Erinnerung von Johann Keckstein - Klassentreffen Baeumenheim
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Dachsparren. So entstanden die ersten Eigenheime.<br />
Die Besatzungsmacht hatte einen Lohn- und Preisstoß verhängt, ein Facharbeiter verdiente in der<br />
Stunde 72 Reichspfennige. Um diesen Lohn um einige Pfennige zu erhöhen stuften die Betriebe die<br />
meisten Arbeiter auf, so dass es fast nur noch qualifizierte Arbeiter und Fachkräfte gab. Der Schwarzund<br />
Tauschhandel blühte, ein Feuerstein oder eine Zigarette kostete 5 RM.<br />
Die Fa. Dechentreiter fertigte damals mehrere tausend hölzerne Handwagen (Lux) und gab öfter ein<br />
solches Fahrzeug an die Mitarbeiter ab, welches im Tausch einen Zentner Weizen brachte. Ebenso<br />
erhielten die Arbeiter der Fa. Droßbach Leinen und Strohsäcke. Sehr groß war der Mangel an Öfen<br />
und Herden im kalten Winter des Jahres 1947. Es wurden zwar für alle möglichen Dinge Gutscheine<br />
geschrieben, aber die Beschaffung war recht schwierig. In vielen Flüchtlings-Versammlungen gab es<br />
heiße Debatten über immer dieselben Probleme: Ernährung, Wohnung, Heizung. Ein Flüchtlings-Ausschuss<br />
wurde gewählt, der verschiedene Veranstaltungen durchführte. Mehrere bunte Abende brachten<br />
Unterhaltung und Spass, eine junge Tanzgruppe studierten Volkstänze ein. Ein ,,Erfolg“ waren<br />
dann die ersten Mischehen. In der Regel liefen die Ehen besser, in denen die Braut eine Vertriebene<br />
war, als umgekehrt. Die paar Ausnahmen bestätigen die Regel.<br />
Im Jahre 1949 wurde eine Begräbnishilfe ins Leben gerufen. Bei jedem Sterbefall kassierte man DM<br />
-. 50, später DM -. 75 und zahlte das Sterbegeld in Höhe <strong>von</strong> DM 50.- bzw. DM 90.- sofort aus. In<br />
dieser Zeit waren in den wenigsten Familien Geldreserven vorhanden, so dass dieser heute niedrig<br />
erscheinende Betrag eine wirkliche Hilfe bedeutete. Der Bestand an zahlenden Familien betrug im<br />
Jahre 1961 über 2000 und sank dann in den 70ern auf 120 Mitglieder. Für 169 Sterbefälle wurden DM<br />
14.650.- ausgezahlt. Die Begräbnisbeihilfe, die <strong>von</strong> der Landsmannschaft verwaltet wurde, löste man<br />
1976 auf. Ein Restvermögen <strong>von</strong> ca. DM 1300.- verteilte man an Mitglieder, die noch kein Sterbegeld<br />
erhalten hatten.<br />
Währungsreform Juni 1948<br />
Im Juni 1948 kam dann die Währungsreform, die Lebensmittelkarten verschwanden so nach und nach,<br />
der beste Bezugsschein war plötzlich wieder die gute, ehrlich verdiente Deutsche Mark. Jeder war Besitzer<br />
<strong>von</strong> DM 40.- und das deutsche Wirtschaftswunder, unterbrochen <strong>von</strong> vielen Rückschlägen, lief<br />
langsam an. Das Lastenausgleich-Gesetz im Jahre 1950 brachte besonders für die älteren Vertriebenen<br />
einige Verbesserungen, an Stelle der bisher bezahlten, minimalen Soforthilfe trat die Unterhaltshilfe.<br />
Der Papierkrieg begann, unzählige Anträge auf Unterhaltshilfe, Hausratshilfe, auf Ersatz der Hausund<br />
Landwirtschafts- und Betriebsverluste mussten geschrieben und eingereicht werden. Ein Ehepaar,<br />
das nur seinen Hausrat verloren hatte, erhielt DM 1200,- in mehreren Raten. Alleinstehende die Hälfte.<br />
Die Grundstück- und Betriebsverluste wurden nach dem Einheitswert berechnet, da Dokumente meist<br />
nicht vorhanden waren, mussten diese Werte mit Hilfe <strong>von</strong> 2 Zeugen mühsam bewiesen werden.<br />
Durch den Lastenausgleich wurden nicht nur die Vermögensverluste der Vertriebenen, sondern auch<br />
die Kriegsschäden der einheimischen Bevölkerung, soweit sie nicht vor der Währungsreform behoben<br />
waren, entschädigt. Die nötigen Mittel für diesen Ausgleich brachte die Lastenausgleichabgabe, ein<br />
gewisser Prozentsatz auf die Einheitswerte, aller Besitzenden.<br />
Die tristen Zustände vor und nach der Währungsreform führten dazu, dass sich die Vertriebenen zusammenschlossen<br />
und um die Aufnahme in die kommunalen und sonstigen Vertretungen bewarben.<br />
Bei der Betriebsratswahl 1948 wurden erstmals Vertriebene in die Arbeitnehmervertretungen gewählt.<br />
Hier ging es hauptsächlich um die Zuteilung <strong>von</strong> Brennholz, Textilien, Geschirr, Fahrrädern und Ähnlichem<br />
durch die Betriebe. Bei der Gemeindewahl 1948 zogen auf eine Liste ,,Heimatvertriebene und<br />
Schlesier“ drei Vertriebene (Franz Grill, Franz Klug und Walter Petzak) in den Gemeinderat ein. Im Jahre<br />
1950 entstand ein Ortsverband des Bundes der heimatvertriebenen und Entrechteten BHE. Bei der<br />
Gemeindewahl 1952 entfielen auf die Liste des BHE 4 Mandate, gewählt wurden Walter Fries, Franz<br />
Grill, Hans <strong>Keckstein</strong> und Max Kubail. Bei einer Wählerversammlung vor der Wahl 1956 sprach der damalige<br />
Minister für Vertriebene Professor Oberländer beim Unterwirt. In den Gemeinderat wählte man<br />
Grill, <strong>Keckstein</strong>, Kubail und Dr. Paninka. Bei der Wahl 1960 erreichten Grill, <strong>Keckstein</strong> und Dr. Paninka<br />
die nötigen Stimmzahlen, nach dem plötzlichem Tod Dr. Paninkas 1962 kam Herr Heinz Weber in den<br />
Gemeinderat. H. Grill kümmerte sich um das Wohnungswesen, H. <strong>Keckstein</strong> war Baureferent und H.<br />
Kubail bepflanzte 1953 die Straße nach Auchsesheim mit Akazien und Pappeln. Nach dem Krieg wa-