15.02.2014 Aufrufe

Mutismus: Sprachlos vor Angst

Wenn Kinder hartnäckig schweigen Mutismus: Sprachlos vor Angst Manche Kinder sind zu Hause lebhaft und gesprächig, doch bei Fremden verstummen und erstarren sie regelmäßig. Oft gelten sie dann einfach als extrem schüchtern. Doch hinter ihrer Sprachlosigkeit kann eine Angststörung stehen: Mutismus. Erfahren Sie, wie er diagnostiziert und behandelt werden kann.

Wenn Kinder hartnäckig schweigen

Mutismus: Sprachlos vor Angst

Manche Kinder sind zu Hause lebhaft und gesprächig, doch bei Fremden verstummen und erstarren sie regelmäßig. Oft gelten sie dann einfach als extrem schüchtern. Doch hinter ihrer Sprachlosigkeit kann eine Angststörung stehen: Mutismus. Erfahren Sie, wie er diagnostiziert und behandelt werden kann.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Mutismus</strong>: <strong>Sprachlos</strong> <strong>vor</strong> <strong>Angst</strong> - urbia.de<br />

http://www.urbia.de/magazin/gesundheit/kinder/mutismus-sprac...<br />

von 4 30.01.2014 07:50<br />

sich an ihre Eltern. In bestimmten sozialen Situationen, sind sie so verängstigt, dass ihnen als einziger<br />

Ausweg das Schweigen bleibt.<br />

Nach Einschätzung der <strong>Mutismus</strong> Selbsthilfe Deutschland leiden in Deutschland 6.000 bis 10.000<br />

Menschen an <strong>Mutismus</strong> – fast doppelt so viele wie an Autismus. Da die Krankheit oftmals nicht erkannt<br />

und mit Autismus oder extremer Schüchternheit verwechselt wird, ist von einer hohen Dunkelziffer<br />

auszugehen. „Schüchterne Kinder sind zwar oft sehr gehemmt, aber sie reagieren in der Regel, wenn sie<br />

angesprochen werden und kommunizieren auch von sich aus, wenn sie sich sicher fühlen. Ein mutistisches<br />

Kind hat dagegen keine Wahl. Seine <strong>Angst</strong> lässt es verstummen“, erläutert der Sprachtherapeut und<br />

Heilpädagoge Dr. Boris Hartmann, Lehrbeauftragter der Universität Fribourg in der Schweiz.<br />

Diagnose, Ursache, Therapie<br />

Diagnose: Woran erkennt man <strong>Mutismus</strong>?<br />

<strong>Mutismus</strong> ist ein anerkanntes Störungsbild mit gravierenden Konsequenzen für die<br />

Persönlichkeitsentwicklung, das Sozialverhalten und das Selbstbewusstsein. Denn sie betrifft die gesamte<br />

sprachliche, kognitive, soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes. Spätestens im Jugendalter<br />

werden die Betroffenen zu Außenseitern, sie bekommen zunehmende Probleme in der Schule, häufig treten<br />

Depressionen und Selbstmordgedanken auf. „Je länger die Krankheit unentdeckt und unbehandelt bleibt,<br />

desto schwieriger wird es, die Kinder von ihren Ängsten zu befreien. Eine frühe Diagnose und Therapie –<br />

am besten bereits im Kindergartenalter – sind daher ungeheuer wichtig. Denn dann sind die<br />

Heilungschancen sehr gut“, betont Dr. Hartmann. Da die Störung bei vielen Ärzten noch nicht bekannt ist,<br />

empfiehlt der <strong>Mutismus</strong>-Experte Eltern, darauf zu achten, ob bei ihrem Kind folgende Auffälligkeiten<br />

auftreten – und bei Verdacht einen Arzt, Psychologen oder Sprachtherapeuten zu konsultieren:<br />

Verfällt Ihr Kind in bestimmten Situationen oder gegenüber bestimmten Personen immer in<br />

Schweigen, obgleich es ganz normal sprechen kann?<br />

Steht das Kind zuhause gerne im Mittelpunkt?<br />

Redet es zu Hause besonders viel, verstummt aber plötzlich, wenn Fremde hinzukommen?<br />

Hat ihr Kind <strong>Angst</strong>, sich körperlich zu erproben (zum Beispiel beim Klettern, Schwimmen oder<br />

Fahrradfahren)?<br />

Ursachen: Hemmungen liegen oft in der Familie<br />

Zwar sind die Ursachen von <strong>Mutismus</strong> noch nicht ganz eindeutig geklärt, doch Experten gehen davon aus,<br />

dass die Störung durch ausgeprägte soziale Ängste her<strong>vor</strong>gerufen wird. Neuere Untersuchungen belegen<br />

dies: Sie zeigen, dass bei Mutisten das <strong>Angst</strong>zentrum im Gehirn überreagiert. „Das ist ähnlich wie bei<br />

Menschen mit einer Sozialphobie“, erklärt Dr. Boris Hartmann. „Sie wissen zwar, dass ihnen andere nichts<br />

anhaben können, reagieren aber dennoch mit deutlichen <strong>Angst</strong>symptomen. Bei Menschen mit selektivem<br />

<strong>Mutismus</strong>, werden solche Reaktionen eben durch Situationen ausgelöst, in denen sie mit nicht vertrauten<br />

Menschen außerhalb des engeren Familienkreises sprechen müssen.“<br />

Ein stressreiches Umfeld kann ein Risikofaktor für <strong>Mutismus</strong> sein. Auffällig ist auch, dass rund 20 Prozent<br />

der betroffenen Kinder zweisprachig aufwachsen. Erziehungsfehler oder Traumata, zum Beispiel nach<br />

sexuellem Missbrauch, scheiden nach neuen Erkenntnissen als Ursachen aus. Dagegen scheint die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!