Wohnforum 28 - Raiffeisen Bausparkasse
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Foto: © Christine Zwingl<br />
Das<br />
Weibliche<br />
im Wohnbau<br />
Frauen-Werk-Stadt II:<br />
Troststraße, Wien 10<br />
Architektinnen<br />
haben es vorgemacht<br />
Beide Wiener Projekte gehen auf die Ini -<br />
tiative der „Wiener Leitstelle für Alltagsund<br />
Frauengerechtes Planen und Bauen“<br />
zurück. Diese Stelle begutachtete nach<br />
ihrer Gründung 1997 jedes zur Wiener<br />
Wohnbauförderung eingereichte Bauvorhaben<br />
auf diese Anforderungen. Als „Gender-Mainstreaming“<br />
in der EU gesetzlich<br />
verankert wurde, kam es 2009 zur Auf -<br />
lösung dieser Leitstelle und zur Integration<br />
dieser Aufgaben in die Hauptorganisationseinheiten<br />
der Baudirektion. „Das Problem<br />
bei einem Thema, das breit aufgefächert<br />
wird, ist, dass sich die spezifische<br />
Auseinandersetzung damit manchmal in<br />
der Breite auflöst“, meint Christine Zwingl.<br />
Dennoch: Die beiden „Frauen-Werk-<br />
Stadt“-Projekte zeigten ebenso wie der<br />
„Remisenhof Linz-Urfahr“ eine nachhal -<br />
tige Wirkung. Zwingl: „Man hat die qualitativen<br />
Kriterien frauen- und alltagstaug -<br />
lichen Wohnens als Standards für den geförderten<br />
Wohnbau übernommen.“ Fran -<br />
ziska Ullmann bestätigt, dass die „Frauen-<br />
Werk-Stadt“ einen wichtigen Anfang gemacht<br />
hat: „Wenn man sich aktuelle Projekte<br />
anschaut, findet man ein Bewusstsein<br />
für offene und helle Räume, hochwertige<br />
Gemeinschaftsräume oder auch eine<br />
Altersdurchmischung der Nutzer. Die<br />
Frauen-Werk-Stadt hat aber auch bewirkt,<br />
dass Architektinnen in der Öffentlichkeit<br />
bekannter wurden und gezeigt, dass sie<br />
mitreden wollen.“<br />
Im Zusammenhang mit dem Erfolg der<br />
genannten Projekte stellt sich die Frage, ob<br />
diese „alltagsgerechten“ Wohnbauten<br />
typisch für die planerische Tätigkeit von<br />
Frauen sind. Gehen sie anders an die Planungsaufgabe<br />
Wohnen heran? Sicher<br />
scheint zumindest, dass ihr Zugang nur<br />
zum Teil das Gender-Thema betrifft, sondern<br />
vielmehr über eigene Erfahrungen<br />
und Wahrnehmungen von gebauten Räumen<br />
und von gestaltetem Umfeld verläuft.<br />
Christine Zwingl: „Vielleicht nehmen Frauen<br />
die weiblich besetzten Qualitätskrite -<br />
rien im Wohnbau bewusster wahr, aber<br />
ich glaube nicht, dass es so etwas wie<br />
weibliche Architektur gibt. Die Heran -<br />
gehensweise an die Planungsarbeit ist eher<br />
eine Frage der individuellen Sozialisation.“<br />
Franziska Ullmann sieht das ähnlich:<br />
„Vielleicht ist die Einsicht, dass Architektur<br />
eine Bedeutung für die Allgemeinheit<br />
hat, bei Frauen stärker ausgeprägt und<br />
deshalb setzen sie mehr auf praxisorientierte,<br />
funktionale Abläufe als auf Zeichenhaftigkeit.“<br />
Aber – so die Architektin – verallgemeinern<br />
könne man das nicht. Auch<br />
Wolfgang Schön meint nach seiner Erfahrung<br />
mit weiblicher Planung: „Die Pragmatik<br />
des Alltagswohnens wurde zumindest<br />
damals von Frauen möglicherweise<br />
besser verstanden. Aber ich glaube sie ist<br />
in der Zwischenzeit auch in den Köpfen<br />
der Männer angekommen.“ Gute Architektur<br />
und qualitätsvolles Bauen ist eben<br />
keine Frage des Geschlechts.<br />
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WOHNFORUM 15