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E 12044<br />

13. Jahrgang · Januar 2002<br />

1-2002<br />

Flexo Tief Druck<br />

Internationale technische Fachzeitschrift für Flexo- und Verpackungstiefdruck<br />

Eine G&K TechMedia Publikation


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FACHBEITRÄGE<br />

Wie kommt das Näpfchen in den<br />

Tiefdruckzylinder?<br />

Grundsätzliches zu Aufgabe und Handhabung eines Gravier<strong>systems</strong> und dessen Elemente<br />

ANSGAR WESSENDORF<br />

___________________________<br />

Trotz des Aufkommens neuer<br />

Verfahren wie die Lasertechnologie,<br />

ist die elektromechanische<br />

Gravur immer noch<br />

dominierend bei der Herstellung<br />

von Tiefdruckzylindern. Dabei<br />

hängt die Gravurqualität von<br />

unterschiedlichen Parametern<br />

ab. Von entscheidender Bedeutung<br />

sind die digitalen Eingangsdaten<br />

(früher Opal-Film),<br />

die Kalibrierung der Graviermaschine<br />

(z.B HelioKlischograph)<br />

durch Ermittlung der<br />

Einschneidewerte, Festlegen der<br />

druckspezifischen Eigenschaften<br />

durch die Gravurgradation<br />

sowie die Kupferqualität des<br />

Tiefdruckformzylinders. Die eigentliche<br />

Informationsübertragung<br />

auf den Zylinder erfolgt<br />

jedoch durch das Graviersystem,<br />

auf dessen Aufgaben<br />

und Handhabung in diesem Artikel<br />

näher eingegangen werden<br />

soll.<br />

Graviersystem<br />

Mit dem Graviersystem werden<br />

die Bildinformationen auf den<br />

Tiefdruckformzylinder übertragen.<br />

Es ist ein elektromechanisches<br />

Schwingsystem, auf dessen<br />

drehbarer Achse sich ein<br />

zwischen den Polen eines Magneten<br />

liegender Anker und ein<br />

Diamantstichel befindet (Abbildung<br />

1). Wird dieses System<br />

durch einen definierten Strom<br />

angeregt, erfährt der Anker eine<br />

Abbildung 1:<br />

Graviersystem.<br />

1 = Dämpfungsring,<br />

2 = Drehfederlager,<br />

3 = Permanentmagnet,<br />

4 = Anker,<br />

5 = Dämpfungsplättchen,<br />

6 = Torsionsstab,<br />

7 = Stichel,<br />

8 = Gleitfuß.<br />

elektromechanische Auslenkung,<br />

so daß die Ankerachse<br />

gedreht wird. Dabei beträgt<br />

der Verdrehungsgrad +/–<br />

0,35. Der Diamantstichel,<br />

der fest auf der Ankerachse<br />

sitzt, folgt dieser Drehbewegung,<br />

je nach Stromstärke, in<br />

Form einer entsprechend grossen<br />

Auf- oder Abwärtsbewegung.<br />

Die Ansteuerung des Gravier<strong>systems</strong><br />

erfolgt über zwei<br />

überlagerte Signale aus dem<br />

Gravurverstärker. Eine Datenquelle<br />

liefert zum Informationsaufbau<br />

das bildabhängige, digitale<br />

Signal, welches die Eindringtiefe<br />

des Stichels in die<br />

Kupferoberfläche des Druckformzylinders<br />

steuert. Für den<br />

Aufbau des Gravurrasters wird<br />

das Graviersystem durch ein<br />

zweites Signal mit konstanter<br />

und permanenter Frequenz angeregt.<br />

Dadurch wird der Stichel<br />

in eine ständig vibrierende Frequenz<br />

versetzt, die senkrecht zur<br />

Oberfläche des Drurckformzylinders<br />

erfolgt. Bei älteren<br />

Gravursystemen schwingt der<br />

Stichel mit einer Frequenz von<br />

4000 Hz (oder 4000 Näpfchen<br />

pro Sekunde). Das 1998 eingeführte<br />

HelioSprint-System hat<br />

seine Gravurleistung auf 7500<br />

Hz erhöht, wodurch die Produktivität<br />

der Graviermaschinen<br />

sowie die Gravurqualität erheblich<br />

gesteigert wurde. Die Rasterweite<br />

in Umfangsrichtung<br />

und die Rasterwinkelung werden<br />

durch die Zylinderdrehzahl<br />

bestimmt.<br />

Mit dem Vorschub in<br />

Achsrichtung wird die Rasterweite<br />

in Achsrichtung festgelegt.<br />

Schneidwinkel<br />

Der Gravurstichel schneidet die<br />

Rasternäpfchen, deren Form<br />

ähnlich einer auf dem Kopf stehenden<br />

Pyramide ähnlich ist.<br />

Das Farbübertragungsvolumen<br />

4 FLEXO+TIEF-DRUCK 1-2002


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FACHBEITRÄGE<br />

eines Näpfchens ist abhängig<br />

von Rasterweite, Näpfchenkonfiguration<br />

und dem Schneidwinkel<br />

des Stichels. Je kleiner<br />

der Schneidwinkel des Diamanten,<br />

desto tiefer ist das Näpfchen<br />

bei gleicher Oberfläche. Das bedeutet,<br />

mit einem spitzeren<br />

Schneidwinkel am Diamantstichel<br />

wird ein erweitertes<br />

Näpfchenvolumen geschnitten,<br />

wodurch grundsätzlich höhere<br />

Druckdichten erzielt werden.<br />

Unterschieden wird zwischen<br />

Winkeln von 110°, 120°, 130°<br />

und 140°. Für die meisten Gravurarbeiten<br />

ist der 130° Standardstichel<br />

ausreichend. Soll<br />

das Farbübertragungsvolumen<br />

der Näpfchen verändert werden,<br />

muß ein Gravierdiamant mit geändertem<br />

Schneidwinkel eingesetzt<br />

werden.<br />

Gleitfuß und Schaber<br />

Der durch die elektronische Stichelgravur<br />

mechanisch abgetragene<br />

Kupferspan hinterläßt<br />

einen mehr oder weniger großen<br />

Grat, der durch einen Diamantschaber<br />

plan an der Druckzylinderoberfläche<br />

abgetrennt und<br />

abgesaugt wird. Mit dem Gleitfuß,<br />

auf dem sich das Graviersystem<br />

auf der Druckzylinderoberfläche<br />

abstützt, wird eine<br />

mechanische Grundeinstellung<br />

vorgenommen und ein definierter<br />

Abstand zwischen Stichel<br />

und Oberfläche hergestellt.<br />

Normaler Verschleiß<br />

des Diamantstichels<br />

Bei dem Einsatz eines Diamantstichels<br />

über einen längeren<br />

Zeitraum verändert sich durch<br />

die mechanische Beanspruchung<br />

des Graviervorgangs die<br />

geometrische Form des Diamatschliffs.<br />

Dieser normale Verschleiß,<br />

dem jedes mechanisch<br />

arbeitende Werkzeug unterliegt,<br />

macht sich durch eine Auskolkung<br />

der Stichelspitze bemerkbar.<br />

Aus der Praxis und aus<br />

vielen Analysen ist ersichtlich,<br />

daß sich der Stichel an den beiden<br />

Seiten stärker verschleißt<br />

als an der Spitze. Die Ursache ist<br />

in der Struktur des Industriediamanten<br />

zu sehen, die größtenteils<br />

in Form von Oktaedern,<br />

Rhombendodekaedern und wesentlich<br />

seltener in Würfelform<br />

vorkommt. Eine Veränderung<br />

der Stichelgeometrie wirkt sich<br />

selbstverständlich auf die zu<br />

schneidende Näpfchenform<br />

aus; diese wiederum ist sehr<br />

stark gradationsbildend. Um zu<br />

verhindern, daß durch den Stichelverschleiß<br />

eine unkontrollierte,<br />

von der vorgegebenen<br />

Gradation abweichende Druckcharakteristik<br />

aufgebaut wird,<br />

verfügt der HeIioKlischograph<br />

über eine elektronische Korrekturstufe,<br />

die Abweichungen<br />

aufgrund der Stichelabnutzung<br />

kompensiert. Ist die Abnutzung<br />

des Schneiddiamanten so weit<br />

fortgeschritten, daß die elektronische<br />

Korrektur die Abweichung<br />

nicht mehr ausgleichen<br />

kann, ist ein Stichelwechsel notwendig.<br />

Die Standzeit eines<br />

HelioSprint-Stichels beträgt<br />

200–300 Stunden.<br />

Wie macht sich der<br />

Verschleiß bemerkbar?<br />

Bei der Herstellung des Probeschnitts<br />

kann trotz der Standardeinstellung<br />

des Stromwertes<br />

im Gravurverstärker die<br />

Soll-Diagonale des Näpfchens<br />

nicht mehr erreicht werden. Die<br />

Anfangs beschriebene Auskolkung<br />

der Schneideflanken ist<br />

also so weit fortgeschritten, daß<br />

bei gleichem Energieangebot<br />

nunmehr schmalere Rasternäpfchen<br />

entstehen. Möglich ist<br />

auch, daß bei der Näpfchenvermessung<br />

die Soll-Diagonale<br />

durchaus festgestellt, im Andruck<br />

die vorgegebene Druckdichte<br />

aber nicht erreicht wird.<br />

In diesem Falle führte die Auskolkung<br />

der Stichelflanken zur<br />

Reduzierung der Stichelspitze.<br />

Dieser zweite Fall ist weitaus<br />

unangenehmer, weil die Fehlererkennung<br />

erst bei abgeschlossener<br />

Formherstellung möglich<br />

ist. In der Regel kombinieren<br />

sich bei abgenutzten Sticheln<br />

aber Volumenverlust durch<br />

mangelnde Näpfchentiefe und<br />

Volumenverlust durch reduzierte<br />

Näpfchendiagonale. Die Abnutzung<br />

nur durch Auskolkung<br />

oder nur durch Spitzenrückgang<br />

ist sehr selten und in der<br />

Praxis kann am Probeschnitt<br />

der Stichelzustand analysiert<br />

werden.<br />

Stichelbruch<br />

Verschiedene Ursachen können<br />

den Stichelbruch herbeiführen.<br />

Neue Stichel sind dabei genauso<br />

gefährdet wie nahezu abgenutzte<br />

Schneiddiamanten. Abhängig<br />

von der Art und Weise der<br />

Beschädigung und vom Ausmaß<br />

des Bruchs führt die Sti-<br />

Graviersystem mit Gleitfuß,<br />

Stichel und<br />

Dämpfungsplättchen.<br />

FLEXO+TIEF-DRUCK 1-2002 5


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FACHBEITRÄGE<br />

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○<br />

chelbeschädigung zum teilweisen<br />

bis völligen Ausfall der Gravierfunktion.<br />

Spitzenbruch<br />

Beim Verlust der Stichelspitze<br />

ist der kleinste zu druckende Ton<br />

nicht mehr darstellbar. Kleine<br />

Rasternäpfchen fehlen ganz,<br />

stärkere Tonwerte weisen unregelmäßige<br />

Näpfchenumrisse<br />

auf. Das Näpfchenvolumen ist<br />

reduziert, die positiven Eigenschaften<br />

der Pyramidenform<br />

auf das Farbabgabeverhalten<br />

sind gestört. Resultat sind Mangel<br />

an Druckdichte, Detailverlust<br />

und unkontrollierte Gradationssprünge.<br />

Der Stichel ist unbrauchbar,<br />

er muß ausgetauscht<br />

oder nachgeschliffen werden.<br />

Mögliche Ursachen hierfür sind<br />

falsche Einstellungen am Gravierverstärker.<br />

Oft wird fälschlicherweise<br />

angenommen, daß hohe Virbrationswerte<br />

im Verhältnis zur Zylinderoberflächen-Geschwindigkeit<br />

gesteigerte Näpfchenvolumen<br />

zur Folge hätten. Da<br />

der Stichel aber tiefer eintaucht<br />

als beim Schliff vorgesehen,<br />

setzt der Stichel mit seinen rückwärtigen<br />

Freiflächen bei jedem<br />

Schnitt auf das Kupfer auf, der<br />

Stichel wird überbeansprucht<br />

und bricht. Dies Erscheinung<br />

tritt vor allem bei der Rasterwinkelung<br />

»Null« auf. Reduziert<br />

wird diese Phänomen durch den<br />

Einsatz des von Hell entwickelten<br />

Pisa-Stichels, der einen speziellen<br />

Schliff aufweist. Einschlüsse<br />

im Kupfer sowie zu<br />

hohe Vickers-Härte führen<br />

ebenfalls zu Brüchen. Der<br />

Schliff des Diamantstichels ist<br />

auf ein spezielles Schneidverhalten<br />

ausgelegt. Die entstehenden<br />

Kräfte bei Schneidbewegung<br />

und Aushub werden also<br />

ohne weiteres bewältigt. Ändert<br />

sich aber nun die Richtung der<br />

einwirkenden Kräfte durch das<br />

Kupfer, bricht die Spitze ebenfalls.<br />

Mangelnde Vickers-Härte<br />

des Kupfers führt zu schlechter<br />

Zerspanung und damit zu<br />

schlechtem (verschmiertem)<br />

Gravierbild. Weitere Ursachen<br />

von Spitzenbrüchen können<br />

unsachgemäße Behandlung,<br />

wie hartes Aufsetzen des Gravier<strong>systems</strong><br />

bei zu kurz eingestelltem<br />

Gleitfuß sein.<br />

Grobausbrüche<br />

Größere Ausbrüche an den<br />

Schneidflanken führen am geschnittenen<br />

Näpfchen oft zu<br />

Unsicherheiten bei der meßtechnischen<br />

Erfassung der<br />

Näpfchendiagonale. Dies wiederum<br />

erschwert die Justage des<br />

Gravier<strong>systems</strong>. Die Näpfchenkonfiguration<br />

wird asymmetrisch,<br />

und durch fehlenden Aushub<br />

reduziert sich das Volumen.<br />

Druckdichteverlust und Gradationsverschiebungen<br />

speziell in<br />

den lichten Tönen sind die Folge.<br />

Für qualitativ hochstehende<br />

Arbeiten sind solche Stichel<br />

selbstverständlich nicht mehr<br />

einsetzbar. Mögliche Ursachen:<br />

Auftreffen des Schneiddiamanten<br />

auf Einschlüsse harter Partikelchen<br />

im Kupfer oder auf<br />

Rückstände vom Schleifen des<br />

Zylinders (Schleifkorn) oder<br />

Lunkerstellen (Hohlräume) im<br />

Kupfer.<br />

Feinausbrüche<br />

An den Schneidflächen können<br />

sich nach einer gewissen Zeit<br />

feine Scharten bilden, die beim<br />

Schnitt im Näpfchengrund Riefen<br />

hinterlassen. Neben der somit<br />

schwierig gewordenen Bestimmung<br />

der exakten Diagonale,<br />

beeinflussen die zerklüfteten<br />

Näpfchenwände ganz besonders<br />

das Farbabgabeverhalten.<br />

Das Verhältnis zwischen<br />

Stromwert, Näpfchendiagonale<br />

und resultierender Druckdichte<br />

ist gestört. Unter dem Meßmikroskop<br />

kann das Ausmaß der<br />

Riefenbildung festgestellt werden.<br />

Nimmt deren Einfluß auf<br />

die Druckdichte meßbar zu, so<br />

soll auf keinen Fall mit übersteigerter<br />

Vibration ein Ausgleich<br />

versucht werden. Überschreitet<br />

der Grad der Dichteabweichung<br />

die betriebsinterne Toleranz,<br />

hilft nur ein Stichelwechsel.<br />

Mögliche Ursachen sind das Berühren<br />

des Stichels mit dem Finger,<br />

Auftreffen des Schneiddiamanten<br />

auf feine Schleifrückstände<br />

der Zylinderoberflächenbearbeitung<br />

und Verunreinigungen<br />

im Kupfer. Wegen der<br />

allgemein bekannten Härte und<br />

Widerstandsfähigkeit von Diamanten<br />

erscheint es oft wenig<br />

glaubhaft, daß der Schneiddiamant<br />

nicht mit den Fingern oder<br />

mit Textilien in Berührung kommen<br />

darf. Schon ein leichter<br />

Kontakt kann zu den beschriebenen<br />

Zerstörungen führen<br />

und den Stichel unbrauchbar<br />

werden<br />

lassen. Sehr anschaulich<br />

läßt sich<br />

dies an anhand<br />

einer<br />

Pyramide<br />

erklären.<br />

Das Pyramidengebäude<br />

behält nur deshalb seine Form,<br />

weil das Steingewicht durch<br />

Druck auf den Unterbau die<br />

Konstruktion stabilisiert. Durch<br />

Kräfteeinwirkung von oben ist<br />

dem Gebäude kein Schaden zuzufügen.<br />

Die Steine seitlich<br />

wegzuschieben bedarf dagegen<br />

relativ kleiner Anstrengung. Bei<br />

der mechanischen Stichelarbeit<br />

wird die Stichelschneide rung<br />

Mikroskopaufnahme<br />

gravierter Näpfchen.<br />

1 = Torsionsstab,<br />

2 = Anker,<br />

3 = Drehfederlager,<br />

4 = Nabe für Dämpfungsring,<br />

5 = Schneiddiamant,<br />

6 = Stichelhalter.<br />

6 FLEXO+TIEF-DRUCK 1-2002


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FACHBEITRÄGE<br />

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○<br />

wiegend in Richtung der Pyramidenspitze<br />

beansprucht und<br />

hält somit der Belastung stand.<br />

Berührt man die Diamantschneide<br />

dagegen mit dem Finger,<br />

ergibt sich in jedem Fall ein<br />

unkontrollierter Druck auf eine<br />

weniger stabile Pyramidenflanke<br />

und Teile der Schneide brechen<br />

aus.<br />

Ebenso gefährlich für die Stichelschneide<br />

sind Reinigungsversuche<br />

mit Druckluft. Trifft<br />

ein Schmirgelkorn oder Staubpartikelchen<br />

mit hoher Geschwindigkeit<br />

auf die Schneide,<br />

so genügt dies, um die Schneide<br />

zu zerstören. Weiter besteht die<br />

Gefahr, daß durch Druckluft<br />

Kupferspäne in die Lagerung<br />

des Gravier<strong>systems</strong> geblasen<br />

werden und so die Sticheldämpfung<br />

beeinträchtigt wird.<br />

In der Regel ist es nicht notwendig,<br />

den Stichel zu berühren.<br />

Beim Aufsetzen und Absetzen<br />

des Stichelhalter kann durchaus<br />

ein Kontakt mit dem Diamanten<br />

vermieden werden. Liegt keine<br />

mikroskopische Untersuchung<br />

an, sollte man von einer Reinigung<br />

Abstand nehmen, da die<br />

Absaugvorrichtung in genügender<br />

Weise eine schädliche<br />

Ansammlung von Kupferspänen<br />

verhindert. Sollte es sich<br />

dennoch nicht umgehen lassen,<br />

den Stichel der riskanten Reinigungsprozedur<br />

zu unterziehen,<br />

ist dafür ausschließlich in Spiritus<br />

getränktes Holundermark<br />

einzusetzen. Weiterhin ist darauf<br />

zu achten, daß die benutzte<br />

Markfläche nach der Reinigung<br />

mit Hilfe einer Rasierklinge abgetrennt<br />

wird.<br />

Der Schaber<br />

Der Schaber hat die Aufgabe,<br />

den bei der Gravur aufgeworfenen<br />

Grat zu entfernen. Der Keilwinkel<br />

seiner Schneide ist mit<br />

90° nicht so klein wie beim Stichel<br />

und daher auch nicht so<br />

empfindlich.<br />

Normaler Verschleiß<br />

des Schabers<br />

Während des Einsatzes im Graviersystem<br />

schleift sich der<br />

Schaberdiamant auf den Druckzylinderdurchmesser<br />

ein. Ist der<br />

Schaber neu, findet dies relativ<br />

schnell statt; es verlangsamt<br />

sich aber durch den gleichzeitig<br />

stattfindenden Kräfteausgleich.<br />

Mit welcher Geschwindigkeit<br />

dieses Anpassen an den Zylinderdurchmesser<br />

stattfindet, ist<br />

abhängig von der Oberflächenrauhigkeit<br />

des eingesetzten<br />

Kupferzylinders und von der<br />

Kupferqualität selbst. Im Prinzip<br />

kommt das Einschleifen des<br />

Schabers auf einen Zylinderdurchmesser<br />

der Schabereigenschaft<br />

zugute, da eine exakt angepaßte<br />

Schneide auch zu einem<br />

guten Schneidergebnis führt.<br />

Wird allerdings nach längerem<br />

Gravieren von Zylindern gleicher<br />

Durchmesser dieser verändert,<br />

kann das negative Folgen<br />

für die Schabertätigkeit haben.<br />

Beim Wechsel von einem kleinen<br />

auf einen größeren Zylinderdurchmesser<br />

muß auf alle<br />

Fälle eine neue Schaberjustage<br />

oder sogar ein Schaberwechsel<br />

erfolgen. Denn dort wo die<br />

Schaberspur liegen soll, hat die<br />

Kupferoberfläche aufgrund der<br />

ausgeschliffenen Wölbung keinen<br />

Kontakt zum Schaberdiamanten.<br />

Der aufgeworfene Grat<br />

kann somit nicht mehr abgeschert<br />

werden. Kontakt zur Kupferoberfläche<br />

haben allerdings<br />

die scharfen Kanten der ausgeschliffenen<br />

Wölbung. Diese<br />

wirken wie ein Drehstahl und<br />

schneiden einen feinen Span<br />

aus dem Kupfer. Nahezu problemlos<br />

ist der Wechsel von großen<br />

auf kleinere Zylinder. Die<br />

Schaberspur liegt zwar auch<br />

hier innerhalb der ausgeschliffenen<br />

Höhlung, hat aber<br />

aufgrund des größeren Radius<br />

des Ausschliffs vollen Kontakt<br />

zur Kupferoberfläche. Gefährliche<br />

Schneidkanten treten<br />

nicht auf. Werden ständig unterschiedliche<br />

Zylinderdimensionen<br />

graviert, ergeben sich bezüglich<br />

des Schabers und seiner<br />

Funktion keine Probleme. Die<br />

in kurzen Zeitabständen zu<br />

bearbeitenden verschiedenen<br />

Durchmesser verhindern das<br />

Einschleifen. Der Schaberverschleiß<br />

macht sich dadurch bemerkbar,<br />

daß trotz optimaler<br />

Lage der Tragspur der aufgeworfene<br />

Grat nicht mehr restlos<br />

entfernt wird. Die abgescherte<br />

Fläche, die bei einwandfreier<br />

Schabfunktion spiegelblank<br />

und vollkommen eben ist, liegt<br />

teilweise höher als die Kupferoberfläche<br />

und weist stumpfe,<br />

ausgequetschte Stellen auf. Solche<br />

Schaber müssen nachjustiert<br />

oder ausgewechselt werden.<br />

Schaberbruch<br />

Defekte, die nicht dem normalen<br />

Verschleiß des Schabers zuzuordnen<br />

sind, treten sehr selten<br />

auf. Durch hartes Aufsetzen des<br />

Schabertigels auf die Zylinderoberfläche<br />

können Teile aus der<br />

Schaberschneide brechen, die<br />

dabei entstehenden Scharten<br />

hinterlassen Riefen. Diese Riefen<br />

beeinträchtigen das Abrakeln<br />

in der Tiefdruckrotation<br />

und sind für frühzeitigen<br />

Rakelverschleiß<br />

mitverantwortlich.<br />

Verunreinigungen<br />

im<br />

Kupfer können<br />

ebenfalls<br />

zur Zerstö-<br />

Größenvergleich:<br />

Diamant-stichel,<br />

Gleitfuß-Diamant und<br />

ein Streichholzkopf<br />

Graviereinheit<br />

»Helio Sprint«.<br />

FLEXO+TIEF-DRUCK 1-2002 7


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FACHBEITRÄGE<br />

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○<br />

rung des Schaberdiamanten beitragen.<br />

Im Kupfer eingelagerte<br />

harte Partikelchen schleifen in<br />

die Schaberauflagefläche feine<br />

Riefen ein, deren Abstände zueinander<br />

den Vorschubschritten<br />

des Gravier<strong>systems</strong> entsprechen.<br />

Beim Abscheren des<br />

Näpfchenaushubs entstehen<br />

dann ebenfalls Riefen mit den<br />

bereits beschriebenen Folgen.<br />

Unter Reflexlicht und mit Hilfe<br />

einer Lupe kann das Ausmaß des<br />

Verschleißes am Schaber festgestellt<br />

werden. Solche Defekte am<br />

Diamanten können durch Nachschleifen<br />

beseitigt werden.<br />

Sachgemäße Behandlung<br />

des Schabers<br />

Obwohl der Schaber weit weniger<br />

empfindlich ist als der Stichel,<br />

gelten auch hier die gleichen<br />

»Stichel-Regeln« für die<br />

Behandlung. Grundsätzlich<br />

muß eine Berührung des Schaberdiamanten<br />

mit dem Finger<br />

oder mit irgendwelchen Gegenständen<br />

vermieden werden. Für<br />

eine eventuelle Reinigung, ist<br />

wie beim Stichel ausschließlich<br />

Holundermark einzusetzen.<br />

Gleitspindel (Gleitfuß)<br />

Der Diamant der Gleitspindel<br />

stützt den Gravierstichel in einem<br />

bestimmten Abstand gegen<br />

die Zylinderoberfläche ab. Die<br />

Festlegung der Schnittiefe für<br />

den ersten druckenden Ton geschieht<br />

bei Graviersystemen für<br />

Feinraster und konstantem Gravierstrom<br />

über die Gleitspindel.<br />

Bei der Gleitspindel ist der<br />

ballig geschliffene, achteckige<br />

Diamant mit der Feingewindespindel<br />

direkt verkittet, dreht<br />

sich also auch beim Justieren<br />

entsprechend mit. Der Schliff<br />

der Diamanten ist ballig und soll<br />

bei kleinstmöglicher Kontaktfläche<br />

eine optimale Auflage auf<br />

dem Zylinder gewährleisten.<br />

Normaler Verschleiß<br />

der Gleitspindel<br />

Bei längerem Gravierbetrieb unterliegt<br />

auch dieser Diamant der<br />

mechanischen Abnutzung. Bei<br />

der Gleitspindel macht sich dies<br />

jedoch nicht so sehr bemerkbar,<br />

weil hier beim gelegentlichen<br />

Nachjustieren die Stellung des<br />

Diamanten verändert wird. Mit<br />

der Zeit bilden sich somit anstelle<br />

der balligen Form Flächen, die<br />

entsprechend der Dauer der beibehaltenen<br />

Position mehr oder<br />

weniger ausgeprägt sein können.<br />

Sachgemäße Behandlung<br />

des Gleitspindel<br />

Schneidet sich die Kante einer<br />

der eingeschliffenen Flächen<br />

auf dem Kupferzylinder ein und<br />

Geschichtliche Entwicklung der Hell-Gravursysteme<br />

● 1952: Klischograph K151, Graviersystem mit 800 Hz Gravurfrequenz<br />

● 1963: Klischograph K190, Graviersystem mit 4000 Hz Gravurfrequenz<br />

● 1974: Klischograph K200, Graviersystem mit 4000 Hz Cravurfrequenz<br />

● 1989: HelioSpeed mit 5000 Hz Gravurfrequenz<br />

● 1996: Start der Entwicklung eines schnellen Gravier<strong>systems</strong> auf Basis<br />

● eines Piezo- und elektromagnetischen Antriebs<br />

● 1998: HelioSprint mit 7500 Hz Gravurfrequenz<br />

● 2001: HelioSprint B mit 6000/7500 Hz Gravurfrequenz (Raster 54–80)<br />

verbietet die Einstellung des<br />

Gravier<strong>systems</strong> eine Drehung<br />

der Spindel, so muß die Gleitspindel<br />

ausgetauscht und nachgeschliffen<br />

werden (Kante kann<br />

wie ein Drehstahl wirken!). Im<br />

Vergleich zu Stichel und Schaber<br />

ist der Diamant an der Spindel<br />

am wenigstens anfällig gegen<br />

Beschädigung. Ausbrüche<br />

bleiben eine seltene Ausnahme<br />

und ohne eine Schneide aufzuweisen,<br />

verträgt er sogar eine<br />

Berührung mit dem Finger.<br />

Trotzdem muß mit der gleichen<br />

Sorgfalt vorgegangen werden,<br />

wie dies oben bereits beschrieben<br />

wurde.<br />

■<br />

Links:<br />

Drehkopf zur Justage<br />

des eingebauten Gleitspindel.<br />

Rechts:<br />

Gleitspindel (Gleitfuß).<br />

8 FLEXO+TIEF-DRUCK 1-2002

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