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Huminstoffe als Qualitätsparameter für Komposte und zur ...

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12. b<strong>und</strong>esweiter Erfahrungsaustausch für Betreiber Wieselburg, 28. – 29.11.2007<br />

von Kompostierungsanlagen <strong>und</strong> für Sachverständige<br />

Forschungsprojekt „<strong>Huminstoffe</strong> <strong>als</strong> Qualitätsparameter für<br />

<strong>Komposte</strong> <strong>und</strong> <strong>zur</strong> verfahrenstechnischen Optimierung von<br />

Kompostanlagen“<br />

Peter Lechner, Universität für Bodenkultur Wien / Institut für Abfallwirtschaft<br />

Situation <strong>und</strong> Bedeutung der Projektergebnisse<br />

Biogenes Material stellt in Österreich mit einem Potential von ca. 2,5 Mio t/a die<br />

größte Wertstofffraktion dar:<br />

• Biotonne 550.000 t/a<br />

• Grünschnitt 1,300.000 t/a<br />

• Organik im Restmüll 510.000 t/a<br />

• Nahrungsmittel Handelsketten ~ 110.000 t/a<br />

• Nahrungs- u. Genussmittelreste ?<br />

Gesamt<br />

ca. 2,5 Mio t/a<br />

Bei geeigneter Erfassung <strong>und</strong> Behandlung könnten daraus jährlich ca. 600.000 t<br />

hochwertige <strong>Komposte</strong> erzeugt werden.<br />

In Ermangelung anderer Qualitätsparameter definieren die derzeitigen gesetzlichen<br />

Regelungen (Kompostverordnung) die Kompostqualität lediglich über die im Kompost<br />

enthaltenen bzw. nicht enthaltenen Schadstoffe, was nicht unwesentlich zum<br />

Imageverlust der <strong>Komposte</strong> beigetragen hat. Der Bedeutung der Organischen<br />

Substanz wird nur un<strong>zur</strong>eichend Rechnung getragen.<br />

Für eine verbesserte Akzeptanz von <strong>Komposte</strong>n <strong>und</strong> Kompostprodukten ist es daher<br />

unbedingt erforderlich, die nutzbringenden Eigenschaften der Organischen Substanz<br />

<strong>und</strong> insbesondere der <strong>Huminstoffe</strong> herauszustreichen <strong>und</strong> diese <strong>als</strong><br />

Qualitätskriterium auch festzuschreiben. Im Forschungsprojekt wurden Methoden<br />

entwickelt, welche eine diesbezügliche Qualitätssicherung erlauben.<br />

Auch der Frage, welche Faktoren <strong>und</strong> Milieubedingungen den Aufbau von<br />

<strong>Huminstoffe</strong>n fördern, wurde nachgegangen. Mit den neuen Untersuchungsmethoden<br />

lassen sich die Verfahrenstechniken bzw. Randbedingungen, welche die<br />

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von Kompostierungsanlagen <strong>und</strong> für Sachverständige<br />

Huminstoffbildung fördern <strong>und</strong> damit die Kompostqualität verbessern, besser<br />

beurteilen. Es ist nun auch möglich die Verfahrenstechniken entsprechend zu<br />

modifizieren.<br />

Im gesamten sollte es zukünftig möglich sein, dem Produkt Kompost wesentlich<br />

bessere Marktchancen zu eröffnen.<br />

Die Bedeutung der <strong>Huminstoffe</strong><br />

Der Anteil an stabilen <strong>Huminstoffe</strong>n ist ein unbestrittenes Qualitätskriterium für die<br />

organische Substanz von <strong>Komposte</strong>n. Aus der Bodenforschung ist deren Bedeutung<br />

schon lange bekannt. Sie fördern die Aggregatstabilität im Boden <strong>und</strong> beugen damit<br />

Erosion vor, fördern das Wasser- <strong>und</strong> Nährstoffhaltevermögen <strong>und</strong> wirken aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer dunklen Farbe regulierend auf die Bodentemperatur.<br />

Die Huminstoffsynthese trägt im Gegensatz <strong>zur</strong> Mineralisierung, <strong>zur</strong> Fixierung von<br />

Kohlenstoff in stabilen Biopolymeren bei <strong>und</strong> leistet damit auch einen Beitrag zum<br />

Klimaschutz. Abgesehen von diesem umweltrelevanten Aspekt ist die Rückführung<br />

stabiler organischer Substanz in den Boden eine Notwendigkeit geworden<br />

angesichts der Verluste durch fehlgeleitete landwirtschaftliche Maßnahmen.<br />

So weisen 75% der südeuropäischen Böden einen geringen (


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Als Maß für die Humifizierung der organischen Substanz werden am ABF-BOKU die<br />

extrahierbaren Huminsäuren herangezogen. Aufgr<strong>und</strong> der uneinheitlichen, nicht<br />

definierbaren stöchiometrischen Zusammensetzung der <strong>Huminstoffe</strong> ist eine<br />

chemische Synthese nicht möglich. Das bedeutet, dass es zum biologischen Prozess<br />

der Humifizierung keine Alternative gibt. So gesehen ist die Kompostierung eine<br />

Humifizierungstechnologie.<br />

Komposthuminsäuren sind im Vergleich zu Bodenhuminsäuren „jung“. Sie machen<br />

schon während der Kompostierung Umwandlungsprozesse durch, die auch nach<br />

dem Ausbringen bzw. der Anwendung des <strong>Komposte</strong>s nicht abgeschlossen sind. Die<br />

Qualität eines <strong>Komposte</strong>s resultiert somit aus einem tief greifenden Umwandlungsprozess<br />

der organischen Substanz, der in einem „stabilen“ Zustand endet.<br />

Ziele des Forschungsprojekts<br />

Die Projektziele waren, die Huminsäuregehalte der <strong>Komposte</strong> <strong>als</strong> Qualitätskriterium<br />

zu definieren <strong>und</strong> die Inputmaterialien sowie Prozessbedingungen hinsichtlich deren<br />

Beitrag <strong>zur</strong> Humifizierung zu untersuchen. Mit dem Huminsäuregehalt sollte die<br />

Gr<strong>und</strong>lage für ein quantifizierbares Qualitätsmerkmal der <strong>Komposte</strong> geschaffen<br />

werden, das dem „Produkt Kompost“ in Zukunft zu einem höheren Marktwert verhilft.<br />

Biogene Abfälle bringen aufgr<strong>und</strong> ihrer vielfältigen Mischung von Biomolekülen mit<br />

verschiedenen chemischen <strong>und</strong> physikalischen Eigenschaften <strong>und</strong> mineralischen<br />

Komponenten günstige Voraussetzungen für die Humifizierung mit.<br />

Projektverlauf<br />

Im ersten Projektjahr wurden die Vorversuche <strong>zur</strong> Entwicklung eines kleinen Labor-<br />

Kompostiersystems <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen für die Anwendung der Infrarotspektroskopie<br />

<strong>und</strong> Thermoanalyse <strong>zur</strong> Beurteilung der Kompostqualität durchgeführt. Das kleine<br />

Labor-Kompostiersystem mit Einwaagen von 200 bis 300 g Kompost <strong>und</strong> einer<br />

Partikelgröße < 10 mm erwies sich für die Auswahl unterschiedlicher<br />

Zusammensetzungen des Inputmateri<strong>als</strong> <strong>als</strong> hilfreich. Es zeigte sich, dass der Ablauf<br />

des Huminsäureaufbau in den Kompostieranlagen in dem kleinen System über<br />

einen Zeitraum von 4 Wochen gut abgebildet wird.<br />

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Zahlreiche in- <strong>und</strong> ausländische <strong>Komposte</strong> bzw. Anlagenendprodukte wurden durch<br />

herkömmliche Parameter, durch ihre Infrarotspektren <strong>und</strong> thermoanalytische Daten<br />

charakterisiert. Die nasschemische Bestimmung der Huminsäuregehalte stellte eine<br />

wesentliche Gr<strong>und</strong>lage für die Bewertung der <strong>Komposte</strong> <strong>und</strong> die Entwicklung des<br />

Vorhersagemodells basierend auf den Infrarotspektren dar. Aus den<br />

Huminsäuregehalten dieser <strong>Komposte</strong> konnten erste Informationen über den Einfluss<br />

der Inputmaterialien gewonnen werden.<br />

Um die Entwicklung der Huminsäuren <strong>und</strong> die relevanten Prozessbedingungen zu<br />

beobachten, wurden fünf Kompostieranlagen ausgewählt <strong>und</strong> über den gesamten<br />

Prozessverlauf intensiv beprobt. Die Auswahlkriterien orientierten sich vor allem an<br />

den erzielten Huminsäuregehalten, am Inputmaterial <strong>und</strong> am Verfahren. Im ersten<br />

Projektjahr wurde jener Kompostierprozess untersucht, der in der Serie der<br />

Anlagenendprodukte das beste Ergebnis mit 45,6 % (oTM) Huminsäuren geliefert<br />

hatte (Bioabfall mit geringen Mengen an Speiseresten). In folgenden Projektjahr<br />

wurden jene Anlagen ausgewählt, deren <strong>Komposte</strong> die „geringste<br />

Huminsäurebildung“ (Klärschlammkompost) oder „konstant gute Huminsäurebildung“<br />

(Biotonne/ Grünschnittkompost) aufwies. Ein Kompostierprozess von ausschliesslich<br />

Biotonne mit vergleichsweise geringer Huminsäurebildung <strong>und</strong> ein „trockenes“<br />

Anaerobverfahren mit aerober Nachbehandlung standen im dritten Projektjahr im<br />

Mittelpunkt der Prozessuntersuchungen. Während das zweite Projektjahr die<br />

Anwendung der Untersuchungsmethoden Infrarotspektroskopie <strong>und</strong> thermische<br />

Analyse <strong>und</strong> die Modellentwicklung <strong>zur</strong> Huminsäurevorhersage <strong>als</strong> Schwerpunkt<br />

hatte, diente das dritte Projektjahr der Überprüfung <strong>und</strong> Bestätigung der in den<br />

vorangegangenen Projektjahren erzielten Ergebnisse. Außerdem wurden<br />

Laborexperimente mit dem Outputmaterial aus zwei Anaerobanlagen durchgeführt,<br />

um die Auswirkung auf die Huminstoffbildung in einem anschließenden aeroben<br />

Prozess zu untersuchen. Im Zusammenhang mit der Frage der<br />

Rückstandsbehandlung aus Anaerobanlagen schien dieses Experiment interessant.<br />

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Ergebnisse<br />

• Die Entwicklung der Huminsäuren während des Kompostierprozesses sowie<br />

ihre chemischen <strong>und</strong> physikalischen Eigenschaften werden anhand einiger<br />

Huminsäuren, die aus Endprodukten österreichischer Anlagen isoliert wurden,<br />

dargestellt.<br />

• Die Huminsäuregehalte zahlreicher <strong>Komposte</strong> <strong>und</strong> Anlagenendprodukte aus<br />

Österreich <strong>und</strong> aus dem Ausland werden gezeigt.<br />

• Die Untersuchungen <strong>zur</strong> Charakterisierung der <strong>Komposte</strong> <strong>und</strong> <strong>zur</strong><br />

Bestimmung der Huminsäuren wurden durch die für die Abfallwirtschaft neuen<br />

Untersuchungsmethoden „Infrarotspektroskopie“ <strong>und</strong> „thermische Analyse“<br />

unterstützt.<br />

• Mithilfe der Infrarotspektroskopie <strong>und</strong> multivariater statistischer Verfahren<br />

wurde ein Vorhersagemodell <strong>zur</strong> Quantifizierung der Huminsäuren in <strong>Komposte</strong>n<br />

entwickelt. Damit gelang der Schritt von der Gr<strong>und</strong>lagenforschung <strong>zur</strong> praktischen<br />

Anwendung dieser Methode.<br />

• Eine Broschüre <strong>zur</strong> Anleitung für die Praxis ging aus diesen Untersuchungen<br />

hervor (die Broschüre ist über den KGVÖ kostenlos erhältlich).<br />

• Ein weiteres Modell, ebenfalls auf Infrarotspektroskopie <strong>und</strong> multivariater<br />

Statistik basierend, erlaubt die klare Unterscheidung von <strong>Komposte</strong>n aus<br />

Biotonnematerial aus der getrennten Sammlung von anderen kompostierten,<br />

biogenen Materialien (z.B. Klärschlamm) oder von Restmüll.<br />

• Die Huminsäuregehalte, die Atmungsaktivität <strong>und</strong> der Gehalt an organischer<br />

Substanz der fünf detailliert untersuchten Kompostierprozesse werden verglichen<br />

<strong>und</strong> die daraus resultierenden Erkenntnisse in Hinblick auf die Inputmaterialien <strong>und</strong><br />

die Prozessführung diskutiert.<br />

• Die Beziehung dieser Parameter untereinander <strong>und</strong> der Zusammenhang mit<br />

anderen Parametern werden mit multivariater Statistik näher beleuchtet.<br />

Das Projektteam dankt dem FFG, dem KGVÖ <strong>und</strong> allen Kompostierbetrieben, die<br />

durch finanzielle Unterstützung, Bereitstellung von Probenmaterial, Hilfe bei der<br />

Probenahme <strong>und</strong> Weitergabe von Informationen das Projekt gefördert haben.<br />

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Literatur<br />

B<strong>und</strong>esgesetzblatt 292/2001, Teil II vom 14. August 2001: Verordnung des<br />

B<strong>und</strong>esministers für Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft, Umwelt <strong>und</strong> Wasserwirtschaft über<br />

Qualitätsanforderungen an <strong>Komposte</strong> aus Abfällen (Kompostverordnung).<br />

Commission of the European Community, 2002: Towards a Thematic Strategy for<br />

Soil Protection, Bericht COM(2002), 179 final<br />

Montanarella L., 2002: Organic matter levels in European Agricultural soils.<br />

Tagungsband des Workshops “Biological treatment of biodegradable waste –<br />

technical aspects”, Brüssel.<br />

Österreichisches Normungsinstitut, 1993: ÖNORM S 2200 Gütekriterien für<br />

<strong>Komposte</strong> aus biogenen Abfällen. Österreichisches Normungsinstitut, Wien.<br />

Schachtschabel P., Blume H.-P., Brümmer G., Hartge K.H., Schwertmann U., 1998:<br />

Lehrbuch der Bodenk<strong>und</strong>e (Scheffer/ Schachtschabel). Ferdinand Enke Verlag,<br />

Stuttgart.<br />

Smidt E., Binner E., Lechner P., 2007: <strong>Huminstoffe</strong> <strong>als</strong> Qualitätsparameter für<br />

<strong>Komposte</strong> <strong>und</strong> <strong>zur</strong> verfahrenstechnischen Optimierung von Kompostanlagen –<br />

Bericht über den 2.Projektabschnitt; FFG-Projekt-Nr. 808753/7872 KA/SA, Wien<br />

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