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Reformperspektiven der Berufsbildung in Griechenland

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ALEXANDRA IOANNIDOU UND STAVROS STAVROU | REFORMPERSPEKTIVEN DER BERUFSBILDUNG IN GRIECHENLAND<br />

Dabei geht es um die Befriedigung des langfristigen sowie<br />

grundsätzlichen Bedarfs <strong>der</strong> Wirtschaft und nicht<br />

vere<strong>in</strong>zelter, kurzlebiger Bedürfnisse e<strong>in</strong>zelner Betriebe<br />

o<strong>der</strong> Branchen. Dies wird am besten erreicht durch die<br />

E<strong>in</strong>beziehung von Kernelementen <strong>der</strong> jeweils neuesten<br />

Arbeitsorganisation und Technologie <strong>in</strong> die Curricula,<br />

d. h. von breitgefächerten, fundamentalen Lernkomponenten.<br />

Letztere bilden die Basis für flexible, zeit- und<br />

kostensparende Anpassungen an die jeweiligen, zum Teil<br />

auch ganz beson<strong>der</strong>en Bedürfnisse <strong>der</strong> Unternehmen.<br />

Ad (c): <strong>Griechenland</strong> zählt – zusammen mit Bulgarien<br />

(29 Prozent) und Italien (32 Prozent) – europaweit zu den<br />

Län<strong>der</strong>n mit ger<strong>in</strong>ger Ausbildungsbereitschaft (21 Prozent),<br />

im Vergleich zu Dänemark (85 Prozent), Österreich<br />

(81 Prozent) und Frankreich (74 Prozent), (vgl. CVTS III<br />

2005). Es wäre also e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung, <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Berufsausbildung e<strong>in</strong>e bedeutsamere Stellung im<br />

<strong>Berufsbildung</strong>ssystem e<strong>in</strong>zuräumen und sie <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>betrieblichen<br />

Strukturen <strong>der</strong> griechischen Wirtschaft zu<br />

etablieren. Hierbei hat das Land, dank <strong>der</strong> seit 1959 existierenden,<br />

auf dem dualen System basierenden Mathitia,<br />

schon wertvolle Erfahrungen sammeln können, die <strong>in</strong><br />

Komb<strong>in</strong>ation mit entsprechendem Know-how aus an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n hilfreiche H<strong>in</strong>weise für e<strong>in</strong> stärkeres Engagement<br />

auf diesem Gebiet liefern könnten.<br />

<strong>Griechenland</strong>s Wirtschaft basiert auf Kle<strong>in</strong>betrieben. Der<br />

Anteil <strong>der</strong> Großbetriebe ist im europäischen Durchschnitt<br />

doppelt und <strong>in</strong> Deutschland fünfmal so hoch wie <strong>in</strong> <strong>Griechenland</strong>.<br />

3 Diese Tatsache könnte die Ausbildungsbereitschaft<br />

<strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>unternehmen deutlich verr<strong>in</strong>gern,<br />

weil diese – wie Forschungsergebnisse zeigen – mit <strong>der</strong><br />

Betriebsgröße positiv korreliert. Betriebe mit mehr als<br />

250 Beschäftigten verfügen über formalisierte Ausbildungsregelungen,<br />

entwickelte Ausbildungsstrukturen<br />

und Qualitätssicherungsmechanismen und s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s<br />

aktiv <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Ausbildung (vgl. Cedefop<br />

2010: 32ff).<br />

Deshalb dürfte die kle<strong>in</strong>betriebliche Struktur <strong>der</strong> griechischen<br />

Wirtschaft, <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

Krise, e<strong>in</strong>em möglichen Ausbildungsengagement<br />

<strong>der</strong> Betriebe im Wege stehen. <strong>Griechenland</strong> steht aber <strong>in</strong><br />

Europa nicht alle<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>betrieblichen Struktur.<br />

Es zeigt sich, dass <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en EU-Mitgliedstaaten selbst<br />

3. Vgl. Small Bus<strong>in</strong>ess Act, Fact Sheet Greece 2012 bzw. Small Bus<strong>in</strong>ess<br />

Act, Fact Sheet Germany 2012.<br />

<strong>in</strong> Mikro-Betrieben e<strong>in</strong> duales System sehr wohl existieren<br />

kann. Entsprechende Aufklärungsarbeit über die<br />

mittel- und langfristigen Vorteile für die Betriebe, zeitbefristete<br />

und wohlüberlegte f<strong>in</strong>anzielle und steuerliche<br />

Anreize (auch mithilfe des ESF) könnten demnach auch <strong>in</strong><br />

<strong>Griechenland</strong> die betriebliche Ausbildung zum<strong>in</strong>dest für<br />

e<strong>in</strong>ige Unternehmer attraktiv machen.<br />

4.2 Stärkere E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Sozialpartner<br />

In Deutschland und <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n mit starker <strong>Berufsbildung</strong>stradition<br />

wurden die Sozialpartner bei <strong>der</strong><br />

dualen Ausbildung sowie bei an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> <strong>Berufsbildung</strong><br />

<strong>in</strong> all ihren Phasen (Planung, Umsetzung,<br />

Zertifizierung, Novellierung) seit jeher stark e<strong>in</strong>gebunden.<br />

Da es sich hier um e<strong>in</strong> Thema handelt, bei dem die<br />

geme<strong>in</strong>samen Interessen bei<strong>der</strong> Seiten die etwaigen Gegensätze<br />

deutlich überwiegen, hat sich diese Dreiparteilichkeit<br />

(<strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> öffentlichen Hand) sehr bewährt.<br />

Bisher wurde den griechischen Sozialpartnern nur <strong>in</strong> wenigen<br />

Fällen (z. B. im Vorstand des OAED, <strong>der</strong> Agentur<br />

für Arbeit) e<strong>in</strong>e aktive Rolle e<strong>in</strong>geräumt, die zudem eher<br />

e<strong>in</strong>e beratende denn ausführende war. Entsprechend<br />

mager waren das wissenschaftliche Potenzial und die<br />

Forschungsarbeit <strong>der</strong> Institute <strong>der</strong> Sozialpartner (IOBE für<br />

den Arbeitgeberverband, INE/GSEE für die Gewerkschaften)<br />

auf diesem Gebiet bis <strong>in</strong> die 1980er Jahre. Danach<br />

wurden <strong>der</strong>artige Studien dank großzügiger ESF-Mittel<br />

zwar zahlreicher, s<strong>in</strong>d aber vornehmlich an externe Berater<br />

vergeben worden mit <strong>der</strong> Folge, dass die <strong>in</strong>ternen<br />

Kapazitäten <strong>der</strong> sozialpartnerschaftlichen Institute relativ<br />

beschränkt blieben. Wenn die Sozialpartner künftig<br />

(etwa im Rahmen des Deutsch-Griechischen Memorandums)<br />

als gleichberechtigte Partner <strong>der</strong> öffentlichen Hand<br />

auftreten möchten, müssten sie ihre Fachexpertise und<br />

ihr Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> Curriculum-Entwicklung, <strong>der</strong> Berufspädagogik,<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsprogrammevaluierung,<br />

<strong>der</strong> Zertifizierung von Qualifikationen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Qualitätssicherung<br />

deutlich verstärken.<br />

4.3 Bildung e<strong>in</strong>er Kultur des Dialogs und des<br />

Konsensus<br />

E<strong>in</strong>e stärkere E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Sozialpartner würde sich außerdem<br />

positiv auf die Schaffung e<strong>in</strong>er Kultur des Dialogs<br />

und <strong>der</strong> Konsensbildung auswirken. Die <strong>Berufsbildung</strong><br />

und die Personalentwicklung s<strong>in</strong>d für Gewerkschaften<br />

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