12.07.2015 Aufrufe

Heft 2/2005 - Zeit & Schrift

Heft 2/2005 - Zeit & Schrift

Heft 2/2005 - Zeit & Schrift

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ausgabe 2 <strong>2005</strong><strong>Zeit</strong> & <strong>Schrift</strong>Krankheit und HeilungSeite 5Das Seebeben inSüdostasienSeite 21… diegelegene <strong>Zeit</strong>auskaufend …Eph 5,161


InhaltInhaltEditorial<strong>2005</strong>Horst von der Heyden ........................3PostDie Ältesten der Gemeindemögen betenMatthias Haldi / Peter Baake ..............4BibelstudiumKrankheit und HeilungJacob G. Fijnvandraat .......................5Friedliche Koexistenz (2)Horst von der Heyden ..................... 14ProphetieDie prophetischen Ereignissein Matthäus 24Ernst Fischbach .............................. 17AktuellesDas Seebeben in SüdostasienWillem J. Ouweneel ........................ 21Bibel im AlltagFührung übernehmen (1)Peter Baake ....................................26TrendsWer ist Ihr Star?Jochen Klein ..................................29KurzpredigtHimmelfahrtPeter Baake ....................................33MissionWie wir für Missionare betennach WIM/NTM .............................35Die RückseiteWillkommen in Santa CruzLarry Ondrejack .............................36<strong>Zeit</strong> & <strong>Schrift</strong>Antworten und Impulse aus der unveränderlichen<strong>Schrift</strong> – dem ewigen Wort Gottes –für unsere veränderliche <strong>Zeit</strong>(Ulrich Weck, Gründer von Z & S)8. Jahrgang <strong>2005</strong>Herausgeber und Redaktion:Peter BaakeIm Breiten Feld 2377948 FriesenheimE-Mail: peterbaake@t-online.deMichael SchneiderTalstraße 735394 GießenE-Mail: schneid9@web.deHorst von der HeydenThüringer Straße 1457299 BurbachE-Mail: vdheyden@onlinehome.deBestelladresse:Peter BaakeIm Breiten Feld 2377948 FriesenheimE-Mail: mail@zs-online.deTel.: (0 78 21) 99 81 47Fax: (0 78 21) 99 81 48Elektronische Fassung:(kostenloser Download)http://www.zs-online.deBankverbindung:<strong>Zeit</strong> & <strong>Schrift</strong> – Mechthild WeckDeutsche Bank 24 AG BerlinBLZ 100 700 24Konto Nr. 1492271Verlag:Buhl Data Service GmbH57290 Neunkirchen/SiegerlandDie Herstellungs- und Versandkosten betragenca. 2 E je Exemplar. Sie werden durchSpenden aufgebracht.Abgedruckte Artikel, Beiträge oder Leserbriefegeben nicht unbedingt die Meinungder Herausgeber wieder. Sie stimmen abermit der grundsätzlichen Haltung der Redaktionzur Heiligen <strong>Schrift</strong> überein.Die Redaktion übernimmt keine Haftungfür unverlangt eingesandte Beiträge. AlleEinsender stimmen der kostenlosen unbeschränktenNutzung ihrer Beiträge zu.2


<strong>2005</strong>Wenn dieses <strong>Heft</strong> ausgeliefert wird, istschon ein Viertel des Jahres vergangen.Ob es ein gutes oder ein bedeutendesJahr wird, wissen wir nicht.Und wenn es am 31. Dezember zu Endegeht, wissen wir zwar mehr – sofernwir es erleben –, aber seine Beurteilunghängt immer vom jeweiligenBetrachter und dessen Perspektive ab.Eine allgemein gültige Bewertung istnicht möglich.Das galt und gilt prinzipiell und fürjedes Jahr – sieht man einmal vonden Jahren ab, die für die gesamteMenschheit entscheidend sind: dasJahr nämlich, als unser Herr auf dieErde kam, dasjenige, als er für dieSünde der Welt starb und wieder inden Himmel fuhr, und natürlich dasJahr, in dem er wiederkommen wird.Diese drei Jahre – auch wenn wir diegenauen Jahreszahlen der beiden erstennicht kennen und das dritte nocherwarten – sollten eigentlich allgemeingültig, und zwar positiv bewertetwerden. Aber leider stimmen dieserBeurteilung nur relativ wenige zu, weildie meisten Menschen nicht glaubenwollen, was uns Gott in seinem Wortmitgeteilt hat.Viele halten andere Jahre für entscheidenderfür die Menschheit. Undgerne nutzt man volle Jahrzehnteund Jahrhunderte, um auf Bedeutsamesaus der Geschichte zu verweisen.In diesem Jahr sind es z. B. die Jahre1805 und 1905, die uns in Erinnerunggebracht werden. In ersteremstarb einer unserer Dichterfürsten, undim zweiten wurde durch die Veröffentlichungeiniger naturwissenschaftlicherAufsätze unser ganzes Weltbildüber den Haufen geworfen. Man hatsich wohl allgemein darauf verständigt,dass <strong>2005</strong> nicht das Schiller-,sondern das Einstein-Jahr sein soll,wenngleich man auch für den Dichternoch zahlreiche Ehrungen und Gedenkfeiernbereithält.Aber nicht nur der Geistesgrößenerinnert man sich in diesem Jahr. Auchder Befreiung der Konzentrationslagerund des Endes des Zweiten Weltkriegsvor 60 Jahren gedenkt man <strong>2005</strong>. ZuRecht, wird doch gerade durch die Erinnerungan das von Deutschen verursachteunvorstellbare Leid deutlich,wozu der Mensch fähig ist, wenner sich von Gottes Widersacher leitenlässt. Nur: Darüber nachzudenkenfällt offensichtlich schwer, weil esnicht mit dem gängigen Verständnisvon Gott und der Welt übereinstimmt.Da setzt man eher Gott selbst auf dieAnklagebank und fragt, wieso er solchesLeid denn nicht verhindert habe– wenn es denn überhaupt einenGott gebe.Dieserart Urteile und Zweifel werdenimmer dann virulent, wenn Unfassbaresgeschieht und man nach einerErklärung sucht. Gott ist so langetot, wie man ihn nicht für Katastrophenzur Verantwortung ziehen kann.Dass er gerade auch durch Unglückezu uns redet, wird oft nicht wahrgenommen.Ein Artikel dieses <strong>Heft</strong>eswidmet sich diesem Problem (Seebeben).Ein anderer geht der Frage nach,welche Bedeutung das oben beschriebenezweite Jahr für die Gläubigen hat(Himmelfahrt), und in einem weiterenArtikel wird untersucht, was nach demdritten Jahr auf und mit dieser Erdegeschieht und wie die dann noch aufder Erde Lebenden dieses Jahr beurteilenwerden (Mt 24).Mit freundlichen GrüßenHorst von der HeydenEditorialEditorial3


PostPostDie Ältesten der Gemeinde mögen betenZur Fragenbeantwortung in <strong>Heft</strong> 1/<strong>2005</strong>Lieber Peter Baake,[...] Sie schreiben, dass der Aufruf imJakobusbrief zu beten durchaus geradlinigund ernst zu nehmen sei (S. 4). Beiden Gedanken zu Jak 5,7–20 schließenSie darauf, dass es bei den „Krankheiten“in diesem Abschnitt um seelische/psychische Befindlichkeiten bzw. Krankheitengehe (S. 5). Später schreiben Sie,dass es sich beim „Retten“ des Krankenund dem „Vergeben“, falls Sündeim Spiel war, um eine geistliche bzw.geistlich-seelsorgerliche Aussage handele(S. 6). Schlussendlich relativierenSie die Erwartungen des Kranken an dasGebet der Ältesten der Gemeinde, indemSie schreiben, dass die Erwartungennicht wie in einen Arzt gesetzt werdendürfen. Die segensreichen Folgen(für den Kranken, die nächsten Angehörigen,die Gemeinde, die Ältesten)seien geistlich (S. 7).Meine Fragen und Überlegungen:Tun wir dem Aufruf im Jakobusbrief zubeten nicht unrecht, indem wir ihn „vergeistlichen“?Geht es hier denn wirklich„nur“ um seelische/psychische Befindlichkeitenbzw. Krankheiten? Geschiehtdiese „Vergeistlichung“, weil wir uns mitdem Thema „Heilung“ so schwer tun?Wenn der Aufruf durchaus geradlinigzu verstehen und ernst zu nehmen ist,wäre es dann falsch, wenn heute die Ältestender Gemeinde ganz konkret fürkörperliche Erkrankungen und derenHeilung beten?Ich spreche mich hier in keiner Weisefür „eine Beschwörungsformel zur Heilung“(S. 7) aus, nein, ich wünsche mireinfach, dass dieser Aufruf vermehrt geradlinig(wörtlich) verstanden wird undwir ihn nicht „vergeistlichen“. Schließlichsind nicht nur die Ältesten der Gemeinde„gefordert“, über dem Krankenzu beten, sondern alle Brüder undSchwestern sollen einander die Sündenbekennen und füreinander beten – damitder Herr heilt.Lassen wir doch den Herrn wirken, wieEr will, und nehmen Ihn beim Wort!Liebe GrüßeMatthias HaldiLieber Matthias Haldi,ich danke Ihnen für Ihre ehrlicheund sehr konstruktive Reaktion auf denschriftlichen Versuch, Jak 5,13–16 zuverstehen. Es gibt zu Jak 5 einige Verwirrungbzw polarisierte Haltungen (von„Wenn die Ältesten im Glauben beten,kommt Heilung“ bis „Alles ‚nur‘ geistlich,hat nichts mit körperlicher Krankheitzu tun, lasst uns nüchtern bleiben“),und unser Gedanke bei Z & S war, zueinem konkreten Anlass das Gesprächdazu zu beginnen. Dass es darauf brüderlicheund auf die <strong>Schrift</strong> gegründeteReaktionen gibt, war unsere Hoffnung.Zu Ihren Anfragen: Ich denke, inJak 5 geht es nicht ausschließlich umgeistliche Angelegenheiten. Jak 5 meintKrankheit; ich habe eingeschränkt aufpsychische Krankheit – das ist auch eineechte Krankheit (und ich weiß, wovonich rede) –, aber das Wort „krank“ist nicht darauf zu begrenzen; es kannauch somatische Krankheit sein. DieFolgen des Ältestengebets sind durchausin „Heilung der Krankheit“ zu erwarten(und hier habe ich mich vielleichtviel zu diffus ausgedrückt). Wennauf diese Weise eine Heilung geschieht,sind die Segnungen für die anderen (inder Gemeinde) geistliche, d. h. die Gemeindewird belebt.Ihr Wunsch, dass hier nicht nur „vergeistlicht“wird, ist auf jeden Fall berechtigt.Das scheint in meinem Beitragzu kurz gekommen zu sein.Peter Baake4


Krankheit und HeilungEine Untersuchung zu Jakobus 5,13–16BibelstudiumVor ungefähr dreißig Jahren schrieb ich eineBroschüre mit dem Titel „Die so genannte Gebetsheilung,geprüft an der <strong>Schrift</strong>“, in der icheine Reihe von Behauptungen prüfte, die damalsvon Tommy Lee Osborn und anderen verbreitetwurden und nach meiner Auffassungnicht dem entsprachen, was die <strong>Schrift</strong> sagt.Natürlich war diese Broschüre ziemlich einseitig, weil ich mich vornehmlichauf die Bekämpfung einer meiner Ansicht nach falschenMeinung konzentrierte. Gegenwärtig wird wieder neu, aber jetztauf viel breiterer Basis über Krankheit und Heilung gesprochenund geschrieben. In verschiedenen Broschüren und <strong>Zeit</strong>schriftengeschieht das ziemlich ausgewogen, aber es erscheint auch Literatur,in der wir den gleichen falschen Argumenten begegnen, diezur <strong>Zeit</strong> Osborns vorgebracht wurden. Wenn ich mich jetzt daransetze, das Thema „Krankheit und Heilung“ erneut unter die Lupezu nehmen, kann ich daher zum Teil aus dem schöpfen, wasich früher geschrieben habe. Daneben wird das Thema jedochauch auf eine neue Weise beleuchtet, die mich – ehrlich gesagt– zwingt, meine Auffassung an einigen Stellen zu korrigieren undmich nuancierter auszudrücken.BibelstudiumUnzureichendeUnterscheidungZu Beginn dieses Artikels möchte ichauf eine sehr wichtige Sache hinweisen,die in der Diskussion zu Verwirrungführt: Viele reden und schreibenvon Gebetsheilung, unterscheidendabei aber nicht genügend zwischen(1) der Heilung aufgrund vonGebet und (2) der Heilung aufgrunddes Ausübens der Gabe der Heilung.Ein Beispiel dafür fand ich in der Dezembernummer2002 der <strong>Zeit</strong>schriftKoers, die zum großen Teil dem Thema„Krankheit und Heilung“ gewidmetwar. Auf S. 24 heißt es dort: „DasGebet um Heilung sollte – ebenso wieandere Gaben des Geistes – einenPlatz in den reformatorischen Kirchenerhalten können, denkt Westerkamp.“Es kann ein Versehen sein, aber so,wie es dort steht, gehört das Gebetum Heilung nach Pfarrer Dick Westerkampzu den Gaben, die Gott schenkt.Wie gesagt: Dies kann zu Verwirrungführen, und das tut es auch.Ich möchte gerne versuchen, denUnterschied zwischen diesen beiden5


BibelstudiumBibelstudiumAspekten von der Bibel her zu beleuchten,um hier die notwendigeOrdnung hineinzubringen.Heilung aufgrund von GebetDieser Aspekt wird in Jak 5,13–16deutlich erläutert. Es geht in diesemText um einen Kranken, der die Ältestender Gemeinde zu sich bitten soll.Diese Ältesten sollen dann ein Gebetüber ihm aussprechen und ihn im Namendes Herrn mit Öl salben. Das Gebetdes Glaubens wird den Krankengesund machen.Natürlich ist es auch möglich, dassGläubige persönlich oder als Gruppe– z. B. als örtliche Gemeinde – für einenKranken beten. Dafür finden wirjedoch kein Beispiel im Neuen Testament.Was das Gebet für einen Krankenbetrifft, sollten wir also nach demhandeln, was wir in Jak 5,13–16 finden.Von einer Gabe der Heilung istdabei überhaupt keine Rede. EineAuslegung dieses Bibeltextes erfolgtspäter. Ich möchte zuerst den zweitenPunkt – das Ausüben der Gabe derHeilung – näher erläutern.Heilung durch Ausübungder Gabe oder Machtder KrankenheilungDafür werden in der <strong>Schrift</strong> eine ganzeReihe von Beispielen genannt. Kennzeichnendist dabei, dass von einemGebet mit dem oder für den Krankenkeine Rede ist. Man kann in diesemFall nicht von Gebetsheilung sprechen.Wir wollen zunächst ein paarBeispiele ansehen, die mit der Gabeder Krankenheilung zu tun haben.Eine erste Erwähnung finden wir inMk 6,7–13. Wir lesen dort, dass derHerr seinen Jüngern Macht oder Autoritätüber unreine Geister gab, umsie auszutreiben. Danach steht in Vers12, dass sie auszogen und predigten,dass man sich bekehren sollte. Dabeitrieben sie in der Tat böse Geisteraus. Und dann kommt eine Aussage,die für unser Thema wichtig ist,nämlich: „und salbten viele Krankemit Öl und heilten sie“. Wir lesen hiernichts von einem Gebet; der Nachdruckliegt darauf, dass die Jünger eineMacht ausüben, die sie als Gabevom Herrn bekommen haben. Es stehtdaher nicht da, dass die Kranken geheiltwurden, sondern dass die Jünger6


– natürlich mittelbar als Knechte Gottes,der ihnen die Macht dazu gegebenhatte – die Kranken heilten.Einige Dinge fallen dabei auf:• Es geht hier, wie schon gesagt,nicht um die Macht des Gebets, sondernum das Ausüben einer Macht,die Christus verliehen hat.• Das Austreiben von bösen Geisternund das Heilen von Kranken werdenin einem Atemzug genannt, unddas wirft die Frage auf, wie diese beidenDinge sich zueinander verhalten.• Das Ausüben dieser Macht ist andie Predigt gekoppelt, und zwar so,dass wir von Zeichen zur Bestätigungder Predigt sprechen können. Auf diesenPunkt möchte ich jetzt näher eingehen,die beiden anderen kommenspäter an die Reihe.Die Behauptung, dass es in Mk 6 umZeichen als Bestätigung der Predigtgeht, wird durch den zweiten Text unterstützt,auf den ich unsere Aufmerksamkeitjetzt richten möchte, nämlichMk 16,15–20. Wir finden dort zuerstden Auftrag zu predigen einschließlichder Aufgabe zu taufen, und danachnennt der Herr die Zeichen, dieder Predigt folgen werden, unter anderem,dass die Jünger Kranken dieHände auflegen und dass diese KrankenBesserung erfahren werden. InVers 20 heißt es dann, dass die Jüngerauszogen und überall predigten,„während der Herr mitwirkte und dasWort durch die darauf folgenden Zeichenbestätigte“.Den bestätigenden Charakter derZeichen und Wunder finden wir auchin Hebr 2,3.4. Hier wird das Wort„mitzeugen“ verwendet. Gott zeugtebei der Predigt durch Zeichen undWunder und allerlei Kräfte und Ausgießungendes Heiligen Geistes mit.BibelstudiumDas Wort „Zeichen“ beinhaltet, dassvon den genannten Dingen Überzeuzungskraftausging, jedoch in engerVerbindung mit der Predigt.Von dieser Art von Zeichen bringtdie Apostelgeschichte eine ganze Reihevon Beispielen, auf die wir späterzurückkommen, aber zuerst wollen wirdie Frage der Heilung durch Gebetnäher besehen.Hat Jak 5,13–16 einen Bezugzur christlichen Gemeinde?Eine erste Frage, die sich stellt, ist,ob Jakobus hier eine Anweisung fürGläubige aus den Heiden oder Nationengibt. Es gibt Ausleger, die dasverneinen und sagen, dass dieser Abschnittkeine Bedeutung für die Kircheoder Gemeinde Jesu Christi habe. Sieführen dafür die folgenden Argumentean:• Der Brief ist an die „zwölf Stämmein der Zerstreuung“ geschrieben, alsoan Juden, und nicht an eine christlicheGemeinde oder an Gläubige aus denNationen.• Das Salben mit Öl ist ein jüdischerBrauch; als Christen sind wir mitdem Heiligen Geist gesalbt.• Was Jakobus vorschreibt, gilt nurfür die „Übergangsperiode“, die wirin der Apostelgeschichte beschriebenfinden und die mit der Ablehnung desEvangeliums durch die Juden in Romendete (siehe Apg 28,23–28). Die Judenbetrachteten Krankheit als ZüchtigungGottes, und Heilung war eineausschließlich geistliche Angelegenheit;daher die Betonung des Gebets.• In den Briefen von Paulus, demApostel der Nationen, finden wirnichts, das mit dem übereinstimmt,was Jakobus schreibt.Bibelstudium7


BibelstudiumBibelstudium• Paulus rät den von ihm erwähntenkranken Gläubigen nirgends, derHeilungsmethode zu folgen, die Jakobusbeschreibt.Auf den jüdischen Charakter des Jakobusbriefeswerden wir sicher Rücksichtnehmen müssen, aber die obenerwähnten Behauptungen gehen meinerAnsicht nach viel zu weit und sindeinseitig. Wir können das, was Jakobushier schreibt, für uns als Christenaus den Nationen genauso wenig beiseiteschieben wie das, was er vorherin seinem Brief geschrieben hat. Ichmöchte die erwähnten Verse daher etwasnäher untersuchen.Geht es in Jak 5,13–16um Krankheit als Folgevon Sünde?Über diese Frage wird unterschiedlichgedacht. Es gibt Ausleger, diesagen, dass eine solche Verbindungzwar in bestimmten Fällen bestehenkann, dass Jakobus aber nicht ausschließlichdiese Fälle meint. Anderegehen davon aus, dass der Apostelsehr wohl auf Krankheit als Folgevon persönlicher Sünde abzielt. Fürletztere Ansicht spricht meiner Meinungnach sehr viel; auch wenn wirkeinen absolut festen Beweis dafür liefernkönnen, gibt es doch einige starkeArgumente.Erstens fällt auf, dass in diesem Abschnittvon Heilung und Sündenbekenntnisgesprochen wird. In Vers 15steht ein Bedingungssatz: „Und wenner Sünden begangen hat, wird ihmvergeben werden.“ In Vers 16 ist dieReihenfolge jedoch umgekehrt. Dortsteht zuerst: „Bekennt nun einanderdie Sünden“, und dann folgt: „betetfüreinander, damit ihr geheilt werdet“.Hier werden diese beiden Dinge sehreng miteinander verbunden.Zweitens findet dieser Gedanke Unterstützungin der Tatsache, dass derMann nicht einfach irgendjemandenbitten soll, für ihn zu beten, sonderndass er die Ältesten der Gemeinde rufensoll. Es soll nämlich nicht nur eineHeilung stattfinden, sondern auch eineWiederherstellung der Beziehunguntereinander, die durch die Sündegestört ist. Gehen wir von dieser Situationaus, ist es auch begreiflich,dass Jakobus mit Gewissheit davonspricht, dass der Kranke geheilt werdensoll. Wenn nämlich die Ursacheder Krankheit weggenommen ist, wirdGott Heilung schenken.Drittens müssen wir bedenken –das wurde bereits angedeutet –, dassfür Juden die Verbindung zwischenKrankheit und Sünde sehr real war;man denke nur an die Frage der Jüngernach dem Blindgeborenen (Joh9,1–3). In diesem Fall war die Frage8


unberechtigt, aber sie beweist doch,wie eng für die Jünger die Verbindungzwischen Krankheit und Sünde war.Viertens ist es kennzeichnend, dassJakobus, unmittelbar nachdem er vorgeschriebenhat, füreinander zu beten,„damit ihr geheilt werdet“, aufdie Wirkung eines inständigen Gebetshinweist und dabei das Beispiel vonElia anführt. Nun, das Gebet diesesPropheten hatte mit der Abweichungdes Volkes Israel zu tun. Es ist daherdurchaus nicht aus der Luft gegriffen,in Jak 5 an Krankheit als Folge vonpersönlicher Sünde zu denken.Noch eine kleine Ergänzung. DassKrankheit tatsächlich eine Folge vonbegangener Sünde sein kann, wirdaus Joh 5,14 deutlich, denn der Herrsagte zu dem Mann, der 38 Jahrekrank gewesen war: „Siehe, dubist gesund geworden. Sündige nichtmehr, damit dir nicht Schlimmeres widerfahre!“Bezeichnend ist auch, dassder Herr dem Gelähmten, der vonseinen vier Freunden durch das Dachherabgelassen wurde, zuerst sagte:„Kind, deine Sünden sind vergeben“,und ihn erst danach von seinem Leidenheilte.Ein typisches Beispiel dafür, dassjemand aufgrund seiner Sünde mitKrankheit bestraft wird, finden wir imAlten Testament bei Gehasi. Der Aussatzvon Naaman wird auf ihn undseine Nachkommen gelegt.Eine Züchtigung mit Krankheit kannauch einer Gemeinde auferlegt werden.Das traurige Beispiel dafür findenwir in der Gemeinde in Korinth,wo sehr ernste Missstände herrschten.Man saß dort betrunken bei einerMahlzeit, die man als Feier des Abendmahlsbetrachtete (1Kor 11,27–32,vgl. auch Offb 2,22).BibelstudiumSalbung mit ÖlDie Frage ist, was für eine Bedeutungdie Salbung mit Öl hat. Für Juden wardies ein bekanntes Heilmittel bei Verletzungen;siehe z. B. Lk 10,34. Dochkann man hier in Jak 5 und auch inMk 6,13 schwerlich an ein Heilmitteldenken, denn es wird von Krankheitenim allgemeinen Sinn gesprochenund nicht nur von Verletzungen. Im AltenTestament finden wir, dass Priester,Könige und Propheten mit Öl gesalbtwurden. Das hatte nichts mit Krankheitoder etwas dergleichen zu tun, sondernes war ein Symbol, das deutlichmachte, dass sie von Gott in eine bestimmteFunktion eingesetzt wurden.Bei der Salbung eines Kranken mitÖl dürfen wir daher nicht an das Verabreicheneines Heilmittels denken,so wie es in Lk 10,34 der Fall ist, sondernan eine symbolische Handlung,wobei das Öl ein Bild des HeiligenGeistes ist. Der Sinn kann dann sein,dass symbolisch ausgedrückt wird,dass der Heilige Geist (1) den Patientendazu bringt, seine Sünden zubekennen, und/oder (2) die Kraft fürdie Heilung gibt.Das „Gebet des Glaubens“ ist dieFürbitte der Ältesten. Sie müssen denGlauben haben, dass Gott den Krankenheilen wird. Selbstverständlich giltdas auch für den Kranken, aber derAusdruck „das Gebet des Glaubens“bezieht sich auf das Gebet, das dieÄltesten sprechen. In dem Fall, dasskeine Heilung eintritt, sollen die Ältestendie Schuld dafür nicht dem Patientengeben und sagen, dass er nichtgenug Glauben habe, nein, sie müssensich selbst fragen, ob sie genugGlauben haben.Abgesehen von der Frage der Sündekann jeder Kranke natürlich jedenGläubigen oder die GemeindeBibelstudium9


BibelstudiumBibelstudiumbitten, für ihn zu beten. Um Fürbittezu tun, ist nämlich keine Gabe nötig,die besondere Gläubige hätten,sondern nur der Glaube, den jederGläubige besitzen kann. Wenn keineSünde im Spiel ist, kann man meinerAnsicht nach nicht davon ausgehen,dass der Kranke immer geheilt werdenwird. Man sollte daher bitten im Geistvon: „Nicht unser Wille, sondern derdeine geschehe.“Nun noch eine kritische Bemerkung.Die <strong>Schrift</strong> spricht nirgends von massenhaftennationalen oder regionalenGebetszusammenkünften, um fürKranke zu bitten. In Jak 5 geht es umdas Gebet der Ältesten einer örtlichenGemeinde. Auch finden wir ein Beispielfür eine regelmäßig abgehalteneGebetsstunde einer örtlichen Gemeindein einem Fall von ernster Not.Ich meine Apg 12, wo berichtet wird,dass die Gemeinde in Jerusalem anhaltendfür Petrus betete, der gefangengenommen worden war und inGefahr stand, getötet zu werden. Sokann die Gemeinde auch um Heilungfür die Kranken in ihrer Mitte beten,aber dann handelt es sich um Fürbitteund nicht um das Austreiben vonKrankheit durch ein Machtwort, dennim letzteren Fall haben wir es mit derGabe der Krankenheilung zu tun, diejemand dafür besitzen muss.Die Gabe derKrankenheilungBei der Gabe (oder Macht) der Krankenheilungmüssen wir meiner Meinungnach zwischen (a) der Ausübungin der örtlichen Gemeinde (internerGebrauch) und (b) der Ausübung alsBestätigung der Predigt des Evangeliumsin der Welt (externer Gebrauch)unterscheiden.Interner Gebrauch. In 1Kor 12 lesenwir zweimal von der Gabe derHeilungen (V. 9.28). Aus diesem Kapitelgeht deutlich hervor, dass nichtjeder diese Gabe hat. Weiterhin folgtaus Kapitel 14, dass die Gaben, alsoauch die der Heilungen, zum Aufbauder Gemeinde oder der Gläubigenausgeübt werden sollen. Ein Beispielfür einen solchen Gebrauch findenwir in Apg 20,7–12, wo Paulusseine Gabe gebraucht, um Eutychuswieder aufzuerwecken. Es heißt dann,dass alle getröstet wurden. Der interneGebrauch der Gabe der Heilungist zur Auferbauung und Tröstung derGesamtheit da.Externer Gebrauch. Die Gabeoder Macht zur Heilung beinhaltet,dass ein Zeichen getan wird (sieheMk 16,17.18). Zeichen begleiteten10


das Auftreten Jesu Christi und seinerJünger bei ihrer Botschaft an die Juden(siehe Mk 6,13; Joh 2,11.23; 6,2;8,31; 11,47; 20,30 und Apg 2,22),und sie begleiteten das Auftreten vonPredigern unter den Heiden (sieheApg 2,43; 3,7.8; 5,12.15.16; 9,32–43; 19,11.12 sowie 2Kor 12,12).Von den Zeichen kann noch Folgendesgesagt werden: Sie waren im AltenTestament angekündigt worden (sieheJes 61,1.2) und wurden von JesusChristus erwähnt und zugesagt (vgl. Lk4,18.19). Aufgrund des Alten Testamentskonnten die Juden beim Auftretendes Messias und seiner GesandtenZeichen erwarten. Diese Zeichenkamen auch. Sie dienten als Bestätigungder Evangeliumsbotschaft (siehenochmals Mk 16,19.20 sowie Hebr2,4): Sie wurden ausgeführt, um dieHeiden zu überzeugen, dass die Botschaftdes Evangeliums eine Botschaftvon Gott, dem Schöpfer von Himmelund Erde, ist (im Gegensatz zu denGötzen) und sich auf seinen Sohn, JesusChristus, und das Erlösungswerk,das er vollbracht hat, bezieht.Sicher kann Gott in Missionsgebieten,wo das Wort bestätigt werdensoll, noch immer solche Zeichen zurBekräftigung der Evangeliumspredigtgeben. Inwieweit er dies auch noch inGebieten bewirkt, wo das Evangeliumlängst bestätigt wurde, ist die Frage.Das gilt besonders, wenn die Christenheitdort in einen leblosen Glaubenverfallen ist. Andererseits könnenwir nicht ausschließen, dass Gott auchunter einer geistlich degeneriertenChristenheit eine Erweckung gebenkann und der Botschaft Kraft verleiht,indem er Zeichen geschehen lässt.BibelstudiumMisslingen vonHeilungsversuchenWenn jemand allerdings in einer solchenSituation die Gabe der Heilungausübt, und es tritt keine Heilung ein,darf er (genau wie im Fall der Gebetsheilung,siehe oben) die Schuld nichtdem Patienten geben und behaupten,er habe nicht genug Glauben. Dennals die Jünger den mondsüchtigenJungen nicht heilen konnten, lag dasnach Aussage des Herrn Jesus nichtam Un- oder Kleinglauben des Vaters,sondern an der Ohnmacht der Jünger(siehe Mt 17,19.20). Man mag eineneinzigen Text als eine zu schmale Basisfür die angeführte Behauptung empfinden,aber wir müssen doch bedenken,dass im Neuen Testament keinanderes Beispiel für einen misslungenenHeilungsversuch zu finden ist.Bibelstudium11


BibelstudiumBibelstudiumManche sehen in Mk 6,5.6 ein zweitesBeispiel und führen an, dass derUnglaube des Patienten sehr wohl einGrund sein könne, warum eine Heilungnicht stattfindet. Dies ist jedochnicht richtig. Der Text zeigt, dass Jesusdurchaus einige Kranke heilte; dieMasse war jedoch mit Unglauben erfüllt,und das hinderte den Herrn daran,„Kräfte“ wirken zu lassen. Es wirdmit keinem Wort gesagt, dass der Herreinen Heilungsversuch unternahm,dieser aber wegen des Unglaubensdes Patienten misslang.Diejenigen, die die Gabe haben,Kranke zu heilen, sind abhängig vonder Frage, ob Kraft des Herrn da ist,um zu heilen (siehe Lk 5,17), und obder Patient den Glauben hat, gesundzu werden (Apg 14,9).Natürlich werden nicht alle Krankengeheilt; das war auch im Dienst desHerrn Jesus und der Apostel nicht derFall. Am Teich von Bethesda (Joh 5,1–18) heilte der Herr, soweit wir wissen,nur den 38-jährigen Kranken. Es gehtjedoch darum, dass wir niemals lesen,dass eine Heilung versucht wurdeund dann misslang – außer, wie schongesagt, im Fall der Jünger und desmondsüchtigen Jungen, aber das geschahaufgrund ihres Unglaubens.Ergänzende korrigierendeBemerkungen(a) Manchmal wird gesagt, dassGott keine Krankheit schicke und keineAbsicht mit Krankheit habe; Krankheitsei immer ein Werk Satans.Dass Gott einem Gläubigen keineKrankheit und kein Unglück schickt,steht im Widerspruch zu 2Mo 4,11.Als Mose sich dem Auftrag entziehenwill, zum Pharao zu gehen, und sichdabei auf die Tatsache beruft: „Unbeholfenist mein Mund und unbeholfenmeine Zunge“, antwortet Gott ihm:„Wer hat dem Menschen den Mundgemacht? Oder wer macht stummoder taub, sehend oder blind? Nichtich, der HERR?“Zwar wird Satan in bestimmten Fällentatsächlich der Verursacher vonKrankheit genannt, z. B. in Hi 2,7,aber das geschieht nicht ohne Gott,wie aus Vers 3b dieses Kapitels deutlichwird. Hiob drückt aus, dass derHerr gegeben hat, und sagt dannnicht: „der Satan hat genommen“,sondern: „der Herr hat genommen“(Hi 1,21). Ein noch besseres Beispielist Lk 13,16, wo wir lesen: „Diese aber,die eine Tochter Abrahams ist, die derSatan gebunden hat, siehe, 18 Jahrelang, sollte sie nicht von dieser Fesselgelöst werden am Tag des Sabbats?“Aus diesem Text dürfen wir jedochnicht den Schluss ziehen, dass Satanimmer der Verursacher von Krankheitsei, denn das stünde im Widerspruchzu 2Mo4,11, oder dass Gott in solchenFällen keine Rolle spiele. Vielmehrmüssen wir den Schluss ziehen,dass Satan bei einer Krankheit ein InstrumentGottes sein kann.(b) Die Aussage „Ich bin der Herr,der dich heilt“ (2Mo 15,26) beziehtsich nicht auf die Heilung von „normalen“Krankheiten, sondern auf dieTatsache, dass Gott Israel nicht dieLeiden Ägyptens auferlegen würde,wenn sie seinen Geboten gehorsambleiben würden. War das nicht derFall, züchtigte der Herrn sie sehr wohlmit Krankheiten oder Epidemien; mandenke z. B. an 2Sam 24,1.15.(c) Aus 2Chr 16,12 darf nicht abgeleitetwerden, dass wir keinen Arztaufsuchen dürften. Der Fehler von Asawar, dass er seine Heilung ohne denHerrn suchte. Obendrein waren die„Heiler“ vermutlich heidnische Medi-12


Bibelstudiumzinmänner (vgl. 2Kö 1,2). Wir wissendagegen, dass Lukas ein „geliebterArzt“ genannt wurde (Kol 4,14), undkönnen uns schwer vorstellen, dassPaulus ihn so nennen würde, wennder Beruf eines Arztes gegen GottesWillen wäre (vgl. auch Mt 9,12).(d) Oft wird Jes 53,4 angeführt, umzu belegen, dass die Heilung in derVersöhnung inbegriffen sei und einGläubiger daher nicht krank zu seinbrauche. Nach Mt 8,16 wurde dieserText jedoch während des Lebens Jesuerfüllt, als er Kranke heilte. Auch wirdaus 1Petr 2,25 deutlich, dass Jes 53,4auf das Heilwerden von innerer Verirrungoder auf Bekehrung abzielt. Zudieser Bedeutung von Heilung sieheauch Jer 14,19; 6,14; 3,22.(e) Aus Hebr 13,8 wird oft abgeleitet,dass Jesus Christus will, dassalle Gläubigen geheilt werden, auchin unserer <strong>Zeit</strong>. Es steht jedoch nichtda: „Jesus Christus tut immer dasselbe“,sondern: „Jesus Christus ist derselbe“.Dass Christus nicht alle Gläubigengleich behandelt, wird aus Apg12,2 im Vergleich mit Vers 8 deutlich.Jakobus wurde nämlich mit demSchwert getötet, Petrus dagegen wurdebefreit. Sehr deutlich spricht auchHebr 11,32–38. Bis Vers 36 geht esum Gläubige, die auf wunderbareWeise gerettet wurden; danach gehtes jedoch um Gläubige, die schrecklichePrüfungen durchzumachen hattenund nicht daraus gerettet wurden.(f) Zum Schluss möchte ich nochauf verschiedene Gläubige hinweisen,die in der <strong>Schrift</strong> erwähnt werdenund von denen bezeugt wird, dasssie krank waren und dass Gott damitoffensichtlich eine bestimmte Absichthatte: Abia, der kleine Sohn Jerobeams(1Kö 14); Elisa (2Kö 13,14); Jakob(1Mo 48,1); Hiskia (Jes 8,1–8);Daniel (Dan 8,27); Epaphroditus (Phil2,27.30); Trophimus (2Tim 4,20); Timotheus(1Tim 5,23).Es gäbe noch mehr über dieses Themazu sagen, aber dies mag ausreichen,um in das Denken darüber etwasOrdnung hineinzubringen.Jacob G. Fijnvandraat(Übersetzung: Frank Schönbach)Bibelstudium13


BibelstudiumBibelstudiumFriedliche Koexistenz (2)Ihr Leben war ihnen teuer gewesen, und eigentlich hatten es dieGibeoniter nur durch Betrug erhalten können. Israel war ihremBetrug erlegen, hatte einen Bund mit ihnen geschlossen und war– wenn auch anfangs zähneknirschend – willens, diesen Bund zuhalten. Und Gott hatte diesem Bund gnädig zugestimmt und dieGibeoniter vor ihren Feinden beschützt. Als Holzhauer und Wasserschöpferlebten sie fortan inmitten des Volkes Gottes. Sie warenübrigens die einzigen in Kanaan gewesen, die sich den einrückendenIsraeliten friedlich ergeben hatten; die anderen Städte wurden– wenn überhaupt – durch Krieg erobert (Jos 11,19).400 Jahre später400 Jahre sind inzwischen vergangen,die Landnahme ist längst beendet –wenn auch nicht in vollem Umfang:Viele Gebiete sind in der Hand derKanaaniter verblieben. Josua ist bereitsgestorben, und nach seinem Todfolgte zunächst die überaus wechselvolle<strong>Zeit</strong>epoche der Richter, ehe dasVolk wie die umliegenden Völker seinwollte und ihm Saul als König gegebenwurde.Von den Gibeonitern hören wir inall der <strong>Zeit</strong> nichts mehr – aber sie warennoch da. Inmitten des Volkes Israelwerden sie ihren Dienst als Holzfällerund Wasserschöpfer versehen haben,so wie ihnen Josua geschworen hatte.Dabei blieben sie aber offenbar Fremde;zumindest blieb ihre nichtjüdischeIdentität offenbar. Und die fiel wohlauch Saul auf.Dabei wissen wir eigentlich garnichts über das, was sich da zwischenSaul und den Gibeonitern abgespielthaben muss, obwohl uns das LebenSauls ja in vielen Einzelheiten mitgeteiltist. Und zu diesen gehört auchseine nicht immer problemfreie Beziehungzu Gott und zu Samuel, seinemFörderer. Letzterer muss ihm im AuftragGottes schließlich mitteilen, dasser wegen Ungehorsams nicht mehrlange König bleiben wird. Das Königtumsoll auf einen anderen übergehen,der besser ist als er. Wir könnennachvollziehen, dass Saul darübernicht erfreut ist. Er wehrt sich nachKräften gegen diese Botschaft, und alsihm sein Nachfolger bekannt ist, versuchter diesen mit tödlichem Eifer beiseitezu schaffen. Aber es gelingt ihmnicht, David umzubringen, und letztlichnimmt Saul sich selbst das Lebenund David wird König.HungersnotWie lange David schon König ist, alsdie Hungersnot über Israel hereinbricht,ist ungewiss. Sie wird uns imviertletzten Kapitel des 2. Buches Samuelmitgeteilt, also augenscheinlichkurz vor seinem Tod, aber dies mussnicht unbedingt auch den chronologischenEreignissen entsprechen; siekann auch wesentlich früher entstandensein.Drei Jahre lang hat die HungersnotIsrael nun schon heimgesucht, „Jahrauf Jahr“, wie 2Sam 21,1 berichtet.Wir, die wir im Wohlstand leben,schon darin aufgewachsen sind und14


nichts anderes kennen gelernt haben,können uns nur schwer vorstellen, wasHunger bedeutet. Das war bei denen,über die das Alte Testament berichtet,noch anders. Für sie waren Hungerund Hungersnöte nichts Ungewöhnliches– aber letztlich, wenn es sie traf,auch nichts Natürliches. Denn im AltenTestament wusste man noch, wemman seine Nahrung zu verdankenhatte – und ebenso, wenn sie dannausblieb. An zahlreichen Stellen wirddarauf verwiesen, dass Brot etwas mitGottes Segen zu tun hatte und Hungereben mit seiner Strafe.„Und David suchte das Angesichtdes HERRN“ (2Sam 21,1). Was hätteDavid Besseres tun können, als seinenGott zu befragen wegen des Unheils,das nun doch allmählich an die Substanzging? Es wird uns nicht mitgeteilt,was David mit seinem Gott besprochenhat, wohl aber dessen Antwort:„Es ist wegen Saul: Auf seinemHaus liegt eine Blutschuld, weil er dieGibeoniter getötet hat.“ Dies wird Davidvielleicht weniger erstaunt habenals uns. Erstaunt, weil hier ein ganzesVolk unter etwas leiden musste, dases selbst nur bedingt zu verantwortenhatte. Erstaunt aber auch, weil Gottselbst sich eines Volkes annimmt, dassich einmal sein Überleben und seinWohnrecht in Israel durch Betrug erschlichenhatte. Ja, so ist unser Gott:„Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge,noch ein Menschensohn, dass erbereue. Sollte er gesprochen habenund es nicht tun, und geredet habenund es nicht aufrecht halten?“ (4Mo23,19). Und bei ihm, dem Herrn, demGott Israels, hatten die Väter den Gibeoniterngeschworen, und er wachtefortan darüber, dass dieser Schwurnicht gebrochen wurde.David ist ein Mann der Tat. Unverzüglichwendet er sich an die, dieBibelstudiumvon den Gibeonitern überlebt haben,und erkundigt sich nach dem, was inden Tagen Sauls vorgefallen ist. DennDavid weiß um die Zuverlässigkeitund Treue seines Gottes (vgl. 2Sam7,18ff.), sein Vorgänger offensichtlichnicht. Es ist äußerst bemerkenswert,dass uns aus der Unterredungzwischen David und den Gibeoniternnicht nur mitgeteilt wird, dass Saul sichüber die mit Schwur besiegelte Zusagean Gibeon hinweggesetzt hatte,sondern im Nachsatz auch noch dasMotiv für sein Handeln genannt wird:„Saul aber suchte sie zu erschlagen,da er für die Kinder Israel und für Judaeiferte“ (2Sam 21,2).Würden wir den Nachsatz ohneden davorstehenden Hauptsatz lesen,könnten wir beeindruckt sein, denn Eiferwird in der Bibel überwiegend positivgesehen: Über 20 Mal wird Gottselbst als derjenige genannt, der Eiferhat, mit Eifer handelt, ja selbst Eifer ist.Besonders deutlich wird dies in 2Mo34,14: „Denn du sollst nicht einen anderenGott anbeten; denn der HERR,dessen Name Eiferer ist, ist ein eifernderGott“, und in 5Mo 4,24: „Dennder HERR, dein Gott, ist ein verzehrendesFeuer, ein eifernder Gott!“ Um alsomit Paulus zu sprechen: „Eifer istgut, wenn jemand ihn gottgemäß anwendet.“Bei Saul war dies leider nicht derFall. Er entwickelte seinen Eifer losgelöstvom göttlichen Willen, ja, diesemsogar diametral entgegengesetzt,nach eigenem Gutdünken undvielleicht zum eigenen Vorteil.1000 Jahre späterEtwa 1000 Jahre später wird vonSauls Namensvetter Ähnliches berichtet,oder treffender gesagt, Paulusberichtet selbst von sich und seinemEifer: „Ich nahm im Judentum zuBibelstudium15


BibelstudiumBibelstudiumüber viele Altersgenossen in meinemGeschlecht, indem ich übermäßig einEiferer für meine väterlichen Überlieferungenwar“ (Gal 1,14). Und überdie Konsequenz seines Eifers schreibter an anderer Stelle: „was den Eiferbetrifft, [war ich] ein Verfolger der Versammlung“(Phil 3,6).Dabei spielten bei Paulus nicht einmaleigennützige Motive eine Rolle.Er meinte, Gott einen Gefallen zu tun,wenn er den Gläubigen nachstellte,sie in die Gefängnisse überlieferteund selbst ihrer Tötung zustimmte.Sein Problem lag darin, dass er seineÜberzeugung dadurch gewann, dasser die überlieferte Lehrmeinung derPharisäer unkritisch übernahm und sienicht mit dem offenbarten Willen Gottesabglich. Vielmehr eiferte er darum,das religiöse System, das sich im Laufeder Jahrhunderte zunehmend verselbständigthatte, weiter zu vervollkommnen.Mit eben dem Resultat, das erselber so beschreibt: „Ich meinte freilichbei mir selbst, gegen den NamenJesu, des Nazaräers, viel Widriges tunzu müssen“ (Apg 26,9).Weitere 1000 Jahre späterSeit der Mitte des 11. Jahrhundertssieht sich das byzantinische Kaiserreichdurch Muslime bedroht, die1077 Jerusalem und einige Jahre späterAntiochia erobern. Als der byzantinischeKaiser keinen Ausweg mehrsieht, bittet er im Jahr 1085 den Westenum Hilfe im Kampf gegen die „ungläubigen“Feinde.Im November des Jahres 1095n. Chr. findet in Clermont-Ferrand eineSynode statt, auf der es zunächstum die Ordnung im Reich und in derkatholischen Kirche geht. Dann appelliertPapst Urban II. an die Versammelten:„Bewaffnet euch mit dem Eifer Gottes,liebe Brüder, gürtet eure Schwerteran eure Seiten, rüstet euch und seidSöhne des Gewaltigen! … Wer einenEifer hat für das Gesetz Gottes, derschließe sich uns an. Wir wollen unsernBrüdern helfen. Ziehet aus, undder Herr wird mit euch sein. Wendetdie Waffen … gegen die Feinde deschristlichen Namens und Glaubens.… erkauft euch mit wohlgefälligemGehorsam die Gnade Gottes, dasser euch eure Sünden … schnell vergebe.Wir aber erlassen durch die BarmherzigkeitGottes und gestützt auf dieheiligen Apostel Petrus und Paulus allengläubigen Christen, die gegen dieHeiden die Waffen nehmen und sichder Last dieses Pilgerzuges unterziehen,alle die Strafen, welche die Kirchefür ihre Sünden über sie verhängthat. Und wenn einer dort in wahrer Bußefällt, so darf er fest glauben, dassihm Vergebung seiner Sünden unddie Frucht ewigen Lebens zuteil werdenwird. … Gott will es!“Als unmittelbare Folge dieses Aufrufskommt es 1096 zum ersten undin den folgenden 170 Jahren zu insgesamtsechs weiteren Kreuzzügen mitganz unterschiedlichen Motiven undZielen – aber alle geführt mit blindemEifer. (Nach vorsichtiger Schätzungfielen ihnen mehrere hunderttausendMenschen zum Opfer.)Kann es sein, dass dieserart religiöserEifer auch heute noch nicht ausgestorbenist – wenn er auch vielleichtein wenig „zivilisierter“ und nicht somörderisch daherkommt?Horst von der Heyden16


Die prophetischen Ereignissein Matthäus 24Wir leben in den letzten Tagen vor dem Kommen unseres Herrn.Die weltpolitischen, weltwirtschaftlichen, gesellschaftlichen undideologischen Entwicklungen überall in der Welt lassen dies imFokus der Heiligen <strong>Schrift</strong> deutlich erkennen. Angesichts dieserTatsache ist es zu bedauern, dass das Wissen um die prophetischenAussagen der <strong>Schrift</strong> und das Interesse daran auch untergläubigen Christen, besonders unter der jüngeren Generation,merklich nachlässt. Man hat manchmal den Eindruck, die Worteaus Mt 24,48 zu vernehmen: „Mein Herr verzieht zu kommen“bzw. aus 2Petr 3,4: „Wo ist die Verheißung seiner Ankunft?“ProphetieProphetieDie auch unter gläubigen Christenvielfach verbreitete Ansicht, die Gläubigenmüssten noch durch die „großeDrangsal“ bzw. durch die kommendenGerichte gehen, stützt sich z. T.auf eine falsche Schlussfolgerung, dieaus den Ausführungen unseres Herrnin Kapitel 24 des Matthäus-Evangeliumsgezogen wird. In Vers 13 sagt derHerr: „Wer aber ausharrt bis ans Ende,dieser wird errettet werden“, undin Vers 21f.: „Alsdann wird eine großeDrangsal [REÜ Bedrängnis] sein, dergleichenvon Anfang der Welt bis jetztnicht gewesen ist noch je sein wird;und wenn jene Tage nicht verkürztwürden, so würde kein Fleisch gerettetwerden“. Daher glauben mancheChristen den Schluss ziehen zu müssen,die letztendliche Errettung hängevom persönlichen Ausharren währendder Drangsalszeit ab, was ja angesichtsder Schrecklichkeit jener <strong>Zeit</strong>durchaus der Fall sein könnte. Leiderhat man in der „Brüderliteratur“ oftzwei ganz verschiedene Ereignisse derZukunft mit dem gleichen Begriff belegt,nämlich „Wiederkunft Christi“,was zuweilen noch zu zusätzlicher Irritationgeführt hat.Die im 24. Kapitel des Matthäus-Evangeliums geschilderten Ereignissebeziehen sich auf Israel während der<strong>Zeit</strong> der „Stunde der Versuchung“. Inder alttestamentlichen Prophetie istunsere heutige <strong>Zeit</strong>, die <strong>Zeit</strong> der Gnadebzw. „der Tag des Heils“ (2Kor 6,2),die <strong>Zeit</strong> der Bildung der Gemeinde,der Versammlung, ausgeklammert.Das war ein noch nicht offenbartesGeheimnis, das erst im Neuen Testament,insbesondere durch den Apos-17


ProphetieProphetietel Paulus offenbart worden ist. Soschließt sich die prophetische Schauder noch zukünftigen Geschichte Israelsunmittelbar an die Zerstörung desTempels in Jerusalem im Jahr 70 an.Die Jünger, obwohl sie zur Gemeinde,zur Braut Christi gehören, werden hierin prophetischer Weise als der „gläubigeÜberrest“ aus Israel angesprochen,der durch die <strong>Zeit</strong> der „großenDrangsal“ hindurchgerettet wird, wovonwir in Noah das Vorbild sehen, derauch durch die große Flut, das Gericht,hindurchgerettet wurde, währenddie Gemeinde vor der <strong>Zeit</strong> derGerichte entrückt wird. Dieses Ereignissehen wir in Henoch vorgebildet,der vor der Flut entrückt wurde.Der Gemeinde in Philadelphia wirdgesagt: „… so werde auch ich dich bewahrenvor der Stunde der Versuchung,die über den ganzen Erdkreis kommenwird, um die zu versuchen, welche aufder Erde wohnen“ (Offb 3,10). Diese„Stunde der Versuchung“ mit ihren Ereignissenfinden wir im Buch der Offenbarung,Kapitel 6–18, eingehendgeschildert. Sie wird auch als „Tag desZorns“ bezeichnet (Offb 6,17) und istidentisch mit der siebzigsten JahrwocheDaniels (Dan 9), wobei eine Jahrwocheeinen <strong>Zeit</strong>abschnitt von siebenJahren bedeutet. Die eigentliche <strong>Zeit</strong>der „großen Drangsal“ ist die zweiteHälfte der siebzigsten Jahrwoche undwird in Dan 12,7; Offb 11,13; 12,6;12,14 umschrieben als „eine <strong>Zeit</strong>, <strong>Zeit</strong>enund eine halbe <strong>Zeit</strong>“, also 3½ Jahre= 1260 Tage.Das Denken der Jünger war nochganz auf die Zukunft Israels und dieErwartung des „Reiches“ gerichtet.Deshalb fragten sie den Herrn nachseiner Auferstehung: „Herr, stellst duin dieser <strong>Zeit</strong> dem Israel das Reich wiederher?“ (Apg 1,6). Daher hingen sieauch noch so sehr an den Gebäudendes Tempels, aus dem der Herr geradehinausgegangen war und den er danachnicht wieder betreten hat. Vielmehrkündigt er ihnen an, was mit diesemTempel geschehen würde: „Wahrlich,ich sage euch, hier wird nicht einStein auf dem anderen gelassen werden,der nicht abgebrochen wird.“Das geschah im Jahr 70 n. Chr. durchdie Römer unter Titus Vespasian.Der Herr schildert nun seinen Jüngernin den Versen 5–14 all die furchtbarenEreignisse, die „bis zur Vollendungdes <strong>Zeit</strong>alters“, also bis zu seiner„Ankunft“ vor der Aufrichtung des„Reiches“ eintreten werden, und zwarso, als ob sie, die Jünger, das allesdurchleben würden. Beachten wir also,dass hier die <strong>Zeit</strong> der Gnade unddas Kommen des Herrn für die Seinenvöllig übergangen wird. Während diesersieben Jahre, der „Stunde der Versuchung“,wird nun das „Evangeliumdes Reiches“ (V. 14) verkündigt, undzwar von dem an Christus gläubig gewordenenÜberrest des Volkes Israel.Das sind die 144 000 Versiegelten ausallen 12 Stämmen Israels, worüberOffb 7 berichtet. Dieses Evangeliumdes Reiches ist nicht zu verwechselnmit dem Evangelium der Gnade, das18


heute, am Tag des Heils, verkündigtwird. Es ist die gleiche Verkündigungdes Evangeliums des Reiches, womitder Herr am Schluss des Matthäus-Evangeliums (Kap. 28,19.20) seineJünger beauftragt: „Geht nun hinund macht alle Nationen zu Jüngern“.Die letzten Worte „bis zur Vollendungdes <strong>Zeit</strong>alters“ sind die gleichen wiein Kap. 24,3; sie machen deutlich,dass es sich auch in Mt 28,19.20 umdie „Stunde der Versuchung“, also diesiebzigste Jahrwoche handelt.In Offb 7,9–17 wird von einer „großenVolksmenge“ berichtet, „welcheniemand zählen konnte, aus jederNation und aus Völkern und Stämmenund Sprachen … sie haben ihreGewänder gewaschen und haben sieweiß gemacht in dem Blut des Lammes… denn das Lamm, das in derMitte des Thrones ist, wird sie weidenund sie leiten zu Quellen des Wassersdes Lebens, und Gott wird jede Träneabwischen von ihren Augen.“ Hiergeht es nicht um die Gemeinde (die jadann bereits im Himmel ist), sondernum die vielen Menschen, die währendder Gnadenzeit das Evangelium derGnade nicht gehört haben. Denkenwir nur an China und an die gesamteislamische Welt, in der möglicherweiseca. 2 Milliarden Menschen nichtsvom Evangelium gehört haben.ProphetieProphetieZwischen den in Mt 24 und in Offb 6–11 aufgezählten Ereignissen besteht einesehr auffallende Übereinstimmung:Matthäus 24 Offenbarung1. Krieg V. 7 Kap. 6,32. Hungersnot V. 7 Kap. 6,53. Tod (töten) V. 9 Kap. 6,74. Märtyrer V. 9.16–22 Kap. 6,9–115. Verfinsterung V. 29 Kap. 6,12–146. Große Drangsal V. 21.29 Kap. 8–117. Anfang der Wehen V. 8 Kap. 6–8„Von dem Feigenbaum aber lernt dasGleichnis: Wenn sein Zweig schonweich geworden ist und die Blätter hervortreibt,so erkennt ihr, dass der Sommernahe ist. Also auch ihr, wenn ihralles dieses seht, so erkennt, dass esnahe an der Tür ist“ (Mt 24,32.33).Der Feigenbaum ist schon im AltenTestament ein Bild vom Volk Israel,ebenso im Neuen Testament. Gottwollte von seinem Volk, dem Feigenbaum,Frucht sehen, aber da war keine.In Mt 21,18 lesen wir: „Des Morgensfrüh aber, als er in die Stadt zurückkehrte,hungerte ihn. Und als ereinen Feigenbaum an dem Weg sah,ging er auf ihn zu und fand nichts anihm als nur Blätter. Und er spricht zuihm: Nimmermehr komme Frucht vondir in Ewigkeit! Und alsbald verdorrteder Feigenbaum.“Die gegenwärtige <strong>Zeit</strong> ist die <strong>Zeit</strong>der Verwerfung Israels, als „Lo Ammi“,als „nicht mein Volk“ (Hos 1,9).Aber bereits jetzt sind wir Zeugen, wieder Zweig (Israel) weich wird, wir sind19


ProphetieProphetieZeugen, wie die Worte der Prophetenanfangen, sich zu erfüllen. Wer hättevor hundert Jahren gedacht, dass1948 ein Staat Israel proklamiert werdenwürde? Der Herr sagt, dass „diesesGeschlecht“, nämlich die Juden,nicht vergehen würde, „bis alles diesesgeschehen ist“. In seiner 3500-jährigen Geschichte hat man immerund immer wieder versucht, diesesVolk auszurotten, jedoch ohne Erfolg.Es ist nicht vergangen und wird nichtvergehen.In Vers 39 spricht der Herr von der„Ankunft des Sohnes des Menschen“,d. h. von seinem Kommen mit den Seinen,der verherrlichten Gemeinde, inMacht und Herrlichkeit, um Sein Reichaufzurichten.Die nun anschließenden Verse werdenoft auf das Kommen des Herrnzur Entrückung der Gläubigen bezogen.Dem Evangelisten sei dies gerneerlaubt. Ohne Zweifel wird der Herrplötzlich kommen, um seine Braut,die Gemeinde, zu sich aufzunehmen.Dann wird der eine „genommen“, ummit ihm ins Vaterhaus zu gehen, „umallezeit bei dem Herrn zu sein“, derandere wird „gelassen“, um ewig verlorenzu gehen. In unserem Abschnittvon Vers 36 bis 51 geht es aber umdie „Ankunft des Sohnes des Menschen“,wenn er mit seiner Gemeindeerscheint, um das „TausendjährigeReich“ aufzurichten. Auch dieses„Kommen“ wird plötzlich geschehen,nur mit umgekehrten Folgen für diedann noch lebenden Menschen. Dieeinen werden genommen, um gerichtetzu werden (Offb 19,11.21),die anderen werden gelassen, um ins„Reich“ einzugehen. Das sind alle diejenigen,die das Evangelium des Reichesangenommen bzw. das „Malzeichendes Tieres nicht angenommen“haben. Für die so furchtbar Bedrängtenaus der „großen Drangsal“, denletzten 3½ Jahren, also der zweitenHälfte der 70. Jahrwoche, ist nun diegroße Befreiung gekommen. Aber wiefurchtbar ist dieser Augenblick für alleanderen, die sich dem Antichrist unterworfenund dessen Malzeichen angenommenhaben! In Offb 19,11–21wird uns deren Gericht detailliert beschrieben.Die letzten Verse (45–51) beziehensich natürlich auch auf die <strong>Zeit</strong> der„großen Drangsal“. Dennoch sind essehr ernste Ermahnungen, die auch füruns heute von sehr aktueller Bedeutungsind: „Wer ist nun der treue undkluge Knecht, den sein Herr über seinGesinde gesetzt hat, um ihnen Speisezu geben zur rechten <strong>Zeit</strong>? Glückseligjener Knecht, den sein Herr, wenner kommt, also tuend finden wird!“ (V.45.46).Möge der Herr es uns allen schenken,dass wir Wachende sind, die vonihm als seine treuen Knechte erfundenwerden, auch heute schon, so kurz vorseinem Kommen!Ernst Fischbach„Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet,so befleißigt euch, ohne Flecken und tadellosvon ihm erfunden zu werden in Frieden.“(2Petr 3,14)20


Das Seebeben in SüdostasienIn dem Augenblick, als ich diese Zeilen schreibe, wird bereits dieVermutung ausgesprochen, dass die Katastrophe, die am 26. Dezember2004 vor allem Sumatra, Sri Lanka, Indien und Thailandgetroffen hat, die größte seit Menschengedenken ist. Vielleichtwird die endgültige Zahl der Opfer noch größer sein als bei derbis dahin größten Naturkatastrophe in der modernen Geschichte:dem Erdbeben in Tangshan (China, 1976), das 240 000 Toteforderte. Es ist selbstverständlich, dass eine Katastrophe solchenAusmaßes viele Fragen über die Vorsehung Gottes hervorruft.Was hat Gott mit dieser Katastrophe zu tun? War es der „WilleGottes“, dass in Südostasien hunderttausende Menschen umkamen?Warum kann Gott etwas so Grausames „wollen“? Wie lässtsich eine solche Katastrophe mit der Liebe Gottes vereinbaren?Oder war es nicht Gottes Wille, sondern hat der Teufel diese Katastropheverursacht? Aber kann Gott den Teufel denn nicht davonabhalten? Gott ist doch allmächtig?AktuellesAktuelles21


AktuellesAktuellesDas sind verständliche Fragen. Abersie haben vor allem mit unserem Gefühlzu tun: dem Gefühl des Überwältigtseinsdurch die enormen Kräfteder Natur und dem Mitgefühl mitden Zahllosen, die umgekommensind, und den zahllosen Überlebenden,die so viele ihrer Lieben verlorenhaben. Je mehr wir uns mit denOpfern solidarisieren, desto stärkerwerden die genannten Fragen unsereeigenen quälenden Fragen – Fragennicht nur unseres Verstandes, sondernunseres Herzens.nicht zu sagen zynischen Fragen, diemanche „Aufklärungs“-Philosophenaufwarfen, besonders Voltaire, habenmanche Autoren daher das Jahr1755 den Beginn der „modernen<strong>Zeit</strong>“ genannt. (Das Jahr 1755 liegtnahe an 1765, dem Jahr, in dem dieDampfmaschine erfunden wurde, dieden Beginn der technischen und späterder industriellen Revolution einläutete;nur 24 Jahre später fand dieFranzösische Revolution statt. Die Uhrhatte für alle Arten von „Revolution“geschlagen!)TheodizeeDie Frage, wie angesichts des vielenLeids in der Welt Gottes Allmacht(„Gott kann alles; es geschieht nichtsohne seinen Willen“) mit seiner Liebezu vereinbaren ist („Gott will nur dasGute für den Menschen“), ist schon soalt wie die Welt nach dem Sündenfall.Einen Versuch, diese Frage zu beantworten,nennen wir eine Theodizee,wörtlich: „Rechtfertigung Gottes“.Wenn Gott sowohl in seiner Allmachtals auch in seiner Liebe vollkommenist, wie können wir sein Handeln dann„rechtfertigen“?Im Mittelalter fanden natürlich auchschreckliche Katastrophen statt; mandenke nur an die Pestepidemien, dieMillionen Menschen in Europa getötethaben. Auch damals wurden schmerzliche„Warum?“-Fragen gestellt. Aberseit dem Beginn der „modernen <strong>Zeit</strong>“werden diese Fragen mit immer größerer<strong>Heft</strong>igkeit vorgebracht. Das kamvor allem durch das Erdbeben unddie Tsunamis, die am 1. November1755 die Stadt Lissabon trafen unddort 90 000 Menschen in den Tod rissen.Die Erdstöße waren bis nach Luxemburgzu spüren und töteten z. B.auch in Marokko noch einmal 10 000Menschen. Wegen der kritischen, umGottes Handin der GeschichteAuch im Mittelalter und in der Reformationszeitwurden aus Anlass vonKatastrophen manchmal schwierigeFragen über die Allmacht und die LiebeGottes gestellt. Aber sowohl unterKatholiken als auch unter Protestantenherrschte noch stark das Bewusstseinvon der Vorsehung Gottes, der dieMenschen liebt, auch wenn der Anscheinmanchmal gegen ihn spricht.Gottes Hand ist in allen Ereignissengegenwärtig, sei es im Glück oder imUnglück; hinter allen Dingen verbirgtsich das Handeln Gottes. Man kanndarauf ergebungsvoll und passiv reagieren,mit einem stumpfen Fatalismus,aber auch mit einem großenGlauben, der zu Gott zu sagen wagt:„Ich verstehe nicht, was du tust, aberich vertraue dir.“In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundertsveränderte sich jedoch fürviele Menschen im Westen das Bild.Gott wurde zwar noch toleriert, aberdann höchstens als Schöpfer „am Anfang“,nicht als Gott, der sich nochimmer konkret mit Menschen und Ereignissenbeschäftigt (Deismus). Wasdie Gegenwart betrifft, haben wir eshöchstens mit blinden Naturgesetzen22


zu tun, nicht mit einem Gott, der dasLeben einzelner Menschen lenkt. Wertrotzdem an einer solchen Vorstellungfesthält, bekommt die uralten Fragenan den Kopf geworfen, aber jetzt mitbeißendem Zynismus: Wie kann einGott der Liebe in Südostasien zehntausendeunschuldige Kinder umbringen!?Wir haben auf diese und andereFragen auch keine endgültige Antwort;aber die Bibel zeigt doch wichtigeAnsatzpunkte, von denen ich einigekurz antippe.1. Gott war dabeiFloris Bakels, der einmal ein Buchüber seine Erfahrungen in den Konzentrationslagernwährend des ZweitenWeltkriegs schrieb, wurde oft gefragt:„Wo war Gott in Auschwitz?“Seine Antwort lautete dann einfach:„In Auschwitz.“ Das bedeutet: WarumGott „Auschwitz“ zugelassen hat,verstehen wir nicht – aber wir haltendaran fest, dass es nicht ohne ihn geschah,ja, dass er selbst dabei war.Wie bei dem Seebeben: „Durch dasMeer führt dein Weg und deine Pfadedurch große Wasser“ (Ps 77,20).Gott verhinderte nicht, dass Israelin das Feuer des „eisernen Schmelzofens“kam (5Mo 4,20), aber er„wohnte“ doch bei ihnen in diesemFeuer, wie es im brennenden Dornbuschdargestellt wurde (5Mo 33,16).Gott verhinderte nicht, dass die dreiFreunde Daniels in den feurigen Ofengeworfen wurden, aber ein „Sohn derGötter“ (Dan 3,25; „der Sohn Gottes“!)war in diesem schrecklichenOfen bei ihnen. Der Herr Jesus verhindertenicht, dass die Jünger in einenSturm gerieten, aber er war imSturm bei ihnen (Mk 4,37–39). Gotthat uns nie versprochen, dass er unsvor dem Feuer und dem Wasser bewahrenwird, aber wohl, dass er imFeuer und im Wasser mit uns sein wird:„Wenn du durchs Wasser gehst, ichbin bei dir … Wenn du durchs Feuergehst, wirst du nicht versengt werden,und die Flamme wird dich nicht verbrennen“(Jes 43,2).2. Gott spricht uns anDer Herr Jesus sagt: „Jene achtzehn,auf die der Turm in Siloah fiel und sietötete: meint ihr, dass sie schuldigerwaren als alle Menschen, die in Jerusalemwohnen? Nein, sage ich euch,sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdetihr alle ebenso umkommen“ (Lk13,4f.).Hier lernen wir mindestens zweiwichtige Dinge. Einerseits: WennMenschen von einer Katastrophe getroffenwerden, darf man nicht denken,dass diese Menschen größereSünder waren als diejenigen, die davorverschont blieben. Andererseitshat eine solche Katastrophe immermit Schuld und Gericht im allgemeinenSinn zu tun – denn wenn wir unsnicht bekehren, werden wir genausoumkommen. Man könnte es so sagen:Eine Katastrophe für einige Menschenist immer ein Zeugnis Gottes an alleübrigen Menschen: Denke daran,bekehre dich zum lebendigen Gott(nicht nur Nichtchristen, sondern auchChristen!). In Offb 6,8 kommt eineKatastrophe (Krieg, Hungersnot, Epidemien,wilde Tiere) über ein Viertelder Erde (das wären gegenwärtig anderthalbMilliarden Menschen!), damitdie Übrigen sich bekehren sollen(vgl. 9,20f.; 16,9.11).Wir beten, dass die Katastropheim Indischen Ozean viele zum Glaubenbringen möge – aber wir müssenbefürchten, dass es, genau wiein der Offenbarung, den Unglaubenvieler nur noch verstärken wird. DasAktuellesAktuelles23


AktuellesAktuellesist nicht Gottes Schuld, sondern dieSchuld derjenigen, die sich weigern,die richtigen Lektionen aus dieser Katastrophezu ziehen.3. Mach dich eins mit derAngst von so vielenIn Lk 21,25f. spricht der Herr von der„Angst der Nationen in Ratlosigkeit beibrausendem und wogendem Meer,während die Menschen verschmachtenvor Furcht und Erwartung der Dinge,die über den Erdkreis kommen,denn die Kräfte der Himmel werdenerschüttert werden“.Auch wir als Christen können dieKatastrophe in Süd ost asien nicht völligerklären, aber wir können uns docheinsmachen mit der ratlosen Angst,die Tausende durchleben, wenn siemit der Gewalt des „brausenden undwogenden Meeres“ konfrontiert werden.Wir haben nicht nur Sympathiefür diejenigen, die diese Angst durchleben,sondern wir erleben auch etwasvon dieser Angst in unserem eigenenInnersten.Wir können diese Angst auf Gottprojizieren und ihm dafür Vorwürfemachen. Aber wir können auchdas tun, was der Herr uns empfiehlt:„Wenn aber diese Dinge anfangen zugeschehen, so blickt auf und hebt eureHäupter empor, weil eure Erlösungnaht“ (V. 28). Das bedeutet: UnsereAngst löst sich auf in der Erwartung derglorreichen Zukunft des Herrn.4. Sieh nicht nur auf die Ursachen,sondern auf das ZielAls die Jünger nach der Ursache derBehinderung des Blindgeborenen fragen(„Rabbi, wer hat gesündigt, dieseroder seine Eltern, dass er blind geborenwurde?“), richtet der Herr ihreAufmerksamkeit auf das Ziel: „Wederdieser hat gesündigt noch seine Eltern,sondern die Werke Gottes sollen anihm offenbart werden“ (Joh 9,2f.).So auch bei Lazarus: „Diese Krankheitist nicht zum Tode, sondern umder Herrlichkeit Gottes willen, damitder Sohn Gottes durch sie verherrlichtwird“ (Joh 11,4; vgl. V. 40: „Habe ichdir nicht gesagt, wenn du glaubtest,so würdest du die Herrlichkeit Gottessehen?“).Auch bei Katastrophen kommenwir oft nicht weit damit, wenn wir nurFragen nach ihren Ursachen stellen,z. B. nach der Sündhaftigkeit des Menschen;wir müssen auch nach dem Zielfragen, und zwar nicht nur kurzfristig,sondern vor allem längerfristig. Mt 24und Röm 8 zeigen, wie Katastrophenzum Weg der Verwirklichung des KönigreichsGottes in Macht und Herrlichkeitgehören. Amos 3,6 sagt: „Geschiehtetwa ein Unglück [eine Katastrophe]in der Stadt, und der Herrhat es nicht bewirkt?“ Wenn das soist, können wir darauf vertrauen, dassGott auch immer ein Ziel damit verfolgt,selbst wenn wir das kurzfristigeZiel nicht kennen (wohl aber das langfristige:die Einführung von Christus insein Königreich!).5. Verstehen und VertrauenDer moderne Mensch will verstehen:So wie die Seismologen versuchen,die Erdbeben anhand von sich verschiebendenErdschollen zu erklären,so meinen Theologen, dass Erdbebenschließlich auch theologisch völlig zuerklären sein sollten. Wenn das nichtgelingt, fühlen wir uns unbefriedigt.Die Menschen zu biblischen <strong>Zeit</strong>enerlebten es anders: weniger verstandesmäßig,mehr aus dem Herzen. Einerseitsfinden wir bei ihnen im Allgemeinenkein stumpfes Sich-Abfinden,sondern eher ein heftiges Argumentierenmit Gott, wobei die „Warum?“-24


Fragen kein Ende nehmen. Man denkenur an Abraham (1Mo 18), Mose(2Mo 32f.), die Söhne Korahs (Ps 44),Elia (1Kö 19), Jeremia (u. a. Jer 20)und vor allem Hiob. Andererseits haltensie stets an Gott fest. Sie argumentierennicht über Gott, wie es in unserentheologischen Diskussionen allzuoft geschieht, sondern mit Gott. Dabeifinden sich auch solche bewegendenAussagen wie: „Er wird mich töten, ichwill auf ihn warten [oder: weiter aufihn hoffen]“ (Hi 13,15). Wie jener Jude,der im Jahr 1492 mit Hunderttausendenaus Spanien vertrieben wurde,auf seiner Irrfahrt durch Europa seineFrau und seine Kinder verlor undzum Schluss ausrief: „Gott, jetzt hastdu alles versucht, um mich dazu zubringen, dir Lebewohl zu sagen, aberes wird dir nicht gelingen: Ich werdemich weiter an dir festklammern.“ VieleMenschen gleichen jedoch eher derFrau Hiobs, die zu ihm sagte: „Hältstdu noch fest an deiner Vollkommenheit[Frömmigkeit]? Fluche Gott undstirb!“ (Hi 2,9).6. AbhängigkeitIch sprach vom „modernen Menschen“;das ist der Mensch, der dieExistenz Gottes nicht unbedingt leugnet,ihn aber in der Praxis seines Lebensnicht mehr wirklich braucht. Erlebt unabhängig von Gott; er meint,in Bezug auf ihn jetzt auf eigenen Beinenstehen zu können. Er ist wie derverlorene Sohn, der, nachdem er eingroßes Vermögen in die Hände bekommenhatte, den Vater nicht mehrbrauchte und ihn verließ. Auch dermoderne Mensch ist fern vom Vaterund wird das auch bleiben, bis dieKatastrophen in seinem Leben es ihmwieder bewusst machen, dass er ohneseinen Vater nicht leben kann. Dasist der Augenblick, in dem er „zu sichselbst kommt“ (vgl. Lk 15,17). Der moderneMensch gleicht sehr stark diesemverlorenen Sohn.In vieler Hinsicht sind auch wir „modern“:Durch unsere medizinischenEinrichtungen, unsere Versicherungenund den Versorgungsstaat habenwir uns nach allen Seiten abgesichert.Wofür haben auch wir Gott noch wirklich„nötig“? Wenn wir krank werden,rennen wir oft sofort zum Arzt, ohneuns zu fragen, was Gott uns damit zusagen hat. Wenn es bei uns gebrannthat oder unser Auto gestohlen wurde,rennen wir sofort zu unserem Versicherungsagenten,wieder ohne unszu fragen, was Gott uns damit zu sagenhat. Warum fragen wir uns dasdann, wenn sich irgendwo eine großeKatastrophe ereignet? Entwederwir lernen, Gott in alle Dinge unseresLebens einzubeziehen, oder wir müssenso ehrlich sein, ihn niemals hineinzuziehen.Ein Tsunami kann uns wieder deutlichmachen, wie relativ alle unsere„Sicherheiten“ sind, wie sehr dieSchöpfung noch in Geburtswehenliegt (Röm 8,22), wie leicht Gott alleunsere Vorsorgemaßnahmen wegnehmenkann und wie abhängig wirdaher von ihm sind. Dann entdeckenwir wieder, dass „unser Atem in GottesHand“ ist (vgl. Dan 5,23). Darum:„Wenn deine Gerichte [inklusiveNaturkatastrophen!] die Erde treffen,lernen die Bewohner des ErdkreisesGerechtigkeit“ (Jes 26,9). Das hoffenwir zumindest. Auch die „modernen“(unabhängigen) Christen müssen zurückzu Gott, zu Christus, nicht nurwenn sich große Katastrophen ereignen,sondern bei allen großen undkleinen Dingen in ihrem Leben.AktuellesWillem J. Ouweneel(übersetzt aus: Bode 2/<strong>2005</strong>, S. 2–5;Übersetzung: Frank Schönbach)Aktuelles25


Bibel im AlltagBibel im AlltagFührung übernehmen (1)„Wo es an Führung fehlt, kommt ein Volk zu Fall, doch kommt Rettungdurch viele Ratgeber“ (Spr 11,14). Wir erleben in vielen LebensbereichenFührung: in einer Firma, einer Einrichtung, einerGemeinde (der politischen Gemeinde, in der wir wohnen, undauch der christlichen Gemeinde). Und etliche von uns sind selbstin leitender Stellung oder als Vorangehende gefragt. In vier Folgeartikelnwollen wir versuchen, einige Aspekte von Führung beinach biblischen Maßstäben vorbildlichen Leitern zu finden.1. Der Name ist Programm„Geschichte Nehemias, des SohnesHachaljas“ (Neh 1,1).Nehemia heißt der Mann, auf denwir zuerst unsere Aufmerksamkeitrichten wollen. „Der HERR tröstet“, soübersetzt die Elberfelder Bibelkonkordanzden Namen. Namen haben ihreBedeutung, in der Bibel oft über denakustischen Klang hinausgehend;sie gelten als ein Stück Lebensprogramm.Den Namen geben wir uns nichtselbst, er wird uns gegeben, z. B.• von den Eltern, als Wunsch für denLebensweg;• von den Freunden, wie sie uns erleben;• vom Ehepartner, wie wir als sehr naheStehende sind.Oft werden Namen natürlich nachihrem Klang, passend zum Familiennamen,nach Vorbildern oder Idolen,der Tradition entsprechend usw. gegeben.Mancher bekommt auch aufseinem eingeschlagenen Lebenswegeinen Namen, den er dann als persönlichesVorbild anerkennt und demer nachstrebt.In allem sind Namen nicht so ganz„Schall und Rauch“, nur Klang, alsobedeutungslos.Nehemia, „der HERR tröstet“ – solldies das Lebensprogramm für einenMann sein, der in der Bibel als vorbildlicherLeiter vorgestellt wird? Undwas genau bedeutet es nun eigentlich:Trost empfangen oder Trost geben?Trost empfangen könnte schon zutreffen.Er, ein Jude aus vornehmem26


Haus, war in persischer Gefangenschaft,weit entfernt vom Vaterland,der Verwandtschaft, dem Tempel seinesGottes. Er war ein Sklave, wennauch in exponierter Stellung. Dabraucht es Trost, mit dem eigenenZustand und den Umständen fertigzu werden.Auf der anderen Seite: Trost geben.Wem?, kann gefragt werden. DemKönig, dem er als Mundschenk zudienen hatte? Oder dann später denMenschen, die er zu führen hatte? Ja,das lässt aufhorchen, meine ich. Nehemia,ein Mann in leitender Position,soll Trost geben (was, wie ich meine,eher zutrifft als Trost empfangen).Allerdings: Jemand, der führt, solltedoch besser• Konzepte erdenken, präsentieren,durchsetzen,• Menschen führen, ihnen Aufgabenzuweisen, sie kontrollieren,• Beurteilungen abgeben, Trends erkennen,Entscheidungen treffen.Wären das nicht die wesentlichenPunkte für eine gute Leiterschaft? Ja,aber … ein Leiter ist nicht nur Denkmaschine,Aufseher, Marktbeobachter.Er ist mehr. Er ist verantwortlich,und zwar mit seiner ganzen Person,hier seinem Namen und dem Namenseines Vaters. Und manchmal hängtauch ein Stück Familiengeschichte amLeiter.Das wesentliche Prinzip für Leiterschaftist: Trost geben.2. Die Botschaft erhalten„Und es geschah im Monat Kislew,als ich in der Burg Susa war …“ (Neh1,1).Man ist ja immer irgendwo, an irgendeinemOrt. Für dienstliche Botschaftengibt es meist einen festenRahmen (zeitlich und örtlich), innerhalbdessen sie gegeben werden;Bibel im Alltagbei Dienstberatungen, Konferenzen,Aussprachen und auch Brüderstunden,Ältestentreffen usw. Da gibt esdie üblichen Rituale, die Sachpunktevorzutragen, zu erörtern, auf Wichtigkeitzu überprüfen, Maßnahmen zuberaten, Handlungskonzepte zu beschließen.Auf diese Weise sind Ortund <strong>Zeit</strong> wichtige Instrumente für denLeiter und die Mitarbeiter.Der Leiter muss jedoch immer akzeptieren,dass Botschaften nicht vorrangigauf eine <strong>Zeit</strong> oder einen Terminpassen müssen. Sie werden zwaran eine Örtlichkeit gesendet, sindaber für Personen bestimmt. Da magdie <strong>Zeit</strong> noch so unpassend und derOrt noch so ungastlich sein, der Leitermuss die Botschaft hören und alsdie für ihn bestimmte Aufgabe annehmen.Nehemia bekam zu diesem konkreten<strong>Zeit</strong>punkt Kislew (Oktober/November) in der Burg Susa (Sitz derpersischen Könige) eine konkrete Botschaft.Diese Botschaft bezüglich desErgehens seiner Landsleute in Jerusalemgalt ihm, und er nahm sie persönlichan.Botschaften bzw. deren Überbringerlegen es zuweilen auf den passendenOrt (historisch, bedeutungsschwerusw.) oder <strong>Zeit</strong>punkt (z. B. der 9. Novembermit seiner dreifachen historischenBotschaft) an. So kam auchder Messias nicht irgendwann an beliebigemOrt auf die Erde. <strong>Zeit</strong>punktund Geburtsort waren prophetischvorausgesagt. Die Vorhersage unterstrichdie Wichtigkeit der Botschaftenorm. Dass die, denen die Botschaftgalt, dennoch nicht in der Lage waren,sie anzunehmen, unterstreicht nur denZustand ihres Herzens.Die unpassenden Botschaften (von<strong>Zeit</strong> und Ort her oder weil sie persönlichMühe machen) könnte manBibel im Alltag27


Bibel im AlltagBibel im Alltagdoch einfach unter Berufung auf dieunpassenden Umstände abtun. Nehemiahätte die Möglichkeit dazu gehabt.Das Volk der Juden in kritischerSituation? „Ich bin jetzt im Dienst, ichbin hier ein Gefangener, jeder mussselbst sehen, wie er zurechtkommt,nicht hier, nicht jetzt …“Das tut er nicht.So muss der in der Leiterschaft Stehendebereit sein, die Botschaft zu hören,wenn sie gegeben wird. Er musseinfach ein Ohr dafür haben. Er könnteWichtiges verpassen.Was wird mir heute gesagt werden?Wie werde ich reagieren? Bin ich bereit,es zu hören?3. Interesse„… da kam Hanani, einer von meinenBrüdern, er und einige Männer aus Juda“(Neh 1,2).Nicht oberflächliches Interesseoder gar Neugier war hier das Motiv.Er wollte nichts über die politische„Großwetterlage“ oder die Prognosender Händler über ein in der Ferne liegendeswestliches Land erfahren. Nehemiakannte als enger Vertrauter despersischen Königs diese Dinge ganzsicher besser, als sie die Tagespresseberichten konnte.Hanani, der Bruder Nehemias, undeinige Männer aus Jerusalem kamenzu Besuch. Nehemia nahm sich <strong>Zeit</strong>für sie. Natürlich waren Sitten und Gepflogenheitennoch nicht so termingestresstwie heute, mag man einwerfen.Richtig, aber auch persönliche Freiheitenund Dienstverhältnisse hatteneinen ganz anderen Stellenwert. Nehemiawar als Mundschenk des Königsso etwas wie Sicherheitschef undpersönlicher Berater des Herrschers.In solchen Positionen ist man auchheute fast unabkömmlich.Er nimmt sich die <strong>Zeit</strong>, nicht nur fürden Bruder und die Freunde aus Jerusalem,sondern für die Nachrichten,die sie mitgebracht haben. Nehemiafragt nach, ganz sicher nach dem einenoder anderen Namen; auf jedenFall versucht er die Dinge differenziertherauszubekommen. Das Gesprächstockt nicht bei der Frage: „Wiegeht’s?“, um dann auf die eigene Karriereoder die Misere der anderen zusprechen zu kommen. Man sprichtauch nicht über die eher belanglosenDinge wie das Wetter, die Kleidung,rauschende Feste oder die allgemeinenWeltereignisse. Auf die gezielteNachfrage Nehemias kommt dieAussage ungeschminkt und hart herüber:„Die Übriggebliebenen … lebenin großem Unglück und Schmach.Die Mauer von Jerusalem ist niedergerissenund seine Tore mit Feuer verbrannt.“Das waren die entscheidenden Mitteilungen.Das wollte Nehemia hören,die Tatsachen eben. Und das traf ihn,als hätte es sein eigenes Leben betroffen.Warum, da er doch hinter sicherenMauern und mit einer verantwortungsvollenAufgabe, die er bestensausführte, leben konnte? Ist derMensch nicht zufrieden mit seinemGlück? Braucht er seine Herausforderungenund Probleme? Was bewogNehemia, sich Menschen und ihrerSache anzunehmen, die mehr als1000 km von ihm entfernt lebten?Das ist die Aufgabe des Leiters, sichder Menschen und Dinge anzunehmen,als wären es seine eigenen. Gingees nur um Macht, Ehre, Geld, Sicherheitoder Beziehungen, es wäredieser Sache nicht wert. Nehemia hattedavon anscheinend genug.Peter Baake(wird fortgesetzt)28


Wer ist Ihr Star?„Er war längst berühmt für seinen Gesang; er war berüchtigt fürdie Sauf-Exzesse, die er seiner Leber und seinen Lieben zumuteteohne Rücksicht auf Verluste – und er hatte eine legendäre, denGroßstadtverkehr lahm legende Teenager-Hysterie verursacht,bei der 30 000 kreischende junge Menschen ein Kino belagerten,in dem er ein Konzert gab“ (Spiegel Kultur 1/2004: „Wie ausMenschen Idole werden“, S. 59). So leitete Wolfgang Höbel einenArtikel über Robbie Williams ein und ließ dann folgen: „Nein, hierist noch nicht die Rede von Robbie Williams, sondern von seinemgroßen Vorbild Frank Sinatra.“TrendsTrendsDer Weg zum Star begann für Williamsvor der Jukebox in der Kneipeseiner Mutter. Er bemerkte früh, dasssein Tanzen den Leuten gefiel, undsagt: „Damals habe ich gelernt, mitCharme eine Art von Aufmerksamkeitzu erzeugen, die süchtig machenkann. Wenn du singst, bewundern siedich. Wenn du einen Witz erzählst, lachensie. Also egal, was du tust, wenndu es nur richtig anstellst, findest duein Publikum.“Dass dieses Publikum aber auch seineSchattenseiten hat, zeigt z. B. seinKampf gegen die Verleumdungen derKlatschpresse. Es gibt viele Beispieledafür, dass sich Stars ab einem gewissen<strong>Zeit</strong>punkt von den Fans bedrängtoder sogar verfolgt fühlen. So schreibtMatthias Matussek in seinem Artikel„Preis des Erfolges“, ebenfalls in SpiegelKultur 1/2004: „Stars sind offensichtlichdazu da, gleichzeitig angebetetund missbraucht zu werden. Wirzerren an ihnen, weil sie ständig anuns herumzerren, an unseren Gefühlen,unseren Träumen, weil sie es sind,die zunächst mal diese falsche Näheherstellen im Dunkel des Kinosaals.Sie sind Freunde, Geliebte, Wunschsöhne,-väter, -partner.“„Die Aufmerksamkeit anderer Menschenist die unwiderstehlichste allerDrogen. Ihr Bezug sticht jedes andereEinkommen aus. Darum steht derRuhm über der Macht, darum verblasstder Reichtum neben der Prominenz.“Dies ist die zentrale Thesedes Buches Ökonomie der Aufmerksamkeit,verfasst von dem Wiener29


TrendsTrendsArchitekten und Philosophen GeorgFranck. Um zu maximaler Aufmerksamkeitzu gelangen, formulierteWilliams als Hauptziel für sich selbst:„Sieh zu, dass du wirklich jeden amüsierst.“Dass er dadurch aber nicht zurZufriedenheit gelangen konnte, wirdin seiner Biografie deutlich. Auch vieleseiner Songs vermitteln diesen Eindruck:In „Come Undone“ besingt ersein Leben als Lüge („If I stop lyingI’d just disappoint you“), oder in „Singingfor the Lonely“ berichtet er vonGeistern gepeinigter Mann.“Und noch einmal Matussek: „Starsvertreiben die Einsamkeit … Was Groschenpresse,Fernsehen und Internetbewerkstelligt haben, ist eine ständigwachsende Durchlaufgeschwindigkeitan Berühmtheiten. Ständig istGötzendämmerung, und immer nervösersuchen wir nach neuen Vorbildern.Götzen werden gebraucht insäkularen <strong>Zeit</strong>en. Je verwechselbarerder Einzelne wird, desto mehr sehnter sich nach dem Unverwechselbaren.seiner Paranoia, er könnte die Menscheneines Tages nur noch langweilen(„scared of you always thinkingthat I’m boring“). Selbst erwähnt er,dass er fast alle verfügbaren Drogenausprobiert habe, und nennt Heroin,Ecstasy, Marihuana, Alkohol, Amylnitratund Speed. In einem Interview sagteer: „Von null auf hundert bekanntzu werden ist die irrste Bewusstseinsexplosion,die man sich nur vorstellenkann. Aber was kommt dann? EineWelt, in der du belächelt, beschimpftund wie Dreck behandelt wirst.“ Höbelschreibt schließlich: „In der geradeerschienenen ersten autorisiertenWilliams-Biographie ‚Feel‘, für die ihnder britische Journalist Chris Heathzwei Jahre lang fast ständig begleitendurfte, begegnet uns ein von bösenDie Tröstung durch Religion in früheren<strong>Zeit</strong>en bestand ja darin, dass siedem Einzelnen das Gefühl der Einzigartigkeitvor Gott gab. Nun ist die Religionaus dem Alltag verschwundenund mit ihr das Gefühl des Angesprochenseins.Das Göttliche fehlt. Doches hat einen Mangel zurückgelassen,eine atavistische [primitive] Andachtssehnsuchtund gestaltlos gewordeneFrömmigkeit, die nach Befriedigungsuchen. Die Kirchen sind leer, aber inunzähligen Haushalten gibt es Altärefür Robbie Williams und Schreine fürBritney Spears. Letztere, selbst Kunstprodukt,hat eine ganze geklonte Armeekreiert, in der Starlets und Gefolgschaftnicht mehr auseinander zuhalten sind … Unser Verhältnis zumRuhm also ist zynisch geworden. Es30


ist das <strong>Zeit</strong>alter einer ewigen Götzendämmerung,in der wir unglücklichaufgeklärt zu den bunt bemalten Lampionshinaufschauen, die wir selbstaufgehängt haben, und uns für eineWeile einbilden, sie seien die Sonneund vertrieben uns die Angst vor Einsamkeitund Nacht. Das ist das, waswir heute Ruhm nennen – eine schnellerlöschende Angelegenheit.“Dass Ruhm eine schnell vorübergehendeAngelegenheit ist, können wirauch anhand einer Begebenheit vorbeinahe 2000 Jahren sehen. ZweiMänner wurden von einer Menschenmengeals Götter verehrt. Man wollteihnen opfern. Sie waren davon abernicht begeistert, sondern riefen entsetzt:„Männer, warum tut ihr dies?“Paulus und Barnabas versuchten derMenge bewusst zu machen, dass sieebenfalls nur Menschen aus Fleischund Blut seien. Ihre Botschaft war einzigund allein, dass sich diese Leutevon ihren Idolen abwenden sollten.Sie sollten umkehren zu dem lebendigenGott und nicht auch noch siezu ihren Idolen machen. Das hielt dieMenge aber kaum davon ab, ihnenzu opfern (vgl. Apg 14,11–18). Sofortdanach heißt es dann aber: „Es kamenaber aus Antiochia und IkoniumJuden an, und nachdem sie die Volksmengeüberredet und Paulus gesteinigthatten, schleiften sie ihn zur Stadthinaus, da sie meinten, er sei gestorben“(V. 19).Paulus hatte aber nicht immer dieseEinstellung. Vor seiner Bekehrung verfolgteer die Jünger Jesu und fand ihreTötung legitim. Kurz nach seinerBekehrung sagt der Herr: „Dieser istmir ein auserwähltes Werkzeug, meinenNamen zu tragen sowohl vor Nationenals Könige und Söhne Israels.Denn ich werde ihm zeigen, wie vieleser für meinen Namen leiden muss“(Apg 9,15–17). Da ihm das Lebennach göttlichen Maßstäben mehr wertwar als alles andere, wählte Paulusbewusst diesen Weg und lehnte es folgerichtigspäter ab, als Idol verehrt zuwerden. In seinem Brief an die Römerschreibt er, dass die Menschen sich lieberfür vergängliche Idole begeistern,als den ewigen Gott zu ehren. Die Folgenseien ethischer und moralischerVerfall: Lüge, Gewalt, Untreue undPerversion (vgl. Röm 1,18–32).Für den Kunsthistoriker JakobBurckhardt war der Wille zum RuhmKennzeichen des „modernen Bewusstseins“.Sicher befürchten viele Menschen– meistens wahrscheinlich unbewusst–, ziemlich uninteressant zusein, und so streben sie nach Ruhm.Aber dieser hat ein Doppelgesicht,da so alt wie der Wunsch nach Ruhmauch der Neid ist, den er auslöst. Undes gibt kaum einen Berühmten, dernicht davon träumt, noch berühmterzu werden. Ein weiterer Gedanke, derin diesem Zusammenhang eine Rollespielt, ist der Wunsch, dass der Ruhmnach dem Tod erhalten bleibt und somiteine gewisse Unsterblichkeit garantiert.Eine andere Form des Ruhms heutzutageist die schiere Bekanntheit. Umdazu zu gelangen, scheuen einige vorkaum etwas zurück. Und eine riesigeIndustrie beschäftigt sich damit, ausMenschen Idole zu machen. Der SoziologeSieghart Neckel schreibt: „DieMedien … sind allein ein besondersauffälliges Beispiel dafür, dass immermehr Lebensbereiche ausschließlichdurch Angebot und Nachfrage gesteuertwerden. Das Diktat der Quotezwingt dazu, bedingungslos um Aufmerksamkeitzu kämpfen; also werdentatsächlich alle Mittel durchprobiert.Für den Einzelnen heißt das: Ichmuss weniger etwas können, als michTrendsTrends31


TrendsTrendsgut vermarkten. Eine Form solch neuartigerBewährungsprobe ist es, daraufzu setzen, dass man als Medientypöffentlich ankommt.“Stars währen aber nicht ewig. Aufmerksamkeitbekommen sie nur solange, wie zahlende Zuschauer sieanschauen wollen, nur so lange, wiesie etwas repräsentieren, das dieseanspricht, anrührt oder aufwühlt. DieZuschauer machen – nach der VorauswahlHollywoods – Stars aus denen,die ihnen etwas bedeuten. Darumsind Stars Kreaturen ihrer <strong>Zeit</strong>, undsie vergehen mit ihrer <strong>Zeit</strong>.Wenn Johannes vor den „Götzen“(1Joh 5,21) warnt, dann deshalb, weiler wusste, welche Folgen es für diePersönlichkeit bzw. für das Glaubenslebenhaben kann, wenn man solchehat. Ein Beispiel für unangemesseneVerehrung liefert Herodes. Er hielt eineöffentliche Rede an die Tyrer und Sidonier.„Das Volk aber rief ihm zu: EinesGottes Stimme und nicht eines Menschen!Sogleich schlug ihn ein Engeldes Herrn, dafür, dass er nicht Gott dieEhre gab; und von Würmern zerfressen,verschied er“ (Apg 12,22.23).Bei vielen Stars ist Aufmerksamkeitmassenhaft garantiert. Dass dies aberletzten Endes nichts nützt und wederdieser Lebensstil noch Verehren oderVerehrtwerden zu einem sinnerfülltenLeben führt, zeigen viele Beispiele. ImAnschluss an seine Einleitung (s. o.)schreibt Höbel über Sinatra: „Undtrotzdem war der Held offensichtlichein verschreckter, gebrochenerMann“. Auch die Berichte über Williamslassen erkennen, dass er voneinem erfüllten Leben weit entfernt ist.Was etwas nützt, ist Aufmerksamkeitim Himmel. Man merkt dort aber nichtnur auf, sondern man freut sich, wennein Sünder umkehrt (Lk 15,7). Und dieAufmerksamkeit dort sieht z. B. so aus:„Die Augen des HERRN durchlaufen dieganze Erde, um denen treu beizustehen,deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtetist“ (2Chr 16,9).Wessen Aufmerksamkeit ist Ihnenam meisten wert, und wem schenkenSie Ihre?Jochen Klein„Die Augen des HERRN durchlaufen die ganze Erde,um denen treu beizustehen,deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist.“(2Chr 16,9)32


HimmelfahrtKurzpredigt„Der Herr wurde nun, nachdem er mit ihnen geredet hatte, in denHimmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. Jeneaber zogen aus und predigten überall, während der Herr mitwirkteund das Wort durch die darauf folgenden Zeichen bestätigte“(Mk 16,19.20).1. Himmelfahrt: nur ein Feiertag?Himmelfahrt ist in vielen christlich geprägten Ländern ein Feiertag. Christendenken daran, dass Jesus, ihr Herr, in den Himmel aufgenommen wurde. Himmelfahrt,das ist so eine Art Zwischenstation, zwischen Ostern und Pfingstennämlich. Das sieht dann so aus:Ostern > 40 Tage > Himmelfahrt > 10 Tage > PfingstenOstern:Das Fest nach dem ersten Frühlingsvollmond.Nach dem AT: das Passahin Israel; Gedenken an die Befreiungaus der Sklaverei in Ägypten.Nach dem NT: der Tag der AuferstehungJesu, unseres Herrn, vonden Toten.Himmelfahrt:40 Tage nach Ostern; die Auffahrtdes Herrn Jesus in den Himmel.Pfingsten:Nach dem AT: sieben Wochen nachOstern. Nach dem NT: die Ausgießungdes Heiligen Geistes auf dieJünger und die Gemeinde nach derVoraussage Jesu an die Apostel.Himmelfahrt liegt also dazwischen,nicht nur als Feiertag, sondern alswichtiges Ereignis für die christlicheGemeinde bzw. für jeden Christen.Kurzpredigt2. Himmelfahrt: Ende undAnfangHimmelfahrt ist das Ende der <strong>Zeit</strong> desSohnes Gottes, Jesus, auf dieser Erde.Das Leben Jesu auf der Erde hateine Botschaft: „Gott liebt euch Menschen.“Aber mit Himmelfahrt wardiese <strong>Zeit</strong> von 33 Jahren zu Ende. Unddas Leben Jesu hat auch ein Ziel: Gottwill eine Gemeinde auf dieser Erde.33


KurzpredigtKurzpredigtSo gesehen ist Himmelfahrt auch dieAnkündigung eines Neubeginns: Gottwirkt durch seine Gemeinde auf derErde.3. Himmelfahrt: eine Fahrtnach obenHimmelfahrt, das ist eine Fahrt nachoben. Natürlich ist „oben“ im Sinn desUniversums relativ. Himmelfahrt meintaber deutlich eine „Fahrt“ in den Himmel,da wo Gott ist. Es ist nicht eineFahrt zu den Sternen, da also, wonur Materie ist. Himmelfahrt ist keinOrtswechsel, es ist ein Szenenwechselvon der sichtbaren in die unsichtbareWelt. Natürlich ist das nicht ganz leichtzu begreifen, weil uns die unsichtbareWelt nicht so leicht zugänglich ist.Deshalb ist ja auch von Glauben dieRede, ein Glaube an eine Tatsache,die wir sehen werden.4. Himmelfahrt heißt auch:„Auf Wiedersehen“ oder„Jesus kommt wieder“„Und als er dies gesagt hatte, wurdeer vor ihren Blicken emporgehoben,und eine Wolke nahm ihn aufvor ihren Augen weg. Und als sie gespanntzum Himmel schauten, wie erauffuhr, siehe, da standen zwei Männerin weißen Kleidern bei ihnen, dieauch sprachen: Männer von Galiläa,was steht ihr und seht hinauf zum Himmel?Dieser Jesus, der von euch wegin den Himmel aufgenommen wordenist, wird so kommen, wie ihr ihn habthingehen sehen in den Himmel. Dakehrten sie nach Jerusalem zurück vondem Berg, welcher Ölberg heißt, dernahe bei Jerusalem ist, einen Sabbatwegentfernt“ (Apg 1,9–12).Ein Himmelfahrtskommando ist dasalso nicht. Das hat nur wenig Hoffnungfür die Teilnehmer. Es kann misslingenund den Tod bedeuten. Nichtso die Himmelfahrt Jesu. Dieses Ereignisbedeutet für die Christen, dassJesus wiederkommt. Bis dahin sollensie in Jesu Sinn leben und ihn als denRetter aller Menschen vor allen Menschenbezeugen.Leider bedeutet sein Wiederkommenauch etwas für alle anderenMenschen. Er wird der „Richter derLebenden und der Toten“ genannt.Dann wird er diesen Auftrag wahrnehmenund so handeln. Das wirdfür viele Menschen, die an Jesus vorbeileben, eine ernste Sache werden.Aber Himmelfahrt ist eine Zwischenstation.Noch ist Jesus nicht gekommen.Das mag für die einen nochWarten auf ihn bedeuten. Für die anderenjedoch ist es die Chance, nochmit Jesus ernst zu machen, ihm Glaubenzu schenken. Diese Chance zunutzen, bevor man an der Endstationankommt, das wünsche ich Ihnen allenvon Herzen.Peter Baake„Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten;und wenn ich hingegangen binund euch eine Stätte bereitet habe,komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen,damit da, wo ich bin, auch ihr seid.“(Joh 14,2.3)34


Wie wir für Missionare betenBeten heißt: Namen kennen – Namen nennen„Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde“(2Thess 3,1).1. Geistliches LebenMissionare sind besonderen Belastungenund Anfechtungen ausgesetzt;zugleich sollen sie anderen geistlicheGüter mitteilen. Wir beten um• geistliches Wachstum,• ein geregeltes Leben mit dem WortGottes,• tägliche geistliche Erneuerung.2. GesundheitUngewohnte klimatische und kulturelleVerhältnisse zehren an der Kraft derMissionare. Wir beten um• allgemeines körperliches Wohlbefinden,• seelische Ausgeglichenheit und Gelöstheit,• Gottes Durchhilfe in <strong>Zeit</strong>en der Ermüdungund der Krankheit, der Entmutigungund des Heimwehs.3. WeisheitMissionare sehen sich stets vor neue,komplexe Entscheidungen gestellt.Wir beten für sie,• dass sie wissen, was sie tun und wassie nicht tun sollen,• dass sie wissen, wann und wie siees tun sollen,• dass sie wissen, wohin sie zu gehenhaben.4. Soziale AspekteDer Segen im Dienst hängt auch vongeordneten Beziehungen zwischendem Missionar und seinen Mitmenschenab. Wir beten für ihn und seineFamilie in den Beziehungen• zu Ungläubigen,• zu Gläubigen,• zu den Behörden,• zu den Menschen mit ihnen in derMissionsarbeit,• zu den Freunden und Helfern in derHeimat.5. Der eigentliche DienstMissionar ist einer, der das Evangeliumweitergibt. Wir beten für ihn imHinblick auf• Gelingen und Geschick im Erlernenund Gebrauch der Landessprache,• praxisgerichtete Weitergabe desWortes Gottes,• Weisheit im Dienst zusammen mitden einheimischen Mitarbeitern,• Gnade zur Mitteilung der großenGesamtschau sowie geeigneterMethoden im Dienst.(nach: West Indies Missionund New Tribes Mission)MissionMissionDieser Text kann als Flyer bezogen werden bei:Verlag Bibelschule BeatenbergCH-3808 Beatenbergwww.bibelschule.ch35


Karte innenPOSTKarte ausfüllen,Briefmarke aufklebenund absenden.FAXAusgefüllte Karte einfachfaxen: (0 78 21) 99 81 483 BestellmöglichkeitenONLINEE-Mail senden an:mail@zs-online.de37


Karte außenJa,ich möchte <strong>Zeit</strong> & <strong>Schrift</strong> ab dernächsten Ausgabe erhalten. zunächst für 3 Ausgaben bis auf WiderrufMir entstehen dadurch keine Kosten.NameStraße und Hausnummer oder PostfachPLZ, Ort, ggf. LandTelefon/Fax (Angabe freiwillig)E-Mail (Angabe freiwillig)Antwort<strong>Zeit</strong> & <strong>Schrift</strong>Peter BaakeIm Breiten Feld 2377948 Friesenheim38BitteMarkeaufkleben

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!