Dominikanerinnen - Kontinente
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BOLIVIEN<br />
VISITATIONSREISE<br />
Fremdes<br />
wird<br />
Vertrautes<br />
Bolivien ist ein Land voller Naturschönheiten.<br />
Generalpriorin Schwester M. Scholastika Jurt OP berichtet über die<br />
Eindrücke, die sie bei ihrer ersten Bolivien-Reise sammeln konnte.<br />
„Ich kann mich glücklich schätzen.<br />
Denn die Jahre der Einsamkeit in der<br />
Hütte im Himalaya haben mir gezeigt,<br />
dass es für mich nichts mehr zu wünschen<br />
gab. Dort brauchte ich nichts<br />
als ein wenig Wasser zum Trinken,<br />
und das gab es an der Quelle, wo auch<br />
die Tiere hinkamen. Zum Essen hatte<br />
ich ein bisschen Reis mit Gemüse, den<br />
ich mir über dem Feuer kochen konnte.<br />
Was hätte ich mir denn wünschen<br />
können? Doch nicht, mir den neuesten<br />
Film anzusehen! Was hätte ich<br />
denn davon?! Was würde das an meinem<br />
Leben ändern? Nichts mehr,<br />
nichts! Denn was mir jetzt bevorsteht,<br />
ist vielleicht die seltsamste, interessanteste,<br />
neueste Sache, die mir je<br />
widerfahren ist.“<br />
Wer das Buch von Tiziano Terzani<br />
„Das Ende ist ein Anfang“ kennt,<br />
weiß, dass der Autor hier vom Tod<br />
schreibt, der ihm durch eine<br />
schwere, unheilbare Krebserkrankung<br />
unaufhaltsam bevorsteht.<br />
In den Worten zuvor spricht<br />
er über eine Einfachheit, über eine<br />
Armut, die ihn tiefer geführt, weiser<br />
gemacht hat.<br />
So erging es mir nach den vier Wochen<br />
in Bolivien im Januar und Februar<br />
dieses Jahres, in denen<br />
Schwester Maria und ich unsere<br />
Missionsstationen in Santa Cruz,<br />
Sucre, Cochabamba, Comarapa<br />
und Saipina besuchen durften.<br />
Vier Wochen – eine viel zu kurze<br />
Zeit, um das Land, den Menschen<br />
mit seiner reichen Kultur kennen<br />
zu lernen.<br />
Die Zeit war wie eine Tür, die sich<br />
uns einen Spalt breit geöffnet hatteundunseinenklitzekleinenEinblick<br />
gewährte in die Schönheit<br />
dieses Landes. Schönheit selbst in<br />
der landschaftlichen Kargheit von<br />
Sucre, Schönheit in der Fülle, die<br />
uns in Saipina und auf dem Weg<br />
nach Santa Cruz buchstäblich entgegenwuchs.<br />
Was uns der Blick<br />
durch die kleine Öffnung offenbarte,<br />
war uns Geschenk. Geschenk<br />
und zugleich Anspruch.<br />
Aufgabe.<br />
Armut macht nicht glücklich<br />
Auch wenn uns nach dem Flug auf<br />
dem Weg in unser Haus in Santa<br />
Cruz beinahe europäisches Flair<br />
entgegenwehte, erlebten wir bald<br />
schon die Armut in ihren unterschiedlichen<br />
Facetten. Lachende,<br />
quirlige Kinder mit ihren großen<br />
Augen könnten die Täuschung<br />
wecken,dassArmutglücklichmachen<br />
muss. Diese Kinder, die uns<br />
so angstfrei begegneten. Und<br />
Hunde. Noch nie trafen wir auf so<br />
Begegnung auf den Straßen Cochabambas.<br />
viele Vierbeiner, die überall, wo<br />
wir auch hinkamen, zum Straßenbild<br />
gehörten.<br />
Durch unsere äußerst begrenzten<br />
Sprachkenntnisse fanden wir über<br />
das Wort hinaus eine andere Weise<br />
des Verstehens. Unendlich<br />
dankbar waren wir jedoch über<br />
die treue, wache Begleitung unserer<br />
Schwester M. Gundelinde.<br />
„Bitte nicht deutsch denken, nicht<br />
vergleichen“, diese Einstellung<br />
half uns über diese oder jene Hürde<br />
hinweg. An das Zeitgefühl, an<br />
die „hora boliviana“ gewöhnten<br />
wir uns nur schwer. Geht es uns jedoch<br />
besser mit unserer sprichwörtlichen<br />
Pünktlichkeit? Oder<br />
hat die Seele größeren Atemraum,<br />
wenn sie so oft warten muss, auf<br />
wen und wo auch immer? Schwester<br />
Rosa Maria beispielsweise<br />
kommt mit einer Flota (Überlandbus)<br />
von Santa Cruz nach Comarapa<br />
und braucht durch eine Autopanne<br />
eine ganze Nacht… Welche<br />
Gelassenheit sie bei der Ankunft<br />
ausstrahlt! Kein Schimpfen, kein<br />
Klagen. Es ist, wie es ist … Selig,<br />
die mit Unabänderlichem so gelassen<br />
und befriedet umgehen<br />
können!<br />
II • ARENBERGER DOMINIKANERINNEN 4-2011