Artikel von museum.de von 09/2013 - Frerichs Glas
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„Unscheinbare Objekte zum Sprechen<br />
bringen“<br />
Die neue Dauerausstellung in <strong>de</strong>r Mahn- und Ge<strong>de</strong>nkstätte Ravensbrück<br />
Autor: Tim Tolsdorff<br />
Fotografin: Ute Freund<br />
Die Szenerie könnte einem Roman <strong>von</strong> Theodor Fontane entstammen:<br />
Die Sonne schickt ihre Strahlen <strong>von</strong> einem kobaltblauen<br />
Himmel auf die märkische Landschaft hinab. Der sommerlich<br />
warme Westwind schüttelt das Schilf am Ufer <strong>de</strong>s Schwedtsees<br />
und treibt kräuseln<strong>de</strong> Wellen über die Wasserfläche. Eine ländliche<br />
Idylle - ragte nicht nahe <strong>de</strong>m Ufer eine meterhohe Mauer<br />
auf, duckte sich nicht daneben ein Haus unter einen großen<br />
Schornstein. Die Bauten wecken beunruhigen<strong>de</strong> Assoziationen,<br />
verweisen auf die dunkle Geschichte <strong>de</strong>s Ortes. Von 1939 bis<br />
1945 betrieb die SS hier, nahe <strong>de</strong>m Luftkurort Fürstenberg an<br />
<strong>de</strong>r Havel, mit <strong>de</strong>m KZ Ravensbrück das größte Frauenlager auf<br />
Ehemalige Kommandatur<br />
Reichsgebiet. Hinter <strong>de</strong>r Mauer waren Hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong> interniert.<br />
In einem 1943 errichteten Krematorium wur<strong>de</strong>n die Leichen<br />
<strong>de</strong>r im Lager an <strong>de</strong>n katastrophalen Existenzbedingungen<br />
gestorbenen o<strong>de</strong>r ermor<strong>de</strong>ten Häftlinge verbrannt, bevor man<br />
ihre Asche in Massengräbern verscharrte.<br />
Heute befin<strong>de</strong>t sich auf <strong>de</strong>m ehemaligen Lagergelän<strong>de</strong> die<br />
Mahn- und Ge<strong>de</strong>nkstätte Ravensbrück. Nach rund dreijähriger<br />
Vorbereitungszeit wur<strong>de</strong> am 21. April <strong>2013</strong> anlässlich <strong>de</strong>s 68.<br />
Jahrestages <strong>de</strong>r Befreiung in <strong>de</strong>r ehemaligen KZ-Kommandantur<br />
eine neue Hauptausstellung eröffnet. Auf zwei Geschossen<br />
und rund 900 Quadratmetern Fläche beleuchtet die Ausstellung<br />
mit <strong>de</strong>m Titel „Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück –<br />
Geschichte und Erinnerung“ die Geschichte <strong>de</strong>s KZ-Komplexes<br />
in allen Facetten. Zuvor musste die <strong>de</strong>nkmalgerechte Sanierung<br />
<strong>de</strong>s SS-Verwaltungsgebäu<strong>de</strong>s abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>n<br />
Dauerausstellungen über das weibliche (2004) und das männliche<br />
SS-Personal (2010) sowie über <strong>de</strong>n Zellenbau (2006) verfügt<br />
die Ge<strong>de</strong>nkstätte Ravensbrück mit <strong>de</strong>r Hauptausstellung nun<br />
über ein museales Zentrum, das vor allem <strong>de</strong>n Frauen, Männern<br />
und Kin<strong>de</strong>rn aus ganz Europa gewidmet ist, die im KZ Ravensbrück<br />
inhaftiert waren.<br />
„Seit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Dauerausstellungen<br />
<strong>von</strong> 1994/95 hat<br />
die Ravensbrück-Forschung<br />
enorme Fortschritte gemacht“,<br />
sagt die Ge<strong>de</strong>nkstättenleiterin<br />
Dr. Insa Eschebach. „Es ist<br />
eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
und Chance, diese neuen Erkenntnisse<br />
in einer Ausstellung<br />
umsetzen zu dürfen.“ Die Ge<strong>de</strong>nkstätte<br />
verfüge heute über<br />
mehr Quellen als je zuvor. Außer<strong>de</strong>m<br />
seien die Stimmen <strong>de</strong>r<br />
Überleben<strong>de</strong>n ausführlich in<br />
<strong>de</strong>r neuen Ausstellung präsent.<br />
„So zahlreich waren die Erinnerungen<br />
ehemaliger Häftlinge<br />
in <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstätte bislang<br />
nicht zu hören“, so Eschebach.<br />
Mit <strong>de</strong>r 2011 vollzogenen Verlagerung<br />
<strong>von</strong> Archiv, Depot,<br />
Bibliothek und Verwaltung in<br />
neue Räumlichkeiten in <strong>de</strong>n<br />
ehemaligen SS-Garagen hatte<br />
die Stiftung Bran<strong>de</strong>nburgische<br />
Ge<strong>de</strong>nkstätten die Voraussetzungen<br />
geschaffen, um in einem weithin original erhaltenem<br />
Gebäu<strong>de</strong> eine gegenüber <strong>de</strong>n früheren Präsentationen wesentlich<br />
größere Dauerausstellung einzurichten.<br />
In insgesamt 13 Abschnitten thematisiert die Ausstellung nicht<br />
nur die Geschichte <strong>de</strong>s Frauen-KZ Ravensbrück, son<strong>de</strong>rn auch<br />
die Geschichte <strong>de</strong>s ab 1941 eingerichteten Männerlagers, <strong>de</strong>s<br />
„Jugendschutzlagers“ Uckermark sowie <strong>de</strong>r zwischen 1942 und<br />
1945 hinzugekommenen zahlreichen Außenlager, welche für<br />
die Einbindung Ravensbrücks in die NS-Rüstungsindustrie, für<br />
Zwangsarbeit und Ausbeutung stehen. Besucher erfahren Details<br />
über <strong>de</strong>n Lageralltag und die Häftlingsgesellschaft, über die<br />
bewegen<strong>de</strong>n Schicksale <strong>von</strong> Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen. Auch<br />
die wohl düstersten Kapitel in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Ortes - Mord,<br />
Massensterben und die im Krankenrevier vorgenommenen medizinischen<br />
Experimente - wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>tailliert dokumentiert.<br />
Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n sowohl die Befreiung als auch die Nachgeschichte<br />
<strong>von</strong> Ravensbrück als Ort <strong>de</strong>s Ge<strong>de</strong>nkens und <strong>de</strong>r Erinnerung<br />
beleuchtet.<br />
Eine große Herausfor<strong>de</strong>rung stellte die Planung <strong>de</strong>r neuen Ausstellung<br />
für das <strong>von</strong> Alyn Beßmann geleitete Ausstellungsteam<br />
dar. Koordiniert wer<strong>de</strong>n musste die Arbeit <strong>von</strong> Historikern, Architekten,<br />
Kommunikations<strong>de</strong>signern, Illustratoren und Technikern.<br />
Die Ausstellungsgestaltung erfolgte durch das Hamburger<br />
Büro „graphische werkstätten feldstraße“. Die dort tätige Kommunikations<strong>de</strong>signerin<br />
Ika Gerrard beschreibt die Arbeit in Ravensbrück<br />
als Balanceakt, da man eine Ausstellung, die primär<br />
an die Opfer <strong>de</strong>s Konzentrationslagers erinnern sollte, in einem<br />
Tätergebäu<strong>de</strong> realisieren musste. Am Kommandantengebäu<strong>de</strong><br />
als „erstem Exponat“ hätten sie und ihre Kollegen sich bei <strong>de</strong>r<br />
Gestaltung <strong>de</strong>r Ausstellung durchaus gerieben.<br />
Unter <strong>de</strong>r Brutalität und Menschenverachtung <strong>de</strong>r SS und ihres<br />
Gefolges litten insgesamt rund 120.000 im KZ Ravensbrück<br />
inhaftierte Frauen. Sie waren aus unterschiedlichen Grün<strong>de</strong>n<br />
festgenommen wor<strong>de</strong>n und zumeist ohne Gerichtsurteil in Haft.<br />
In <strong>de</strong>n Baracken <strong>de</strong>s Lagers drängten sich Frauen aus allen gesellschaftlichen<br />
Schichten aus über 30 Län<strong>de</strong>rn. Viele hatten<br />
Wi<strong>de</strong>rstand gegen das NS-Regime im Deutschen Reich geleistet<br />
o<strong>de</strong>r gegen die <strong>de</strong>utschen Besetzer ihres Lan<strong>de</strong>s revoltiert. Jüdinnen<br />
sowie Roma und Sinti wur<strong>de</strong>n aus rassistischen Grün<strong>de</strong>n<br />
verfolgt, gesellschaftliche Außenseiter als „asozial“ o<strong>de</strong>r „kriminell“<br />
stigmatisiert und ins KZ eingeliefert. Zu <strong>de</strong>n Häftlingen<br />
zählten auch mehr als 800 Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche; sogar Säuglinge<br />
wur<strong>de</strong>n mit ihren Müttern eingeliefert. Ab April 1941 gehörte<br />
zum KZ Ravensbrück auch ein Männerlager mit insgesamt<br />
20.000 Häftlingen.<br />
Mehr als 1.500 Exponate wer<strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>r Ausstellung<br />
gezeigt, darunter sind Gegenstän<strong>de</strong>, Berichte, Dokumente und<br />
Häftlingszeichnungen. Der Umfang dieser Sammlung ist ein Beleg<br />
dafür, dass <strong>de</strong>n Erinnerungen <strong>de</strong>r Verfolgten und ihren unterschiedlichen<br />
Perspektiven eine zentrale Be<strong>de</strong>utung zukommt.<br />
Viele originale Objekte entstammen <strong>de</strong>m Besitz <strong>von</strong> Überleben<strong>de</strong>n<br />
aus aller Welt, wie zum Beispiel die Nagelschere <strong>de</strong>r Luxemburger<br />
Kommunistin Y<strong>von</strong>ne Useldinger, die sie mit ihren<br />
Mithäftlingen teilte. Viele Exponate wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstätte<br />
eigens für die neue Hauptausstellung zur Verfügung gestellt,<br />
wie zum Beispiel ein Kissen, das die 1943 nach Ravensbrück<br />
verschleppte Luxemburgerin Leonie Schammel aus Ihrer Häftlingsjacke<br />
und Häftlingsnummer genäht hat. Hinzu kommen<br />
zahlreiche Fotos und Dokumente, die aus privaten Sammlungen<br />
und öffentlichen Archiven in aller Welt zusammengetragen<br />
wur<strong>de</strong>n. Darunter befin<strong>de</strong>n sich auch kürzlich ent<strong>de</strong>ckte Fotos,<br />
die unmittelbar nach <strong>de</strong>r Befreiung <strong>de</strong>s Lagers im Sommer 1945<br />
aufgenommen wur<strong>de</strong>n und erstmals öffentlich gezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Unterstützt wird die Darstellung <strong>von</strong> zahlreichen Medienstationen,<br />
wo vor allem Überleben<strong>de</strong> in Wort und Bild <strong>von</strong> ihren<br />
Erfahrungen und Erinnerungen berichten.<br />
Die Tatsache, dass in <strong>de</strong>r Ausstellung viele Exponate unterschiedlichster<br />
Dimensionen zu sehen sind, beschreibt Ika Gerrard als<br />
„konservatorische Herausfor<strong>de</strong>rung“. Die Aufgabe, zahlreiche<br />
Vitrinen in unterschiedlichen Größen und Formen herzustellen,<br />
übernahm das Unternehmen <strong>Frerichs</strong> <strong>Glas</strong> mit seiner Marke<br />
creaspace. „Der große Anspruch bei diesem Projekt bestand<br />
darin, zum Schutz <strong>de</strong>r Exponate spezielle Gläser mit UV-Schutz<br />
und speziellem Lichtschutz einzubauen“, sagt Jörg Lensch, bei<br />
<strong>Frerichs</strong> <strong>Glas</strong> als Produktmanager für die Ravensbrück-Ausstellung<br />
zuständig. „Denn Licht kann die Exponate zerstören.“ Aus<br />
diesem Grund habe man laminiertes <strong>Glas</strong> verwen<strong>de</strong>t, bei <strong>de</strong>m<br />
zwischen zwei <strong>Glas</strong>schichten eine spezielle Schutzfolie verklebt<br />
wird. Dabei musste aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Qualitätssicherung unbedingt<br />
vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, Luftblasen zu erzeugen. Eine Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
erst recht unter <strong>de</strong>n gegebenen Umstän<strong>de</strong>n. „Wir<br />
mussten dieses Projekt in kurzer Zeit realisieren“, sagt Lensch.<br />
Der Aufwand, die Exponate sprichwörtlich ins richtige Licht zu<br />
rücken, hat sich gelohnt. Die Lichtplanerin Frau Zolghadri hat<br />
wesentlich dazu beigetragen. Mehr und mehr Besucher fin<strong>de</strong>n<br />
heute <strong>de</strong>n Weg zur gut 80 Kilometer nördlich <strong>von</strong> Berlin gelegenen<br />
Mahn- und Ge<strong>de</strong>nkstätte Ravensbrück. Ihre Gesichter<br />
geben Auskunft über die Wirkung <strong>de</strong>r neuen Dauerausstellung.<br />
Betroffenheit, Erstaunen und Verwun<strong>de</strong>rung sind nur einige <strong>de</strong>r<br />
Gemütslagen, die sich in <strong>de</strong>n Mienen <strong>de</strong>r Menschen wi<strong>de</strong>rspiegeln<br />
- etwa wenn sie vor <strong>de</strong>r Vitrine stehen, die einen winzigen<br />
Lippenstift birgt. Das Schminkutensil, im Alltag vieler Frauen Teil<br />
<strong>de</strong>r kosmetischen Grundausstattung, konnte im KZ <strong>de</strong>n Unterschied<br />
zwischen Leben und Tod ausmachen. Die Insassinnen<br />
nutzten es, um sich vor <strong>de</strong>n gefürchteten Selektionen die Wangen<br />
zu röten. Auf diese Weise zauberten sie ein wenig Leben in<br />
ihre grauen und eingefallenen Gesichter - und erweckten <strong>de</strong>n<br />
Anschein vorhan<strong>de</strong>ner Arbeitskraft. „Wir wollten zunächst unscheinbare<br />
Objekte zum Sprechen bringen“, sagt Ge<strong>de</strong>nkstättenleiterin<br />
Insa Eschebach. Dieses Ziel hat man in Ravensbrück<br />
erreicht.
Schamottemarken und Urnen<strong>de</strong>ckel aus <strong>de</strong>m KZ Ravensbrück<br />
Diese Urnen<strong>de</strong>ckel (im Hintergrund) wur<strong>de</strong>n 1989 auf <strong>de</strong>m Fürstenberger<br />
Friedhof ent<strong>de</strong>ckt, wo Häftlinge eingeäschert wur<strong>de</strong>n, die im KZ<br />
gestorben waren. Eingeprägt sind die Namen <strong>de</strong>r Toten, ihre Geburtsund<br />
To<strong>de</strong>sdaten sowie die Nummer einer Schamottemarke. Min<strong>de</strong>stens<br />
20 <strong>de</strong>r eingeprägten Namen gehören zu Polinnen, die in Ravensbrück<br />
hingerichtet wor<strong>de</strong>n waren. Nach <strong>de</strong>m Feuerbestattungsgesetz mussten<br />
<strong>de</strong>n Leichen bei <strong>de</strong>r Einäscherung nummerierte Schamottemarken<br />
beigegeben wer<strong>de</strong>n, um später eine ein<strong>de</strong>utige Zuordnung <strong>de</strong>r Asche<br />
sicherzustellen. In <strong>de</strong>n Krematorien <strong>de</strong>r KZ wur<strong>de</strong>n die Urnen jedoch,<br />
bevor sie an die Angehörigen verschickt wur<strong>de</strong>n, wahllos mit Asche<br />
und einer beliebigen Schamottemarke gefüllt.
„Szczasny Novy Rok – Docteur Z<strong>de</strong>nka“ (Frohes Neues Jahr,<br />
Doktor Z<strong>de</strong>nka)<br />
Dieses Leporello fertigte die französische Krankenschwester Violette<br />
Rougier-Lecoq am 1. Januar 1944 für die tschechische Häftlingsärztin<br />
Z<strong>de</strong>nka Nedvédová-Nejedlá.<br />
`<br />
Neben Szenen aus <strong>de</strong>m Arbeitsalltag im Revier sind auf <strong>de</strong>r Rückseite<br />
eine Häftlingsärztin bei <strong>de</strong>r Krankenversorgung und <strong>de</strong>r<br />
SS-Arzt Treite dargestellt, <strong>de</strong>r auf einem Tisch sitzt, während vor<br />
ihm Frauen zur Untersuchung antreten.
Koffer <strong>von</strong> Cölestine Hübner, undatiert<br />
Mit diesem Koffer kehrte Cölestine Hübner am 20. Juli 1945 in<br />
ihre Heimatstadt Wien zurück. 1941 war die Hilfsarbeiterin wegen<br />
Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt wor<strong>de</strong>n, 1942 wur<strong>de</strong><br />
sie in das KZ Ravensbrück eingewiesen. Der Koffer stammte<br />
möglicherweise aus <strong>de</strong>r Effektenkammer <strong>de</strong>s Lagers.
Babyhemd <strong>von</strong> Sylvia van Otten, vor 1945<br />
Conny van Otten-Snij<strong>de</strong>rs brachte am 29. Januar 1945 im KZ<br />
Ravensbrück ihre Tochter Sylvia zur Welt. Mithäftlinge beschafften<br />
dieses Hemd vermutlich aus <strong>de</strong>r Effektenkammer. Sylvia van<br />
Otten wur<strong>de</strong> nur vier Wochen alt. Ihre Mutter nahm das Hemd<br />
ihres verstorbenen Kin<strong>de</strong>s mit in die Freiheit und hütete es jahrzehntelang<br />
als eine Kostbarkeit.
Or<strong>de</strong>nskreuz <strong>von</strong> Schwester Marcelle Baverez, vor 1923<br />
Dieses Kreuz wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nonne Marcelle Baverez bei ihrer Ankunft<br />
im KZ Ravensbrück abgenommen und später durch eine<br />
an<strong>de</strong>re Schwester ins Lager geschmuggelt. Mit diesem Kreuz<br />
legte Sr. Felixina Armbruster am 16. März 1944 heimlich die<br />
ewigen Gelüb<strong>de</strong> ab. Sie bekräftigte damit ihre Bindung an Gott<br />
und <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r „Schwestern vom göttlichen Erlöser“.<br />
Schachspiel <strong>von</strong> Doris Maase, um 1940<br />
Das Schachspiel mit einem Spielfeld und einem Etui aus Kunstle<strong>de</strong>r<br />
für die Steckfiguren fertigte die Ärztin und Kommunistin<br />
Doris Maase an. Sie war <strong>von</strong> Mai 1939 bis Juni 1941 im KZ Ravensbrück<br />
inhaftiert. Sie stiftete das Schachspiel 1959 <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstätte<br />
für das erste Lager<strong>museum</strong>.
Ring <strong>von</strong> Rosa Jochmann, nach 1945 (Reproduktion)<br />
Der Ring symbolisiert die enge Verbun<strong>de</strong>nheit zwischen Cilly<br />
Helten und Rosa Jochmann, die ihn nach <strong>de</strong>m Krieg anfertigen<br />
ließ. Er trägt die Haftnummern <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Freundinnen aus <strong>de</strong>m<br />
KZ Ravensbrück und <strong>de</strong>n roten Winkel <strong>de</strong>r politischen Häftlinge.<br />
Der aus einem Zahnbürstenstiel geschnitzte Elefant war das Geschenk<br />
einer polnischen Gefangenen im Lager.
Tote im befreiten KZ Ravensbrück, April 1945<br />
Diese Fotos stammen aus <strong>de</strong>n Akten zu <strong>de</strong>m französischen<br />
Prozess gegen <strong>de</strong>n Lagerkommandanten Fritz Suhren und <strong>de</strong>n<br />
Arbeitseinsatzführer Hans Pflaum; das Verfahren fand 1950 in<br />
Rastatt statt. Die Befreier machten Fotos <strong>von</strong> Leichen männlicher<br />
und weiblicher Häftlinge, die sie im Lager vorfan<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r<br />
Rückseite <strong>de</strong>r Stele fin<strong>de</strong>n sich die übersetzten Abschriften <strong>de</strong>r<br />
Bildrückseiten.
Gefäß, in <strong>de</strong>m polnische Kriegsgefangene Nachrichten<br />
<strong>von</strong> Häftlingen aus <strong>de</strong>m KZ Ravensbrück vergruben, 1943<br />
1943 gelang es polnischen Frauen, Kontakt zu polnischen<br />
Kriegsgefangenen aus einem Lager in Neubran<strong>de</strong>nburg aufzunehmen.<br />
In Briefen schil<strong>de</strong>rten sie ihre Haftbedingungen und<br />
berichteten <strong>von</strong> Menschenversuchen und Erschießungen im KZ<br />
Ravensbrück. Die Kriegsgefangenen vergruben dieses <strong>Glas</strong> mit<br />
<strong>de</strong>n geheimen Mitteilungen. 1975 wur<strong>de</strong>n es wie<strong>de</strong>r aufgefun<strong>de</strong>n.<br />
Das Original befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstätte Auschwitz,<br />
die <strong>de</strong>r Ge<strong>de</strong>nkstätte Ravensbrück aber die Reproduktion <strong>de</strong>r<br />
Exponate erlaubte.
Radiosen<strong>de</strong>r, um 1943<br />
Viele Angehörige <strong>de</strong>s norwegischen Wi<strong>de</strong>rstands hielten per<br />
Funk Kontakt untereinan<strong>de</strong>r und zur Exil-Regierung in London.<br />
Im Herbst 1941 beschlagnahmten die <strong>de</strong>utschen Besatzer alle<br />
Radios. Meldungen <strong>de</strong>s britischen Rundfunks wur<strong>de</strong>n daraufhin<br />
durch illegale Zeitungen verbreitet – eine Form <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstands,<br />
in <strong>de</strong>r viele Frauen aktiv waren.<br />
Bibel <strong>von</strong> Gertrud Pötzinger,<br />
herausgegeben in Elberfeld 1920<br />
Die Häftlinge durften im Lager keine Bibel besitzen. Um 1942<br />
ent<strong>de</strong>ckten einige Zeuginnen Jehovas im Altpapier für die Heizungsanlage<br />
eine Bibelausgabe. „Wir zerteilten sie. Je<strong>de</strong> erhielt<br />
zwei o<strong>de</strong>r drei Seiten, die dann immer wie<strong>de</strong>r weitergegeben<br />
wur<strong>de</strong>n“, berichtete Gertrud Pötzinger über das heimliche Bibelstudium<br />
mit ihren Glaubensschwestern.
Entstehung und Entwicklung <strong>de</strong>s KZ Ravensbrück<br />
Mit <strong>de</strong>r Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler begann<br />
im Januar 1933 die nationalsozialistische Diktatur. Politische<br />
Gegner wur<strong>de</strong>n in Gefängnissen und eilig errichteten Lagern<br />
inhaftiert. Zunehmend verfolgten die Nationalsozialisten auch<br />
Menschen, die sie aus <strong>de</strong>r rasseni<strong>de</strong>ologisch <strong>de</strong>finierten „Volksgemeinschaft“<br />
ausgrenzten.<br />
Bereits 1933 entstan<strong>de</strong>n erste „Frauen-Schutzhaftlager“. Die<br />
vorhan<strong>de</strong>nen Haftstätten reichten bald nicht mehr aus. Im Mai<br />
1939 wur<strong>de</strong> nahe <strong>de</strong>r Stadt Fürstenberg das KZ Ravensbrück als<br />
zentrales Frauen-Konzentrationslager <strong>de</strong>s NS-Regimes eröffnet.<br />
Nach Kriegsbeginn ließ die SS das Lager stetig vergrößern, da<br />
nun zahlreiche Frauen aus <strong>de</strong>n besetzten Län<strong>de</strong>rn eingewiesen<br />
wur<strong>de</strong>n. Ab 1942 wur<strong>de</strong>n über 40 Außenlager errichtet, viele<br />
für Zwecke <strong>de</strong>r Kriegswirtschaft. Der erste Raum <strong>de</strong>r Ausstellung<br />
beherbergt unter an<strong>de</strong>rem dieses Lagermo<strong>de</strong>ll. Eine digitale Fotoschau<br />
visualisiert die Entwicklung <strong>de</strong>s Lagers bis 1945 und die<br />
Umwandlung in eine Ge<strong>de</strong>nkstätte ab 1959.
Zahnbürsten, vor 1945<br />
Manche Häftlinge durften ihre Zahnbürsten bei <strong>de</strong>r Einlieferung<br />
behalten, an<strong>de</strong>re konnten sich eine <strong>von</strong> Verwandten schicken<br />
lassen o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Lagerkantine kaufen. Nicht nur für die Körperpflege,<br />
auch als Tauschobjekte waren Zahnbürsten <strong>von</strong> Be<strong>de</strong>utung.<br />
Aus <strong>de</strong>n bunten Kunststoffstielen schnitzten Häftlinge<br />
kleine Kunstobjekte.<br />
Lebensmittelpaket <strong>de</strong>s Internationalen Komitees vom Roten<br />
Kreuz (IKRK), um 1944<br />
Das Rote Kreuz schickte Kriegsgefangenen Fleisch- und Gemüsekonserven,<br />
Kekse und Zigaretten. 1943 genehmigte die SS zunächst<br />
Paketlieferungen an namentlich bekannte KZ-Häftlinge,<br />
später auch Sammellieferungen. Die SS hortete und plün<strong>de</strong>rte<br />
viele Pakete. Bei <strong>de</strong>r Räumung <strong>de</strong>s Lagers erhielten zahlreiche<br />
Häftlinge ein Rot-Kreuz-Paket als Wegzehrung.
Die SS im KZ Ravensbrück<br />
Der Kommandanturstab <strong>de</strong>s KZ Ravensbrück war in sechs Abteilungen<br />
geglie<strong>de</strong>rt: An <strong>de</strong>r Spitze stand <strong>de</strong>r Kommandant.<br />
Bis zu 90 SS-Angehörige waren in <strong>de</strong>r Verwaltung tätig. Die<br />
Zahl <strong>de</strong>r SS-Aufseherinnen und <strong>de</strong>r SS-Wachmänner wuchs mit<br />
<strong>de</strong>r dramatischen Zunahme <strong>de</strong>r Inhaftierungen. 1939 waren<br />
55 Aufseherinnen in Ravensbrück angestellt, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen einige<br />
bereits im KZ Lichtenburg gearbeitet hatten. Im Januar 1945<br />
bewachten mehr als 500 Aufseherinnen die weiblichen Häftlinge<br />
im KZ Ravensbrück und seinen Außenlagern. Von 1942 bis<br />
Herbst 1944 diente Ravensbrück als zentrale Ausbildungsstätte<br />
für Aufseherinnen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen die meisten nach kurzer Zeit in<br />
Außenlager versetzt wur<strong>de</strong>n.<br />
Für die Bewachung <strong>de</strong>r weiblichen Häftlinge wur<strong>de</strong>n bereits<br />
1939 abgerichtete Hun<strong>de</strong> eingesetzt, im Männerlager erst ab<br />
1942. Die Wachmannschaft wuchs <strong>von</strong> zunächst 250 auf rund<br />
1.000 Männer im Jahr 1945 an.
Nummernbuch <strong>de</strong>s Männerlagers Ravensbrück, 1941–45<br />
In dieses Nummernbuch ließ die SS 13.490 Gefangene mit Haftart,<br />
Namen und Geburtsdatum eintragen. In <strong>de</strong>r Spalte „Bemerkungen”<br />
sind Überstellungen in an<strong>de</strong>re Lager o<strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sfälle verzeichnet.<br />
In zusätzlichen Listen fin<strong>de</strong>n sich weitere 6.519 Namen. Dem<br />
Lagerschreiber Józef Kwietniewski gelang es bei <strong>de</strong>r Räumung, die<br />
Hefte aus <strong>de</strong>m KZ zu schmuggeln.
Vormontage <strong>von</strong> Schlosskästen durch qualifiziertes<br />
Personal.<br />
Eine Tischvitrine wird montiert. Dazu gehört das Einlegen<br />
<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns.<br />
Details erfor<strong>de</strong>rn genaues Hinsehen. Man möchte<br />
ganz nah ran, muss aber lei<strong>de</strong>r Abstand wahren.<br />
Nicht immer kann Begreifen durch Anfassen entstehen.<br />
Wir helfen, damit es trot<strong>de</strong>m gelingt. Mit unseren<br />
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