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Katholisches Wort in die Zeit 44. Jahr Februar 2013 - Der Fels

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Diese Größe und <strong>die</strong>se Würde s<strong>in</strong>d<br />

im Begriff, verloren zu gehen. Die Angriffe<br />

gegen Ehe und Familie sowie <strong>die</strong><br />

Debatte um <strong>die</strong> aktive Sterbehilfe und<br />

das Schweigen um den andauernden<br />

Skandal der Abtreibung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der<br />

reichsten Länder der Erde, geben beredtes<br />

Zeugnis dafür ab. <strong>Der</strong> drohende<br />

Verlust hat zu tun mit der wachsenden<br />

Dom<strong>in</strong>anz dessen, was <strong>die</strong> Soziologen<br />

<strong>die</strong> „Ich-Gesellschaft“ nennen.<br />

Die Ich-Bezogenheit bestimmt das<br />

Lebensgefühl. In nur wenigen Stu<strong>die</strong>n<br />

der letzten zwanzig <strong>Jahr</strong>e wird das<br />

so deutlich wie <strong>in</strong> den Befunden von<br />

Allensbach über <strong>die</strong> Gründe der K<strong>in</strong>derlosigkeit<br />

<strong>in</strong> Deutschland. An erster<br />

Stelle rangiert das Geld. Dieses Faktum<br />

ist bekannt und wird von der Politik<br />

seit <strong>Jahr</strong>en verdrängt. Es folgen <strong>die</strong><br />

Gründe, <strong>die</strong> mehr oder weniger damit<br />

zusammenhängen: Reisen, Hobbies,<br />

Karriere, persönliche Autonomie. Das<br />

Ich ist der Maßstab, und das System<br />

begünstigt <strong>die</strong>se Haltung. K<strong>in</strong>derlosigkeit<br />

wird prämiert, Erziehung und<br />

Familie werden bestraft. Das ifo-Institut<br />

hat e<strong>in</strong>mal ausgerechnet, was<br />

Eltern trotz der Urteile des Bundesverfassungsgerichts<br />

zuviel an Steuern<br />

zahlen. Für den <strong>Zeit</strong>raum 1994 bis<br />

2004 kamen dabei 44 Milliarden Euro<br />

„K<strong>in</strong>derstrafsteuer“ heraus. Die Erhöhung<br />

der Freibeträge hat <strong>die</strong>ses Unrecht<br />

nur ger<strong>in</strong>gfügig verändert. <strong>Der</strong><br />

FELS hat mehrfach darüber berichtet,<br />

<strong>in</strong> den meisten Me<strong>die</strong>n, vor allem<br />

Fernsehen und Radio, geistert <strong>in</strong>des<br />

immer wieder <strong>die</strong> Zahl der 188 Milliarden<br />

Euro an Transferleistungen<br />

durch <strong>die</strong> Berichte. Was regelmäßig<br />

nicht gesagt wird: Die Eltern erwirtschaften<br />

davon schon fast vier Fünftel<br />

selbst.<br />

Schon Professor Lampert (Emeritus<br />

der Universität Augsburg) hatte Ende<br />

der achtziger <strong>Jahr</strong>e demoskopisch ermittelt,<br />

dass <strong>die</strong> meisten Deutschen<br />

sich K<strong>in</strong>der wünschen, <strong>die</strong>ser Wunsch<br />

aber nicht erfüllt wird, weil man den<br />

f<strong>in</strong>anziellen E<strong>in</strong>bruch fürchtet. Neunzig<br />

Prozent der Paare, <strong>die</strong> sich K<strong>in</strong>der<br />

wünschten und ke<strong>in</strong>e bekamen, entschieden<br />

sich aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen<br />

gegen e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d. Das ist <strong>in</strong> gewissem<br />

S<strong>in</strong>n noch verständlich, niemand<br />

wird gern freiwillig arm. Auch heute<br />

liegt der K<strong>in</strong>derwunsch bei etwa zwei<br />

K<strong>in</strong>dern, geboren werden aber nur 1,3<br />

K<strong>in</strong>der. K<strong>in</strong>der bedeuten immer Opfer,<br />

aber auch Glück. Wenn das Opfer<br />

allerd<strong>in</strong>gs zu groß wird, kann <strong>die</strong><br />

Glücks erwartung auch verdrängt werden,<br />

und das f<strong>in</strong>anzielle Opfer ist <strong>in</strong><br />

der Tat <strong>in</strong> den letzten <strong>Jahr</strong>zehnten erheblich<br />

gestiegen. Zwar weisen <strong>die</strong><br />

Politiker ständig auf <strong>die</strong> so genannten<br />

Transferleistungen h<strong>in</strong>. Aber <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zig<br />

relevante Größe ist <strong>die</strong> Kaufkraft,<br />

gemessen <strong>in</strong> Arbeitsstunden. Und<br />

hier sieht es traurig aus. In den sechziger<br />

und frühen siebziger <strong>Jahr</strong>en betrug<br />

der Familienlastenausgleich noch<br />

rund 400 Arbeitsstunden im <strong>Jahr</strong>, heute<br />

s<strong>in</strong>d es weniger als 200. Die Steigerungen<br />

des Ausgleichs hielten mit<br />

den Steigerungen von Lohn, Rente<br />

auf der e<strong>in</strong>en und Kosten, Miete auf<br />

der anderen Seite nicht mit, so dass<br />

seit mehreren <strong>Jahr</strong>zehnten <strong>die</strong> Alle<strong>in</strong>erziehenden<br />

mit K<strong>in</strong>dern und <strong>die</strong> k<strong>in</strong>derreichen<br />

Familien <strong>in</strong> den Armutsberichten<br />

und –Statistiken der Republik<br />

an der Spitze stehen. Wenn nicht beide<br />

Elternteile arbeiten, oder e<strong>in</strong>er weit<br />

über dem Durchschnitt (rund 3300<br />

Euro) ver<strong>die</strong>nt, droht der Familie mit<br />

K<strong>in</strong>dern <strong>die</strong> Verarmung. Und ohne<br />

den familiären Generationenausgleich<br />

– <strong>die</strong> Großeltern helfen den K<strong>in</strong>dern<br />

und Enkeln jährlich mit mehr als 30<br />

Milliarden Euro – wäre <strong>die</strong> Misere der<br />

deutschen Familie noch größer.<br />

H<strong>in</strong>zu kommen allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

Erwartungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> älteren Generationen<br />

nicht hatten. Das s<strong>in</strong>d nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt nur <strong>die</strong> Markenklamotten,<br />

das Auto und ausreichend Wohnraum,<br />

sondern vor allem Sicherheit.<br />

Die Bereitschaft zum Wagnis, <strong>die</strong><br />

Offenheit zum Leben, <strong>die</strong> Lebensbejahung<br />

geht verloren. Das wiederum<br />

hat zu tun mit der Lebense<strong>in</strong>stellung,<br />

mit der Hoffnung, <strong>die</strong> jeder im Herzen<br />

trägt. Sie macht es möglich, dass<br />

man guter Hoffnung se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

unter dem Herzen tragen kann. Vielleicht<br />

s<strong>in</strong>d manche Eltern der älteren<br />

Generation an <strong>die</strong>ser Schw<strong>in</strong>dsucht<br />

der Lebenshoffnung, e<strong>in</strong>er durch und<br />

durch christliche Lebensart, nicht unbeteiligt.<br />

Indem man sich nach dem<br />

Krieg dem Aufbau widmen musste,<br />

wurde nolens volens der Hauptakzent<br />

der Lebensgestaltung auf materielle<br />

Verhältnisse gelegt, und das mit<br />

durchaus guter Absicht: Die K<strong>in</strong>der<br />

sollten es e<strong>in</strong>mal besser haben. Aber<br />

Verzichtenkönnen um e<strong>in</strong>es höheren<br />

Gutes willen setzt das Verzichtenlernen<br />

und <strong>die</strong> Kenntnis von <strong>die</strong>sen höheren<br />

Gütern voraus.<br />

K<strong>in</strong>der und E<strong>in</strong>stellung zur Müttererwerbstätigkeit<br />

Eltern mit mehreren K<strong>in</strong>dern sprechen sich – <strong>in</strong> Westdeutschland<br />

– häufiger als K<strong>in</strong>derlose für e<strong>in</strong>e häusliche K<strong>in</strong>dererziehung aus<br />

80,0%<br />

70,0%<br />

Anteil der Befragten <strong>die</strong> – „unabhängig von ihrer eigenen Konstellation“ me<strong>in</strong>en, dass wenn<br />

das jüngste K<strong>in</strong>d unter drei <strong>Jahr</strong>en alt ist, <strong>die</strong> Frau nicht berufstätig se<strong>in</strong> sollte<br />

60,0%<br />

k<strong>in</strong>derlos<br />

50,0%<br />

1 K<strong>in</strong>d<br />

40,0%<br />

2 K<strong>in</strong>der<br />

30,0%<br />

3 K<strong>in</strong>der<br />

20,0% Neue Bundesländer<br />

Alte Bundesländer<br />

4 K<strong>in</strong>der<br />

10,0%<br />

5 K<strong>in</strong>der<br />

0,0%<br />

und mehr<br />

„Frauen mit mehreren K<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>d zwar deutlich häufiger mit e<strong>in</strong>em traditionellen<br />

Arrangement […] zufrieden, als dass bei kle<strong>in</strong>eren Familien der Fall ist. Dennoch unterscheiden<br />

sie sich <strong>in</strong> ihrem Wunsch, Familie und Beruf mite<strong>in</strong>ander zu verb<strong>in</strong>den,<br />

kaum von Frauen mit nur e<strong>in</strong>em oder zwei K<strong>in</strong>dern.“ (Vgl.: Bundesm<strong>in</strong>isterium für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Monitor Familienforschung, Ausgabe Nr. 10: K<strong>in</strong>derreichtum <strong>in</strong><br />

Deutschland, S. 7/Datenquelle der Grafik: Bien, W.: Mehrk<strong>in</strong>dfamilien. Erkenntnisse aus den Daten des<br />

Familiensurvey, Wellen 1988, 1994 und 2004, München 2007/Datenquelle: DJI-Familiensurvey 2000)<br />

© Stefan Fuchs<br />

Hier hört <strong>die</strong> Soziologie und ganz<br />

allgeme<strong>in</strong> <strong>die</strong> empirische Wissenschaft<br />

auf. Sie kann rückblickend<br />

<strong>die</strong> Fertilität messen und Wünsche<br />

demoskopisch festhalten. Sie kann<br />

vielleicht sogar noch e<strong>in</strong>e Momentaufnahme<br />

des Wertebewusstse<strong>in</strong>s erstellen<br />

und Kurven der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Zukunft ziehen. Was<br />

<strong>die</strong> Menschen tief <strong>in</strong> ihren Herzen<br />

bewegt, das ist nicht messbar. Hier<br />

versagen <strong>die</strong> Prognosen. Hoffnung<br />

und Liebe s<strong>in</strong>d eben ke<strong>in</strong>e masch<strong>in</strong>ell<br />

herstellbaren Produkte. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

lassen sich Verb<strong>in</strong>dungen zwi­<br />

56 DER FELS 2/<strong>2013</strong>

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