Hermann Häring: Glaube und Vernunft angesichts ... - Wir sind Kirche

Hermann Häring
Glaube und Vernunft aus säkularer Perspektive
Umso wichtiger ist es, über das Verhältnis von Glaube und Vernunft (wie
oben geschehen) aus einer säkularisiert humanen Perspektive
nachzudenken. Eine solche Operation kann wieder die ursprünglichen
Vernunftgehalte des Glaubens und die ursprünglichen Glaubensgehalte der
Vernunft aufeinander beziehen und die religiösen Botschaften (welcher
Religion auch immer) in ihre ursprünglichen weltlichen Räume
zurückbringen.
Damit ist die Ehrenrettung und Entkrampfung beider Begriffe nicht
abgeschlossen, denn auch der Vernunft würde es gut tun, wenn sie
ihrerseits vom Ruch des kalt Analytischen, des Machbaren und
prometheisch Gewalttätigen befreit würde. Dann ließe sich auch
verdeutlichen, wie wichtig die Vernunft in ihrer Partnerschaft mit der
Emotion und die Emotion in ihrer Partnerschaft mit der Vernunft sein
kann. Gemäß dem Kabarettisten Georg Schramm hat Gregor der Große
einmal den klugen Satz geschrieben: „Die Vernunft kann sich mit größerer
Macht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand
geht.“ Man darf zur Durchsetzung der Vernunft auch zornig werden.
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