03/2013 - Landkreis Neustadt ad Aisch - Bad Windsheim

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LANDKREIS JOURNAL Nr. 3/2013 Literarische Spurensuche im Landkreis (Folge 13) Lovestory in Neustadt - Revolution in Amerika David Christoph Seybolds Roman „Reizenstein“ spielt auch an der Aisch „Eine lustige Werbung“ ist diese um 1760 entstandene Radierung betitelt. Junge Burschen werden per Handschlag als Söldner zum Einsatz in Amerika verpflichtet Georg Friedrich Rebmann (1768- 1824), der radikaldemokratische Publizist aus Sugenheim, lässt den Helden seines satirischen Romans Hans Kiekindiewelts Reisen in alle vier Welttheile und den Mond im freien Amerika das ersehnte Utopia finden. Während Rebmanns Schrift zu den oft zitierten deutschsprachigen Romanen zählt, die sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit den revolutionären Ereignissen in Nordamerika auseinandersetzen, blieb David Christoph Seybolds Reizenstein. Die Geschichte eines deutschen Officiers lange unbeachtet. Erst der von Wynfried Kriegleder 2003 herausgegebene und kommentierte Neudruck verschaffte dem fast verschollenen Werk einige Aufmerksamkeit. Und die verdient es nicht zuletzt aus regionalgeschichtlicher Sicht: Wesentliche Teile der Handlung im ersten Band spielen in Franken, genauer im Raum zwischen Neustadt und Mainbernheim. Wilhelm von Reizenstein steht als Offizier der Garnison Erlangen in ansbach-bayreuthischen Diensten. Auf der Rückkehr von einem Besuch bei dem befreundeten Ehepaar Schröder in Mainbernheim macht der junge Mann Station in Neustadt und trifft dort Sophie („Fiekchen“) Wolf, die Tochter des Stadtapothekers. Später schreibt er darüber an Hauptmann Schröder: Weil ich über Forchheim und Bamberg zu Euch gereiset war, ritt ich wie ihr wisst, einen anderen Weg zurücke. In Neustadt an der Aisch sah ich dem Wirtshaus gerade über ein Frauenzimmer von Zeit zu Zeit an das Fenster kommen, die mir sehr hübsch schien ... diesesmal suchte ich die Gelegenheit, das Mädchen kennenzulernen. Zum Glück ist der Vater Apotheker, und ich durfte izt nur hingehen, um ein Gläschen Aquavit zu trinken .... Das Mädchen gefällt mir indessen bis die erwartete Göttin kömmt, oder – sie sich dazu in meinem Herzen erhebt ... Wie der Vater einmal in seine Mörser vertieft war, nahm ich mir, wie billig, zum Abschiede ein ganz kleines züchtiges Mäulchen, halb geraubt und halb gegeben... Es entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte. Fiekchen gehört bald zum Freundeskreis um Schröders, Reizenstein und den Baron Roth, der mit Tochter Wilhelmine und dem als Hofmeister tätigen Arzt Müller auf seinem Gut Speckfeld lebt. Die Gruppe trifft sich zum Schäferfest in Mainbernheim. Reizenstein heißt jetzt „Alexis“ und sein Fiekchen „Chloe“, man spricht der ländlichen Küche zu, singt, spielt und erzählt Geschichten - Fiekchen bekommt für ihre Erzählung vom guten und vom bösen Holzhacker aus Neustadt den ersten Preis. Die arkadische Idylle macht die Standesunterschiede zwischen Adel, Militär und Bürgerlichen vergessen. Aber eben nur für kurze Zeit. Reizenstein steht inzwischen die Abkommandierung nach Amerika bevor, nachdem der Markgraf mit dem englischen General Faucitt einen Subsidienvertrag abgeschlossen hat. Darin wird die Entsendung fränkischer Truppen zur Unterstützung der Briten im Kampf gegen die nach Unabhängigkeit strebenden Kolonien in Nordamerika vereinbart. Obwohl er als Offizier bereit ist, dem Befehl Folge zu leisten, macht Reizenstein privat aus seiner Meinung keinen Hehl: Was wir doch für eine gute dienstwillige Nation sind! überall tragen wir unsere Haut hin und bieten sie jedermann feil, der uns des Tages fünf Kreuzer dafür giebt... Ein freyer Deutscher? hab’ ich gesagt. O Bruder nur ganz leise dürfen wirs izt sagen, seit dem unsere Brüder hingezogen sind, die Freyheit unterdrücken zu helfen. Aus ganz persönlichem Blickwinkel, aber nicht weniger kritisch, äußert sich sein Fiekchen aus Neustadt: O ihr Menschen! wie könnt ihr alles Gefühl so ersticken, dass ihr euch in alle Welttheilen aufsucht, um einander zu morden! Wie manches Mädchen wird izt mit mir weinen, weil ihr Geliebter aus ihren Armen soll entrissen werden. Die schöne Apothekerstochter verkraftet die bevorstehende Trennung von ihrem Alexis nicht. Ihr gebrochenes Herz kann einem Krankheitskeim nichts entgegensetzen, und so stirbt sie aus Gram über das unabwendbar scheinende Schicksal. Dieses erfüllt sich für Reizenstein, soweit es die Überfahrt nach Amerika betrifft - aber doch in einer ganz unerwarteten Weise. Weil seine Kritik an den Soldatenverkäufen ruchbar geworden ist, muss er kurz vor der Einschiffung der Truppen in Ochsenfurt den Dienst quittieren. Er reist auf eigene Faust über Straßburg und Paris, wo er Benjamin Franklin trifft, in die neue Welt. Dort schließt er sich den Kolonisten an; am 24. Juli 1778 schreibt er aus Germantown an Baron Roth: Hier bin ich nun bey Washington! – und dort in Philadelphia, das wir von hier aus sehen, ist Müller! Jener Doktor Müller aus gemeinsamen Speckfelder Zeiten, der jetzt als Wundarzt den Einsatz der fränkischen Kontingente begleitet. Mit ihm und weiteren nachgereisten fränkischen Freunden schafft Reizenstein - die unabhängigen Vereinigten Staaten von Amerika sind Wirklichkeit geworden - auf dem Gut seines Gönners Lord Barbington in Carolina dann doch noch sein wirkliches Arkadien. Reizenstein. Die Geschichte eines deutschen Officiers erschien anonym in zwei Bänden 1778/1779. Der Verfasser David Christoph Seybold (1747-1804) stammt aus dem württembergischen Brackenheim. Er studierte in Halle, war Professor in Jena und Tübingen. Obwohl der Autor offenbar nie in Franken gelebt hat, sind besonders im ersten Band des Briefromans die Übereinstimmungen mit den historisch-geographischen Gegebenheiten auffällig. Selbst das von Kriegleder als fiktiv bezeichnetes Gut Speckfeld hat eine Entsprechung im ehemaligen Bergschloss gleichen Namens bei Markt Einersheim. Bei der Einschätzung des im Reizenstein angebotenen gesellschaftlichen Modells kommt der Herausgeber der Neuauflage zu einem ernüchternden Fazit: „Bediente und Sklaven sorgen für die materielle Reproduktion einer erträumten Gesellschaftsordnung der unabhängigen Gutsherren ... Briefe, in denen die edle Wilhelmine oder der gelehrte Müller vom Ackern, Säen und Ernten im Schweiße ihres Angesichts berichten, bleiben uns erspart.“ Bezüglich Germantown, wo er sich zeitweise aufhält, fragt der „deutsche Offizier“ Reizenstein im 41. Brief: Haben nicht die Vorältern derer, die izt in Germantown wohnen, ehemals am Rheine, Nekar, an der Donau, und in anderen Gegenden unseres Vaterlandes gewohnt? Ja. Im Aischgrund zum Beispiel. Wie Franz Daniel Pastorius aus Windsheim, der Gründer eben jenes Germantown. In einem mit Glaubensgenossen verfassten Appell hat er die völlige Abschaffung der Sklaverei gefordert. Das war 1688 - fast ein Jahrhundert vor Reizensteins amerikanischer Schäferidylle. Werner P. Binder 3
LANDKREIS JOURNAL Nr. 3/2013 Landkreisbürger erhielten Ehrenzeichen Am Donnerstag, 24. Januar 2013 überreichte Landrat Walter Schneider das von Ministerpräsident Horst Seehofer verliehene Ehrenzeichen für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern an fünf Landkreisbürger. Helmut Distler aus Gutenstetten begleitet seit 1961 aktiv die Arbeitseinsätze beim Sportverein Gutenstetten mit. 1985 gründete er die Partnerschaft zwischen St.-Hilaireles-Places und der Gemeinde Gutenstetten. Daneben ist Helmut Distler im Obst- und Gartenbauverein, im Heimatverein, im Gesangverein und im CSU-Ortsverband aktives Mitglied. Seit 2009 ist er zudem Vorstandsmitglied der Dorferneuerung Gutenstetten und arbeitet in den Arbeitskreisen zur Vorbereitung des Dorferneuerungsverfahrens mit. Erna Helfert aus Altenspeckfeld/Markt Bibart war 30 Jahre lang Ortsbäuerin im Ortsverband Altmannshausen. Durch die von ihr initiierten Veranstaltungen der Erwachsenenbildung förderte sie das dörfliche Zusammenleben und gab fränkische Traditionen, wie das Backen von Schneeballen und Rollen, weiter. Gerhard Mühlbauer aus Weigenheim ist neben dem Gesangverein Reusch, dem Posaunenchor Weigenheim sowie dem Weigenheimer Doppelquartett auch beim Männergesangverein Weigenheim und hier seit über 20 Jahren als Kassier aktiv. Weiterhin engagiert er sich beim Obst- und Gartenbauverein Weigenheim, z. B. bei der Pflege der Grünflächen im Gemeindebereich, bei der Neugestaltung des Gemüsegartens in der Kreisobstanlage und bei der Mitgestaltung beim Aufbau eines Spielplatzes, der den 3. Preis im Wettbewerb „Spielräume für Kinder“ erhielt. Gerhard Mühlbauer war auch lange Jahre im Gemeinderat und Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Weigenheim. Theresia Ostertag aus Emskirchen ist Mitbegründerin des 1979 ins Leben gerufenen Seniorenclubs Emskirchen. Als deren Vorsitzende organisiert sie regelmäßige Veranstaltungen, u. a. Grillfeste, Ausflüge, Museumsbesuche oder Firmenbesichtigungen. 1989 gründete sie zudem eine Wander- und Seniorentanzgruppe. Karin Reiß aus Emelsdorf/Gerhardshofen war 25 Jahre lang Ortsbäuerin im Ortsverband Kästel und leistete dabei einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der Dorfgemeinschaft. Daneben ist sie in der Frauen-Union „Unterer Aischgrund“, in der evangelischen Kirchengemeinde Gerhardshofen und seit 2007 im Diakonieverband Dachsbach und Umgebung e. V. tätig. Das Ehrenzeichen am Bande für 25-jährige Dienstzeit beim Bayerischen Roten Kreuz händigte Landrat Walter Schneider an Gottfried Goos aus Kemmathen/Markt Erlbach und Dieter Wittmer aus Neustadt a.d.Aisch aus. (v.l.): Dieter Wittmer, Gottfried Goos (beide Ehrenzeichen am Bande für 25-jährige Dienstzeit beim BRK), Helmut Distler, Erna Helfert, Karin Reiß, Gerhard Mühlbauer, Theresia Ostertag (alle Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten) und Landrat Walter Schneider Franken - Wein.Schöner.Land! Weinparadiesweg und Wildberghof zertifiziert Für herausragende Leistungen wurden in Iphofen neue Partner der Weintourismus-Initiative „Franken - Wein.Schöner.Land!“ geehrt. Die Zertifizierungsurkunde wurde durch den Innenminister Joachim Herrmann an den Wildberghof in Markt Nordheim und an den Weinparadiesweg überreicht. Eine sinnvolle Verknüpfung von Weinbau und Direktvermarktung, hochwertige regionale Produkte und spezielle Fachkenntnisse sind unter anderem die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine der Angebotsgruppen. Unter der Rubrik „Zu Gast beim Winzer“ konnte der Wildberghof in Markt Nordheim die anspruchsvollen Kriterien voll erfüllen. 2013 wurden erstmals auch Wanderwege als „Franken - Wein.Schöner.Land!“-Partner ausgezeichnet. Der Weinparadiesweg zwischen Weigenheim und Nenzenheim konnte dabei durch grandiose Aussichten, ein ursprüngliches Landschaftsbild und vielfältige Einkehrmöglichkeiten bei der Jury punkten. Neuer Zweig für FOS in Scheinfeld Die staatlich anerkannte Fachoberschule auf Schloss Schwarzenberg in Scheinfeld beabsichtigt mit Beginn des Schuljahres 2013/2014 neben den bereits bestehenden Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung nunmehr auch den Zweig Soziales anzubieten. Ein entsprechender Antrag beim zuständigen Kultusministerium in München ist zwischenzeitlich gestellt. Die neuen Schulräume mit modernster Ausstattung wie z. B. digitale Tafeln warten auf neue Schülerinnen und Schüler. (v.l.n.r.): Arthur Steinmann (Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes), Gisela Keller (stv. Landrätin des Landkreises Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim), Joachim Herrmann (Bayer. Staatsminister des Innern), Annerose Pehl-Dürr (Weinparadies Franken), Melanie Dietrich (Fränkische Weinkönigin), Dr. Doris Klose-Violette (Bürgermeisterin Markt Ippesheim), Rüdiger Eisen (Geschäftsführer Tourismusverband Steigerwald) Foto: FrankenTourismus/Thomas Riess Alle zertifizierten Partner werden in der Premiumbroschüre „Reisen zum Frankenwein 2013“ detailliert vorgestellt. Informationen rund um „Franken - Wein.Schöner.Land!“ sind auch als Applikation („App“) für Smartphones verfügbar. 5
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