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Doppeltes Handicap Doppeltes Handicap - Berliner Mieterverein e.V.

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Foto: Christian Muhrbeck<br />

BetreuteS WoHnen<br />

ein Mietvertrag mit allen rechten<br />

die Altenheimkette „Marseille“-<br />

Kliniken will umstrukturieren: raus<br />

aus dem geschäft mit der pflege,<br />

rein ins it-Business. Betroffen da -<br />

von wäre auch der Se nioren-Wohnpark<br />

in lichtenberg. „Was bedeutet<br />

ein eigentümer wechsel für unsere<br />

Verträge?“, fragt besorgt eine<br />

Bewohnerin im Haus für Betreutes<br />

Wohnen an der parkaue?<br />

ben. „Aber ich frage mich, ob das<br />

so bleibt“, wendet sie besorgt ein.<br />

Ihr Haus gehört zur bundesweit tätigen<br />

Altenheimkette Marseille­Kliniken.<br />

Das Unternehmen betreibt<br />

deutschlandweit rund 60 Pflegeeinrichtungen,<br />

in denen etwa 8000<br />

Menschen leben. Nach Presseinformationen<br />

plant Marseille nun eine<br />

Umstrukturierung: Raus aus dem<br />

Geschäft mit den Alten, dafür rein<br />

in die Entwicklung von IT­ und Softwarelösungen.<br />

Auch der Senioren­<br />

Wohnpark in Lichtenberg stünde<br />

dann zur Disposition. „Was bedeutet<br />

das für uns im Haus für Betreutes<br />

Wohnen?“, wollte Ger linde H. vom<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Mieterverein</strong> (BMV) wissen?<br />

„Erst einmal gibt es einen Unterschied<br />

zwischen sogenanntem Ser ­<br />

vice­Wohnen und klassischen Altenund<br />

Pflegeheimen oder auch betreuten<br />

Wohngemeinschaften“, er­<br />

MieterMagazin 12/2013<br />

Seit über fünf Jahren lebt die 91­jährige<br />

Gerlinde H. im Haus für Betreutes<br />

Wohnen des Senioren­Wohnparks<br />

Berlin­Lichtenberg. Hier hat<br />

sie Kinder, Enkel und Urenkel in der<br />

Nähe, hier fühlt sich die stark sehbehinderte<br />

Seniorin sicher aufgehoklärt<br />

Frank Maciejewski vom BMV.<br />

Für letztere gilt seit 2009 das Wohnund<br />

Betreuungsvertragsgesetz<br />

(WBVG). Es setzt voraus, dass der<br />

Vertrag über das Wohnen eng an<br />

Pflege­ und Betreuungsleistungen<br />

gekoppelt ist und dass die Versorgung<br />

im Vordergrund steht. „Beim<br />

Betreuten Wohnen ist das nicht der<br />

Fall“, so der Mietrechtsspezialist.<br />

„Hier wird zwar oft gegen eine monatliche<br />

Pauschale ein Grundservice<br />

mit gebucht, etwa ein Hausnotruf,<br />

Ansprechpartner und Kontaktpersonen<br />

oder auch die Vermittlung kleinerer<br />

Besorgungen – aber die Bewohner<br />

der einzelnen Apartments<br />

managen ihren Alltag allein.“ Ihre<br />

Für Seniorenheimbewohner<br />

gilt<br />

normales Mietrecht,<br />

wenn Pflege<br />

und Versorgung<br />

nicht im Vordergrund<br />

ihres Vertrages<br />

stehen<br />

Verträge mit dem jeweiligen Eigentümer<br />

der Einrichtung sind daher<br />

normale Mietverträge. „Damit heißt<br />

es beim Übergang der Immobilie an<br />

einen neuen Eigentümer: Kauf bricht<br />

nicht Mietrecht“, so Frank Maciejewski.<br />

Der neue Besitzer muss in<br />

den alten Mietvertrag eintreten und<br />

auch je ne Dienstleistungen übernehmen,<br />

die im Rahmen des Wohnungsmietvertrages<br />

vielleicht mit<br />

vereinbart worden sind.<br />

Damit ist allerdings nicht garantiert,<br />

dass ein Eigentümerwechsel auch<br />

tatsächlich reibungslos vonstatten<br />

geht. „Für all jene, die Verträge des<br />

Service­Wohnens abgeschlossen haben“,<br />

so Maciejewski, „ist der BMV<br />

Ansprechpartner und Interessenvertreter.“<br />

Gerlinde H. hat ihren Fragen<br />

vorsorglich einen Aufnahmeantrag<br />

für den <strong>Mieterverein</strong> beigelegt.<br />

Rosemarie Mieder<br />

urteilen Sie SelBSt!<br />

Allerlei Krabbelei<br />

Illustration: Julia Gandras<br />

Nur weil Immobilien vermeintlich unbeweglich<br />

sind, bedeutet das nicht, dass sie kein<br />

Eigenleben besitzen. Ratten­ und Mäusekolonien,<br />

Motten, Silberfischchen, Kakerlaken,<br />

Pelzkäfer – alles Zeitgenossen, die vereinzelt<br />

gerade noch tolerierbar, in Massen aber eine<br />

Zumutung sind.<br />

Frau Karrenbauer* etwa blickte mit Besorgnis<br />

auf die Kugelkäferpopulation, die ihren<br />

Verkehrsweg hinter ihren Scheuerleisten hatte.<br />

Ihre Vermiete rin, Frau Sensbaum*, bestellte<br />

einen Kammerjäger, der die Tierchen<br />

umweltschonend um die Ecke bringen sollte.<br />

Einen zweiten kurzfristigen Termin konnte<br />

der Kammerjäger nicht wahrnehmen, so<br />

dass die Vermieterin eine überregional bekannte<br />

Firma mit dem weitergehenden Insekten­Exitus<br />

beauftragte. Fortan ward kein<br />

Kugelkäfer mehr gesehen, aber die Mieterin<br />

war auch weg: Die von der Firma aufgebrachten<br />

Insektizide mit Langzeitwirkung<br />

waren nicht zur Anwendung in Wohnräumen<br />

geeignet und verursachten bei Frau<br />

Karrenbauer Haarausfall, Atemnot und starke<br />

Kopfschmerzen. Ein Gutachten bestätigte<br />

die gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastung<br />

der Wohnung. Frau Karrenbauer<br />

stellte daraufhin ihre Mietzahlungen ein und<br />

kündigte fristlos. Die Vermieterin beteuerte,<br />

dass sie auf den hervorragenden Leumund<br />

der Firma vertraut habe und klagte auf weitergehende<br />

Mietzahlung. Wie hätten Sie<br />

entschieden?<br />

Das Amtsgericht Trier befand die Handlungsweise<br />

der Mieterin als rechtens – unabhängig<br />

davon, ob die Vermieterin an der Situation<br />

schuld war oder nicht. Die Wohnung<br />

war durch den Chemie­Cocktail nachweislich<br />

auf lange Zeit erheblich gesundheitsgefährdend<br />

belastet (AG Trier vom 14. 8.01 – 6<br />

C 549/00). In einem späteren Urteil wurde<br />

überdies eine Mietminderungsmöglichkeit<br />

schon allein bei starkem Kugelkäferbefall<br />

einer Wohnung zugestanden (AG Trier vom<br />

11. 9.08 – 8 C 53/08).<br />

Elke Koepping<br />

7<br />

* Name von der Redaktion geändert

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