Warum Jana-Marie in Kassel eine Geschwistergruppe gegründet hat
Warum Jana-Marie in Kassel eine Geschwistergruppe gegründet hat
Warum Jana-Marie in Kassel eine Geschwistergruppe gegründet hat
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Geschwister<br />
„Über me<strong>in</strong>e Ängste konnte<br />
ich nie richtig reden“<br />
<strong>Warum</strong> <strong>Jana</strong>-<strong>Marie</strong> <strong>in</strong> <strong>Kassel</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Geschwistergruppe</strong> gegründet <strong>hat</strong>.<br />
12<br />
Ich heiße <strong>Jana</strong>-<strong>Marie</strong><br />
Dör<strong>in</strong>g und b<strong>in</strong> noch<br />
16 Jahre alt. Ich<br />
mache e<strong>in</strong>e Ausbildung<br />
zur Sozialassistent<strong>in</strong><br />
auf dem<br />
evangelischen<br />
Fröbelsem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong><br />
<strong>Kassel</strong>.<br />
In me<strong>in</strong>er Freizeit gehe ich reiten, gerne <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o,<br />
treffe mich mit Freunden und versuche me<strong>in</strong>e Eltern bei<br />
ihrer Vere<strong>in</strong>sarbeit <strong>in</strong> dem Vere<strong>in</strong> für krebskranke K<strong>in</strong>der<br />
<strong>Kassel</strong> e.V. zu unterstützen.<br />
Als me<strong>in</strong>e Schwester Anna 2004 an Krebs erkrankt ist,<br />
war ich 7 Jahre alt. Das ist jetzt genau 9 Jahre her. Anna<br />
war damals 9 Monate alt und <strong>hat</strong>te e<strong>in</strong>en Wilmstumor<br />
an der rechten Niere. Jetzt ist sie wieder gesund und<br />
geht <strong>in</strong> die vierte Klasse.<br />
: Welche Geschwisterangebote kennst Du?<br />
Hast Du selbst welche wahrgenommen?<br />
Ehrlich gesagt, habe ich an ke<strong>in</strong>em Angebot teilnehmen<br />
können, weil es das damals hier noch nicht gab. Ich hätte<br />
mich schon sehr darüber gefreut, hätten wir so etwas <strong>in</strong><br />
<strong>Kassel</strong> gehabt.<br />
Me<strong>in</strong>en ersten richtigen Kontakt mit anderen Geschwisterk<strong>in</strong>dern<br />
<strong>hat</strong>te ich als allererstes <strong>in</strong> unserer ersten Reha<br />
auf der Katharienenhöhe im Schwarzwald und später dann<br />
<strong>in</strong> den Ferien im Waldpiraten-Camp <strong>in</strong> Heidelberg. In dem<br />
Camp gab es anfangs auch Gruppen nur für erkrankte<br />
K<strong>in</strong>der und Gruppen nur für Geschwisterk<strong>in</strong>der. Aber ich<br />
war immer <strong>in</strong> den gemischten Camps.<br />
: Was <strong>hat</strong> Dich motiviert e<strong>in</strong>e <strong>Geschwistergruppe</strong> zu<br />
gründen?<br />
Mich <strong>hat</strong> es immer gestört, dass es nur um die erkrankten<br />
K<strong>in</strong>der geht und die Geschwisterk<strong>in</strong>der meistens h<strong>in</strong>ten<br />
runter gefallen s<strong>in</strong>d. Me<strong>in</strong>e Eltern und der restliche Vorstand<br />
haben sich bemüht, es beiden Seiten recht zu machen.<br />
Doch die meisten Spender fanden es wichtiger für die<br />
kranken K<strong>in</strong>der zu spenden. Trotzdem haben sich im Laufe<br />
der Jahre viele Angebote entwickelt, die für die ganze<br />
Familie gedacht s<strong>in</strong>d (z.B. Familienfreizeiten <strong>in</strong> Heidelberg<br />
oder auf Sylt).<br />
Mir war es wichtig, dass auch den Geschwistern gezeigt<br />
wird, dass sie <strong>in</strong> ihrem Alltag unterstützt werden können.<br />
Mir g<strong>in</strong>g es so, dass ich mit me<strong>in</strong>en Eltern nie wirklich über<br />
me<strong>in</strong>e Ängste reden wollte, weil ich Angst <strong>hat</strong>te, ich könnte<br />
sie mit me<strong>in</strong>en Ängsten und Problemen noch mehr<br />
belasten.<br />
Deshalb habe ich mir gedacht, den Geschwisterk<strong>in</strong>dern<br />
e<strong>in</strong>mal im Monat die Möglichkeit zu geben, sich vom Alltag<br />
abzulenken und, falls sie möchten, mit mir über ihre Probleme<br />
zu reden. Im Großen und Ganzen geht es darum,<br />
e<strong>in</strong>fach Spaß mit den anderen Geschwisterk<strong>in</strong>dern zu haben.<br />
: Was waren die ersten Schritte zur <strong>Geschwistergruppe</strong>?<br />
Ich habe me<strong>in</strong>er Mutter erzählt, dass ich gerne versuchen<br />
würde, so e<strong>in</strong>e <strong>Geschwistergruppe</strong> zu gründen und zu<br />
leiten. Me<strong>in</strong>e Mutter fand die Idee gut und <strong>hat</strong> sie mit den<br />
anderen Vorstandsmitgliedern besprochen. Danach haben<br />
wir e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung an die Geschwisterk<strong>in</strong>der verschickt und<br />
das erste Mal im November 2011 zusammen gefrühstückt<br />
und aufgeschrieben, was die K<strong>in</strong>der von der <strong>Geschwistergruppe</strong><br />
erwarten. Wir werden stark von dem Vere<strong>in</strong>svorstand<br />
unterstützt und bekommen mittlerweile sogar<br />
Spenden nur für die <strong>Geschwistergruppe</strong>.<br />
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Besonders unterstützt werde ich aber von me<strong>in</strong>en Eltern,<br />
me<strong>in</strong>er Schwester, die versucht immer wieder Ideen mit<br />
e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, me<strong>in</strong>en Freunden und me<strong>in</strong>em Freund. Das<br />
motiviert e<strong>in</strong>en schon sehr, wenn mir andere Personen Tipps<br />
geben und mir sagen, dass das e<strong>in</strong> gutes Projekt ist.<br />
: Würdest Du Dir e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiveren Austausch<br />
zwischen Geschwistern aus anderen Städten wünschen?<br />
Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn man sich mit den<br />
anderen <strong>Geschwistergruppe</strong>n austauschen könnte. Man<br />
könnte sich ja vielleicht e<strong>in</strong>- oder zweimal im Jahr treffen<br />
und die eigene Gruppe vorstellen, damit man sich ergänzen<br />
kann oder man sich bei bestimmten Aktivitäten helfen<br />
kann.<br />
: Wie sieht De<strong>in</strong>e <strong>Geschwistergruppe</strong> zurzeit aus?<br />
Die Gruppe wird regelmäßig von 8 bis 10 K<strong>in</strong>dern besucht.<br />
Neue Geschwisterk<strong>in</strong>der können gerne jederzeit dazu<br />
kommen. Die Altersspanne ist zwischen 8 und 18 Jahren.<br />
Seit Herbst letzten Jahres werde ich von Tugce, e<strong>in</strong>er<br />
Schwester e<strong>in</strong>es erkrankten K<strong>in</strong>des, bei der Gruppenarbeit<br />
unterstützt.<br />
n<br />
Interview: Maren Bösel<br />
Leonie, Sel<strong>in</strong>, <strong>Jana</strong>-<strong>Marie</strong>, Luisa und Eren beim T-Shirt gestalten<br />
(v.l.n.r.)<br />
Beim Leben me<strong>in</strong>er<br />
Schwester<br />
(orig<strong>in</strong>al My Sister´s Keeper 2009)<br />
ab 12 Jahre<br />
Der Film erzählt von der elfjährigen<br />
Anna, die nur gezeugt wurde,<br />
um mit ihrem Körper das Überleben<br />
ihrer an Leukämie erkrankten<br />
Schwester Kate zu sichern. Doch<br />
e<strong>in</strong>es Tages verlangt Anna, die e<strong>in</strong><br />
gutes Verhältnis zu Kate <strong>hat</strong>,<br />
Selbstbestimmung, verweigert die Spende e<strong>in</strong>er Niere und<br />
klagt ihre Eltern mit Hilfe e<strong>in</strong>es Anwaltes an. Diese Willensbekundung<br />
spaltet die Eltern zunächst <strong>in</strong> zwei Lager, führt<br />
dann aber zur Erkenntnis, was e<strong>in</strong>e Familie wirklich ausmacht:<br />
Zuneigung – aber auch Würde.<br />
Der Film, der bereits im TV lief, ist als DVD erhältlich.<br />
Das gleichnamige Buch von Jodi Picoult, auf dem der Film<br />
basiert, überrascht mit e<strong>in</strong>em anderen Ende.<br />
Bloch: Sc<strong>hat</strong>tenk<strong>in</strong>d (2008)<br />
Soll Lasse, 18 Jahre alt,<br />
Hochleistungssportler,<br />
se<strong>in</strong>em Zwill<strong>in</strong>gsbruder<br />
Lukas, der an Leberkrebs<br />
erkrankt ist, e<strong>in</strong> Organ<br />
spenden?<br />
Die ambivalenten Gefühle,<br />
die Lasse hegt, werden<br />
zum ersten Mal deutlich, als er sich der psychologischen<br />
Begutachtung als Organspender stellen muss. Se<strong>in</strong>e bisher<br />
unterdrückte Wut auf se<strong>in</strong>e Situation, <strong>in</strong> der Familie im<br />
Mich gibt es<br />
auch noch<br />
E<strong>in</strong> Film über Geschwister<br />
von K<strong>in</strong>dern mit<br />
Beh<strong>in</strong>derungen.<br />
Diese Dokumentation zeigt<br />
unterschiedliche E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong><br />
die Lebenswelten von Nils (16<br />
J.), Lillith (12 J. ) und Marv<strong>in</strong><br />
(10 J.), deren Geschwister<br />
chronisch krank bzw. beh<strong>in</strong>dert<br />
s<strong>in</strong>d. Aus ihrer Situation<br />
ergeben sich besondere<br />
Fragestellungen, Wünsche<br />
und Lebensansichten. Ihre Alltagsgeschichten sollen zeigen,<br />
wie unterschiedlich Menschen empf<strong>in</strong>den und dass dies<br />
normal ist.<br />
Ausleihe (10 Euro) und Verkauf (30 Euro) durch:<br />
www.medienprojekt-wuppertal.de<br />
Sc<strong>hat</strong>ten se<strong>in</strong>es Bruders zu<br />
stehen, dem er bereits<br />
e<strong>in</strong>mal durch e<strong>in</strong>e Knochenmarkspende<br />
das<br />
Leben rettete, bricht<br />
hervor und stellt alles <strong>in</strong><br />
Frage.<br />
Der Darsteller von Lasse<br />
– Florian Bartholomäi – erhielt e<strong>in</strong>en deutschen Fernsehpreis.<br />
Der Film lief 2009 und 2012 im TV und ist als DVD<br />
erhältlich: Bloch-Vol.4: Fälle 13 – 16<br />
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