Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
teachSam-OER: Ilse Aichinger, …<br />
Schnitt: Die Frau und zwei Polizisten stehen vor einer Wohnungstür (an der das Schild<br />
"Kehrwoche" hängt). Sie klingeln, doch niemand öffnet. Da schließt einer der beiden Beamten<br />
die Tür mit einem Schlüssel auf (woher er diesen hat, bleibt unbekannt).<br />
50<br />
55<br />
60<br />
Schnitt: Die Kamera zeigt die Rückenansicht des Mannes<br />
mit Blick zum Fenster hinaus. Hinter dem Rücken<br />
trägt er ein Tuch und so schwingt er mit dem Oberkörper<br />
hin und her. Jetzt erst ist zu sehen, dass auf der gegenüberliegenden<br />
Seite ein Junge am Fenster steht, der<br />
dasselbe macht, nur mit einem Kissen auf dem Rücken.<br />
Und erst jetzt wird klar, dass die Frau das Verhalten des<br />
Mannes irrtümlicherweise auf sich ausgerichtet verstand,<br />
während es tatsächlich dem Kind in ihrer Nachbarschaft<br />
galt. Hier folgt nun der Abspann. Nachdem dieser vorüber<br />
ist, zeigt das Schlussbild nochmals das lachende Kind.<br />
(aus dem Beiheft zum Video, verfasst von Klaus Schuker, leicht verändert und gekürzt)<br />
Gestaltung:<br />
65<br />
70<br />
75<br />
Der Kurzspielfilm kommt ohne Worte aus und konzentriert die Aufmerksamkeit des Zuschauers<br />
ganz auf das mimisch-gestische Verhalten der Protagonisten und die Handlung.<br />
Die Wohnblocksiedlung, in der die Geschichte spielt, wirkt trotz ihrer grauen Fassade<br />
nicht gänzlich trostlos. Dies liegt vor allem an der Sonne, die das Ganze in ein mildes<br />
Licht taucht.<br />
Der Zuschauer übernimmt von Anfang an die Perspektive der Frau. Diese lebt ganz offensichtlich<br />
in einer Welt der Erinnerungen, die durch die mit Fotografien übersäten Regale<br />
des Wohnzimmerschranks symbolisiert wird. Am Ende des langsamen Kameraschwenks<br />
steht die Uhr, die von der Frau gehalten wird, und als Symbol für die Lebensuhr,<br />
die Lebenszeit, verstanden werden kann. Während der Mann als Kommunikationspartner<br />
mit dem Kind handelt und damit aktiv ist, verharrt die Frau in ihrer Vergangenheit<br />
und wird nur in dem Augenblick aktiv, als die die Polizei verständigt.<br />
Besonders auffällig bei dieser Literaturverfilmung ist der Verzicht auf die in der Kurzgeschichte<br />
von Ilse Aichinger erwähnten anderen Personen (Passanten, Hausbewohner und<br />
sonstige Schaulustige). Damit fokussiert der Film die Thematik der Geschichte eindeutig<br />
auf das Problem gesellschaftlicher Isolation und Einsamkeit, während die allgemein vorhandene<br />
Sensationsgier keine Rolle mehr zu spielen scheint.<br />
26<br />
Gert Egle/w Gert Egle/ww.teachsam.de – Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe<br />
unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz., CC-BY- SA -<br />
OER Logo © 2012 Jonathas Mello, used under a Creative Commons license BY-ND