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„Dass das, was wir machen, einen Sinn hat, davon bin ich überzeugt.“

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Der literarische Zaunkönig Nr. 2/2013<br />

Forschung & Lehre<br />

wurden und die m<strong>ich</strong> nie <strong>wir</strong>kl<strong>ich</strong> <strong>überzeugt</strong>en. Deshalb<br />

meine beiden „poetischen<strong>“</strong> Reaktionen 5 , wobei die zweite<br />

durch meine damalige Beschäftigung mit Science Fiction<br />

beeinflusst wurde. Irgendwie stehe <strong>ich</strong> zu diesem „fremden<br />

Besucher<strong>“</strong> immer noch.<br />

Im Zuge unseres Briefwechsels habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> übrigens einmal<br />

anständig blamiert, als <strong>ich</strong> eine von ihr verwendete Abkürzung<br />

hinterfragte: „... die ‚SF-Phase‘ – ist <strong>das</strong> ‚Selbstfindungs-...?<strong>“</strong><br />

Helga antwortete: SF – Selbstfindung? War <strong>das</strong> ein Scherz,<br />

Martin? Dieses im deutschen<br />

Sprachraum sehr modische Wort<br />

hätte <strong>ich</strong> nie für m<strong>ich</strong> verwendet,<br />

irgendwie wusste <strong>ich</strong> wohl immer<br />

ungefähr, wer <strong>ich</strong> war (natürl<strong>ich</strong><br />

wie <strong>wir</strong> alle eine Persönl<strong>ich</strong>keit<br />

mit vielen Rollen etc.) – Nein, <strong>das</strong><br />

war meine Science-Fiction-Zeit,<br />

<strong>ich</strong> habe noch heute eine halbe<br />

Wand mit dieser Literatur, wobei<br />

m<strong>ich</strong> allerdings mehr die Anfänge im 19. Jahrhundert interessierten,<br />

aber <strong>ich</strong> las auch moderne Sachen und war <strong>wir</strong>kl<strong>ich</strong><br />

die Erste, die über den in Wien geborenen Herbert W. Franke<br />

(der jetzt 80 wurde) die ersten Artikel schrieb.<br />

Später schrieb sie mir: Was den „Magischen Realismus<strong>“</strong><br />

angeht, so gebe <strong>ich</strong> Dir Recht. Das ist in der Tat eine vage<br />

Sache, mit der <strong>ich</strong> auch nie klar kam. Den Begriff haben die<br />

Österre<strong>ich</strong>er lanciert und in die Kategorie ordnet man dann<br />

meist Kafka ein und auch andere, die n<strong>ich</strong>t so recht in <strong>das</strong><br />

Fach „Phantastik<strong>“</strong> passen. Bei der Phantastik sind die Grenzen<br />

so fließend, <strong>das</strong>s die großen Spezialisten (so Louis Vax)<br />

meist auf eine Definition verz<strong>ich</strong>ten, da man diese gle<strong>ich</strong><br />

wieder in Frage stellen kann. Lange Zeit waren die Theorien<br />

von Todorov die große Mode<br />

(sein Kriterium war die „Unschlüssigkeit<strong>“</strong>),<br />

inzwischen ist auch er<br />

wieder passé. Sowieso, wie Du ja<br />

auch weißt, die Interpreten kommen<br />

und gehen, der Text bleibt.<br />

So ist es auch mit Meyrink, mit<br />

dem bis jetzt noch kein Literaturwissenschaftler<br />

klargekommen<br />

ist.<br />

Im Zuge ihrer Forschungen gelang Helga Abret auch<br />

eine speziell für Österre<strong>ich</strong> überraschende Entdeckung,<br />

als sie auf der Suche nach dem Ursprung des buddhistischen<br />

Gedankenguts in Meyrinks Des deutschen Spießers<br />

Wunderhorn auf den Wiener Karl Eugen Neumann<br />

stieß, der die w<strong>ich</strong>tigsten buddhistischen Schriften aus dem<br />

Pali ins Deutsche übertragen und damit erst den europäischen<br />

Intellektuellen nahegebracht <strong>hat</strong>te. Insgesamt <strong>hat</strong><br />

„Die Interpreten kommen und gehen,<br />

der Text bleibt<strong>“</strong>.<br />

„Der Unterschied zwischen uns und<br />

denen, die <strong>wir</strong>kl<strong>ich</strong> schöpferisch<br />

tätig sind, ist, <strong>das</strong>s von unserem<br />

bescheiden ‚Werk‘ n<strong>ich</strong>ts bleibt<strong>“</strong>.<br />

s<strong>ich</strong> die deutsch-französische Wissenschaftlerin gerade um<br />

die österre<strong>ich</strong>ische Literatur besonders verdient gemacht:<br />

Profunde Arbeiten (neben Gustav Meyrink) z. B. über Friedr<strong>ich</strong><br />

Torberg 6 , Georg Drozdowski 7 , Dolores Viesèr 8 , Erika<br />

Mitterer und Ilse Tielsch 9 thematisierten diese Autorinnen<br />

und Autoren auch auf internationaler Ebene. 10 Dass sie die<br />

Neuauflage des Erinnerungsbandes von Georg Drozdowski<br />

Damals in Czernowitz und rundum, den sie herausgab und<br />

mit einer umfassenden Einführung versah, gerade noch erleben<br />

konnte, war ihr in ihrer schweren Krankheit eine große<br />

Genugtuung.<br />

Helga Abret war eine Realistin,<br />

gerade deshalb litt sie aber auch<br />

unter den gegebenen Einschränkungen:<br />

Frustrierend ist dann freil<strong>ich</strong>, <strong>das</strong>s<br />

man alles, <strong>was</strong> man recherchiert<br />

<strong>hat</strong>, so reduzieren muss, <strong>das</strong>s<br />

kaum noch et<strong>was</strong> <strong>davon</strong> übrig bleibt. Wenn Du wüsstest,<br />

<strong>was</strong> <strong>ich</strong> alles über den Schinderhannes weiß ... und<br />

wieviel literarische Bearbeitungen es gibt. Ich fand sogar<br />

im Hunsrück-Museum in Simmern eine Erzählung von<br />

Josef Perkonig „Der Schinderhannes zieht übers Gebirg<strong>“</strong><br />

(1935), die allerdings nur entfernt mit meinem Thema zu<br />

tun <strong>hat</strong>te.<br />

Sc<strong>hat</strong>tenseiten des Universitätsbetriebs<br />

Mit den sachl<strong>ich</strong> begründbaren Restriktionen vermochte s<strong>ich</strong><br />

Helga noch abzufinden, die Fragen des persönl<strong>ich</strong>en Stils<br />

(der Untergriffe) an ihrer Universität und manche Tendenzen<br />

der wissenschaftl<strong>ich</strong>en Kultur im<br />

Allgem<strong>einen</strong> machten ihr aber<br />

nachhaltig zu schaffen: ... weil<br />

auch <strong>ich</strong> unter dem allgem<strong>einen</strong><br />

Klima in Metz gelitten habe, den<br />

Intrigen, dem Neid etc. Auch <strong>ich</strong><br />

habe in den letzten Jahren fast<br />

nur noch mit deutschen Kollegen<br />

zusammengearbeitet (Mme<br />

Benay mit österre<strong>ich</strong>ischen). Und<br />

der Unterschied zwischen uns,<br />

die ja nur den Schriftstellern in irgendeiner Weise dienen<br />

können und denen, die <strong>wir</strong>kl<strong>ich</strong> schöpferisch tätig sind, ist,<br />

<strong>das</strong>s von unserem bescheiden „Werk<strong>“</strong> n<strong>ich</strong>ts bleibt. Das<br />

ist mir erst nach diesem Tod [von J. Benay] so r<strong>ich</strong>tig zu<br />

Bewusstsein gekommen.<br />

Und sie schrieb mir nach der gemeinsamen Herausgabe<br />

des Mitterer-Sammelbandes: Also Ihnen Dank für alles; in<br />

Seite 19

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