Predigt Joh. 19,38-42 Mennighüffen 14.04.2006 Danach bat Josef ...
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<strong>Predigt</strong> <strong>Joh</strong>. <strong>19</strong>,<strong>38</strong>-<strong>42</strong> Mennighüffen <strong>14.04.2006</strong><br />
<strong>Danach</strong> <strong>bat</strong> <strong>Josef</strong> von Arimathäa,<br />
der ein Jünger Jesu war, doch heimlich aus Furcht vor den Juden, den Pilatus, dass er den<br />
Leichnam Jesu abnehmen dürfe.<br />
Und Pilatus erlaubte es.<br />
Da kam er und nahm den Leichnam Jesu ab.<br />
Es kam aber auch Nikodemus,<br />
der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen war,<br />
und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund.<br />
Da nahmen sie den Leichnam Jesu<br />
und banden ihn in Leinentücher mit wohlriechenden Ölen,<br />
wie die Juden zu begraben pflegen.<br />
Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten<br />
und im Garten ein neues Grab,<br />
in das noch nie jemand gelegt worden war.<br />
Dahin legten sie Jesus wegen des Rüsttags der Juden,<br />
weil das Grab nahe war.<br />
Liebe Schwestern und Brüder!<br />
Man kann ein Jünger Jesu sein - und doch traurig bleiben.<br />
So geht es diesen beiden. <strong>Josef</strong> von Arimathäa und Nikodemus begraben Jesus. Sie haben an ihn<br />
geglaubt. Er war ihre Hoffnung. Mit ihm wollten sie leben - und nun war er tot. Bittere Vorwürfe<br />
müssen sich die beiden gemacht haben. Wie haben sie wohl gelitten daran, daß sie mit all ihrem<br />
Einfluß, mit all ihrem Geld Jesu Tod nicht hatten verhindern können! Wie mag es ihnen auf der<br />
Seele gelegen haben, daß sie sich nicht offen zu Jesus bekannt hatten - aus Furcht vor ihrem Volk,<br />
vor ihren einflußreichen Ratskollegen.<br />
Heimlich war Nikodemus damals zu Jesus gekommen, zu jenem Gespräch, das er nie mehr vergaß.<br />
"So sehr hat Gott die Welt geliebt," hatte Jesus damals gesagt. "So sehr, daß er seinen eingeborenen<br />
Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben."<br />
Und nun lag der, der dies gesagt hatte, tot in Nikodemus´ Armen. Von einer neuen Geburt hatte<br />
Jesus gesprochen - und was war daraus geworden! Ein trauriges, eiliges Begräbnis.<br />
Und <strong>Josef</strong> von Arimathäa - sein eigenes Grab war es, das er Jesus zur Verfügung stellte. Irgendwann<br />
einmal würde auch <strong>Josef</strong>s Körper darin ruhen, hier in Jerusalem, und auf die Auferstehung warten,<br />
auf Gottes Messias. Das war das einzige, was seine Liebe zu Jesus noch tun konnte. Das war etwas,<br />
wozu er seinen Einfluß noch nutzen konnte: Er konnte Pilatus um den Leichnam bitten. Sollten die<br />
Kollegen von Hohen Rat ihn ruhig schief ansehen - das war ihm gleich. Jetzt war es ohnehin egal -<br />
Jesus war tot. Es sah aus, als sei alles ein Irrtum gewesen.<br />
Und so begraben sie Jesus, tun ihm den letzten irdischen Liebesdienst. Während die Zwölf<br />
irgendwo im Versteck sitzen, während Petrus nur weinen kann über sein Verleugnen, die Frauen<br />
nichts weiter sein können als ohnmächtige Zeuginnen des Geschehens, tragen <strong>Josef</strong> und Nikodemus<br />
Jesus zu Grabe. Jünger - und dennoch traurig.<br />
Liebe Schwestern und Brüder, so geht es uns auch oft genug. Wir kennen Jesus, wir vertrauen und<br />
glauben ihm.<br />
Und trotzdem sind wir so abgrundtief ohne Hoffnung wie diese beiden. Wer hätte noch nie einen<br />
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<strong>Predigt</strong> <strong>Joh</strong>. <strong>19</strong>,<strong>38</strong>-<strong>42</strong> Mennighüffen <strong>14.04.2006</strong><br />
geliebten Menschen zu Grabe getragen und dabei gelitten wie sie am Schmerz des Abschiedes. Wer<br />
hätte sich noch nie bitter gegrämt über Versäumtes, Schuld, Feigheit, so wie <strong>Josef</strong> und Nikodemus.<br />
Das legen sie mit in Jesu Grab, beschämt und hilflos. Was sollen sie machen? Geschehen ist<br />
geschehen. Sie können nichts ändern. Der Stein vorm Grab ist wie ein Siegel: Jesus ist tot, sie sind<br />
schuldig, und alle Hoffnung ruht in diesem Grab.<br />
Ja, und das ist das Wunder des Karfreitages. Alle Hoffnung ruht in diesem Grab! Das wissen <strong>Josef</strong><br />
und Nikodemus noch nicht. Das können sie sich nicht vorstellen, daß nach dieser traurigen<br />
Beerdigung noch etwas kommt!<br />
Obwohl - sie hätten es wissen können! Das wußten sogar Jesu Gegner: Herr Pilatus, wir haben<br />
daran gedacht, daß dieser Verführer gesagt hat: Ich will nach drei Tagen auferstehen!<br />
Und noch mehr Zeichen könnten es ihnen leise sagen. Myrrhe und Aloe - das sind Königskräuter.<br />
Im Hohelied gehören sie zur Hochzeit des Königs. Der König Asa wird mit ihnen begraben. <strong>Josef</strong><br />
und Nikodemus stehen am Grab eines Königs. Und kennen sie nicht beide den Psalmvers: Du wirst<br />
nicht zulassen, daß dein Heiliger die Verwesung sehe? Aber sie sind blind vor Trauer, ihr Ohr ist<br />
taub für diese leisen Winke Gottes.<br />
Auch daß es ein neues Grab ist - natürlich, ihnen scheint das selbstverständlich. Auch der Esel, auf<br />
dem Jesus in Jerusalem einzog, war ein junges Tier, auf dem noch nie jemand gesessen hatte -<br />
Zufall?<br />
Oder Hinweis darauf, daß dem Schöpfer, dem höchsten König, alles neu und ungebraucht in Dienst<br />
gestellt werden muß? Das neue Grab also Hinweis darauf, wer da begraben lag?<br />
Nein, das konnten sie nicht sehen. Das konnten sie nicht denken, nicht einmal ahnen. Der Schöpfer<br />
aller Dinge im Grab, der König aller Könige schändlich unterlegen im Tode - das würde ja alles<br />
Denken auf den Kopf stellen. Nein, sie begraben ihren Freund und Herrn - und bleiben traurig, ohne<br />
Hoffnung.<br />
Und merken nicht: Gerade mit diesem Begräbnis erfüllen sie Gottes Willen! Vom Passalamm soll<br />
nichts über Nacht übrigbleiben. Mit dem frühen Begräbnis befolgen sie diese Bestimmung.<br />
Gott ist mit Jesus nicht am Ende - er ist mit den Jüngern nicht am Ende! Sie werden es erleben nach<br />
drei Tagen. Sie werden es nicht glauben können, nicht fassen. Aber der, den sie selber beerdigt<br />
haben, der wird vor ihren Augen stehen und ihnen alles erklären. Sie werden sehen: Er lebt - er ist<br />
der Schöpfer aller Dinge, er ist der König von Israel, der König aller Welt, er ist und bleibt ihr Herr<br />
- und sie werden sich freuen, weil das, was wie sein Untergang aussah, sich erweisen wird als sein<br />
herrlichster Sieg.<br />
Liebe Schwestern und Brüder, kann es uns auch so gehen wie <strong>Josef</strong> und wie Nikodemus? Bei den<br />
beiden sind Trauer und Hoffnungslosigkeit verständlich. Sie haben ja noch nie Ostern erlebt. Wie ist<br />
es bei uns?<br />
Wenn wir einen geliebten Menschen in die Erde legen, wenn wir mit eigenem Versagen leben<br />
müssen und nichts, aber auch gar nichts ändern können an unserer Schuld - was machen wir dann?<br />
Wie stehen wir dann da? Was ist, wenn sich für uns selbst der Tod am Horizont abzeichnet und uns<br />
Angst macht?<br />
Ihr Lieben, die Geschichte von Jesu Begräbnis ist uns treu überliefert. Sie war schon den ersten<br />
Christen so wichtig, daß sie sie aufgeschrieben und sogar ins Glaubensbekenntnis übernommen<br />
haben. Sie hat unzähligen Christen geholfen, ihre eigene Situation durchsichtig zu machen und zu<br />
deuten.<br />
Du, die du trauerst um deinen Mann, dein Kind: So verzweifelt wie du waren auch Nikodemus und<br />
<strong>Josef</strong>. Sie glaubten, es gebe für sei keine Hoffnung mehr und keine Zukunft. Sie dachten, dieser<br />
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<strong>Predigt</strong> <strong>Joh</strong>. <strong>19</strong>,<strong>38</strong>-<strong>42</strong> Mennighüffen <strong>14.04.2006</strong><br />
Jammer könne doch unmöglich Gottes Wille sein.<br />
Aber in all dem hat sich doch ein wunderbarer Weg vollendet. Das alles war nötig in Gottes Plan.<br />
Jesus sollte sterben - und auferstehen. Und damit sollte der Tod besiegt sein auf ewig. Zu sehen war<br />
das vor dem Grab in Jerusalem genausowenig wie vor deinen Gräbern in Mennighüffen.<br />
Aber es gab Anzeichen dafür. Gottes Wort hat es schon deutlich gesagt. Und an Ostern ist es ganz<br />
klar geworden. Was unmöglich schien, das hat Gott geschenkt: Jesus lebt - und <strong>Josef</strong> und<br />
Nikodemus sind wieder froh geworden. Und das sollst du auch, die du jetzt trauerst.<br />
Und dasselbe gilt für alle, die sich quälen mit ihrer Schuld. Geschehen ist geschehen, denken wir.<br />
Und wir können uns nie reinwaschen vom Makel des Versagens. So ging es <strong>Josef</strong> und Nikodemus.<br />
Aber sie durften den Auferstandenen sehen und seine Worte hören: Ich vergebe dir! Du darfst neu<br />
anfangen! In all deiner Schuld hat Gott dich nie losgelassen. Er will es gutmachen mit dir. Dein<br />
Versagen, deine Irrwege - sie werde Gott nicht davon abhalten, dein Heil zu suchen. Aus dem Tod<br />
des Lebensfürsten, aus der schlimmsten menschlichen Schuld, will Gott die Quelle des Lebens<br />
machen für alle, die diesem Jesus jetzt die Ehre geben und ihm vertrauen.<br />
Und du, der du leidest an schwerem Geschick:<br />
Auch <strong>Josef</strong> und Nikodemus konnten nicht sehen, wohin ihr Weg führen würde. Sie taten das<br />
Naheliegende, traurig und mit schweren Herzen und Händen. Und im Nachhinein durften sie<br />
beglückt erfahren: Jesus ist auferstanden. Gott hat es gut gemacht! Und uns, die wir uns so hilflos<br />
fühlten, uns hat er dabei doch brauchen können! Jetzt sind wir Gottes Zeugen gegen alle, die da<br />
sagen, die Auferstehung sei nur ein geistiger Vorgang oder eine große Lüge. Jetzt sind wir Brüder<br />
allen, die wie wir damals vor Schwerem stehen und Gott nicht verstehen. Wir können ihnen Mut<br />
machen: Habt Geduld! Haltet aus! Ihr werdet den Auferstandenen sehen - genauso wie wir ihn<br />
sahen - und eure Freude wird kein Ende haben, so, wie er es versprochen hat.<br />
Jünger Jesu sein - und traurig bleiben?<br />
Liebe Schwestern und Brüder, an <strong>Josef</strong> und Nikodemus sehen wir, daß das eigentlich gar nicht geht.<br />
Immer, wenn die Karfreitagstrauer uns überwältigen will, rufen uns <strong>Josef</strong> und Nikodemus zu: Macht<br />
es euch nicht schwer! Ihr habt doch Ostern gefeiert! Ihr wißt, daß Jesus siegt. Wir damals, wir<br />
wussten es noch nicht, als wir Jesus begruben. Aber jetzt wissen wir es und sagen es euch: Es war<br />
schon alles da und für uns bereit, die ganze Osterfreude. Jetzt wissen wir es und sagen es euch,<br />
damit ihr Frieden findet und Freude und Hoffnung, heute schon, am Karfreitag. Wir werden Ostern<br />
feiern - hier schon und einmal in Gottes Ewigkeit.<br />
Amen.<br />
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