitätsprobleme<br />

bemängelt: „Bis heute ist Deutschland trotz vieler Bemühungen – Bildungspläne für<br />

Kitas, Schulungen für Erzieherinnen – weit vom Niveau frühkindlicher Pädagogik<br />

entfernt. (...) Denn Säuglinge und zweijährige Kin<strong>der</strong> benötigen an<strong>der</strong>e Zuwendungsund<br />

Betreuungsmuster und Anregungen als Fünf- o<strong>der</strong> Sechsjährige. Sie brauchen<br />

mehr Zuwendung und feste Bezugspersonen, die auf die Kleinkin<strong>der</strong> intensiv<br />

eingehen können. Dafür brauchen wir kleinere Gruppen und geschultes Personal.<br />

Wissenschaftler empfehlen einen Betreuungsschlüssel für Kin<strong>der</strong> zwischen 0 und 24<br />

Monaten von einer Betreuerin für drei Kin<strong>der</strong>, bei Zweijährigen von eins zu fünf.“<br />

(Henry-Huthmacher 2007)<br />

Die Arbeit in einer Kin<strong>der</strong>tagesstätte hat sich in den letzten 30 Jahren massiv<br />

verän<strong>der</strong>t. Nicht nur, dass die Betreuungszeiten ausgedehnt wurden und sich die<br />

Altersspanne <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erweitert hat; beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Anspruch an eine Kita als<br />

Einrichtung zur frühkindlichen Bildung prägt den Betreuungsalltag heute zum Glück<br />

deutlich. Derzeit wird in einigen <strong>Bentheim</strong>er Kin<strong>der</strong>gärten in Kooperation mit <strong>der</strong><br />

Euregio an einem Konzept zur bilingualen Erziehung gearbeitet, was an dieser Stelle<br />

nur als ein zukunftsweisendes Beispiel genannt werden soll. Sicherlich wird auch<br />

dieser Schritt die Akzeptanz <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten bei <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Bevölkerung<br />

weiter erhöhen – wenn sie über diese Angebote informiert sind! Hier sei noch einmal<br />

auf die Aussage einer befragten nie<strong>der</strong>ländischen Mutter über das Informationsdefizit<br />

bezüglich <strong>der</strong> deutschen Bildungs- und Betreuungssysteme hingewiesen. Dies ist ein<br />

Missstand, <strong>der</strong> recht leicht zu beheben sein sollte. Möglicherweise können hierbei<br />

sogar Integrationslotsen 16 , wie sie <strong>der</strong> Nationale Integrationsplan vorsieht, eingesetzt<br />

werden. Damit ließe sich auch das bürgerschaftliche Engagement von Migranten<br />

stärken, was zu einer besseren Identifikation mit <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> beitragen kann.<br />

Betont werden muss allerdings, dass die Nutzung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten bestenfalls ein<br />

Baustein, sicher jedoch kein Garant für die Integration von Migranten in unsere<br />

Gesellschaft darstellt. Beson<strong>der</strong>s im Jugendalter ist die Orientierung an <strong>der</strong><br />

Herkunftskultur häufig sehr ausgeprägt. Auch hier sind integrierende Maßnahmen 17<br />

zu entwickeln.<br />

Zum Problem <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>armut in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> ist zu sagen, dass auch hier die<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Schritt zur Verbesserung <strong>der</strong> Situation sein<br />

kann. Schließlich sinkt das Armutsrisiko bei Berufstätigkeit bei<strong>der</strong> Partner auf 5%,<br />

wie eine OECD-Studie gezeigt hat, während es bei Familien, die von einem<br />

Einkommen leben müssen, dreimal so hoch ist. 18<br />

16 ehrenamtliche Helfer, evtl. ebenfalls mit Migrationshintergrund, die Zugewan<strong>der</strong>ten unterstützen<br />

17 in Kooperation u.a. mit dem Streetworker und dem Jugendhaus<br />

18 Vgl. taz vom 30.1<strong>1.</strong>07


<strong>Familienbericht</strong> 2007 19 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Darüber hinaus wäre eine finanzielle Unterstützung für das Mittagessen nicht nur in<br />

den Ganztagsschulen, wie es <strong>der</strong>zeit im Landkreis diskutiert wird, son<strong>der</strong>n eben auch<br />

in den Kin<strong>der</strong>gärten von Nöten.<br />

Entscheidend auf dem Weg <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>s zu einer <strong>Stadt</strong> für Familien ist eine klare<br />

Prioritätensetzung für die familiären Belange bei allen städtischen Entscheidungen.<br />

Kin<strong>der</strong>- und Familienfreundlichkeit sollte unbedingt im Leitbild <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> verankert<br />

werden, damit <strong>der</strong> Ort weiterhin vom Zuzug junger Familien und <strong>der</strong>en dauerhaften<br />

Sesshaftwerdung profitieren kann.<br />

Auch eine möglichst weit reichende Beteiligung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen an<br />

stadtplanerischen Entwicklungen (nicht nur bei <strong>der</strong> Planung von Spielplätzen) gilt als<br />

ein ausgezeichnetes Instrument, um die Identifikation <strong>der</strong> jungen Generation mit<br />

ihrer Heimatkommune zu för<strong>der</strong>n. Ein interessantes Beispiel dafür ist die Gemeinde<br />

Schafflund in Schleswig-Holstein, die beschloss, alle Aktivitäten <strong>der</strong> Dorfentwicklung<br />

am Anspruch <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>freundlichkeit zu messen und Kin<strong>der</strong>- und Jugendbeteiligung<br />

zum Markenzeichen des Ortes machte. „Alle Maßnahmen <strong>der</strong> Gemeinde werden seit<br />

1998 einer Kin<strong>der</strong>freundlichkeitsprüfung unterzogen. (...) Statt Politik für Kin<strong>der</strong> zu<br />

machen, wird Politik mit Kin<strong>der</strong>n gemacht, denn – darüber sind sich die Beteiligten<br />

einig – Kin<strong>der</strong>freundlichkeit kann man nur erreichen, wenn junge Menschen<br />

mitreden, mitbestimmen und mitentscheiden können.“ (Schafflund 2006) 19<br />

Ein weiterer Schritt sollte die Gründung eines „Lokalen Bündnisses für Familien“, wie<br />

es vom Bundesfamilienministerium unterstützt wird, sein. Denn es kann nicht allein<br />

Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>verwaltung und des <strong>Stadt</strong>rates sein, sich für Familienfreundlichkeit<br />

einzusetzen, son<strong>der</strong>n sollte als eine breite gesellschaftliche Aufgabe angesehen<br />

werden 20 . Insbeson<strong>der</strong>e die Arbeitgeber sind hier an ihre Verantwortung zu erinnern,<br />

die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit zu unterstützen, u.a. durch flexible<br />

Teilzeitregelungen für Mütter und Väter (!). Auch über <strong>der</strong>en finanzielle Beteiligung<br />

an den Kin<strong>der</strong>tagesstätten o<strong>der</strong> im Krippenbereich sollte nachgedacht werden, damit<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> und den Trägern <strong>der</strong> Kitas, die die wirtschaftliche Verantwortung für den<br />

Ausbau <strong>der</strong> Plätze tragen, Planungssicherheit verschafft werden kann.<br />

19 Vgl. außerdem die Handlungsempfehlungen <strong>der</strong> Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Mehr Partizipation<br />

wagen<br />

20 Vgl. die Empfehlungen <strong>der</strong> Bertelsmann Stiftung zu familienfreundlichen Kommunen unter<br />

www.wegweiserdemographie.de


<strong>Familienbericht</strong> 2007 20 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Literaturverzeichnis<br />

Bericht <strong>der</strong> Enquete-Komission „Demographischer Wandel – Herausfor<strong>der</strong>ung an ein<br />

zukunftsfähiges Nie<strong>der</strong>sachsen“ Anlage zur Landtagsdrucksache 15/3900.<br />

www.landtag-nie<strong>der</strong>sachsen.de/infothek/dokumente/dokumente_index.htm<br />

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Demographie konkret – Handlungsansätze für die<br />

kommunale Praxis. www.aktion2050.de/wegweiser<br />

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Mehr Partizipation wagen. Handlungsempfehlungen für<br />

Kommunen. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-0A000F14-<br />

E7C41F1A/bst/xcms_bst_dms_23586_23587_2.pdf<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienatlas<br />

2007. Standortbestimmung, Potenziale, Handlungsfel<strong>der</strong><br />

www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-<br />

Anlagen/Familienatlas-2007,property=pdf,bereich=,sprache=de,rwb=true.pdf<br />

Füller, Christian: Berufstätige kümmern sich mehr ums Kind. Tageszeitung,<br />

24.10.2007, S. 6<br />

Füller, Christian/Schmidt, Wolf: Achtjährige sehen täglich fern. Tageszeitung,<br />

24.10.2007, S. 18<br />

„Für die Zukunft wünsche ich mir...“ Grafschafter Nachrichten, 25.10.2007, S. 3<br />

Hartz IV für jedes sechste Kind im Land. Grafschafter Nachrichten, 28.1<strong>1.</strong>2007, S. 1<br />

Hausaufgaben für die Grafschaft. Grafschafter Nachrichten, 5.10.2007, S.15<br />

Henry-Huthmacher, Christine: Zum Stand frühkindlicher Bildung, Betreuung und<br />

Erziehung. In: dies. (Hrsg.): Kin<strong>der</strong> in besten Händen. Frühkindliche Bildung,<br />

Betreuung und Erziehung in Deutschland. Sankt Augustin/Berlin 2007<br />

Huijgen, Gerben/Reijmer, Inge: Wohnen in Deutschland. Eine qualitative<br />

Untersuchung aktueller Entwicklungen. Enschede 2005<br />

Klein, Alexandra 2004: Kommunale Familienpolitik. In: Fthenakis, W.E./Textor; M.R.<br />

(Hrsg.): Online-Familienhandbuch.<br />

www.familienhandbuch.de/cmain/f_Programme/a_Familienpolitik/s_626.html<br />

(28.10.2007)<br />

Nauck, Bernhard: Familien ausländischer Herkunft in Deutschland. In:<br />

Maywald/Schön/Gottwald (Hrsg.): Familien haben Zukunft. Reinbek 2000


<strong>Familienbericht</strong> 2007 21 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Schafflund 2006: www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr /SID-0A000F14-<br />

C641C86A/bst/Schafflund_Beteiligung_von_Kin<strong>der</strong>n_und_Jugendlichen. Pdf<br />

Schmidt, Kerstin/Große Starmann, Carsten: Standortfaktor Kin<strong>der</strong>- und<br />

Familienfreundlichkeit – eine Aufgabe für die ganze Bürgergesellschaft.<br />

www.wegweiserdemographie.de/handlungskonz/downloads/standortfaktor_kin<strong>der</strong>.pdf<br />

Schmidt, Kerstin: Kommunen. Visionen einer kin<strong>der</strong>- und familienfreundlichen <strong>Stadt</strong>.<br />

www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F14-<br />

11D6E58F/bst/hs.xsl/495.html (1<strong>1.</strong>12.2007)<br />

Schmitt, Cosima: Aus mir wird nie was werden. Tageszeitung, 25.10.2007, S. 13<br />

Schmitt, Cosima: Deutschland verplempert Familienbudget. Tageszeitung,<br />

30.1<strong>1.</strong>2007, S. 4<br />

Wehrmann, Ilse: Anspruch und Wirklichkeit von Bildungs- und Erziehungsstandards<br />

frühkindlicher Bildung. In: Henry-Huthmacher, Christine (Hrsg.): Kin<strong>der</strong> in besten<br />

Händen. Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland. Sankt<br />

Augustin/Berlin 2007


<strong>Familienbericht</strong> 2007 22 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Anhang 1<br />

Antrag an den Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> durch das Ratsmitglied Michael Aßmann<br />

vom 29.1<strong>1.</strong> 2005:<br />

„Die Verwaltung wird beauftragt, für die <strong>Stadt</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> einen <strong>Familienbericht</strong> zu<br />

erstellen und vorzulegen.<br />

Begründung: Der beantragte Bericht sollte alle relevanten Daten über die<br />

Lebenssituation von Familien in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> enthalten, die ohne Anwendung<br />

zusätzlicher statistischer Methoden vorliegen o<strong>der</strong> beschafft werden können (z.B.<br />

prozentuale Erfassung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> im Kin<strong>der</strong>garten nach Bevölkerungsgruppen,<br />

Ganztagsbetreuung, Schulerfolg in <strong>der</strong> Grundschule, Überweisung auf<br />

Son<strong>der</strong>schulen, Schulabbrecher, Vereinsmitgliedschaften, Jugendkriminalität,<br />

Alleinerziehende und Arbeitslosengeldempfänger, allein Lebende nach Altersgruppen,<br />

um nur einiges zu nennen).<br />

Das Ziel, eine familienfreundliche <strong>Stadt</strong> zu werden, das nicht nur dem<br />

demographischen Wandel geschuldet ist, son<strong>der</strong>n eine Selbstverständlichkeit<br />

politischen Handelns, verlangt vom Rat nicht nur Motivation, son<strong>der</strong>n vor allem auch<br />

Erkenntnisse. Diese liegen uns in versprengter und unvollständiger Weise vor. Sie<br />

zusammenzuführen und zu interpretieren, um Tendenzen zu erkennen und<br />

Notwendigkeiten für unser Handeln abzuleiten, sollte Aufgabe eines solchen<br />

Berichtes sein, <strong>der</strong> im übrigen jährlich fortzuschreiben wäre. Seine Diskussion sollte<br />

in <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Ausschüsse großen Raum einnehmen, vielleicht wäre eine<br />

alljährliche Arbeitstagung des Rates, vorbereitet durch Verwaltung und<br />

Fachausschuss, hierfür <strong>der</strong> richtige Rahmen.<br />

Vorstellbar wäre, die Aufgabe <strong>der</strong> Erstellung eines <strong>Familienbericht</strong>s <strong>der</strong><br />

<strong>Stadt</strong>jugendpflege zuzuordnen, da dort die meisten Kenntnisse über<br />

Wirkzusammenhänge im Bereich <strong>der</strong> Familie vorliegen.“


<strong>Familienbericht</strong> 2007 23 Frie<strong>der</strong>ike Orth<br />

Anhang 2<br />

Befragung von Migrantenfamilien<br />

Strukturiertes Interview<br />

Wie lange leben Sie schon in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>?<br />

Wie alt sind Ihre Kin<strong>der</strong>?<br />

Gehen o<strong>der</strong> gingen sie in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong> in Kin<strong>der</strong>garten und Schulen?<br />

Woan<strong>der</strong>s?<br />

Wie beurteilen Sie den Umfang <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung in <strong>Bad</strong> <strong>Bentheim</strong>?<br />

Wie sind Sie mit <strong>der</strong> Qualität und den Wahlmöglichkeiten in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung zufrieden?<br />

Haben Sie den Eindruck, dass Ihren Kin<strong>der</strong>n in den Kin<strong>der</strong>gärten die Integration leicht<br />

gemacht wird?<br />

Wenn Sie an an<strong>der</strong>e Familien Ihrer Nationalität denken, nehmen diese überwiegend die<br />

Angebote zur Kin<strong>der</strong>betreuung wahr?<br />

Wenn die Angebote nicht angenommen werden, warum nicht?<br />

Was glauben Sie, ist den Familien Ihrer Nationalität bezüglich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

beson<strong>der</strong>s wichtig?<br />

Wenig mittel sehr<br />

Gute Sprachför<strong>der</strong>ung, Vorbereitung auf die Schule -1 0 +1<br />

umfassende Zeiten, um berufstätig sein zu können -1 0 +1<br />

räumliche Nähe -1 0 +1<br />

Kontakt zu an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n -1 0 +1

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