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Mutismus: Sprachlos vor Angst

Wenn Kinder hartnäckig schweigen Mutismus: Sprachlos vor Angst Manche Kinder sind zu Hause lebhaft und gesprächig, doch bei Fremden verstummen und erstarren sie regelmäßig. Oft gelten sie dann einfach als extrem schüchtern. Doch hinter ihrer Sprachlosigkeit kann eine Angststörung stehen: Mutismus. Erfahren Sie, wie er diagnostiziert und behandelt werden kann.

Wenn Kinder hartnäckig schweigen

Mutismus: Sprachlos vor Angst

Manche Kinder sind zu Hause lebhaft und gesprächig, doch bei Fremden verstummen und erstarren sie regelmäßig. Oft gelten sie dann einfach als extrem schüchtern. Doch hinter ihrer Sprachlosigkeit kann eine Angststörung stehen: Mutismus. Erfahren Sie, wie er diagnostiziert und behandelt werden kann.

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<strong>Mutismus</strong>: <strong>Sprachlos</strong> <strong>vor</strong> <strong>Angst</strong> - urbia.de<br />

http://www.urbia.de/magazin/gesundheit/kinder/mutismus-sprac...<br />

von 4 30.01.2014 07:50<br />

Kommunikationsangst genetisch bedingt zu sein. „Bei 95 Prozent aller mutistischen Kinder, die ich<br />

behandelt habe, hat mindestens ein Elternteil angegeben, selbst sehr gehemmt zu sein oder zur<br />

Selbstisolation zu neigen, bei etwa 75 Prozent waren Vater oder Mutter depressiv oder litten an einer<br />

<strong>Angst</strong>störung.“<br />

Therapie: In kleinen Schritten gegen die <strong>Angst</strong><br />

<strong>Mutismus</strong> muss kein Schicksal sein. Frühzeit behandelt ist die <strong>Angst</strong>störung in der Regel sehr gut<br />

heilbar. Eine wirkungsvolle Therapie sollte an verschiedenen Hebeln ansetzen und immer die<br />

individuelle Situation des Kindes berücksichtigen. Der wichtigste Ansatz ist meist eine<br />

Sprachtherapie. Ziel ist es, die Kinder behutsam in Situationen zu bringen, in denen sie sprechen<br />

müssen. Pauline, zum Beispiel, die gerade eine Therapie bei einer Logopädin macht, hat am Anfang<br />

nur einzelne Silben geflüstert. Nach einigen Wochen hat sie der Therapeutin bereits eine kurze –<br />

wenn auch leise – Antwort gegeben und sie dabei angesehen. Spricht das Kind schließlich frei in der<br />

Therapie, werden schließlich Alltagssituationen eingeübt.<br />

Neben der Sprachtherapie ist oft auch eine Psychotherapie erforderlich, um gemeinsam die Ängste<br />

des Kindes anzugehen, sowie begleitende spiel-, musik- oder ergotherapeutische Maßnahmen.<br />

Hilfreich kann auch eine Verhaltenstherapie sein. Wie bei der Desensibilisierung bei einer Allergie,<br />

wird das Kind Schritt für Schritt in Situationen gebracht, die ihm <strong>Angst</strong> machen, damit es diese<br />

Ängste mit der Zeit bewältigen kann. Sprachtherapie und psychotherapeutische Behandlungen<br />

werden nach ärztlicher Verordnung von den Krankenkassen übernommen. Bei älteren Kindern oder<br />

Jugendlichen können auch <strong>Angst</strong> reduzierende Antidepressiva helfen.<br />

Eltern: Nicht Sprachrohr, sondern Sprachtrainer<br />

Besonders wichtig ist es, die Eltern in die Behandlung einzubeziehen; mitunter ist auch eine<br />

Familientherapie erforderlich. Auch im Interesse der Behandlung des Kindes, ist eine enge<br />

Zusammenarbeit zwischen Therapeuten und Eltern dringend nötig. „Viele Mütter und Väter neigen<br />

dazu, ihr Kind zu schützen und außerhalb der Familie für es zu sprechen. Doch so verharren die<br />

Kinder in ihrer <strong>Sprachlos</strong>igkeit“, erläutert <strong>Mutismus</strong>-Experte Dr. Hartmann. „Eltern sollten nicht das<br />

Sprachrohr, sie müssen Sprachtrainer ihrer Kinder sein – und das müssen sie auch erst lernen.“ Das<br />

bedeutet: Rausgehen aus der Schonhandlung – wenn das Kind ein Eis möchte, muss es selbst eines<br />

bestellen. Auch gegenüber den Geschwistern sollte es nicht be<strong>vor</strong>zugt werden: Es sollte ebenso wie<br />

die anderen im Haushalt mithelfen und auch nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen. Also keine<br />

Sonderbehandlung, aber auch kein übermäßiger Druck zum Sprechen, schließlich ist es für das Kind<br />

sehr schwierig, seine Ängste und das jahrelange Schweigen zu überwinden. Wenn es ein paar Worte<br />

spricht, verdient das natürlich ein Lob, aber auch dabei sollten Eltern nicht zu enthusiastisch<br />

werden. Schließlich soll das Sprechen irgendwann zur Normalität werden – bis dahin braucht es<br />

einfach eine Menge Geduld.<br />

Service<br />

Zum Weiterlesen<br />

Reiner Bahr: Wenn Kinder schweigen – Redehemmungen verstehen und behandeln. Ein

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