7. BÖBLINGER PARTYNACHT LIVE AUF DER ... - PIGmagazin
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38 // UND JETZT SPORT!<br />
Undank ist der Welten Lohn! Ich dachte nicht,<br />
dass mich ausgerechnet Michael Ballack an<br />
diese Weisheit erinnern würde, aber so langsam<br />
platzt mir echt der Kragen. Es ist noch keine<br />
vier Monate her, dass fast ein ganzes Volk einem in<br />
Deutschland geborenen Ghanaer an die Gurgel springen<br />
wollte. Kevin-Prince Boateng hatte soeben den<br />
Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft<br />
ins Krankenhaus und aus der Fußball-Weltmeisterschaft<br />
gefoult, da formierte sich bereits der Widerstand<br />
gegen den gebürtigen Berliner, dessen Bruder<br />
Jerome pikanterweise auch noch für die deutsche Nationalmannschaft<br />
auflief.<br />
Es dauerte nicht lange, da sprossen beispielsweise auf<br />
Facebook Gruppen mit den aussagekräftigen Bezeichnungen<br />
„Boateng umhauen!“, „Kevin Prince Boateng<br />
Haters“ oder „82 Millionen gegen Boateng“. Kommentare<br />
wie „Prince Boateng – gib deinen deutschen<br />
Pass ab!“ oder „Boateng lebenslang sperren“ müssen<br />
noch zu den harmloseren Aussagen gezählt werden.<br />
Und das alles wegen eines unglücklichen Allerweltsfouls<br />
im englischen FA-Cup-Finale.<br />
Aber ganz ehrlich: Mit den Hasstiraden gegen den ghanaischen<br />
WM-Star könnte ich durchaus noch leben,<br />
könnte es als Affekthandlung durchgehen lassen und<br />
durch die Enttäuschung der deutschen Fußballfans erklären,<br />
ohne ihren Anführer nach Südafrika fahren zu<br />
müssen. Womit ich aber gar nicht zurecht komme sind<br />
all die elenden Heuchler, die bereits nach dem ersten<br />
Sieg bei der WM eiligst wieder aus den Anti-Boateng-<br />
Gruppen austraten und ihrem Kapitän mit den Worten<br />
„Wer braucht schon Ballack?“ in den Rücken fielen.<br />
Leute, schämt ihr euch eigentlich gar nicht? Habt ihr<br />
gar keinen Respekt vor einem der verdientesten Spieler,<br />
die Fußball-Deutschland je hervorgebracht hat? Ich<br />
bin wahrlich kein Fan von Michael Ballack. Im Gegenteil,<br />
als er mit der deutschen Krampentruppe 2002 bis<br />
ins WM-Finale vorgestoßen ist, habe ich mehr als einmal<br />
mein Interesse für diesen wundervollen Sport ver-<br />
Persona non grata<br />
„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Nach diesem Motto scheinen viele<br />
deutsche Fußballfans vorzugehen. Dass dabei Respekt und Anstand auf der Strecke bleiben,<br />
ist dann wohl eher zweitrangig. Die Verdienste eines Spielers interessieren nicht mehr – wie am<br />
Umgang mit Michael Ballack deutlich wird. Unser Kolumnist ergreift Partei für Ballack,<br />
der eigentlich gar nicht zu seinen favorisierten Kickern gehört.<br />
Text dr. l. Eder<br />
flucht. Aber im Nachhinein betrachtet, muss ich den<br />
Hut ziehen – nicht vor dem Auftreten der deutschen<br />
Nationalmannschaft, die sich mehr schlecht als recht<br />
durch das Turnier manövrierte. Aber vor der Leistung<br />
Michael Ballacks, der sich im Halbfinale zuerst für<br />
sein Team opferte, indem er eine Chance der Südkoreaner<br />
vereitelte, sich in dieser Szene die dritte Gelbe<br />
Karte abholte und daraufhin im Finale gegen Brasilien<br />
nicht spielberechtigt war. Dass er kurz nach der<br />
folgenschweren Verwarnung den Siegtreffer gegen<br />
den WM-Gastgeber erzielte, passte in das tragische<br />
Bild, das der gebürtige Görlitzer auch in den Folgejahren<br />
nicht gänzlich ablegen konnte.<br />
Dennoch hat sich der inzwischen 33-Jährige eine gewisse<br />
Würde bewahrt. All die verlorenen Endspiele,<br />
all die verpassten Titel haben Ballacks Ansehen in<br />
der Fußballwelt nicht geschadet. Im Ausland genießt<br />
er allerhöchsten Respekt, ist er das Sinnbild des nur<br />
schwer zu besiegenden Teutonen. Drum ist das hier<br />
eine kleine Hommage auch an den offensiven Ballack,<br />
der früher Tor um Tor erzielt hat, bevor er unnötigerweise<br />
zum Defensivspieler degradiert wurde. Und das<br />
ohne jegliches Murren. Stets hat er sich in den Dienst<br />
der Mannschaft gestellt.<br />
Nur bei den eigenen Anhängern ist das alles schon<br />
vergessen. Ballack wird immer mehr zur persona non<br />
grata. Stattdessen baut Bundestrainer Jogi Löw – der,<br />
für mich unerklärlich, plötzlich absolute Narrenfreiheit<br />
genießt – auf Philipp Lahm als Kapitän, auch wenn er<br />
die endgültige Entscheidung, wer die Binde in Zukunft<br />
tragen wird, aufgrund der neuerlichen Verletzung Ballacks<br />
noch nicht fällen musste. Der Prophet zählt bekanntlich<br />
nichts im eigenen Lande, doch eins haben die<br />
Fußballfans dabei nicht bedacht. Ohne einen Spieler<br />
der Marke Ballack wird Deutschland in hundert Jahren<br />
die Spanier nicht schlagen. Und gerade deswegen hätte<br />
der „Capitano“ einen ehrenvolleren Abgang, den er<br />
für 2012 angekündigt hat, verdient. Vielleicht sogar mit<br />
dem EM-Titel – aber nur mit Ballack als Kapitän!