26.03.2014 Aufrufe

Grußworte: Bürgermeister Hubertus Wunschik Meine sehr geehrten ...

Grußworte: Bürgermeister Hubertus Wunschik Meine sehr geehrten ...

Grußworte: Bürgermeister Hubertus Wunschik Meine sehr geehrten ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Grußworte: Bürgermeister <strong>Hubertus</strong> <strong>Wunschik</strong><br />

<strong>Meine</strong> <strong>sehr</strong> <strong>geehrten</strong> Damen und Herren,<br />

wir sind heute zusammengekommen, um den Jüdischen Friedhofes von Kröpelin nach<br />

dessen Restaurierung einzuweihen.<br />

Ich freue mich ganz besonders, dass Sie, <strong>sehr</strong> geehrter Herr Landesrabbiner Dr. h.c. William<br />

Wolff, aus diesem Anlass das Kaddisch, das Totengebet sprechen werden.<br />

Es ist eine große Ehre, dass Sie heute unter uns sind.<br />

Herzlich begrüßen möchte ich auch den Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen<br />

Gemeinden M-V, Herrn Igor Jesernitzki, den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde<br />

Rostock, Herrn Juri Rosov, Herrn Schultze vom Landesamt für Innere Verwaltung des<br />

Landes M-V und Herrn Alexander Schacht, von der Unteren Denkmalschutzbehörde des<br />

Landkreises Rostock sowie den Kröpeliner Altbürgermeister Herrn Paul Schlutow.<br />

Auch Mitglieder der Jüdischen Gemeinden aus Rostock und Schwerin sind gekommen. Ich<br />

freue mich <strong>sehr</strong>, dass Sie alle heute hier sind.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

am 21. Juni 1957 kamen Bund und Länder überein, gemeinsam für die dauernde Pflege der<br />

verwaisten jüdischen Friedhöfe Sorge zu tragen, auch als Ausdruck der Trauer über das<br />

Leid, das von Nazi-Deutschland angerichtet worden war.<br />

1994 ist das Land Mecklenburg-Vorpommern dieser Vereinbarung beigetreten. Seitdem<br />

werden jährlich Pflegemittel vom Land für die betreffenden Kommunen bereitgestellt, um die<br />

eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.<br />

Der Jüdische Friedhof von Kröpelin war bereits zu DDR-Zeiten gepflegt worden; dazu und<br />

zur Geschichte des Jüdischen Friedhofes wird Herr Schacht von der Unteren<br />

Denkmalschutzbehörde im Anschluss einige Ausführungen machen.<br />

Ende des Jahres 2008, bald nach meinem Amtsantritt, traf ich mich mit dem Vorsitzenden<br />

des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Mecklenburg-Vorpommern, Herrn<br />

Joseph Jesernitzki, um die Vereinbarung umzusetzen, die Herr Jesernitzki mit meinem<br />

Vorgänger Paul Schlutow im April 2007 getroffen hatte: Der Jüdische Friedhof von Kröpelin<br />

soll beispielhaft als Zeugnis jüdischen Lebens würdig bewahrt werden.<br />

Die Restaurierung des Friedhofes wurde in enger Abstimmung mit dem Landesverband der<br />

Jüdischen Gemeinden M-V, dem städtischen Bauamt und der Unteren Denkmalbehörde und


dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege durchgeführt und wurde zu 100 Prozent mit<br />

zusätzlichen Mitteln vom Innenministerium des Landes M-V gefördert.<br />

Neben der Aufarbeitung der historischen Grabsteine wurde ein neuer Gedenkstein errichtet,<br />

eine Informationstafel wurde am Eingang des Friedhofes angebracht, die Bäume erhielten<br />

Pflegeschnitte, ein Zaun wurde aufgestellt und die Feldsteinmauer instandgesetzt.<br />

Seit dem Mittelalter lebten Juden in unserer Region, wurden aber von Christen immer wieder<br />

ausgegrenzt und ermordet. Eine wechselvolle Geschichte zwischen antisemitischen<br />

Pogromen und zaghafter rechtlicher Gleichstellung prägte das Leben der Juden bis ins 20.<br />

Jahrhundert. Und dann waren es oftmals die Nachbarn, die wegschauten oder gar<br />

mitmachten, als in der Zeit des Nationalsozialismus die Synagogen brannten, Friedhöfe<br />

geschändet und die Juden deportiert und ermordet wurden.<br />

In der DDR-Zeit sahen sich die Überlebenden Vereinnahmung und Ausgrenzung ausgesetzt;<br />

antisemitische Stereotype blieben wirkmächtig.<br />

Jüdisches Leben gehört mit dem Ende der SED-Diktatur in unserem Bundesland dank der<br />

Zuwanderer aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion wieder zur Selbstverständlichkeit<br />

und bereichert unsere Gesellschaft.<br />

Jüdische Geschichte ist deutsche Geschichte.<br />

Die Nazis haben nicht gewonnen: Es gibt wieder jüdisches Leben in Deutschland. Für dieses<br />

Wunder können wir dankbar sein.<br />

Beim Innenministerium des Landes M-V und beim Landesamt für innere Verwaltung des<br />

Landes M-V möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit und die Bereitstellung der<br />

Fördermittel zur Pflege des Friedhofes bedanken. Mein Dank gilt ebenso Herrn Jesernitzki<br />

vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden und Herrn Schacht von der Unteren<br />

Denkmalschutzbehörde des Landkreises Rostock für das gute Zusammenwirken.<br />

<strong>Meine</strong>n Dank für die Ausführungen der Gewerke möchte ich übermitteln an die Firmen<br />

BQG Neptun Rostock, Roland Gapikowski (Zaunbau),<br />

Steinmetzbetrieb Lubetzki (Aufarbeitung der historischen Grabsteine, Errichtung der<br />

Gedenkstein- und Informationstafel),<br />

Kröpeliner Werkstätten (Grünanlagenpflege),<br />

Planungsbüro Hadlich (Erstellung Leistungsbeschreibung für die Sanierung der<br />

Friedhofsmauer und Überwachung der Maßnahme),<br />

Garten- und Landschaftsgestaltung Axel Porm (Sanierung Friedhofsmauer) und - last but not<br />

least - meiner Mitarbeiterin im Bauamt Frau Steinfeldt und dem Bauamtsleiter Herrn Kropp<br />

sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des städtischen Bauhofes.


Einführung: Alexander Schacht, Untere Denkmalschutzbehörde, Landkreis Bad Doberan<br />

Sehr geehrter Herr Rabbiner Wolff, meine Damen und Herren,<br />

wenn von der Einweihung eines Friedhofes die Rede ist, so versteht man hierunter<br />

gewöhnlich dessen Ingebrauchnahme für Beisetzungen. Heute weihen wir hier in Kröpelin<br />

einen Friedhof wieder ein, der bereits vor fast 200 Jahren angelegt wurde, auf dem seit<br />

mindestens 70 Jahren niemand mehr bestattet wurde und der vermutlich auch in Zukunft<br />

nicht für Beisetzungen benötigt wird.<br />

Die Frage nach dem ‚Warum‘ drängt sich auf: Warum gibt der Staat – in diesem Fall das<br />

Land Mecklenburg-Vorpommern – fünfstellige Summen für die Instandsetzung eines<br />

Friedhofes aus, der nicht mehr als solcher genutzt wird?<br />

Hierfür gibt es mehrere gute Gründe:<br />

Erstens handelt es sich um einen jüdischen Friedhof, bei dem die spezifischen jüdischen<br />

Glaubensvorstellungen zu beachten sind: Jüdische Friedhöfe und ihre Gräber sind auf<br />

Ewigkeit angelegt und dürfen daher auch nicht neu belegt werden. Es ist grundfalsch, von<br />

„ehemaligen“ oder „aufgelassenen“ Friedhöfen zu sprechen. Einen Friedhof wie den<br />

Kröpeliner kann man höchstens einen verwaisten jüdischen Friedhof nennen. Aber auch ein<br />

seit Jahrzehnten nicht mehr benutzter jüdischer Friedhof, selbst ohne Grabsteine und dgl.,<br />

verliert seine ursprüngliche Funktion keineswegs, sondern erfüllt vielmehr wie eh und je<br />

seine Aufgabe, die zugleich letzte und doch nur vorläufige Behausung des Menschen zu<br />

sein, ein „Haus des Lebens“ – ein Ort, an dem die Hoffnung auf neues Leben nicht erlischt.<br />

Zweitens hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1957 in einer Vereinbarung mit<br />

den alten Bundesländern und den Jüdischen Organisationen verpflichtet, zusammen mit den<br />

Ländern anstelle der durch den Holocaust vernichteten jüdischen Gemeinden für die<br />

dauernde Sicherung und Bewahrung der verwaisten jüdischen Friedhöfe Sorge zu tragen.<br />

Dieser Vereinbarung ist das Land Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 1994 beigetreten.<br />

Die dauerhafte Pflege und Instandhaltung der verwaisten jüdischen Friedhöfe unter<br />

Beachtung der spezifischen religiösen Auffassungen resultiert also aus der Verpflichtung zur<br />

moralischen und materiellen Wiedergutmachung der Schäden, die durch die<br />

nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen entstanden sind.<br />

Drittens handelt es sich beim jüdischen Friedhof von Kröpelin auch um ein wertvolles Bauund<br />

Bodendenkmal, weil die überkommenen materiellen Reste – die Lage und Gestaltung<br />

des Begräbnisplatzes sowie die noch vorhandenen Grabsteine, aber auch der Umgang mit


diesem Friedhof im Laufe der Jahrzehnte – Zeugnis von einem wichtigen Kapitel der<br />

Kröpeliner Geschichte ablegen.<br />

Wir wissen leider nur <strong>sehr</strong> wenig über die jüdischen Einwohner, die in dieser Region lebten<br />

und auf diesem Friedhof begraben sind. Ob bereits im Mittelalter Juden in Kröpelin ansässig<br />

gewesen waren, ist nicht bekannt. Für die Neuzeit sind nach den urkundlichen<br />

Überlieferungen seit 1784 jüdische Einwohner in Kröpelin belegt. Im Jahre 1810 wurden 29<br />

Juden gezählt, 1830 waren es 49, 1867 wurden 61 jüdische Einwohner registriert, 1910 aber<br />

nur noch sechs. – Der starke Rückgang der jüdischen Einwohnerzahlen ist für die Zeit um<br />

1900 überall in mecklenburgischen Kleinstädten zu beobachten. Er war eine Folge der<br />

gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Abwanderung in die Großstädte.<br />

Infolge der erlangten rechtlichen Gleichstellung war nun z. B. ab 1868 erstmals auch ein<br />

Zuzug nach Rostock möglich, wo sich eine große Gemeinde bildete. Wirtschaftliche Gründe<br />

waren vorrangig ausschlaggebend für einen Umzug in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder<br />

Frankfurt am Main – oder auch nach Übersee.<br />

Die verstorbenen Kröpeliner Juden wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof der<br />

Muttergemeinde Neubukow beerdigt. Im Jahre 1825 erwarben die Kröpeliner Juden den<br />

ehemaligen Stadtdienergarten als eigenen Begräbnisplatz. Auf diesem Friedhof wurden<br />

seitdem nicht nur die Kröpeliner, sondern auch die zur Kröpeliner Gemeinde zählenden<br />

Doberaner Juden bestattet. Die erhaltenen Grabsteine stammen – soweit erkennbar – aus<br />

dem 19. Jahrhundert. Wann die letzte Beisetzung stattgefunden hat, vermag ich nicht zu<br />

sagen. Die Geschichte der Kröpeliner Juden und ihres Friedhofes wäre ein lohnender<br />

Forschungsgegenstand für Historiker und Heimatforscher.<br />

Während der Naziherrschaft, vermutlich 1938, wurde der Friedhof geschändet. Seine<br />

Wiederherstellung soll zu DDR-Zeiten dem Hausmeister der katholischen Kirche zu<br />

verdanken gewesen sein. Damals stellte man hier von offizieller Seite auch einen<br />

Gedenkstein auf – jedoch mit einer merkwürdigen Inschrift, in der von „ermordeten<br />

Antifaschisten“ die Rede ist, was mit der Geschichte dieses Friedhofes nichts zu tun hat. Für<br />

den Sockel wurde ein jüdischer Grabstein zweckentfremdet benutzt.<br />

Nach 1990 erfolgten weitere Instandsetzungsmaßnahmen unter Beachtung<br />

denkmalpflegerischer Belange. So wurde bereits im Jahre 1997 die zur Straße gerichtete<br />

Friedhofsmauer von Kröpeliner Lehrlingen des Bau- und Metalltechnikgewerbes im Rahmen<br />

ihrer Berufsausbildung neu errichtet und mit einem Eingangstor versehen.


Umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen wurden dann schrittweise in den letzten drei<br />

Jahren vorgenommen: Zunächst wurden die historischen Grabsteine aufgearbeitet und ein<br />

neuer Gedenkstein geschaffen, der 2010 eingeweiht werden konnte. Der Gedenkstein aus<br />

DDR-Zeiten wurde vom Sockel genommen; er verbleibt aber als historisches Zeugnis auf<br />

dem Friedhofsgelände. Zahlreiche Fragmente zerstörter Grabsteine konnten bei den<br />

Arbeiten geborgen werden und sollen ebenfalls an der straßenseitigen Feldsteinmauer<br />

aufbewahrt bleiben.<br />

Es erfolgten ferner Garten- und Landschaftsbauarbeiten, z. B. Baumpflegeschnitte; die<br />

Einfriedung wurde durch einen Zaun an der Südseite vervollständigt und zuletzt wurde die<br />

Feldsteinmauer an der Nordseite erneuert. Am Friedhofseingang finden sich nun eine<br />

Hinweistafel sowie eine <strong>sehr</strong> gut gelungene Informationstafel im Rahmen des für Kröpelin<br />

angelegten historischen Lehrpfades.<br />

Die Pflege des jüdischen Friedhofes von Kröpelin ist eine ehrenvolle Verpflichtung im<br />

Andenken an die einstigen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Aus eigener<br />

Beobachtung – ich habe diesen Friedhof vor 20 Jahren zum ersten Mal besichtigt und bin<br />

seit 10 Jahren als Denkmalpfleger damit befasst – kann ich sagen, dass sich die<br />

Stadtverwaltung ihrer Verantwortung bewusst ist und dass die ausgeführten Maßnahmen<br />

vorbildlich gelungen sind.<br />

Allen Beteiligten, der Stadtverwaltung – insbesondere Herrn Bürgermeister <strong>Wunschik</strong> und<br />

seiner Mitarbeiterin Frau Steinfeldt –, den ausführenden Handwerksbetrieben und den<br />

Kröpeliner Werkstätten, die die Pflege der Anlage übernommen haben, sei für die geleistete<br />

Arbeit herzlich gedankt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!