Bericht_und_Antrag [PDF, 319 KB] - Kanton Glarus
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Fax 055 646 68 09<br />
E-Mail: sicherheitjustiz@gl.ch<br />
www.gl.ch<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Justiz<br />
Postgasse 29<br />
8750 <strong>Glarus</strong><br />
An den Regierungsrat<br />
<strong>Glarus</strong>, XX. Mai 2013<br />
Unsere Ref: 2011-241<br />
<strong>Kanton</strong>ale Ordnungsbussenverordnung<br />
1. Ausgangslage<br />
1.1 Regelfall der Strafverfolgung<br />
Mit Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) am 1. Januar<br />
2011 wurden die kantonalen Strafprozessordnungen abgelöst <strong>und</strong> das Strafverfahren weitgehend<br />
vereinheitlicht. Zuständig für die Strafverfolgung sind weiterhin die <strong>Kanton</strong>e, sofern<br />
es sich nicht um Delikte handelt, die der B<strong>und</strong>esgerichtsbarkeit unterliegen. Weniger<br />
schwerwiegende Fälle, wozu auch die Übertretungen gehören, entscheidet dabei nach der<br />
StPO die Staatsanwaltschaft selbständig mittels Strafbefehl. Bei gewichtigen Delikten hat<br />
diese Anklage bei den Gerichten zu erfolgen. Im <strong>Kanton</strong> <strong>Glarus</strong> sind das <strong>Kanton</strong>sgericht <strong>und</strong><br />
das Obergericht für die Beurteilung von solchen schwereren Straffällen zuständig. Die <strong>Kanton</strong>spolizei<br />
führt lediglich die ersten Ermittlungen durch, <strong>und</strong> leitet anschliessend die Akten<br />
der Staatsanwaltschaft zum Erlass eines Strafbefehls oder zur Anklageerhebung weiter. Diese<br />
Kompetenzaufteilung hat zur Folge, dass die <strong>Kanton</strong>spolizei eine Person, die sie bei der<br />
Tatbegehung erwischt, nicht direkt büssen darf, sondern nur bei der Staatsanwaltschaft verzeigen<br />
kann, <strong>und</strong> zwar auch dann, wenn es sich um eine leichte Tat im Bereich des Übertretungsstrafrechts<br />
(z.B. Littering oder Nachtruhestörung) handelt. Der Straffällige sieht sich<br />
somit unter Umständen einem verhältnismässig aufwändigen Verfahren gegenüber, obwohl<br />
das begangene Delikt nur einen geringen Unrechtsgehalt aufweist. Die amtlichen Kosten<br />
fallen dabei am Schluss oft höher aus, als der eigentliche Bussenbetrag.<br />
1.2 Ordnungsbussenverfahren als besondere Form der Strafverfolgung<br />
Das Ordnungsbussenverfahren ist eine besondere, vereinfachte Form der Strafverfolgung.<br />
Es zeichnet sich dadurch aus, dass für bestimmte Tatbestände ein fixer <strong>und</strong> einheitlicher<br />
Bussenbetrag gesetzlich festlegt wird. Die Polizei oder weitere Kontrollorgane können dann<br />
bei klarer Sach- <strong>und</strong> Rechtslage sowie Einverständnis der beschuldigten Person gestützt<br />
darauf direkt Bussen ausfällen. Die Einleitung eines aufwändigen Strafverfahrens mit Verzeigung<br />
an die Staatsanwaltschaft entfällt auf diese Weise. Das Ordnungsbussenverfahren<br />
schränkt die in der B<strong>und</strong>esverfassung (BV, SR 101) <strong>und</strong> der Konvention zum Schutz der<br />
Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten (EMRK, SR 0.101) bestehenden Verfahrensrechte ein.<br />
Akzeptiert die beschuldigte Person die Ordnungsbusse, so verzichtet sie auf zahlreiche verfassungsrechtliche<br />
Garantien (Rechtsweggarantie, unabhängiges <strong>und</strong> unparteiisches Gericht,<br />
öffentliche Urteilsverkündung, rechtliches Gehör etc.). Das Ordnungsbussenverfahren<br />
berücksichtigt auch die Persönlichkeit des Straffälligen nicht weiter. Es eignet sich folglich<br />
nur für solche Tatbestände, die leichtere Gesetzesverstösse sanktionieren, häufig vorkom-
men <strong>und</strong> sich formlos erledigen lassen. Es kann sich hier daher naturgemäss nur um Übertretungen<br />
handeln. Die StPO sieht für die Ahndung von b<strong>und</strong>esrechtlichen Straftaten jedoch<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich kein Ordnungsbussenbussenverfahren vor. Es sei denn, ein B<strong>und</strong>esgesetz<br />
enthalte ausdrücklich eine andere Regelung (Art. 2 Abs. 2 StPO). Heute besteht eine solche<br />
Ausnahme einzig hinsichtlich der Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften des B<strong>und</strong>es<br />
(Eidgenössisches Ordnungsbussengesetz, OBG, SR 741.03, <strong>und</strong> Ordnungsbussenverordnung,<br />
OBV, SR 741.031). Der B<strong>und</strong> beabsichtigt künftig, auch Verstösse gegen andere<br />
Gesetze mit Ordnungsbussen zu sanktionieren. Derzeit ist eine entsprechende Revision des<br />
OBG am Laufen. Vorgesehen ist unter anderem eine Ausweitung des Ordnungsbussenverfahrens<br />
auf das Alkoholgesetz (SR 680), das Personenbeförderungsgesetz (SR 745.1), das<br />
Jagdgesetzes (SR 922.0) <strong>und</strong> das Messgesetz (SR 941.20).<br />
1.3 Ordnungsbussen im kantonalen Recht<br />
Das kantonale Recht kann nur die Verfolgung <strong>und</strong> Beurteilung von eigenen kantonalen bzw.<br />
kommunalen Übertretungstatbeständen im Ordnungsbussenverfahren vorsehen. Übertretungstatbestände<br />
des B<strong>und</strong>esrechts müssen hingegen, wie oben in Ziffer 1.2 bereits ausgeführt,<br />
im ordentlichen Verfahren abgewickelt werden. Sie können nicht vom <strong>Kanton</strong> autonom<br />
dem Ordnungsbussenverfahren zugewiesen werden. Der <strong>Kanton</strong> <strong>Glarus</strong> besitzt bislang keine<br />
eigene umfassende Regelung hinsichtlich des Verfahrens für die Ausfällung von Ordnungsbussen.<br />
Derzeit dürfen solche nur für Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften<br />
des B<strong>und</strong>es verhängt werden. Die Kompetenz hierfür liegt ausschliesslich bei der <strong>Kanton</strong>spolizei.<br />
Ausserhalb des Strassenverkehrsrechts sehen lediglich zwei weitere kantonale Spezialgesetze<br />
die Möglichkeit einer vereinfachten Bussenerhebung im Ordnungsbussenverfahren<br />
vor (Art. 12 Abs. 2 der Verordnung über Spiel- <strong>und</strong> Musikautomaten, Spielsalons <strong>und</strong><br />
Diskotheken, GS IX B/22/7 <strong>und</strong> Art. 24 Abs. 2 des Gastgewerbegesetzes, GS IX B/22/1). Die<br />
betreffenden Bestimmungen ermächtigen die <strong>Kanton</strong>spolizei bzw. ein vom Gemeinderat ermächtigtes<br />
Gemeindeorgan, an Ort <strong>und</strong> Stelle eine Busse von 20 Franken bei Gästen zu<br />
erheben, die sich nach Betriebsschluss noch in den Lokalitäten aufhalten. Nichtbezahlung<br />
hat eine Verzeigung bei der Staatsanwaltschaft zur Folge. Im Gegensatz zur Ordnungsbussenregelung<br />
im Bereich des Strassenverkehrs existieren im kantonalen Recht keine weiteren<br />
Verfahrensbestimmungen für die Erhebung dieser Ordnungsbussen.<br />
1.4 Einführung eines kantonalen Ordnungsbussenverfahrens<br />
Mit dem Erlass des neuen Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung<br />
<strong>und</strong> zur Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung schuf die Landsgemeinde am 2. Mai<br />
2010 (EG StPO, GS III E/1) gleichzeitig eine gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage für die umfassende Einführung<br />
von Ordnungsbussen im kantonalen Recht. In Art. 28 Abs. 1 EG StPO wurde dem<br />
Regierungsrat die Befugnis übertragen, die Polizei- oder Kontrollorgane zu ermächtigen, bei<br />
bestimmten Übertretungen im Einverständnis mit der fehlbaren Person auf der Stelle eine<br />
Ordnungsbusse zu erheben. Art. 28 Abs. 3 EG StPO schreibt dabei dem Regierungsrat vor,<br />
die Übertretungen des kantonalen Rechts, die durch Ordnungsbussen zu ahnden sind, die<br />
Höhe des Bussenbetrages <strong>und</strong> das Verfahren in einer Verordnung zu regeln. Gemäss Art.<br />
28 Abs. 2 EG StPO beträgt die Höchstgrenze der Ordnungsbusse 1‘000 Franken. Vorliegend<br />
soll gestützt auf die Delegationsnorm in Art. 28 EG StPO <strong>und</strong> in Ausnützung der Rechtsetzungskompetenz<br />
des Regierungsrates in Form einer Ordnungsbussenverordnung eine umfassende<br />
Regelung für die Erhebung von Ordnungsbussen für Übertretungstatbestände des<br />
kantonalen Rechts geschaffen werden. Solche finden sich einerseits in zahlreichen Gesetzen<br />
<strong>und</strong> Verordnungen des geltenden glarnerischen Verwaltungsrechts. Andererseits werden<br />
in Art. 5 ff. des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Strafgesetzbuch (EG StGB,<br />
GS III/1) verschiedene klassische Tatbestände im Bereich des Kernstrafrechts, die noch in<br />
kantonale Kompetenz fallen, unter Übertretungsstrafe gestellt.<br />
2
1.5 Vorteile<br />
Die Möglichkeit, die Begehung einer Tat unmittelbar vor Ort mit einer Busse ahnden zu können,<br />
hat verschiedene Vorteile. Der fehlbaren Person wird ohne Verzögerung deutlich gemacht,<br />
dass ihr Handeln strafrechtlich relevant ist <strong>und</strong> nicht geduldet wird. Der Verwaltungsaufwand<br />
dürfte insgesamt geringer ausfallen, wenn nicht wegen jeder Ordnungswidrigkeit,<br />
die verfolgt werden soll, ein aufwändiges Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft durchgeführt<br />
werden muss. Ein solches wird nur mehr dann anzuheben sein, wenn die fehlbare Person<br />
die Busse nicht freiwillig bezahlt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Aussicht<br />
auf den unverhältnismässig hohen Aufwand, welcher bis anhin regelmässig selbst bei<br />
der Verfolgung von Bagatellfällen angefallen ist, die Strafverfolgungsbehörden in der Praxis<br />
auch häufig davon abgehalten hat, die entsprechenden Verfahren überhaupt einzuleiten. Die<br />
Einführung des Ordnungsbussenverfahrens dürfte damit auch zu einer konsequenteren<br />
Ahndung solcher Gesetzesverstösse führen, die zwar nicht unbedingt weitreichende Folgen<br />
nach sich ziehen, sich aber für die Gemeinschaft dennoch als störend erweisen oder unnötige<br />
Arbeitsleistungen bzw. finanzielle Aufwendungen bewirken, etwa zur Beseitigung liegen<br />
gelassenen Abfalls. Für die Wahrung der öffentlichen Ruhe <strong>und</strong> Ordnung wäre dies ein Vorteil.<br />
Sodann profitiert die fehlbare Person davon, dass im Ordnungsbussenverfahren die<br />
Übertretung sofort <strong>und</strong> in einem unbürokratischen Verfahren erledigt werden kann. Die Einschränkung<br />
der Verfahrensrechte würde dadurch aufgewogen.<br />
2. Struktur der Vorlage<br />
In der Ordnungsbussenverordnung gilt es insbesondere folgende Punkte zu regeln:<br />
3<br />
Festlegung der im Ordnungsbussenverfahren zu ahndenden Übertretungstatbestände;<br />
Höhe der jeweiligen Bussenbeträge;<br />
Berechtigung für die Erhebung von Ordnungsbussen;<br />
Schranken der direkten Bussenerhebung;<br />
Vorgehen bei Zusammentreffen mehrerer Übertretungstatbestände;<br />
Ausgestaltung des Bussenbezugs.<br />
Materielle Strafbestimmungen hat die Ordnungsbussenverordnung nicht zu enthalten. Diese<br />
finden sich bereits in anderen Erlassen geregelt (s. hierzu oben in Ziffer 1.4) <strong>und</strong> sind deshalb<br />
nicht nochmals zu wiederholen. Trotzdem gilt es die einzelnen Übertretungstatbestände<br />
zu nennen, die direkt mittels Ordnungsbussen geahndet werden können, zumal Art. 28 Abs.<br />
1 EG StPO dem Regierungsrat vorschreibt, die Übertretungen, die dem Ordnungsbussenverfahren<br />
zugänglich sind, zu bestimmen. Im Anhang zur Verordnung wird deshalb ein Bussenkatalog<br />
geschaffen, der die einzelnen Übertretungstatbestände der kantonalen Gesetzgebung<br />
auflistet, die sich im Ordnungsbussenverfahren, anstelle des normalen bzw. ordentlichen<br />
Verfahrens, abwickeln lassen. Nach dem Gesagten ist darauf zu achten, dass im Bussenkatalog<br />
nur diejenigen Verhaltensweisen erfasst werden, die sich aufgr<strong>und</strong> ihrer Natur<br />
dazu eignen, in einem schnellen Verfahren erledigt werden zu können. Dabei ist vor allem an<br />
Tatbestände zu denken, in welchen die Polizei- oder Kontrollorgane die fehlbare Person an<br />
Ort <strong>und</strong> Stelle in flagranti ertappen kann, <strong>und</strong> das fehlbare Verhalten sich eindeutig <strong>und</strong> klar<br />
feststellen lässt. Die Ahndung der Anmassung eines akademischen Titels gemäss Art. 8 EG<br />
StGB beispielsweise bedarf wohl in den meisten Fällen eines eingehenden Beweisverfahrens<br />
<strong>und</strong> kann kaum je vor Ort gebüsst werden. Derartige Tatbestände taugen nicht zur Aufnahme<br />
in den Bussenkatalog.<br />
Die Revision des OBG hat keine Auswirkungen auf die vorliegende Verordnung. Sie kann<br />
unabhängig davon in Kraft treten. Soweit zweckmässig wurde bei der Ausarbeitung der Verordnung,<br />
insbesondere hinsichtlich der Begrifflichkeiten an die B<strong>und</strong>esregelung angelehnt.<br />
Aufgehoben werden kann nach dem in Kraft treten des revidierten OBG der Beschluss des
Regierungsrates über die Erhebung von Ordnungsbussen durch nichtuniformierte Angestellte<br />
der <strong>Kanton</strong>spolizei (GS VII D/11/5). Die Verordnung verlangt keine explizite Ermächtigung<br />
mehr für die Bussenerhebung durch nichtuniformierte Polizeiorgane (Art. 4 Abs. 2). Wie<br />
schon bisher verlangt das revidierte OBG in Art. 4 Abs. 1 die Bezeichnung der zur Erhebung<br />
von Ordnungsbussen ermächtigen Polizeiorgane durch den <strong>Kanton</strong>. Heute fehlt eine solche<br />
explizite Regelung. Die Zuständigkeit der uniformierten Angehörigen der <strong>Kanton</strong>spolizei für<br />
die Erhebung der Ordnungsbussen ist aus dem Polizeigesetz des <strong>Kanton</strong>s <strong>Glarus</strong> herzuleiten<br />
(Art. 2 Abs. 1, GS V A/11/1). Nach dem Inkrafttreten des neuen OBG sind sämtliche Polizei-<br />
<strong>und</strong> Kontrollorgane, die zur Ausfällung von Ordnungsbussen ermächtigt sind durch den<br />
Regierungsrat in einem separaten Beschluss zu bezeichnen.<br />
3. Übertretungen des Gemeinderechts<br />
3.1 Strafverfolgung<br />
Von der in Art. 17 Abs. 1 StPO vorgesehenen Möglichkeit, die Strafverfolgung von Übertretungen<br />
einer Verwaltungsbehörde zu übertragen, ist bei der Umsetzung der Schweizerischen<br />
Strafprozessordnung in das kantonale Recht kein Gebrauch gemacht worden. Art. 8 EG<br />
StPO bezeichnet ausdrücklich als einzige Übertretungsstrafbehörde die Staatsanwaltschaft.<br />
Diese ist somit auch zentral für die Verfolgung der kommunalen Straftatbestände zuständig.<br />
Im Gegensatz zur früheren Ordnung besitzen die Gemeinden bzw. die Gemeindevorsteherschaften<br />
als Verwaltungsbehörden heute deshalb keine Befugnisse für die Durchführung von<br />
Strafuntersuchungen <strong>und</strong> den Erlass von Strafbefehlen bzw. Strafverfügungen. Bis anhin<br />
wurde von dieser Kompetenz jedoch auch kaum Gebrauch gemacht. Es erfolgte praktisch<br />
immer die direkte Verzeigung durch die Gemeinden an das Verhöramt, das in die heutige<br />
Staatsanwaltschaft überführt wurde. Der Strafanspruch der Gemeindevorsteherschaften<br />
wurde allerdings mit der Einführung der neuen StPO nicht gänzlich aufgehoben. In Art. 89<br />
Abs. 2 des Gemeindegesetzes (GS II E/2) trat an die Stelle der Strafverfolgungsbefugnis bei<br />
den Übertretungen, die Kompetenz der Gemeinden, Ordnungsbussen für das kommunale<br />
Strafrecht vorzusehen, die im Falle eines Verstosses direkt von ihren Organen ausgefällt<br />
werden können. Im Falle der Nichtbezahlung der Ordnungsbusse hätte auch hier wiederum<br />
eine Verzeigung bei der Staatsanwaltschaft zu erfolgen.<br />
3.2 Keine kantonale Regelung<br />
Die in Art. 89 Abs. 2 des Gemeindegesetzes den Gemeinden übertragene Befugnis, Ordnungsbussen<br />
vorzusehen, bedingt für deren Einführung gleich wie beim <strong>Kanton</strong>, das Verfahren<br />
der Bussenerhebung rechtlich zu regeln. Dazu gehört auch die Festlegung der Übertretungstatbestände,<br />
die mittels Ordnungsbussen geahndet werden dürfen, einschliesslich der<br />
auszusprechenden Bussenhöhe. Dies kann aber nicht im kantonalen Recht erfolgen. Die<br />
Zuständigkeit für den Erlass der erforderlichen Regelungen liegt hier ausschliesslich bei der<br />
Gemeinde. Umgekehrt sieht Art. 28 Abs. 1 <strong>und</strong> 3 EG StPO die Kompetenz des Regierungsrates<br />
für die Einführung von Ordnungsbussen ebenfalls nur im Bereich der kantonalen Übertretungstatbestände<br />
vor. Die gesetzlichen Bestimmungen (Art. 89 Abs. 2 Gemeindegesetz<br />
<strong>und</strong> Art. 28 Abs. 1 EG StPO) gestatten sodann Gemeinden <strong>und</strong> <strong>Kanton</strong> lediglich, die jeweils<br />
eigenen Polizei- bzw. Kontrollorgane mit der Erhebung von Ordnungsbussen zu ermächtigen,<br />
<strong>und</strong> zwar eingeschränkt auf die Übertretungstatbestände des eigenen Rechts. Die vorliegende<br />
Ordnungsbussenverordnung hat sich somit hinsichtlich des Geltungsbereichs auf<br />
die kantonale Gesetzgebung zu begrenzen. Insbesondere ist darin gr<strong>und</strong>sätzlich keine Befugnis<br />
der <strong>Kanton</strong>spolizei vorzusehen, auch für die Gemeinden allfällige Übertretungen des<br />
kommunalen Rechts mit Ordnungsbussen zu ahnden. Dies gilt im Übrigen auch aus Gründen<br />
der Praktikabilität. Die <strong>Kanton</strong>spolizei hätte sonst jeweils im Einzelfall zu prüfen <strong>und</strong> zu<br />
differenzieren, ob <strong>und</strong> gegen welche Vorschrift einer Gemeinde verstossen wurde, was sich<br />
als unzweckmässig erweist.<br />
4
3.3 Präzisierung des Gesetzes<br />
Das Wesen des Ordnungsbussenverfahrens besteht darin, dass geständige Personen bei<br />
klarem Sachverhalt an Ort <strong>und</strong> Stelle vom zuständigen Kontrollorgan mit einem einheitlichen<br />
<strong>und</strong> fixen Bussenbetrag belegt werden können. Sofern weitergehende Sachverhalts- oder<br />
Rechtsabklärungen zu tätigen sind, erweist sich das Ordnungsbussenverfahren nicht mehr<br />
als geeignet bzw. vermag es den geltenden rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien im Strafrecht<br />
nicht mehr zu genügen. In solchen Fällen ist das ordentliche Strafverfahren gemäss<br />
StPO durchzuführen. Es stellt sicher, dass die mit zusätzlichen Abklärungen regelmässig<br />
verb<strong>und</strong>enen weitergehenden Eingriffe in die Freiheitsrechte des Angeschuldigten gesetzlich<br />
legitimiert <strong>und</strong> unter entsprechender Berücksichtigung der gr<strong>und</strong>rechtlichen Schranken erfolgen.<br />
Dazu gehört insbesondere auch die Vornahme der Beweiserhebung durch eine eigens<br />
hierfür bestimmte Behörde, die sich aufgr<strong>und</strong> ihrer Ausgestaltung <strong>und</strong> Kenntnisse als geeignet<br />
erweist - normalerweise die Staatsanwaltschaft.<br />
Art. 89 Abs. 2 des Gemeindegesetzes, in dem die Gesetzesgr<strong>und</strong>lage für die Ordnungsbussenkompetenz<br />
der Gemeinden hinsichtlich Übertretungen des kommunalen Rechts verankert<br />
ist, hält fest, dass die Vorsteherschaften selbst Ordnungsbussen für Übertretungen ausfällen<br />
oder für bestimmte Übertretungen ihre Kontrollorgane hierzu ermächtigen können. Die<br />
Ausfällung von Ordnungsbussen durch die Vorsteherschaften einer Gemeinde widerspricht<br />
der Natur des Ordnungsbussenverfahrens. Bei diesen handelt es sich um Kollegialbehörden,<br />
die praktisch ausschliesslich als Leitungsorgane der Gemeinde tätig sind. Sie kontrollieren<br />
nicht unmittelbar die Einhaltung des Gemeinderechts, weshalb sie auch kaum je in die Lage<br />
kommen dürften direkt an Ort <strong>und</strong> Stelle Bussen zu erheben. Problematisch ist auch, dass<br />
gemäss Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 des Gemeindegesetzes alle Übertretungen des kommunalen<br />
Recht von den Vorsteherschaften mittels Ordnungsbussen geahndet werden können.<br />
Das Ordnungsbussenverfahren setzt voraus, dass vom zuständigen Gesetzgeber die Übertretungen,<br />
die sich für eine Bussenerhebung an Ort <strong>und</strong> Stelle eignen, ausdrücklich bestimmt<br />
werden. Ihnen ist sodann ein fixer Bussenbetrag zuzuweisen. Normalerweise erfolgt dies in<br />
Form von sogenannten Bussenkatalogen.<br />
Die Regelung in Art. 89 Abs. 2 des Gemeindegesetzes sollte dahingehend präzisiert werden,<br />
dass den Gemeindevorsteherschaften nur eine Kompetenz zur Ermächtigung ihrer Kontrollorgane<br />
zur Erhebung von Ordnungsbussen zukommt. Dies stünde in Übereinstimmung mit<br />
der Natur des Ordnungsbussenverfahrens <strong>und</strong> korrelierte im Übrigen auch mit der Regelung<br />
auf kantonaler Stufe, wo dem Regierungsrat ebenso nur eine Ermächtigungskompetenz hinsichtlich<br />
seiner Polizei- bzw. Kontrollorgane zukommt. Unseres Wissens hat bisher noch keine<br />
der drei Gemeinden eine umfassende Regelung hinsichtlich Ahndung von Übertretungen<br />
ihres kommunalen Rechts durch Ordnungsbussen erlassen. Die betreffende Änderung des<br />
Gemeindegesetzes könnte bereits im Rahmen des kantonalen Projekts „Verwesentlichung<br />
der Rechtssetzung“ auf die Landsgemeinde 2014 hin umgesetzt werden. Keine Auswirkungen<br />
hat diese Anpassung auf die vorliegende kantonale Ordnungsbussenverordnung. Sie<br />
kann unabhängig davon in Kraft gesetzt werden. Mit den Ausführungen zu den Übertretungen<br />
des Gemeinderechts sollen in erster Linie Abgrenzungsfragen geklärt <strong>und</strong> die Bereinigung<br />
der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen angestossen werden.<br />
4. Weitere Aspekte<br />
3.4 Weitere Aspekte<br />
Der vorliegende Erlass regelt das Ordnungsbussenverfahren als besondere Form der Verfolgung<br />
von Verstössen gegen Übertretungstatbestände des kantonalen Rechts. Die einzelnen<br />
Übertretungstatbestände selber für die das Ordnungsbussenverfahren zur Anwendung<br />
gelangt, sind darin, wie bereits erwähnt, nur katalogartig aufgezählt. Klassisches materielles<br />
Übertretungsstrafrecht, das die verpönten Verhaltensweisen inhaltlich bestimmt, findet sich<br />
5
in Art. 5 ff. EG StGB auf formell gesetzlicher Stufe verankert. Diese Straftatbestände wurden<br />
im Rahmen der Einführung der Schweizerischen Strafprozessordnung in das kantonale<br />
Recht im Jahre 2010 ergänzt <strong>und</strong> angepasst. Ergänzungen sind hier derzeit nicht notwendig.<br />
In Art. 1 EG StGB werden für das kantonale Strafrecht, vorbehältlich einer anderen Regelung,<br />
die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB, SR<br />
100.00) für anwendbar erklärt. Da die kantonalen Übertretungsstraftatbestände auch bei<br />
Jugendlichen zur Anwendung gelangen, ist Art. 1 EG StGB noch mit einem entsprechenden<br />
Verweis auf die allgemeinen Bestimmungen des B<strong>und</strong>esgesetzes über das Jugendstrafrecht<br />
zu ergänzen (JStG, SR 101.00). Die vorliegende kantonale Ordnungsbussenverordnung<br />
kann unabhängig von dieser Anpassung in Kraft gesetzt werden. Letztere gilt es aber sinnvoller<br />
an der Landsgemeinde 2014 im Rahmen des kantonalen Projekts der Verwesentlichung<br />
der Gesetzgebung vorzunehmen. Kein Handlungsbedarf hinsichtlich der materiellen<br />
Übertretungstatbestände konnte auch im kantonalen Verwaltungsrecht festgestellt werden.<br />
Ebenfalls keine nennenswerten Auswirkungen auf den vorliegenden Erlass haben die in<br />
oben Ziffer 1.3 erwähnten Art. 12 Abs. 2 der Verordnung über Spiel- <strong>und</strong> Musikautomaten,<br />
Spielsalons <strong>und</strong> Diskotheken sowie Art. 24 Abs. 2 des Gastgewerbegesetzes. Beide sehen<br />
zwar eine selbständige Ordnungsbussenkompetenz der <strong>Kanton</strong>spolizei bzw. von Gemeindeorganen<br />
vor. Die entsprechenden Befugnisse können deckungsgleich in die kantonale Ordnungsbussenverordnung<br />
bzw. in die Ordnungsbussenregelungen der Gemeinden übernommen<br />
werden. Die betreffenden Spezialbestimmungen sollten aufgehoben werden, zumal sie<br />
sich als systemwidrig erweisen. Die Ordungsbussenkompetenzen der kantonalen <strong>und</strong> kommunalen<br />
Behörden sind allgemein aus Art. 28 EG StPO <strong>und</strong> Art. 89 Abs. 2 des Gemeindegesetzes<br />
herzuleiten. Die Prozessgesetze von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Glarus</strong> sehen im Weiteren<br />
vor, dass Gericht bzw. Verfahrensleitung ungebührliches Verhalten mit Ordnungsbussen zu<br />
ahnden hat. Die Ordnungsbussen im Verwaltungs-, Zivil- <strong>und</strong> im Strafprozessrecht haben<br />
nicht Strafcharakter, d.h. sie stellen keine Vergeltung für begangenes Unrecht dar, sondern<br />
sie dienen der Wahrung der Verfahrensdisziplin. Sie gehören deshalb entsprechend nicht<br />
zum Regelungsgegenstand der vorliegenden Verordnung.<br />
5. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen<br />
Art. 1, Gr<strong>und</strong>sätze<br />
In Abs. 1 wird festgehalten, dass für bestimmte im Anhang der Verordnung aufgeführte Übertretungen<br />
des kantonalen Rechts in einem vereinfachten Verfahren Ordnungsbussen erhoben<br />
werden können. Die Bussen für die Widerhandlungen gegen die Übertretungstatbestände<br />
werden im Anhang in Form eines fixen Betrages festgesetzt. Der vorgesehene Höchstbetrag<br />
für die einzelnen Tatbestände beträgt jeweils maximal 300 Franken, was auch dem im<br />
Revisionsentwurf des B<strong>und</strong>es vorgeschlagenen Betrag entspricht. Vorleben <strong>und</strong> persönliche<br />
Verhältnisse der beschuldigten Person bleiben unberücksichtigt (Abs. 2). Das Unrecht ist bei<br />
den mittels Ordnungsbusse zu ahndenden Tatbeständen gering <strong>und</strong> die Intensität der Schuld<br />
weist keine grossen Unterschiede auf. Diese werden denn auch in der Regel nicht als ungerecht<br />
empf<strong>und</strong>en. Die Annehmlichkeit der einfacheren, schnelleren <strong>und</strong> kostengünstigeren<br />
Erledigung wiegt die Einschränkung von Verfahrensrechten auf. Entsprechend fallen auch<br />
Einvernahmen von Personen <strong>und</strong> der Beizug weiterer Zeugen weg.<br />
Art. 2, Voraussetzungen<br />
Ordnungsbussen dürfen nur ausgestellt werden, wenn der Sachverhalt tatsächlich <strong>und</strong> rechtlich<br />
klar ist (Abs. 1). Die Polizei bzw. das zuständige Kontrollorgan muss das Fehlverhalten<br />
mit eigenen Augen beobachtet haben oder sich auf glaubhafte Aussagen der vor Ort anwesenden<br />
Dritten abstützen können. Bestreitet die vermeintlich angeschuldigte Person die Beobachtung<br />
durch Dritte, erweist sich der Sachverhalt schon nicht mehr als klar. Ausgeschlossen<br />
ist das Ordnungsbussenverfahren bei Widerhandlungen, durch welche die beschuldigte<br />
Person jemanden gefährdet, verletzt oder erheblichen Sachschaden verursacht<br />
6
hat (Abs. 2 Bst. a). In solchen Fällen sind regelmässig weitere Abklärungen erforderlich. Bei<br />
Personenschäden verfügen die durch die Straftat geschädigten Personen zudem über eigene<br />
Verfahrensrechte. Sie können sich zur Sache äussern oder Zivilforderungen geltend machen,<br />
was den Rahmen des Ordnungsbussenverfahrens übersteigt. Der Gr<strong>und</strong>satz der Verfahrensökonomie<br />
gebietet es, dass mehrere Widerhandlungen gemeinsam in einem einzigen<br />
Verfahren beurteilt werden (Abs. 2 Bst. b). Lehnt die beschuldigte Person das Ordnungsbussenverfahren<br />
für eine oder mehrere Übertretungen ab, so findet das ordentliche Verfahren<br />
statt. Sie braucht für ihre Entscheidung keinen Gr<strong>und</strong> anzugeben (Abs. 2 Bst. c). Mit dieser<br />
Bestimmung wird dem Anspruch auf Einhaltung der Verfahrensgarantien nach Artikel 29 ff.<br />
BV <strong>und</strong> Artikel 6 Ziffer 1 EMRK Rechnung getragen. Die Strafen gegen Jugendliche sind im<br />
Jugendstrafgesetz (JStG, SR 311.1) geregelt. Jugendliche dürfen erst ab dem 15. Altersjahr<br />
mit einer Busse bis zu 2'000 Franken bestraft werden (Art. 24 Abs. 1 JStG). Dies soll auch<br />
für das kantonale Ordnungsbussenverfahren gelten (Abs. 3).<br />
Art. 3, Konkurrenz<br />
Jedes Delikt wird mit einer bestimmten Busse gemäss Bussenkatalog im Anhang der Verordnung<br />
geahndet. Hat die beschuldigte Person gegen mehrere Tatbestände verstossen,<br />
für die eine Ordnungsbusse vorgesehen ist, gilt das Kumulationsprinzip (Abs. 1). Die Strafen<br />
werden also zu einer einzigen Busse zusammengezählt. Das Ordnungsbussenverfahren<br />
findet keine Anwendung, wenn die Gesamtbusse den Betrag von Fr. 1‘000.-- übersteigt (Abs.<br />
2). Dieser Betrag entspricht der Höchstgrenze gemäss Art. 28 Abs. 2 EG StPO. Artikel 6<br />
EMRK ist vorliegend durch das Ordnungsbussenverfahren unabhängig von der Höhe der<br />
Busse nicht verletzt, zumal die beschuldigte Person dieses Verfahren ablehnen kann.<br />
Art. 4, Zuständige Polizei- <strong>und</strong> Kontrollorgane<br />
Die Bussenausfällungskompetenz wird in erster Linie den Angehörigen der <strong>Kanton</strong>spolizei<br />
übertragen. Dies ist bereits durch Art. 28 Abs. 1 EG StPO vorgegeben. Es soll aber auch<br />
anderen Kontrollorganen die Möglichkeit zur Erhebung von Ordnungsbussen eingeräumt<br />
werden (Abs. 1). Zu denken ist hier an die Jagdaufsichtsorgane gemäss Art. 27 der Jagdverordnung<br />
(GS VI E/211/2) <strong>und</strong> die Fischereiaufsichtsorgane gemäss Art. 10 des <strong>Kanton</strong>alen<br />
Fischereigesetzes (GS VI E/31/1) im Zusammenhang mit Übertretungen aus den Bereichen<br />
Jagd, Fischerei, Forst, Naturschutz <strong>und</strong> Umwelt. Sie markieren in den zu kontrollierenden<br />
Gebieten regelmässig mehr Präsenz als die <strong>Kanton</strong>spolizei. Auch sind sie besser in der Lage,<br />
das fehlbare Verhalten zu beurteilen. Derzeit müssen die genannten Aufsichtsorgane bei<br />
Verstössen, die sie feststellen, Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder Polizei erstatten.<br />
Dies verursacht zusätzlichen zeitlichen <strong>und</strong> administrativen Aufwand. Die Befugnis der <strong>Kanton</strong>spolizei<br />
zur Erhebung von Ordnungsbussen bleibt parallel zu derjenigen der hierzu ebenfalls<br />
berechtigten Kontrollorgane bestehen. Bezüglich der Jagd- <strong>und</strong> Fischereiaufsichtsorgane<br />
ergibt sich dies bereits aus den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (Art. 27<br />
Jagdverordnung <strong>und</strong> Art. 10 <strong>Kanton</strong>ales Fischereigesetz), wonach hierunter neben den<br />
Wildhütern, Fischereiaufsehern, Behördenleitern, Förstern <strong>und</strong> Ingenieuren auch die Polizisten<br />
fallen. Die Ausdehnung der Bussenausfällungskompetenz auf andere kantonale Stellen<br />
als die <strong>Kanton</strong>spolizei macht die Durchführung entsprechender Schulungen im Bereich des<br />
Ordnungsbussenrechts erforderlich. Auch wenn den betreffenden Kontrollorganen weitreichende<br />
Spezialkenntnisse zukommen <strong>und</strong> sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit regelmässig<br />
auch polizeiliche Befugnisse im Sinne von Art. 3 Bst. a EG StPO besitzen, weisen sie dennoch<br />
keinerlei Praxis im Zusammenhang mit der Ausfällung von Bussen auf. Zur Sicherstellung<br />
einer einheitlichen Vorgehensweise hat deshalb die <strong>Kanton</strong>spolizei die weiteren berechtigten<br />
Kontrollorgane einer entsprechenden Ausbildung zu unterziehen (s. auch Art. 11). Die<br />
zuständigen Polizei- <strong>und</strong> Kontrollorgane dürfen Ordnungsbussen nur erheben, wenn sie in<br />
amtlicher Funktion tätig sind (Abs. 2). Die Privatpersonen dürfen keinen Zweifel über die<br />
Funktion der Polizeiangehörigen haben. Daher müssen sich diese als solche ausweisen,<br />
wenn sie jemanden wegen eines Ordnungsbussendelikts anhalten, <strong>und</strong> nicht uniformiert<br />
sind.<br />
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Art. 5, Verfahren<br />
Durch die Ordnungsbussenverordnung soll der Administrativaufwand so weit als möglich<br />
reduziert werden. Deshalb erfolgt in erster Linie die direkte Bussenausfällung an Ort <strong>und</strong><br />
Stelle. Der fehlbaren Person steht es offen, die Busse nicht sofort zu bezahlen (Abs. 1). Bei<br />
der direkten Bezahlung der Busse vor Ort wird eine Quittung ausgestellt (Abs. 2). Diese dient<br />
einerseits der fehlbaren Person als Beleg, andererseits ermöglicht sie dem Kontrollorgan<br />
auch die Kostenabrechnung <strong>und</strong> Auswertung. Die Quittung nennt die Personalien nicht, womit<br />
auch keine weitere Aktenk<strong>und</strong>igkeit entsteht. Wird nicht sofort bezahlt, erhält die beschuldigte<br />
Person ein Bedenkfristformular mit Einzahlungsschein. Bei unzureichender Identifikation<br />
oder Unterlassung der Zahlung wird das ordentliche Strafverfahren eingeleitet.<br />
Art. 6, Kosten<br />
Im Ordnungsbussenverfahren werden keine Kosten erhoben. Durch die Raschheit<br />
des Verfahrens <strong>und</strong> den Verzicht auf weitere Abklärungen entsteht üblicherweise<br />
nur geringer Aufwand. Dieser Vorteil kommt der beschuldigten Person zu Gute, welche<br />
die Ordnungsbusse akzeptiert.<br />
Art. 7, Rechtskraft<br />
Akzeptiert die beschuldigte Person die Ordnungsbusse <strong>und</strong> bezahlt sie diese fristgerecht,<br />
so ist das Verfahren abgeschlossen. Die Rechtskraft steht allerdings unter dem Vorbehalt,<br />
dass das Ordnungsbussenverfahren tatsächlich anwendbar ist bzw. korrekt angewendet<br />
wird. Eine allenfalls geschädigte Person, die Strafverfolgungsbehörden <strong>und</strong> die Gerichte sind<br />
nicht an die direkte Bussenausfällung geb<strong>und</strong>en, wenn sich nachträglich herausstellt, dass<br />
die Busse für eine Tat erhoben wurde, die nicht mittels direkter Bussenausfällung hätte geahndet<br />
werden dürfen. Wird jemand von der <strong>Kanton</strong>spolizei beispielsweise wegen Verunreinigung<br />
eines öffentlichen Gebäudes mit einer Ordnungsbusse gebüsst, <strong>und</strong> am nächsten<br />
Tag festgestellt, dass es sich nicht bloss um eine Verunreinigung, sondern um eine gemäss<br />
StGB strafbare Sachbeschädigung handelt, ist die Ordnungsbusse nichtig, <strong>und</strong> es kommt<br />
das ordentliche Strafverfahren zur Anwendung.<br />
Art. 8, Beschuldigte Person ohne Wohnsitz in der Schweiz<br />
Gemäss Art. 28 Abs. 2 EG StPO kann der Regierungsrat die Polizei- <strong>und</strong> Kontrollorgane<br />
auch ermächtigen, der beschuldigten Person eine Kaution abzunehmen. Eine solche ist erforderlich,<br />
wenn die beschuldigte Person den Wohnsitz im Ausland hat <strong>und</strong> nicht bereit ist,<br />
die Ordnungsbusse sofort zu bezahlen. Verlässt sie die Schweiz ohne Sicherheitsleistung,<br />
sind im Falle eines Schuldspruches Busse <strong>und</strong> Verfahrenskosten regelmässig nur noch sehr<br />
schwer einbringlich.<br />
Art. 9, Ablehnung des Ordnungsbussenverfahrens<br />
Die Durchführung des Ordnungsbussenverfahrens ist für die beschuldigte Person freiwillig.<br />
Sie ist von Polizei- <strong>und</strong> Kontrollorganen auf die Möglichkeit der Ablehnung des Ordnungsbussenverfahrens<br />
aufmerksam zu machen (Abs. 1). Bei Nichtbezahlung oder Ablehnung des<br />
Verfahrens durch die beschuldigte Person gelangt das ordentliche Strafverfahren zur Anwendung<br />
(Abs. 2).<br />
Art. 10, Vollzug<br />
Für die Umsetzung des Ordnungsverfahrens bedarf es administrativer Vorkehrungen. So<br />
sind z.B. nicht nur die Bussenzettel bzw. die Bedenkfristformulare mit Einzahlungsscheinen<br />
bereit zu stellen, sondern auch die vor Ort erhobenen Bussen an eine zuständige Stelle abzuliefern,<br />
die Einhaltung der 30-tägigen Bedenkfrist zu kontrollieren <strong>und</strong> nach deren unbenütztem<br />
Ablauf das Geschäft der Staats- <strong>und</strong> Jugendanwaltschaft zur Beurteilung der Übertretung<br />
im ordentlichen Verfahren weiterzuleiten. Ebenfalls sind allfällige Reklamationen Betroffener<br />
zu bearbeiten. Die <strong>Kanton</strong>spolizei vollzieht aktuell das eidgenössische Ordnungs-<br />
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ussengesetz. Der Mechanismus ist ihr somit gut bekannt. Es werden auch beim Ordnungsbussenverfahren<br />
des kantonalen Rechts vor allem die Angehörigen der <strong>Kanton</strong>spolizei sein,<br />
die Bussen ausfällen. Die übrigen ermächtigten Kontrollorgane dürften eher seltener zum<br />
Zuge kommen. Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, soll deshalb der<br />
administrative Vollzug des gesamten Ordnungsbussenwesens bei der <strong>Kanton</strong>spolizei zentralisiert<br />
werden. Konkret hiesse dies dann unter anderem, dass die weiteren Kontrollorgane die<br />
eingezogenen bzw. ausgefällten Ordnungsbussen mit den entsprechenden Unterlagen der<br />
<strong>Kanton</strong>spolizei zur Weiterbearbeitung (Inkasso, Verzeigung an die Staatsanwaltschaft bei<br />
Nichtbezahlen der Busse innert der 30-tägigen Frist) weiterzuleiten hätten. Der <strong>Kanton</strong>spolizei<br />
muss hierzu den übrigen ermächtigten Kontrollorganen entsprechende Weisungen erteilen<br />
können. Gegenstand einer solchen Weisung könnten z.B. die Modalitäten der Bussgeldabgabe<br />
an die <strong>Kanton</strong>spolizei, die Ausgestaltung der Formulare oder das Vorgehen bei<br />
Reklamationen sein.<br />
Art. 11, Übergangsbestimmung<br />
Das Ordnungsbussenverfahren ist anwendbar auf Übertretungen, die nach Inkrafttreten dieser<br />
Verordnung begangen werden.<br />
Art. 12, Inkrafttreten<br />
Die Verordnung soll auf den 1. August 2013 in Kraft treten. Damit besteht genügend Zeit für<br />
das Treffen der erforderlichen administrativen Vorkehrungen (Schulungen, Erstellen der<br />
Formulare etc.).<br />
6. Finanzielle Auswirkungen<br />
Diese Vorlage entlastet die Strafverfolgungs- <strong>und</strong> Gerichtsbehörden, indem sie das Verfahren<br />
für weitere B<strong>und</strong>esgesetze vereinfacht. Die Anzahl der Ordnungsbussenverfahren dürfte<br />
steigen, da eine grössere Anzahl Gesetze unter dieses Verfahren fällt. Hingegen sind derzeit<br />
nicht näher bezifferbare Einsparungen beim Aufwand der kantonalen Strafverfolgungsbehörden<br />
zu erwarten, da das vermehrt zur Anwendung gelangende Ordnungsbussenverfahren<br />
sie entlastet.<br />
7. Verhältnis zur Legislaturplanung<br />
Diese Verordnung ist in der Legislaturplanung 2010-2014 nicht vorgesehen.<br />
8. <strong>Antrag</strong><br />
Es sei der beiliegenden <strong>Kanton</strong>alen Ordnungsbussenverordnung zuzustimmen.<br />
Für das Departement<br />
Andrea Bettiga<br />
Landammann<br />
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Beilage:<br />
- <strong>Kanton</strong>ale Ordnungsbussenverordnung (KOBV), inkl. Anhang (Bussenkatalog)<br />
Auszug an:<br />
- Staatskanzlei<br />
- Departemente (zur Weiterleitung an die interessierten Amtsstellen)<br />
- VK Gerichte<br />
- Gemeinden<br />
In die Gesetzessammlung<br />
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