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Was können die „Brüder“ von anderen<br />
Gemeinderichtungen lernen?<br />
Die Brüderbewegung betont mit Recht<br />
die „Absonderung vom Bösen“ – die<br />
<strong>Schrift</strong> sagt ja ganz klar, dass wir „von<br />
der Ungerechtigkeit abstehen“ sollen<br />
(2Tim 2,19). Nur stellt sich die Frage,<br />
ob die Anwendung solcher Bibelworte<br />
auf konkrete Personen und Situationen<br />
in jedem Fall wirklich berechtigt ist<br />
und ob „Absonderung“ unbedingt zur<br />
Exklusivität oder zu einem rigorosen<br />
Absolutismus führen muss. Ich meine<br />
Nein. Vielleicht sind ja auch die<br />
anderen Christen nicht ganz an der<br />
Wahrheit vorbeigesegelt, wenn sie eine<br />
gewisse Offenheit und Zugewandtheit<br />
im Miteinander aller Gläubigen<br />
aus der Bibel ableiten. Von diesen<br />
Mitchristen könnte die Brüderbewegung<br />
lernen, wie man an der Wahrheit<br />
festhalten und zugleich das Gespräch<br />
miteinander suchen kann – ohne sich<br />
damit zu kompromittieren, sich anzupassen<br />
oder sich mit dem „Bösen“<br />
zu infizieren. Eigentlich ist das genau<br />
das, was auch Darby und die anderen<br />
„Brüder“ am Anfang der Bewegung<br />
betont haben,* was aber später<br />
in der Praxis leider oft nicht mehr so<br />
verwirklicht wurde.<br />
Deine Arbeit will Darby wieder neu<br />
in die theologische Diskussion einbringen.<br />
Lohnt sich das?<br />
Ja, unbedingt! Die Theologie hat sich<br />
schon mit allen möglichen abstrusen Figuren<br />
der Kirchengeschichte beschäftigt.<br />
Dass John Nelson Darby – der<br />
ganz bestimmt nicht zu den abstrusen,<br />
sondern zu den wichtigen Figuren der<br />
Christenheit gehört! – bis heute weitgehend<br />
übersehen wird, ist bei dem<br />
wertvollen Schatz, den er theologisch<br />
zur Sprache gebracht hat, einfach ein<br />
Unding. Besonders die deutschsprachige<br />
Theologie kennt sich im Grunde<br />
kaum mit den theologischen Akzenten,<br />
die die Brüderbewegung gesetzt<br />
hat, aus. Die Frömmigkeitsebene<br />
kennt man vielleicht schon eher, wenn<br />
man vor Ort mit Brüdergemeinden zu<br />
tun hat, aber da kann es auch zu Karikaturen<br />
und Verzeichnungen kommen,<br />
weil die „Brüder“ selbst nicht<br />
selten an ihrem „schlechten öffentlichen<br />
Image“ mitgewirkt haben (was ja<br />
eigentlich nicht sein müsste). Das alles<br />
darf aber nicht ausschließen, dass<br />
eine konstruktiv-kritische Würdigung<br />
Darbys auf allen Ebenen geschieht,<br />
auch auf der wissenschaftlich-theologischen.<br />
Und dazu möchte meine Arbeit<br />
einen Beitrag leisten.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Die Fragen stellte Michael Schneider.<br />
Eine ausführlichere Version des Interviews,<br />
in der auch auf hermeneutische<br />
und theologiegeschichtliche Aspekte<br />
eingegangen wird (z. B. Dispensationalismus<br />
und Antidispensationalismus),<br />
finden Sie auf www.bruederbewegung.de.<br />
Brunnen-Verlag Gießen<br />
ISBN 978-3-7655-9550-9<br />
652 Seiten<br />
EUR 39,95<br />
Interview<br />
Interview<br />
* Darby schrieb z. B.:<br />
„Ich könnte keine Versammlung<br />
anerkennen,<br />
die nicht alle Kinder<br />
Gottes empfängt,<br />
weil ich weiß, dass<br />
Christus sie empfängt.<br />
Ich sehe die Kirche<br />
in Trümmern: Ich folge<br />
meinem Gewissen<br />
entsprechend dem<br />
Licht, das ich aus dem<br />
Wort empfangen habe,<br />
aber ich wünsche<br />
auch die Schwachheit<br />
oder den Mangel<br />
an Licht bei anderen<br />
Christen zu tragen<br />
und möchte alles tun,<br />
um die zu vereinigen,<br />
die den Herrn lieben“<br />
(Letters I:34). – „Enge<br />
des Herzens fürchte<br />
ich für die Kirche<br />
Christi mehr als alles<br />
andere, besonders<br />
jetzt“ (ebd. I:18). –<br />
„Liebe zu allen Gläubigen<br />
ist eine klare<br />
Verpflichtung; auf ihren<br />
Wegen zu wandeln<br />
ist es nicht“ (Collected<br />
Writings I:365).<br />
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