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Aktuelle Anforderungen an Schulbibliotheken in ... - Karsten Schuldt

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<strong>Aktuelle</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>Schulbibliotheken</strong> <strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d Seite 27<br />

knüpft. 63 K<strong>in</strong>der und Jugendliche aus reichen Familien haben nach diesen Ergebnissen e<strong>in</strong>e signifik<strong>an</strong>t<br />

höhere Ch<strong>an</strong>ce, als K<strong>in</strong>der aus Mittelst<strong>an</strong>dfamilien, sich nach dem Schulabschluss erfolgreich auf<br />

dem Arbeitsmarkt zu behaupten. Letztere s<strong>in</strong>d wiederum mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit erfolgreicher<br />

als Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus armen Familien. Dieser Verknüpfung ist <strong>in</strong> fast ke<strong>in</strong>em <strong>an</strong>deren<br />

getesteten L<strong>an</strong>d so stark ausgeprägt. Ebenso ist der Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen dem Migrationsh<strong>in</strong>tergrund,<br />

der ökonomischer Schwäche der Familien und schlechten Bildungserfolgen nur noch <strong>in</strong> Belgien<br />

ähnlich eng. 64 Insoweit ergab die PISA-Studie vor allem, dass das deutsche Bildungssystem ungerechter<br />

ist, als die Bildungssysteme <strong>an</strong>derer Staaten. Allerd<strong>in</strong>gs kam dieser, <strong>in</strong> den<br />

Auswertungsbänden wiederholt betonte Zust<strong>an</strong>d, erst <strong>in</strong> der Diskussion der zweiten PISA-Studie zu<br />

e<strong>in</strong>er breiteren öffentlichen Diskussion. Vorr<strong>an</strong>gig beschäftigten sich sowohl die politischen und journalistischen<br />

Akteure als auch Pädagog<strong>in</strong>nen und Pädagogen mit Vorschlägen zur Steigerung der<br />

durchschnittlichen Ergebnisse und nicht mit e<strong>in</strong>er Verbesserung der Ch<strong>an</strong>cengleichheit.<br />

1.2.2.2 Diskussionen um <strong>Schulbibliotheken</strong> im Zusammenh<strong>an</strong>g mit den PISA-<br />

Studien<br />

<strong>Schulbibliotheken</strong> wurden <strong>in</strong> den Diskussionen um die Ergebnisse der PISA-Studien und ihren möglichen<br />

Konsequenzen nicht thematisiert. Es wurde <strong>in</strong> den Studien <strong>an</strong> e<strong>in</strong>em Punkt zwar nach ihrer<br />

Existenz, aber nicht nach deren Zust<strong>an</strong>d, Ausstattung oder der Nutzung im Unterricht und <strong>in</strong> der Freizeit<br />

gefragt. Dafür wurde <strong>in</strong> Teilen der bibliothekarischen Publikationen relativ schnell die Überzeugung<br />

vertreten, dass <strong>Schulbibliotheken</strong> dazu beitragen könnten, die Ergebnisse der folgenden PISA-<br />

Studien und damit die Qualität der Bildung <strong>an</strong> deutschen Schulen zu erhöhen. 65<br />

Dabei wurde ignoriert, dass das Hauptproblem des deutschen Schulsystems, welches durch die<br />

PISA-Studien aufgezeigt wurde, die Ch<strong>an</strong>cenungleichheit darstellt. <strong>Schulbibliotheken</strong> wurden als Instrument<br />

<strong>an</strong>gesehen, vor allem die Lesefähigkeit und ferner die Informationskompetenz der K<strong>in</strong>der<br />

und Jugendlichen zu erhöhen. H<strong>in</strong>gegen wurde nicht thematisiert, dass die <strong>in</strong> der PISA-Studie abgefragte<br />

Lesekompentenz nicht deckungsgleich ist mit der Lesefähigkeit, für die <strong>Schulbibliotheken</strong> bis<br />

dah<strong>in</strong> als Lehr<strong>in</strong>strument gegolten hatten. 66 In e<strong>in</strong>em Artikel polemisiert Detlef Gaus (2005) gegen<br />

diesen Konsens. <strong>Schulbibliotheken</strong>, so behauptet er, werden von e<strong>in</strong>igen Bibliothekar<strong>in</strong>nen und Bibliothekaren<br />

als Wundermittel zur Steigerung der PISA-Ergebnisse <strong>an</strong>gepriesen, wobei die Ansätze und<br />

Diskussionen der letzten Jahrzehnte über die möglichen Funktionen von Bibliotheken sowie die Differenz<br />

zwischen den <strong>in</strong> den Studien gemessenen Werten und den bisher <strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d prägenden<br />

Bildungsvorstellungen ignoriert werden. Bibliotheken, und damit <strong>in</strong>sbesondere <strong>Schulbibliotheken</strong>, würden<br />

<strong>in</strong> diesen Debatten nicht mehr als Bildungse<strong>in</strong>richtungen, sondern als Instrumente zur besseren<br />

beruflichen Vermarktung der Subjekte konzipiert. Er sieht diese Entwicklung als unumkehrbar <strong>an</strong>,<br />

63 Die PISA-Studie benutzt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Vari<strong>an</strong>te der Variable des Migrationsh<strong>in</strong>tergrundes. S<strong>in</strong>d die Jugendlichen oder<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es ihrer Elternteile außerhalb Deutschl<strong>an</strong>ds geboren, besitzen diese für die PISA-Studie e<strong>in</strong>en solchen H<strong>in</strong>tergrund.<br />

In allen <strong>an</strong>deren Fällen nicht. Erst die nationalen Erweiterungsstudien machen hier e<strong>in</strong>e weitere Differenzierung<br />

möglich, <strong>in</strong>dem sie <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d des Herkunftsl<strong>an</strong>des der Jugendlichen oder deren Eltern verschiedene Migrationsgruppen ausmachen.<br />

64 Zudem ist auch der Fakt, welche Sprachen vorr<strong>an</strong>gig <strong>in</strong> der Familie gesprochen wird, für die Schulerfolge der Jugendlichen<br />

<strong>in</strong> fast ke<strong>in</strong>em <strong>an</strong>deren getesteten L<strong>an</strong>d so ausschlaggebend wie <strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d.<br />

65 E<strong>in</strong>en Anzahl der relev<strong>an</strong>ten Texte, welche diese Behauptung be<strong>in</strong>halten, wird <strong>in</strong> diesem Abschnitt besprochen.<br />

66 E<strong>in</strong>e Gegenüberstellung der beiden Konzepte f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Abschnitt 2.2.

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