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Predigt an Heiligabend 2008 - Lukas 2 Und sie fürchteten sich sehr ...

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<strong>Predigt</strong> <strong>an</strong> <strong>Heiligabend</strong> <strong>2008</strong> - <strong>Lukas</strong> 2<br />

<strong>Und</strong> <strong>sie</strong> fürchteten <strong>sich</strong> <strong>sehr</strong>. Haben wir diesen Satz eigentlich<br />

schon mal bewusst gelesen? Weihnachten, die geweihte Nacht<br />

über den Fluren von Bethlehem - eine Schreckensnacht!?<br />

Wir wissen natürlich, und haben es eben wieder gehört, dass der<br />

Engel des Herrn gleich darauf sagte: Fürchtet euch nicht! Also:<br />

Alles wieder gut, der Schreck vorbei? Nein, wenn einem ein<br />

Schrecken so richtig in die Knochen gefahren ist, zittert m<strong>an</strong> auch<br />

noch, wenn schon alles vorüber ist. Den vergisst m<strong>an</strong> nicht.<br />

Das höre ich von Menschen, die den Krieg erlebt haben. In<br />

m<strong>an</strong>chen Nächten wachen <strong>sie</strong> wieder auf, weil er <strong>sie</strong> wieder<br />

eingeholt hat. Oder jem<strong>an</strong>d hat mir von einem schweren Unfall der<br />

Tochter erzählt. Tagel<strong>an</strong>g schwebte <strong>sie</strong> zwischen Leben und Tod.<br />

Sie ist wieder gesund geworden. Aber die Mutter sagte: Ich darf gar<br />

nicht dr<strong>an</strong> denken …<br />

Wir leben in einer Zeit, in der es den meisten und aufs G<strong>an</strong>ze<br />

gesehen vergleichsweise <strong>sehr</strong> gut geht Wir haben genug zu essen<br />

und wir können unbesorgt Wasser aus der Wasserleitung trinken.<br />

Wir haben ein Dach über dem Kopf, und es herrscht kein Krieg.<br />

Unsere medizinischen Möglichkeiten sind enorm, wir haben<br />

Cholera und Pest bei uns ausgerottet, und wir können unbehelligt<br />

den Gottesdienst besuchen.<br />

Aber da ist doch auch bei uns so ein klammes Gefühl. Ein<br />

Journalist schrieb vor kurzem in der Sonntag aktuell: Haben auch<br />

Sie den Eindruck, dass <strong>sich</strong> der Mulm moment<strong>an</strong> ausbreitet wie<br />

eine Epidemie? Mulm allerorten. Mulmig - erklärt er d<strong>an</strong>n - bedeutet<br />

ursprünglich staubig. So lege <strong>sich</strong> Furcht und Schrecken wie Staub<br />

auf unsere Seelen. <strong>Und</strong> ersticke die Freude.<br />

<strong>Und</strong> <strong>sie</strong> fürchteten <strong>sich</strong> <strong>sehr</strong>. - Wieso eigentlich die Hirten?<br />

Die Geschichte lässt keinen Zweifel: Es ist das übernatürliche<br />

gleißende Licht. Die Nähe des Engels, der göttlichen Macht, die <strong>sie</strong><br />

spüren. Es ist also ein Gottesschrecken, der <strong>sie</strong> erfasst hat. Davon<br />

wird in der Bibel öfter berichtet, dass Menschen erschrocken sind,<br />

weil <strong>sie</strong> überraschend mit Gott zu tun bekommen. Jakob, als er vom<br />

Traum der Himmelsleiter erwachte, oder Mose, als ihn der Engel aus<br />

dem Dornbusch <strong>an</strong>sprach. Jesaja, als er im Tempel die Füße Gottes<br />

sah. Da schrie er: Weh mir, ich bin ein sündiger Mensch. <strong>Und</strong> auch<br />

Maria erschrak, als der Engel ihr die Geburt von Jesus <strong>an</strong>kündigt.<br />

<strong>Und</strong> später Petrus, als er zum ersten Mal beim Fischf<strong>an</strong>g die<br />

göttliche Macht von Jesus erlebt. „Gehe von mir weg, ich bin ein<br />

sündiger Mensch!“. So erschrecken in der Bibel immer wieder<br />

Menschen. Vor Gott.<br />

Ach du lieber Himmel, das hat uns gerade noch gefehlt, dass zu<br />

allem <strong>an</strong>dern auch Gott uns noch erschreckt!? <strong>Und</strong> das <strong>an</strong><br />

Weihnachten!<br />

Da haben wir es also mit zwei Schrecken zu tun, die wir<br />

unterscheiden müssen. Aber beide haben mitein<strong>an</strong>der zu tun. Ich<br />

glaube, dass wir uns deshalb vor so vielem fürchten und<br />

erschrecken, weil die Furcht Gottes bei uns eine so seltene<br />

Erfahrung ist.<br />

Martin Luther wusste schon, warum er seine Erklärungen der 10<br />

Gebote immer so <strong>an</strong>fängt: Wir sollen Gott fürchten und lieben! Er<br />

hatte den Schrecken vor Kaiser und dem Papst verloren, die ihn zum<br />

Widerruf nötigen wollten: Hier stehe ich, ich k<strong>an</strong>n nicht <strong>an</strong>ders, Gott<br />

helfe mir! <strong>an</strong>twortete er bek<strong>an</strong>ntlich vor dem Tribunal in Worms. <strong>Und</strong><br />

wusste: Das k<strong>an</strong>n den Tod bedeuten. Der Schreck, der ihn einst als<br />

Student auf freiem Feld bei Erfurt erfasst hatte, als der Blitz neben<br />

ihm einschlug, und der ihn rufen ließ: Hilf Heilige Anna, ich will ein<br />

Mönch werden, der saß.


Aber genau aus diesem Schreck wurde er befreit, als er Jahre<br />

später über dem Lesen des Römerbriefs von Paulus das<br />

Ev<strong>an</strong>gelium verst<strong>an</strong>d: Ich darf leben, allein aus Gnade! Hier hat er,<br />

der vor Gott erschrocken war, erfahren: Fürchte dich nicht! So<br />

wurde er stark und konnte den irdischen Schrecken, die ihm in der<br />

Zukunft reichlich begegnen sollten, st<strong>an</strong>dhalten. Bis hinein in g<strong>an</strong>z<br />

alltägliche Sorgen.<br />

Vier Tage vor seinem Ablegen schreibt er <strong>an</strong> seine Frau Käthe aus<br />

Eisleben, seiner Geburtsstadt. Er war zu der Zeit als Streitschlichter<br />

dort im Einsatz und hatte auch Erfolg. Seine Käthe aber machte<br />

<strong>sich</strong> offen<strong>sich</strong>tlich ziemlich Sorgen um ihn. Er verspottet <strong>sie</strong> deshalb<br />

liebevoll: Wir d<strong>an</strong>ken euch <strong>sehr</strong> herzlich für eure große Sorge, vor<br />

der ihn nicht schlafen könnt. Denn … gestern wäre uns beinahe ein<br />

Stein auf den Kopf gefallen und hätte uns zerquetscht wie in einer<br />

Mausefalle. Denn in unserem … heimeligen Gemach rieselte Kalk<br />

und Lehm wohl zwei Tage l<strong>an</strong>g über unseren Kopf, bis wir Leute<br />

dazu nahmen, die den Stein mit zwei Fingern <strong>an</strong>rührten, da fiel er<br />

herab, so groß wie ein l<strong>an</strong>ges Kissen und eine große H<strong>an</strong>d breit;<br />

der hatte im Sinn, eurer heiligen Sorge zu d<strong>an</strong>ken, wo die lieben<br />

heiligen Engel mich nicht behütet hätten. … Bete du und lasse Gott<br />

sorgen..“<br />

entdecken. <strong>Und</strong> <strong>sich</strong> darüber zu freuen. <strong>Und</strong> Gott die Ehre zu geben.<br />

Fürchtet euch nicht. Dieser Satz könnte ein billiges Trostpflaster für<br />

Weihnachten sein, das schon nachher zuhause wieder abreißt und<br />

uns nicht wirklich befreien k<strong>an</strong>n von Lebens<strong>an</strong>gst, die <strong>sich</strong> unser<br />

bemächtigen will.<br />

Aber wenn uns Gott <strong>an</strong>gesprochen hat, d<strong>an</strong>n verlieren die Schrecken<br />

und Ängste der Zeit ihre Macht. Der wahre Gott, der Himmel und<br />

Erde gemacht hat, der von den Heerscharen der Engel umgeben ist,<br />

und der doch in Personalunion mit Jesus Mensch wurde, den m<strong>an</strong><br />

sehen und <strong>an</strong>fassen konnte, um seine Kraft zu spüren: Er ist uns<br />

nahe. Auch jetzt. In dieser Botschaft der Engel, und in den<br />

Menschen, denen <strong>sie</strong> gilt, in dir und mir.<br />

Deshalb: Fürchtet euch nicht.<br />

Siehe, ich verkündige euch große Freude.<br />

Euch ist heute der Heil<strong>an</strong>d geboren.<br />

Der Retter und Helfer in jeder Lebenslage.<br />

Amen<br />

Wer Gott fürchtet, k<strong>an</strong>n den Mulm be<strong>sie</strong>gen.<br />

Die erschrockenen Hirten sind durch den Heiligen Schrecken g<strong>an</strong>z<br />

Ohr und Herz, als der Engel ihnen zuruft: Fürchtet euch nicht,<br />

<strong>sie</strong>he ich verkündige euch große Freude! Die Verängstigung<br />

ihres Herzens hat es gebraucht, damit <strong>sie</strong> zutiefst und vor allem<br />

aufmerksam wurden auf die frohe Botschaft der Engel. <strong>Und</strong> bereit,<br />

<strong>sich</strong> mitten in der Nacht auf diesen ungewöhnlichen Weg nach<br />

Bethlehem zu machen, um nach dem neugeborenen Jesus zu<br />

suchen. Ohne diese Vorgeschichte hätten <strong>sie</strong> das nicht get<strong>an</strong>.<br />

Wieso auch? Was war <strong>an</strong> diesem Kind denn schon Besonderes?<br />

Aber nun waren <strong>sie</strong> fähig, im Gewöhnlichen das Wunder zu

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