Schlanker Staat, starker Markt – oder: Die Politik der Privatisierung ...
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<strong>o<strong>der</strong></strong> als „Servicepartner“ <strong>der</strong> Deutschen Post AG<br />
zu. <strong>Die</strong> konkurrierenden Paketdienste UPS, GLS,<br />
DPD und Hermes arbeiten nahezu ausschließlich<br />
mit Subunternehmern, die in <strong>der</strong> Regel zwischen<br />
1,20 und 1,40 Euro pro Paket erhalten. Auf Stundenlöhne<br />
von weniger als vier Euro wird das Entgelt<br />
u. a. durch sog. „vorbereitende Arbeit“ gedrückt,<br />
wenn die Fahrer in den Morgenstunden<br />
unbezahlt die Pakete aus den Depots holen, scannen<br />
und in die Wagen tragen müssen.<br />
Von <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> in Aussicht gestellten Entlastung<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Haushalte durch <strong>Privatisierung</strong>en<br />
kann nicht nur im Postsektor keine Rede<br />
sein <strong>–</strong> jedenfalls dann nicht, wenn man die volkswirtschaftliche<br />
Gesamtrechnung zugrunde legt. So<br />
wurde durch die <strong>Privatisierung</strong> <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Infrastruktureinrichtungen in den vergangenen zwei<br />
Jahrzehnten <strong>–</strong> die <strong>Privatisierung</strong>en <strong>der</strong> Treuhand<br />
außen vor gelassen <strong>–</strong> schätzungsweise rund 1,2<br />
Mio. Arbeitsverhältnissen die Grundlage entzogen.<br />
So steht auch die Deutsche Telekom AG mehr als<br />
ein Jahrzehnt nach ihrer Kapitalprivatisierung zwar<br />
bezüglich <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Konzernbilanz ausgewiesenen<br />
Größen nicht schlechter da als vor <strong>der</strong> Veräußerung<br />
an Privatinvestoren. Aber während wir als Kunden<br />
<strong>der</strong> Deutschen Telekom AG und konkurrieren<strong>der</strong><br />
Anbieter infolge <strong>der</strong> Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes<br />
von insgesamt gesunkenen<br />
Tarifen profitieren, zahlen wir über Steuern und<br />
Sozialversicherungsabgaben für den Stellenabbau,<br />
die Pensionslasten und die Ausgründung <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
in Personalserviceagenturen wie Vivento.<br />
<strong>Privatisierung</strong>en auf kommunaler Ebene<br />
Mit steigen<strong>der</strong> Tendenz finden <strong>Privatisierung</strong>en<br />
aber nicht nur auf Bundes-, son<strong>der</strong>n auch auf kommunaler<br />
Ebene statt: Allein im Jahre 2005 veräußerten<br />
die Städte und Gemeinden Vermögen im<br />
Wert von 5,7 Mrd. Euro, wobei zehntausende Arbeitsverhältnisse<br />
in den privatwirtschaftlichen Sektor<br />
transferiert <strong>–</strong> und damit nicht selten prekarisiert<br />
<strong>–</strong> wurden. Der Hausmüll wird zu beinahe zwei<br />
Dritteln von den rund 1.000 privaten Entsorgungsbetrieben<br />
beseitigt, unter an<strong>der</strong>em von den Branchenriesen<br />
Remondis und Sulo. Da sich das Abfallgeschäft<br />
wegen gestiegener Rohstoffpreise und<br />
neuer Recyclingtechniken bzw. -kreisläufe („Grüner<br />
Punkt“) seit geraumer Zeit jedoch als ausgesprochen<br />
profitabel erweist und die Qualität <strong>der</strong><br />
Leistungserbringung durch Private in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
oftmals nicht zufriedenstellend war, zeigen<br />
viele Kommunen neuerdings wie<strong>der</strong> Interesse an<br />
einer eigenverantwortlichen Wahrnehmung des<br />
Entsorgungsauftrages. Mancherorts kündigen sie<br />
gar den einstigen Auftragnehmern, um die Wertschöpfung<br />
und die Arbeitsplätze in <strong>der</strong> eigenen<br />
Gemeinde zu halten <strong>–</strong> so etwa <strong>der</strong> brandenburgische<br />
Landkreis Uckermark, <strong>der</strong> seinen Vertrag mit einer<br />
westdeutschen Versorgungsfirma kündigte, weil<br />
man nicht länger dulden wollte, dass ein privater<br />
Investor mit einer öffentlichen Aufgabe zweistellige<br />
Renditen erzielt. Ebenso verfuhr man in den nordrhein-westfälischen<br />
Städten Bergkamen, Fröndenberg<br />
und Leichlingen, wo mit <strong>der</strong> Rekommunalisierung<br />
erhebliche Kosteneinsparungen erzielt und gut<br />
bezahlte Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ein vergleichbares<br />
Beispiel liefern die Vorgänge in <strong>der</strong><br />
Stadt Potsdam: Nachdem die Wasserwerke 1997 zu<br />
49 Prozent an den deutsch-französischen Konzern<br />
Eurawasser veräußert worden waren, kam es binnen<br />
drei Jahren beinahe zu einer Verdopplung <strong>der</strong> Preise.<br />
Proteste <strong>der</strong> lokalen Wirtschaft, die stark unter<br />
den gestiegenen Abnahmepreisen litt, veranlassten<br />
den Stadtrat <strong>der</strong> brandenburgischen Landeshauptstadt<br />
schließlich dazu, den Rückkauf <strong>der</strong> Anteilsscheine<br />
zu befürworten.<br />
Kein Tafelsilber im Schrank<br />
Ein weiterer wesentlicher Einwand gegen den mit<br />
je<strong>der</strong> <strong>Privatisierung</strong> verbundenen Rückzug des<br />
<strong>Staat</strong>es ergibt sich daraus, dass die beliebte Metapher<br />
vom „Verkauf des Tafelsilbers“ die Entwicklung<br />
verharmlost, weil Letzteres bloß unnütz im<br />
Schrank herumsteht, während staatliche Unternehmen<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand laufende Einnahmen<br />
verschaffen. So belegt die Historie des Bahn- und<br />
Postwesens, dass <strong>Staat</strong>sunternehmen durchaus profitabel<br />
arbeiten können. <strong>Die</strong> Bundespost ließ dem<br />
<strong>Staat</strong>shaushalt noch gegen Ende <strong>der</strong> 1980er-Jahre<br />
einen Jahresüberschuss von mehr als 5 Mrd. DM<br />
zufließen. Mindestens ebenso beeindruckt die Tatsache,<br />
dass <strong>der</strong> preußische <strong>Staat</strong> vor dem Ersten<br />
Weltkrieg nahezu ein Drittel seines Haushaltes<br />
durch die Einnahmen aus dem Bahnbetrieb decken<br />
konnte; 1894 hatten die preußischen Eisenbahnen<br />
noch 55,9 Prozent <strong>der</strong> Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet.<br />
In den 1920er-Jahren leistete die Reichsbahn<br />
beinahe sämtliche Reparationsleistungen an<br />
die Siegermächte des Ersten Weltkrieges. Dass die<br />
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