Leseprobe (PDF) - kuenstlerseelsorge-hildesheim.de
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„St. Christophorus“ -<br />
DER KIRCHENRAUM SPRICHT…<br />
Aus <strong>de</strong>r Geschäftigkeit <strong>de</strong>s Stöckener Marktplatzes<br />
steige ich einige Stufen hinauf zur<br />
„Piazza di Vincenzo Pallotti“ und befin<strong>de</strong> mich<br />
in einer Oase mit italienischem Flair: Kirchengebäu<strong>de</strong>,<br />
Vorhalle, Pfarrheim und von dort die<br />
Gangüberdachung zur Sakristei umrahmen <strong>de</strong>n<br />
efeu- und weinberankten Innenhof, in <strong>de</strong>m<br />
Bänke zwischen Blumenbeeten zum Verweilen<br />
einla<strong>de</strong>n. Aus dieser heiter-leichten Atmosphäre<br />
trete ich ein in die Vorhalle, die am hinteren<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Platzes Kirche und Pfarrheim verbin<strong>de</strong>t.<br />
Sie wird beherrscht und geprägt durch ein<br />
großes Kreuz, umrahmt von Palmen; die Oberlichter<br />
nehmen <strong>de</strong>r niedrigen Deckenhöhe das<br />
Bedrücken<strong>de</strong> und schaffen ein wohltuen<strong>de</strong>s<br />
Halbdunkel. Ruhe umfängt mich und stimmt<br />
mich ein auf die Begegnung mit Gott.<br />
Im Kirchenraum setzt sich diese Stimmung<br />
fort, nur ist alles größer und weiter… Durch<br />
geschickte Aufteilung läuft <strong>de</strong>r Raum trapezo<strong>de</strong>r<br />
pfeilförmig auf <strong>de</strong>n Altarraum zu und<br />
en<strong>de</strong>t dort vorn in einer Spitze wie <strong>de</strong>r Bug<br />
eines großen Schiffes. Anstelle eines Kreuzes<br />
schwebt dort im Scheitelpunkt eine große<br />
silberschimmern<strong>de</strong> Christusgestalt – <strong>de</strong>r Auferstan<strong>de</strong>ne,<br />
in <strong>de</strong>n Himmel auffahrend. Diese<br />
Christusfigur bringt die gewohnte starre Kreuzform<br />
in Bewegung, in<strong>de</strong>m sie die eine Hand<br />
empfangend zum Himmel erhebt, während die<br />
an<strong>de</strong>re segnend nach unten weist, wobei ihr<br />
<strong>de</strong>r Blick Christi folgt: In Christus sind Himmel<br />
und Er<strong>de</strong>, Gott und Mensch verbun<strong>de</strong>n – und<br />
sein Blick, seine Sorge gilt <strong>de</strong>n Menschen, gilt<br />
je<strong>de</strong>m Einzelnen von uns.<br />
Wie die Fortsetzung <strong>de</strong>s Tabernakels nach<br />
oben hin ist ein quadratisches Fensterchen im<br />
Altarraum positioniert: das Ewige Licht steht in<br />
einer roten Sonnenscheibe auf tiefblauem<br />
Grund – Zeichen <strong>de</strong>r nie verlöschen<strong>de</strong>n Liebe<br />
Gottes zu uns Menschen. Der steinerne Rahmen<br />
dieses markanten Fensters setzt sich an<br />
<strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n fort als Band, das <strong>de</strong>n ganzen<br />
Kirchenraum mit allen darin anwesen<strong>de</strong>n Menschen<br />
umschließt.<br />
Wesentlich mitgestaltet wird <strong>de</strong>r Kirchenraum<br />
St. Christophorus durch die Botschaft seiner<br />
Fenster; dazu fin<strong>de</strong>n Sie Betrachtungen auf <strong>de</strong>n<br />
Seiten 20-23 dieser Broschüre.<br />
Die Werktagskapelle schließt sich als asymmetrisches<br />
rechtes Seitenschiff an, nur durch wenige<br />
Pfeiler leicht abgeteilt und doch untrennbar<br />
mit <strong>de</strong>m großen Raum verbun<strong>de</strong>n. Die Decke ist<br />
hier niedriger, was <strong>de</strong>m Raum eine bergen<strong>de</strong><br />
Ausstrahlung verleiht. Die Aufteilung ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
größeren Kirchenraumes entgegengesetzt: Die<br />
Bankreihen wer<strong>de</strong>n von hinten nach vorn breiter,<br />
d.h. die meisten Menschen sitzen in <strong>de</strong>r<br />
ersten Reihe vor <strong>de</strong>m Altar – eine geschickte<br />
Lösung, um die Beter zur Gemeinschaft zu versammeln!<br />
Von <strong>de</strong>r Wand hinter <strong>de</strong>m Altar sehen<br />
mir drei Gestalten entgegen, je<strong>de</strong> mit einem<br />
Kind auf <strong>de</strong>m Arm: in <strong>de</strong>r Mitte die Gottesmutter<br />
Maria und seitlich <strong>de</strong>r heilige Christophorus<br />
und <strong>de</strong>r heilige Josef. Eine freundliche warme<br />
Atmosphäre wie in einer „Kin<strong>de</strong>rstube“ füllt <strong>de</strong>n<br />
kleinen Raum aus; trotz<strong>de</strong>m wirkt die Szenerie<br />
nicht rührselig – die Kin<strong>de</strong>r blicken ernst, Jesus<br />
Christus selbst sieht mich aus ihren Augen an.<br />
Sollte dies <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re Auftrag <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />
St. Christophorus sein, die Schwächsten zu<br />
schützen und in <strong>de</strong>n Mittelpunkt zu stellen?<br />
Die St. Christophorus Kirche liegt dort am<br />
Marktplatz wie eine große Arche, die ihre<br />
„Passagiere“ sicher durch die Wasser <strong>de</strong>r Sintflut<br />
tragen wird. Sie ist „zum Auslaufen bereit“,<br />
„die Nase“ Richtung Marktplatz zu <strong>de</strong>n Menschen<br />
hin! Wie eine Gallionsfigur am Bug erhebt<br />
sich das große Kreuz bis über <strong>de</strong>n Rand <strong>de</strong>s<br />
Daches hinaus – und etwas tiefer, wie ein hochgezogener<br />
Anker, die Figur <strong>de</strong>s Christophorus –<br />
auf <strong>de</strong>m Arm das Jesuskind, das die Arme weit<br />
ausbreitet. Als „Positionslicht“ zur Orientierung<br />
für alle, die auch im Meer <strong>de</strong>r Zeit unterwegs<br />
sind, leuchtet das Ewige Licht vom Tabernakel<br />
durch das kleine rote Fenster wie durch ein<br />
Bullauge hinaus und bringt die tröstliche Botschaft,<br />
dass Gottes Liebe immer mit uns und zu<br />
uns unterwegs ist!<br />
Maria Werner, 2008<br />
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