II. WOHN - BI Sozialpsychiatrie eV
II. WOHN - BI Sozialpsychiatrie eV
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eratung · begleitung · betreuung · therapie<br />
Jahresbericht 2006<br />
Bürgerinitiative <strong>Sozialpsychiatrie</strong> e.V.<br />
Verein für soziale Rehabilitation und zur Vorbeugung psychischer Erkrankungen
Herausgeber:<br />
Bürgerinitiative für soziale Rehabilitation und zur Vorbeugung psychischer Erkrankungen e. V.<br />
<strong>BI</strong> <strong>Sozialpsychiatrie</strong><br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg<br />
Bankverbindung: Sparkasse Marburg-Biedenkopf, Bankleitzahl 533 500 00, Konto 4634<br />
2
3<br />
I. GESCHÄFTSSTELLE...................................................5<br />
JAHRESBERICHT 06<br />
M. KESSLER 5<br />
<strong>II</strong>. <strong>WOHN</strong>- UND REHA<strong>BI</strong>LITATIONSEINRICHTUNG ......7<br />
HAUS AM ORTENBERG<br />
T. DIMROTH 7<br />
<strong>II</strong>I. DEZENTRALE <strong>WOHN</strong>EINRICHTUNGEN ..................12<br />
<strong>WOHN</strong>EINRICHTUNG SAUERSGÄßCHEN<br />
D. KOCH 12<br />
<strong>WOHN</strong>EINRICHTUNG WETTER<br />
W. KRUMM 16<br />
THERAPEUTISCHE <strong>WOHN</strong>GRUPPEN<br />
R. BURGEY 18<br />
IV. AMBULANTE ANGEBOTE.........................................25<br />
BETREUTES <strong>WOHN</strong>EN<br />
R. KERSTING 25<br />
PSYCHOSOZIALE KONTAKT- UND BERATUNGSSTELLE MARBURG<br />
R. KERSTING 26<br />
KONTAKTSTELLE FÜR SELBSTHILFEGRUPPEN<br />
H. C. SANDER 28<br />
REHA<strong>BI</strong>LITATIONSEINRICHTUNG FÜR PSYCHISCH KRANKE<br />
UND BEHINDERTE – RPK<br />
C. BEISING-ILGE 31
4<br />
V. DER TREFF.................................................................35<br />
PSYCHOSOZIALES ZENTRUM MIT PSYCHOSOZIALER KONTAKT-<br />
UND BERATUNGSSTELLE, BETREUTEM <strong>WOHN</strong>EN UND TAGESSTÄTTE<br />
N. SCHENK 35<br />
JUGEND- UND DROGENBERATUNGSSTELLE<br />
N. SCHENK 42<br />
SCHULDNER- UND INSOLVENZBERATUNGSSTELLE<br />
M. CIESLIK-KRAFT 45<br />
VI. KONTAKTADRESSEN................................................49
I. GESCHÄFTSSTELLE<br />
Satzungsreform und neue Leitungsstruktur<br />
5<br />
Der Verein hat sich auf seiner Mitgliederversammlung im Juni 2006 eine neue Satzung gegeben.<br />
Die Neufassung wurde in einer von Mitgliedern, Vorstand, Leitung und Mitarbeitern besetzten Arbeitsgruppe<br />
erarbeitet. Diese Besetzung der AG war umso wichtiger, weil es bei dieser Satzungsreform<br />
auch bzw. vorrangig um eine notwendige und gewollte Reform unserer Leitungsstruktur<br />
(Trennung von Verantwortung und Kontrolle) gehen sollte. Kernziel des über Jahre dauernden<br />
Prozesses war es, die Handlungsebene mit der notwendigen Kompetenz auszustatten (Hauptamtlicher<br />
Vorstand), damit das „operative Geschäft“ mit möglichst wenig Reibungsverlust zeitnah und<br />
verantwortlich geführt werden kann, ohne dabei allzu stark die bestehenden „basisdemokratischen“<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuengen. Darüber hinaus<br />
war es Ziel und rechtliches Erfordernis, eine Form der „Kontrolle“ durch die Bildung eines ehrenamtlichen<br />
Aufsichtsrates zu konstruieren. Mit der Beibehaltung des alten Organs „Leiterkonferenz“<br />
und einer neuen Arbeitsstruktur mit der Schaffung von drei Ressorts (Inhalt, Wirtschaft, Personal)<br />
wurde den Vorgaben der Satzungs-AG weitgehend Rechnung getragen. Die Erfahrungen mit dieser<br />
Leitungs- und Arbeitsstruktur in den ersten Monaten nach der Umsetzung haben bestätigt,<br />
dass der eingeschlagene Weg der Richtige war. Die <strong>BI</strong> hat so die Chance, mit allen Kräften und<br />
auf allen Ebenen eine zukunftsfähige und an den Bedürfnissen des Klientel orientierten Angebotsvielfalt<br />
vorzuhalten bzw. zu entwickeln.<br />
Geschäftsergebnis (Kurzfassung)<br />
Der Verwaltungshaushalt 2006 sah im Entwurf in Einnahmen und Ausgaben bei einem Gesamtvolumen<br />
von rd. 3,1 Mio. EUR eine Unterdeckung in Höhe von rd. 47.000 EUR vor. Die Gegenüberstellung<br />
von Einnahmen und Ausgaben führte einmal mehr deutlich vor Augen, dass die Schere<br />
zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander geht. Die originären Erlöse können<br />
nicht mehr zu 100 % die laufenden Kosten decken, so dass strukturelle Eingriffe, u.a. im Bereich<br />
der Personalkosten, notwendig wurden und zukünftig weitere Korrekturen erforderlich sein werden,<br />
um nicht die Substanz der <strong>BI</strong> anzugreifen. Im Sachkostenbereich sind kaum noch Einsparpotentiale<br />
vorhanden. Im Gegenteil: Nach Jahren der Absenkung einzelner Positionen, steigen bestimmte<br />
Kostenarten wieder stärker an. Bei den Energiekosten ist diese Tendenz eklatant. Diese Kostenart<br />
wird bald drittgrößte Ausgabenposition neben den Personalkosten und Abschreibungen sein. Daher<br />
wird es neben den Aufgaben der Kostenkontrolle und Reduzierung zukünftig wichtig sein, die<br />
Einnahmesituation zu verbessern. Hierfür gibt es verschiedene strategische und inhaltliche Überlegungen.
6<br />
Unter Einbeziehung der außerordentlichen Rechnung errechnet sich für das Geschäftsjahr 2006<br />
ein Jahresüberschuss von 13.848 EUR. Angesichts der betrüblichen Vorzeichen zu Beginn des<br />
Geschäftsjahres ein ausgesprochen erfreuliches Ergebnis.<br />
Wohnheimneubau in Wetter<br />
Mit dem 1. Spatenstich am 14. Juni 2006 endete eine über viele Jahre dauernde Planungszeit und<br />
Unsicherheit über den Fortbestand des Standortes in Wetter.<br />
Mit dem Anrollen der Bagger wurde allerdings deutlich, dass es Probleme mit dem Baugrundstück<br />
und der Gründung geben sollte. Zusätzliche Bodengutachten mussten her, um verlässliche Aussagen<br />
über die Tragfähigkeit des Bodens machen zu können. Zum Glück erwiesen sich die Befürchtungen<br />
als nicht sonderlich problematisch, so dass diese Probleme mit relativ geringem zusätzlichem<br />
Kostenaufwand beseitigt werden konnten. Die weiteren baulichen Maßnahmen haben insgesamt<br />
nach diesen Startschwierigkeiten einen guten Verlauf genommen. Zum Zeitpunkt der Berichtsschreibung<br />
steht der Bau knapp vor seiner Vollendung, so dass der geplante Einzug/Umzug<br />
bis Ende April 2007 vollzogen sein wird.<br />
Abgesehen von den anfänglichen Gründungsproblemen war es erfreulich, dass es nur wenige<br />
Baupannen und unerwartete Ereignisse gegeben hat, die sich auf die Kostensituation ausgewirkt<br />
haben. Wenn nichts „Schlimmeres“ mehr passiert, werden wir im Rahmen der veranschlagten Kosten<br />
von rd. 1,04 Mio. EUR bleiben. Allerdings ist es so, dass für noch fehlende Ausstattungsgegenstände<br />
finanzielle Mittel benötigt werden, die die <strong>BI</strong> nicht alleine wird aufbringen können.
<strong>II</strong>. <strong>WOHN</strong>- UND REHA<strong>BI</strong>LITATIONSEINRICHTUNG<br />
Haus am Ortenberg<br />
7<br />
Das Haus am Ortenberg bietet als Wohnheim für 26 Menschen mit einer chronischen psychischen<br />
Erkrankung eine Hausgemeinschaft mit 24 Stunden Betreuung. Das Alter<br />
der Bewohner liegt zwischen 30 und 60 Jahren, wobei die meisten Bewohner zwischen<br />
40 und 55 Jahre alt sind. Jeder Bewohner und jede Bewohnerin hat ein Einzelzimmer,<br />
das nach Wunsch komplett möbliert oder mit eigenen Möbeln ausgestattet individuell<br />
gestaltet werden kann.<br />
Die vier Wohngruppen im Haus werden jeweils von einer festen Bezugsperson begleitet. Grundsätzlich<br />
soll das Haus für alle ein Zuhause bieten, in dem sich jeder wohl fühlt.<br />
Mit jedem Bewohner, jeder Bewohnerin werden differenzierte individuelle Hilfen vereinbart.<br />
Je nach Bedarf umfassen die Hilfen u. a. die folgenden Bereiche:<br />
• Unterstützung im Umgang mit Geld, Ämtern und Behörden.<br />
• Hilfen in Fragen der Haushaltsführung.<br />
• Hilfen bei der Freizeitgestaltung und bei sozialen Kontakten.<br />
• Aufarbeitung lebensgeschichtlicher Themen.<br />
• Hilfen im Umgang mit der Erkrankung sowie Krisenbegleitung.<br />
Interne Tagesstruktur<br />
Die tagesstrukturierenden Angebote wurden im Berichtsjahr im Wesentlichen so fortgeführt,<br />
wie in den Vorjahren beschrieben. Sie gliedern sich in die Bereiche:<br />
• Hauswirtschaft<br />
• Bewegung<br />
• kreative Beschäftigung<br />
• Arbeitstherapie<br />
• Freizeitangebote.<br />
Sie zielen darauf ab, die Kompetenzen der Bewohnerinnen und Bewohner umfassend zu erhalten<br />
und zu fördern, um ihnen ein möglichst hohes Maß an Selbständigkeit zu ermöglichen.<br />
In den letzten Jahren bereitet uns der körperliche Allgemeinzustand vieler BewohnerInnen zunehmend<br />
Sorge, der sich durch übermäßiges Rauchen, Übergewicht und Bewegungs-mangel zunehmend<br />
verschlechtert. Wir sind deshalb sehr bemüht, besonders gefährdete BewohnerInnen zur
8<br />
Teilnahme an den bestehenden Bewegungsangeboten zu motivieren sowie neue, der Situation<br />
angepasste Angebote zu schaffen.<br />
Hauswirtschaft<br />
Nach wie vor liegt der Schwerpunkt der Tagesstruktur im hauswirtschaftlichen Bereich. Die BewohnerInnen<br />
sind für die Reinigung ihrer Zimmer, Bäder und Gruppenküchen verantwortlich<br />
(in Abwesenheit der Raumpflegerin auch für de Flure und Verkehrsflächen). Dabei werden sie<br />
in der Regel von den jeweiligen GruppenbetreuerInnen unterstützt, von Zeit zu Zeit aber auch von<br />
einer Hauswirtschafterin, die dann gemeinsam mit den BewohnerInnen eine Grund-reinigung<br />
durchführt.<br />
Die BewohnerInnen beteiligen sich am Kochen in der Großküche und erledigen den Abwasch<br />
meist selbständig. Eine Bewohnerin backt freitags Kuchen für das Kaffeetrinken am Wochen-ende.<br />
Mittwochs wird nach wie vor auch in den Kleingruppen gekocht, wobei in jeder Kleingruppe ein<br />
Mitarbeiter zur Unterstützung anwesend ist. Der Einkauf des Frühstücks, des Abendbrotes und<br />
das Mittwochskochen sowie die Verwaltung der Gruppenkassen liegen ebenfalls in der Hand der<br />
BewohnerInnen.<br />
Ein Bewohner erledigt das Waschen und Trocknen der Hauswäsche (Handtücher und Geschirrtücher).<br />
Der Wäschedienst bügelt und bringt die Waschküche in Ordnung.<br />
Bewegung<br />
Im Bereich der Bewegungsförderung wird einmal wöchentlich ein Besuch im Schwimmbad angeboten.<br />
Aufgrund des hohen Stellenwertes den das Schwimmen in der Gesundheitsvorsorge besitzt,<br />
legen wir besonderen Wert auf die zahlreiche regelmäßige Teilnahme besonders gesundheitlich<br />
gefährdeter BewohnerInnen. Zufälligerweise findet in der Zeit unseres Schwimmbadbesuches<br />
ein Wassergymnastikangebot im Schwimmbad Aquamar statt, an dem sich auch einige unserer<br />
BewohnerInnen beteiligen.<br />
Mittwochs findet ein Spaziergang statt, zu dem auch einige BewohnerInnen aus gesundheitlichen<br />
Gründen verpflichtet sind. Außerdem werden an den Wochenenden regel-mäßig Spaziergänge<br />
durchgeführt.<br />
Mittwochnachmittags besteht die Möglichkeit mit zum Tierheim nach Cappel zu fahren, um dort<br />
eine Stunde lang einen Hund auszuführen.<br />
Von montags bis freitags wird nach der Morgenrunde eine viertel Stunde Morgengymnastik angeboten,<br />
die vor allem denjenigen helfen soll, die häufig über Rücken- und Schulterschmerzen klagen.<br />
Im Sommer 2006 hat sich mehrere Male eine Walkinggruppe zusammengefunden. Verschiedene<br />
BewohnerInnen konnten zum Fahrradfahren (auch meistens in Begleitung) ermutigt werden und im<br />
Flur steht ein Hometrainer zur Verfügung, der von Einzelnen<br />
genutzt wird.
9<br />
Viel Energie haben wir im letzten Jahr darauf verwandt, die BewohnerInnen zur Teilnahme an der<br />
Psychomotorikgruppe zu motivieren. Diese findet einmal wöchentlich im Institut für Leibesübung<br />
statt und wird unter Anleitung einer Studentin im Studiengang Psychomotorik von zurzeit vier BewohnerInnen<br />
regelmäßig besucht. Da in dieser Gruppe noch Platz für zwei bis vier weitere Personen<br />
wäre, wurden von uns zahlreiche Gespräche geführt und eine Schnupperstunde im Haus geplant,<br />
von der wir uns erhoffen, dass einige BewohnerInnen motiviert werden können, auch an der<br />
Gruppe teilzunehmen. Um die „Hürden“ für den<br />
Besuch der Gruppe möglichst niedrig zu halten, besteht weiterhin das Angebot, dass die TeilnehmerInnen<br />
zum Institut für Leibesübungen gebracht werden und nach Beendigung der Gruppe<br />
auch dort wieder abgeholt werden.<br />
Kreative Beschäftigung<br />
Von montags bis freitags steht der Ergotherapieraum mit vielen verschiedenen Materialien allen<br />
BewohnerInnen offen, die Zeit und Lust haben, sich kreativ zu betätigen, die Gesellschaft suchen<br />
oder den Wunsch haben, einfach nur Tee zu trinken, Musik zu hören und sich auszutauschen.<br />
Dies ist ein wesentliches Angebot, um der bei vielen BewohnerInnen ausgeprägten Rückzugstendenz<br />
zu begegnen und Geselligkeit in einem angenehmen Umfeld zu ermöglichen. Zwei Ergotherapeuten<br />
stehen zur Verfügung, geben Anregungen, besorgen Materialien und begleiten die Aktivitäten.<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, eigene Materialien mit in die Gruppe zu bringen. Einige<br />
BewohnerInnen handarbeiten und werken nach ihren eigenen Vorstellungen. Ein Bewohner brachte<br />
ein tausendteiliges Puzzle mit, was dann gemeinschaftlich zusammengesetzt wurde. Außerdem<br />
findet Montagnachmittag eine Handarbeitsgruppe statt, die den BewohnerInnen in dem Kontakt<br />
auch die Möglichkeit bietet, kleinere Instandsetzungsarbeiten an ihrer Kleidung vorzunehmen.<br />
Arbeitstherapie<br />
Im Bereich der Arbeitstherapie gibt es die Gartengruppe, wobei 2006 zwei Bewohner für die Bepflanzung<br />
und Instandhaltung des Außengeländes zuständig waren und ein Bewohner für die Pflege<br />
der Topfpflanzen im Haus. Darüber hinaus konnten auch einige andere BewohnerInnen für einzelne<br />
Gartenaktionen gewonnen werden.<br />
In der Ergotherapie werden von verschiedenen BewohnerInnen Tischdecken, Vorhänge und einzelne<br />
Kleidungsstücke genäht. Die Reparatur bzw. Änderung von Kleidungsstücken gehört mittlerweile<br />
zum festen Bestandteil der Ergotherapie.<br />
Im Rahmen der vormittäglichentäglichen Ergotherapiegruppe besteht die Möglichkeit, den Umgang<br />
mit dem Computer zu erlernen. Darüber hinaus besteht seit drei Jahren ein fortlaufender Computerkurs,<br />
der einmal wöchentlich stattfindet und an dem ein Bewohner und ein ehemaliger Bewohner<br />
des Hauses teilnehmen.<br />
Zwei BewohnerInnen haben die Aufgabe übernommen, für das Cafe im Spiegelslustturm
10<br />
Kuchen zu backen. Diese Arbeit wird vom MObiLO entlohnt und bietet damit die Möglichkeit, das<br />
Taschengeld ein wenig aufzubessern.<br />
Freizeitangebote<br />
An den Wochenenden werden regelmäßig zwei bis drei Ausflüge oder Spaziergänge angeboten.<br />
Im Rahmen des Ferienprogramms gibt es auch Tagesausflüge, z. B. ins Museum, den Wildpark<br />
oder Besichtigung von Bergen oder eine Fahrten an Badeseen.<br />
Einmal im Monat wird am Abend ein Kneipenbesuch angeboten, der großen Anklang findet, da die<br />
meisten BewohnerInnen abends nicht alleine aus dem Haus gehen.<br />
Im September 2006 wurde wieder eine einwöchige Freizeit durchgeführt, die in diesem Jahr nach<br />
Ueckermünde an das Stettiner Haff führte. Hierbei handelte es sich um eine Freizeiteinrichtung<br />
des in Marburg ansässigen BSJ. Das Freizeitheim Zerum liegt malerisch direkt an einem kleinen<br />
Hafen in unmittelbarer Nähe des Stettiner Haffs. Von Seiten des Zerums wurden für unsere BewohnerInnen<br />
vielfältige Bewegungsangebote und Besichtigungen angeboten. Es bestand die Möglichkeit,<br />
mit hauseigenen Kanus auf dem Fluss Uecker zu paddeln. Unter fachmännischer Anleitung<br />
einer dortigen Betreuerin haben es einige BewohnerInnen geschafft, ihre Ängste zu überwinden<br />
und haben an einer Paddeltour teilgenommen.<br />
Trotz vieler Befürchtungen die im Vorfeld von einigen BewohnerInnen geäußert wurden, die sich<br />
einen Ausbruch aus der täglichen Routine nur schwer vorstellen konnten, wurde diese Freizeit von<br />
fast allen BewohnerInnen im Nachhinein als eine der schönsten beschrieben, die bisher stattgefunden<br />
haben.<br />
Personal<br />
Im Zuge der notwendigen Einsparungen konnte die befristete Stelle von Frau Peip nicht weitergeführt<br />
werden, so dass Frau Peip uns im Sommer leider verlassen musste. Ein großer Teil der<br />
Stunden wurde auf andere MitarbeiteInnen im Haus umgelegt.<br />
Die Zivildienststelle darf auf Grund der vorzunehmenden Einsparungen vorläufig nicht mehr besetzt<br />
werden-<br />
Es wurden wiederum 3 Praktikantinnen, die eine Ausbildung zur Ergotherapeutin am IfbE machen<br />
im Haus betreut.<br />
Eine Maßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung durch das Institut Grone wurde durchgeführt.<br />
Supervision<br />
Die Supervisionsitzungen mussten ebenfalls im Zuge der Sparmaßnahmen von einer 14-tägigen<br />
Frequenz auf eine 4-wöchentliche Frequenz umgestellt werden.<br />
Aus-/Einzüge
11<br />
2 Bewohner sind in andere Heimeinrichtungen ausgezogen und die Plätze wurden von einem Bewohner<br />
aus der Forensik und einer Bewohnerin aus dem ZSP neu belegt.<br />
Die durchschnittliche Auslastung betrug im Berichtsjahr bei 9468 Belegungstagen 100%..
<strong>II</strong>I. DEZENTRALE <strong>WOHN</strong>EINRICHTUNGEN<br />
12<br />
Wohneinrichtung Sauersgässchen<br />
Zwei Themenbereiche begleiteten uns im Jahr 2006 im Besonderen:<br />
Die Verschärfung der Lebensbedingungen der Betreuten aufgrund von Maßnahmen unterschiedlicher<br />
Kostenträger (LWV, AA, KCJ). Betroffen von den Verschärfungen sind vor allen die<br />
Bereiche von Arbeit und Beschäftigung. Die Konfrontation mit der Vielzahl von sich immer wieder<br />
zum Nachteil der Betroffenen verändernden Vorschriften (KJC, Arbeitsamt, LWV..) wirken sich bei<br />
den Bemühungen um Verselbständigung deutlich bremsend aus bzw. wirken extrem verunsichernd,<br />
machen Angst. Die Abschaffung des Freibetrags beim Einkommen führt dazu, dass die<br />
Motivation zur Übernahme von kleineren deutlich gesenkt wird.<br />
Konzeptionelle Veränderungen im Zusammenhang mit dem geplanten Abbau von Wohnheimplätzen<br />
und einer Intensivierung der der Vernetzung unseres Angebotes mit dem der therapeutischen<br />
Wohngruppen.<br />
Kunstprojekt<br />
Das im letzten Jahr installierte Angebot<br />
KunstWerkProjekt wurde mit zwei weiteren zeitlich<br />
begrenzten Kunstprojekten im Sauersgäßchen<br />
fortgesetzt. Das Thema „Selbstbild – Collage“ stellte<br />
zum einen die Technik der Collage vor und regte die<br />
Teilnehmer dazu an die verschiedenen Facetten ihres<br />
Selbstbildes zu entdecken.<br />
Ein zweites Projekt, indem anhand von Fotografien<br />
das Thema „Störungen“ bearbeitet werden sollte, wurde nach zwei Sitzungen, die geprägt waren<br />
von eher philosophisch-theoretischer Diskussion aufgrund zu unregelmäßiger Teilnahme nicht<br />
fortgesetzt werden. Beide Projekte wurden von H. Schaible und H. Rosemann angeleitet. Mit dem<br />
Ausscheiden von H. Rosemann ist die Projektreihe zunächst unterbrochen. Ziel war es einen<br />
Raum zur Verfügung zu stellen, in dem jede/r die Erfahrung machen konnte, etwas aus sich selbst<br />
heraus zu (er-)schaffen. Die gesunde Seite, die Kreativität der Teilnehmenden jenseits von therapeutischer<br />
Betrachtung sollte angesprochen werden. Eine Fortsetzung des Angebots auch im Sinne<br />
der Vernetzung wird angestrebt.<br />
Filmfestival
13<br />
Anschließenden an die positiven Erfahrungen mit der<br />
Veranstaltung „Wahnsinn – Kunst und Krise“ setzte<br />
Herr Schaible im Auftrag der <strong>BI</strong> in Kooperation mit dem<br />
TraumaKino im G-Werk das Filmfestival AusnahmeZustand erfolgreich um. Gezeigt wurden<br />
6 Filme die das Thema psychische Erkrankung sowohl künstlerisch als auch inhaltlich<br />
auf sehr unterschiedliche Weise behandeln. Das Programm wurde eingerahmt durch moderierte<br />
Diskussionen und einen psychiatrischen Fachvortrag. Die gute Resonanz zeigte<br />
ein großes Interesse der Öffentlichkeit am Thema und bestätigte die gute Möglichkeit mit<br />
Veranstaltungen an der Schnittstelle Kultur/Psychiatrie Betroffenen Gehör zu verschaffen<br />
sowie Aufmerksamkeit für das Thema und für die Arbeit des Vereins herzustellen.<br />
Freizeit<br />
Das Reiseziel der Gruppe war das Freizeitheim<br />
Bockholmwik in der Nähe von Glücksburg. Das<br />
Selbstversorger-Haus bot innen und auf dem<br />
Außengelände viel Raum für Aktivitäten. Es lag<br />
in der Nachbarschaft eines Campingplatzes, die<br />
Ostsee war in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen.<br />
Beim Kochen entstand sowohl eine Lust an der<br />
Entwicklung von Menuvorschlägen, gleichzeitig spielte der Aspekt des Genießens und der gegenseitigen<br />
Wertschätzung der Kochkunst eine große Rolle.<br />
Bewegungen, körperliche Aktivität prägten eine Vielzahl von Unternehmungen in kleineren und<br />
größeren Gruppen:<br />
Darüber hinaus haben Einzelne immer wieder die Gelegenheit genutzt zum Strand zu gehen, kleinere<br />
Radtouren zu machen oder sich auf dem hauseigenen Gelände einen Platz zum ausruhen<br />
oder Lesen zu suchen.<br />
Besondere Aktivitäten<br />
Mottoessen<br />
Nach den positiven Erfahrungen im Vorjahr mit dem Projekt Jahreszeitenessen, fand ein Festessen<br />
unter dem Motto „Italien“ statt, bei dem neben landestypischen Gerichten durch gestalterische<br />
Aktionen ein italienisches Flair hergestellt wurde.
14<br />
Abendbrotwoche<br />
Um eine Anregung bei der genussvollen Gestaltungen von Mahlzeiten zu geben und einen positiven<br />
Impuls zu mehr Sorgfalt und Mühe bei den Abendbrotdiensten zu setzen veranstalteten wir<br />
eine Abendbrotwoche in der wir gemeinsam mit den Bewohnern die Abendmahlzeiten gestalteten.<br />
Renovierung<br />
Beinahe „traditionell“ renovierten wir auch in diesem Jahr wieder ein Bewohnerzimmer in Eigenregie.<br />
Die deutlich unterentwickelten Fähigkeiten im handwerklichen Bereich der „Bewohner im<br />
Hausprogramm“ ließen den Arbeitsprozesses nur schleppend voranschreiten, so dass in Zukunft<br />
im Einzelfall zu überprüfen ist in welchem Verhältnis die „Lerngelegenheit Renovierung“ zum Aufwand<br />
steht.<br />
Personal<br />
Im August 2006 verabschiedeten wir Melanie Gürtler, die ihr FSJ-Jahr beendete und begrüßten<br />
Annika Paul als ihre Nachfolgerin im Team.<br />
Statistische Daten Wohneinrichtung Sauersgässchen<br />
Altersgruppe Männlich Weiblich<br />
21 bis unter 25 Jahre 2 1<br />
25 bis unter 30 Jahre 2 2<br />
30 bis unter 40 Jahre 2 2<br />
Insgesamt 6 5<br />
Diagnose<br />
Schizophrene Psychose 3<br />
Affektive Psychose 1<br />
Borderline-Störung 1<br />
And. Persönlichkeitsstörung 3<br />
Doppeldiagnosen 1<br />
Sonstige 3<br />
Hilfebedarfsgruppen<br />
HBG2 6<br />
HGB3 5<br />
Interne Tagesstruktur
HBG2 3<br />
HBG3 5<br />
Insgesamt 8<br />
15<br />
Beschäftigungssituation der Bewohner (Stand 31.12.06)<br />
Reha-Werkstatt 2<br />
Ausbildung 2<br />
Berufsvorbereitungslehrgang 1<br />
ZAK (2) wegen Kliniksaufenthalt unterbrochen<br />
Hausprogramm 4<br />
Aufnahmen im letzten Kalenderjahr<br />
Aufenthalt direkt vor Gesamt Kreis Marburg- Nachbarkeis Land<br />
der Aufnahme<br />
Biedenkopf<br />
Krankenhaus 1 1<br />
Elternhaus 1 1<br />
Eine Person wurde in die Therapeutischen Wohngruppen entlassen. Ein anderer Bewohner zog in<br />
eine eigene Wohnung.
Wohneinrichtung Wetter<br />
Neubau<br />
16<br />
Endlich, nach vielen Jahren des Wartens und der Ungewissheit können wir nur positives über den<br />
Verlauf des Neubaus unseres Wohnheimes berichten. Die überarbeiteten Pläne des Architekten<br />
wurden von LWV und Sozialministerium akzeptiert und die Vorbereitungen konnten beginnen. Anfang<br />
Februar traf die Baugenehmigung ein und am 14. Juni konnte der „erste Spatenstich“ erfolgreich<br />
vollzogen werden. Die Bauarbeiten begannen zügig und Ende Oktober konnte der Rohbau<br />
fertig gestellt werden. Gegen Ende des Jahres wurde der Innenausbau aufgenommen und pünktlich<br />
zum Jahreswechsel waren die Fenster eingebaut und die Heizung instand gesetzt.<br />
Die Hausbewohner verfolgten die Bauarbeiten während des Jahres mit großem Interesse. Bei<br />
Spaziergängen wurde das Haus immer wieder angeschaut und schließlich auch erste Wünsche<br />
zur Zimmerbelegung geäußert. Dennoch macht der bevorstehende Umzug auch einigen Hausbewohnern<br />
Angst. Für sie ist es schwierig sich vorzustellen, die gewohnte Umgebung zu verlassen,<br />
abgesehen von den bevorstehenden Arbeiten die beim so einem großen Umzug anfallen werden.<br />
In Einzelgesprächen und in den Therapiegruppen wird der Umzug immer wieder thematisiert.<br />
Währenddessen verschlechtert sich der Zustand des Altbaus rapide und wir hoffen, dass wir die<br />
Zeit bis zum Umzug im April 2007 noch einigermaßen überstehen. Auch der Verkauf des Gebäudes<br />
war gegen Ende des Jahres wieder fraglich. Der Käufer hatte bis dahin noch keinen Kreditgeber<br />
gefunden. Auch hier bleibt auf einen guten Ausgang zu hoffen.<br />
Insgesamt erfordert der Neubau immer wieder auch kurzfristige Entscheidungen durch das Team<br />
und die Hausleitung. Dies vor allem bezüglich der Innenausstattung und der Raumgestaltung. Hier<br />
gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer und dem Architekten sehr erfreulich.<br />
Konzept<br />
Unser bewährtes Konzept haben wir beibehalten, auch um vor dem Umzug keine Veränderungen<br />
für die Bewohner mehr einzuführen. In regelmäßigen Konzeptbesprechungen reflektierten wir das<br />
bestehende Hausprogramm und modifizierten es nach dem Bedarf und den Interessen der Bewohner<br />
und des Teams.<br />
Besondere Ereignisse<br />
Im April 2006 war die Hausgemeinschaft und das Team einer großen Belastung ausgesetzt, Ein<br />
Bewohner, der erst 6 Wochen im Haus verweilte wurde tagelang vermisst und schließlich tot im<br />
Stadtwald Marburg gefunden. Dieser Suizid hat alle zutiefst erschüttert, zumal dieser Bewohner in<br />
allen Häusern der <strong>BI</strong> bekannt war.
17<br />
Betreutes Wohnen<br />
Das Betreute Wohnen in Anbindung an das Haus konnte in 2006 weiter ausgebaut werden. Zum<br />
Jahresende waren neben den 12 stationären Plätzen 6 Wohnplätze im betreuten Wohnen belegt.<br />
In der Weiterführung dieser Plätze mit einer hohen Anzahl an Fachleistungsstunden gab es mit<br />
dem Kostenträger keine Probleme, so dass es zu keiner Arbeitszeitreduzierung der Mitarbeiter<br />
kam.<br />
Belegung<br />
Wir hatten das ganze Jahr über (abgesehen von wenigen Wochen) Vollbelegung. Die Anfrage<br />
nach Wohnheimplätzen ist weiterhin groß und die traditionelle Zusammenarbeit mit den Kliniken<br />
läuft hervorragend. Wir hatten 9 Vorstellungsgespräche und 13 Besuchstage.<br />
Mit den Mitarbeitern der Station 2b des ZSP Marburg findet ein regelmäßiger kollegialer Austausch<br />
statt. In 2006 war nur in zwei Fällen eine Kliniksaufnahme für wenige Tage notwendig.<br />
Durch die Belegungskonferenzen ist die Aufnahme aus andern Landkreisen schwieriger geworden.<br />
Wir können zwar Aufnahmezusagen machen, aber die Bewerber müssen erst auf eine Zustimmung<br />
der Belegunskonferenz in ihrem Landkreis warten. Dadurch erhöhen sich mitunter die Wartezeiten<br />
auf einen Platz.<br />
In 2006 hatten neun Vorstellungsgespräche und 14 Besuchstage. Zur Aufnahme kam es in 6 Fällen.<br />
Aus der Heimbetreuung schieden 6 Personen aus, von den 4 ins betreute Wohnen wechselten.<br />
Freizeit<br />
Im Sommer waren wir wieder für eine Woche auf Amrum in unserem bekannten Feriendomizil.<br />
Personal<br />
Im Team gab es keine personellen Veränderungen. Die Psychologin Frau Meier<br />
beendete im Dezember ihre Elternzeit, so dass das Team so besetzt war:<br />
Wolfgang Krumm 37 Wstd. ( Hausleitung, Gruppenbetreuung, betreutes Wohnen)<br />
Walburga Meier 20 Wstd. (stellvertr. Leitung, Psychologin, betreutes Wohnen)<br />
Christoph Rink 32 Wstd. (Gruppenbetreuung, betreutes Wohnen)<br />
Ingrid Zuber 30 Wstd. (Gruppenbetreuung, betreutes Wohnen)<br />
Brigitte Werner 20 Wstd. (Gruppenbetreuung, betreutes Wohnen)<br />
Mareike Steffens (FSJ)
Therapeutische Wohngruppen<br />
18<br />
Das Jahr 2006 hielt für Mitarbeiter und Bewohner der Therapeutischen Wohngruppen verschiedene<br />
Zumutungen bereit:<br />
Leider war es nicht durchsetzbar, die Ergotherapiestelle für Axel Rosemann fest (als zusätzliche<br />
Stelle) zu etablieren oder zumindest eine Verlängerung zu erreichen.<br />
Im Frühsommer des Jahres musste sich die <strong>BI</strong> mit dem Ansinnen des LWV auseinandersetzen,<br />
Heimplätze abzubauen.<br />
Abbau von Heimplätzen<br />
Im Sommer 2006 wurde zwischen LWV Hessen und <strong>BI</strong> eine Vereinbarung getroffen, dass die <strong>BI</strong><br />
bereit ist, 4 Heimplätze abzubauen und im Gegenzug dafür 6 Plätze im Betreuten Wohnen etablieren<br />
kann. In einer weiteren Absprache wurde ausgehandelt, dass die <strong>BI</strong> innerhalb ihrer Übergangseinrichtungen<br />
diese Plätze abbaut oder umwandelt und der LWV keinen Einfluss darauf<br />
nimmt, in welchem Bereich dies konkret geschieht.<br />
In einer ersten Phase sollen ab Januar 2007 zunächst 2 Plätze in den Therapeutischen Wohngruppen<br />
in Intensiv-Betreutes Wohnen innerhalb der jeweiligen Wohngruppen umgewandelt werden.<br />
Dies ist zunächst noch nicht als dauerhafte Festlegung zu verstehen, langfristig kann es<br />
durchaus sein, dass mal in diesem, mal in jenem Bereich Plätze in Betreutes Wohnen umgewandelt<br />
werden. Trotzdem haben die Informationen zu diesem Thema Ängste bei den Betreuten ausgelöst.<br />
Dass die Therapeutischen Wohngruppen, mit insgesamt 24 Plätzen größter Bereich der Übergangseinrichtungen,<br />
in der internen Diskussion stärker ins Blickfeld gerückt sind, ist gut nachvollziehbar,<br />
entsprechen sie doch in ihrer Dezentralität und in ihrer Konzeption weniger einer klassischen<br />
Heimeinrichtung.<br />
Es zeigte sich in diesem Zusammenhang als notwendig und sinnvoll, genauer die Unterschiede<br />
zwischen Therapeutischen Wohngruppen und Betreutem Wohnen herauszuarbeiten. Inzwischen<br />
liegen hierzu ausführliche Papiere vor, deshalb soll im Folgenden nur in gekürzter Form zu diesem<br />
Thema Stellung bezogen werden.<br />
Konzeption<br />
Tatsächlich stellen die Therapeutischen Wohngruppen in Marburg ein ganz besonderes Modell<br />
dar. Uns ist kein vergleichbares Projekt mit psychisch kranken Erwachsenen bekannt, also eine<br />
dezentrale Einrichtung, die in 5 Wohngemeinschaften insgesamt 24 psychisch Kranke betreut und<br />
zwar als eigenständiger Bereich, nicht im Sinne einer oder mehrerer Außenwohngruppen als Anhang<br />
an ein Wohnheim.
19<br />
Sie sind ein Angebot für Menschen, die in einer Gruppe leben wollen, die bereits eine gewisse<br />
Selbständigkeit erreicht haben und für die trotzdem eine intensive Betreuung notwendig ist. Sie<br />
sind ein Angebot insbesondere für Betreute, die bereits eine berufliche Rehabilitation begonnen<br />
haben, eine solche anstreben oder bei ihrer derzeitigen Tätigkeit kontinuierliche Unterstützung<br />
benötigen. Für Menschen, die keine regelmäßige Beschäftigung oder externe Tagesstruktur haben,<br />
stellen wir eine Tagesstruktur aus externen und internen Angeboten zusammen.<br />
Die Therapeutischen Wohngruppen bieten besondere Möglichkeiten an Flexibilität und Personenzentrierung.<br />
Sie bieten einen beschützten Rahmen, d. h. die <strong>BI</strong> stellt Wohnungen incl. Einrichtung,<br />
Telefon etc. zur Verfügung und sorgt für einen guten Standard. Miete und andere Kosten sind über<br />
den Pflegesatz gesichert. Gleichzeitig bilden die Wohngruppen aber auch ein Stück Normalität. Sie<br />
befinden sich in Mietwohnungen im Zentrum von Marburg. Es ist eine gewisse Selbständigkeit<br />
erforderlich, auch im Kontakt zu Nachbarn und Vermietern sowie die Fähigkeit, sich bei Bedarf per<br />
Telefon Hilfe bei den Betreuern zu holen.<br />
Der zentrale Ort der Interaktion ist die Wohngruppe. Jede der 5 Wohngruppen wird von 2 festen<br />
Bezugspersonen und einer studentischen Praktikantin, einem Zivildienstleistenden oder einer Mitarbeiterin<br />
im freiwilligen sozialen Jahr betreut.<br />
Grundlegendes Prinzip der Beziehungsgestaltung in der Gruppe ist die Dosierung von Nähe und<br />
Distanz, von zuwendender Hilfe und Abgrenzung. Durch dieses Setting wird ein Raum zur Verfügung<br />
gestellt um Übertragungsprozesse zu ermöglichen. In diesen Übertragungsprozessen werden<br />
Verhalten und Gefühle der Bewohner zum eigenen Verständnis aufgedeckt und so korrigierbar<br />
gemacht. Die Betreuten lernen in der Gruppe ihre Gefühle und ihr Verhalten wahrzunehmen und<br />
zu verändern.<br />
Für die Mitarbeiter bedeutet dies, im Team und in der Supervision sowohl die innerpsychischen<br />
Prozesse jedes Einzelnen, als auch die Gruppendynamik der unterschiedlichen WGs zu erfassen<br />
und produktiv zu nutzen.<br />
Die aktive Auseinandersetzung in einer Gruppe, in der sehr unterschiedliche Menschen leben,<br />
setzt Entwicklungsprozesse in Gang. Meist befinden sich die Bewohner einer Wohngruppe in unterschiedlichen<br />
Phasen ihres Lebens bzw. ihrer Krankheit. Sie können sich über ihre jeweiligen<br />
Erfahrungen austauschen und sich bei Bedarf gegenseitig helfen. Es besteht die Möglichkeit, den<br />
eigenen Freundes- und Bekanntenkreis zu erweitern, z. T. entstehen Beziehungen zwischen den<br />
Betreuten, die sich auch langfristig bewähren. Wöchentlich findet eine Wohngruppensitzung, d. h.<br />
ein therapeutisches Gruppengespräch statt. Für die Bewohner besteht außerdem die Möglichkeit<br />
an einer regelmäßigen Gesprächsgruppe teilzunehmen. Es gibt regelmäßige Gruppenangebote<br />
mit bzw. in jeder Wohngruppe, eine umfassende Erreichbarkeit der Betreuer, eine Rufbereitschaft<br />
abends und nachts, einen Wochenenddienst und umfassende Kriseninterventionsmöglichkeiten.<br />
Hervorzuheben ist die Vernetzung der 5 Wohngruppen mit der Zentrale in der Biegenstraße.<br />
Im Laufe der Jahre hat sich eine „Identität“ der „Wohngrüppler“ innerhalb der <strong>BI</strong> entwickelt. Das gilt<br />
sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Bewohner. Den Bewohnern ist bewusst, dass sie durch
20<br />
ein Team betreut werden. Alle Mitarbeiter sind direkt ansprechbar und gut informiert .Das vermittelt<br />
den Bewohnern zusätzlich das Gefühl, gut aufgehoben zu sein und in einem sicheren Rahmen zu<br />
leben. Beim „Betreuten Wohnen“ ist nur ein Mitarbeiter zuständig, was bei Krankheit und Urlaub<br />
des Zuständigen leicht zu Verunsicherung führen kann.<br />
Es gibt eine bewährte Angehörigenarbeit sowie eine regelmäßig tagende Angehörigengruppe.<br />
Es wird eine Reihe von übergreifenden Veranstaltungen für alle Wohngruppen angeboten, Z.B.:<br />
Ausflüge, Besuch von kulturellen Veranstaltungen, Spielegruppe, Frühstück, Gruppenfreizeit. Im<br />
Bereich der beruflichen Förderung bieten wir neben der Motivationsarbeit bei Bedarf auch Weckdienst<br />
, Fahrdienste zu den Beschäftigungsorten, Bewerbungstraining, kognitives Training (Cog-<br />
Pack u. ä.) an.<br />
Bei sportlicher Betätigung und Entspannungstechniken machen wir einige Angebote selbst, z. B.<br />
Qi-Gong-Gruppe, andere delegieren wir auf Honorarbasis - Bewegungsgruppe, Joggen - oder übernehmen<br />
Kosten für Fitness-Center u. ä..<br />
Soweit von der Personalsituation möglich, können auch ergotherapeutische Angebote gemacht<br />
werden, z. B. gezielte Anleitung bei alltagspraktischen Fähigkeiten, Renovierungen und Reparaturen<br />
in der Wohngruppe, Computerschulung u. ä..<br />
Abschließend kann festgehalten werden:<br />
Therapeutische Wohngruppen sind besonders geeignet -<br />
- wenn Entlastung von der Verantwortung für Einkommen und Wohnen notwendig ist,<br />
- wenn jemand soziale Kompetenz erwerben oder verbessern will,<br />
- wenn jemand in einer Gruppe leben und sich auseinandersetzen,<br />
- damit auch seine Kommunikationsfähigkeit stärken will,<br />
- wenn die Gefahr der Vereinsamung besonders groß ist,<br />
- wenn die Abhängigkeit von Eltern und Partnern aufgelöst werden soll und dies besonders<br />
schwierig ist,<br />
- wenn mangelnder Antrieb vorliegt,<br />
- wenn bei alltagspraktischen Fähigkeiten noch Schwierigkeiten vorhanden sind oder eine<br />
Verwahrlosungsgefahr besteht,<br />
- wenn größere Schwierigkeiten bei der Strukturierung des Alltags bestehen.<br />
Manches davon ginge bei entsprechenden Fachleistungsstunden auch im Betreuten Wohnen. Bisher<br />
gibt es dort aber keine vergleichbaren Wohngruppen, keine Rufbereitschaft, keine Wochenenddienste,<br />
die Zimmer werden nicht über den Pflegesatz finanziert und bei Bedarf eingerichtet<br />
Die Tatsache, dass die Wohngruppen als stationäre Einrichtung geführt werden, also über Pflegesatz<br />
finanziert sind, bedeutet, dass es möglich ist, Wohnungen anzumieten, die von ihrem Standard<br />
und Zuschnitt her die Möglichkeit für eine intensive Gruppenarbeit bieten. Da die Wohnungen<br />
zentral liegen, kann auch die Teilnahme am Gemeinschaftsleben, an kulturellen Angeboten und<br />
Angeboten der beruflichen Weiterbildung bestens gefördert werden.
21<br />
Über Grundsicherung finanzierbare Wohnungen für eine Gruppe von 4 – 5 Personen sind im Zentrum<br />
der Stadt nicht zu bekommen.<br />
Insgesamt hat sich das Konzept der Therapeutischen Wohngruppen bewährt, wie sich an einer<br />
großen Anzahl von positiven Lebensverläufen, durch Bewohnerbefragungen, Rückmeldungen von<br />
Ärzten und Angehörigen belegen lässt.<br />
Bei mehreren Besuchen von LWV-Vertretern hatten wir 2007 Gelegenheit unsere Arbeit ausführlich<br />
darzustellen. Der zuständige Regionalmanager und die zuständige Sachbearbeiterin besuchten<br />
auch zwei Wohngruppen.<br />
Legt man die oben genannten Kriterien bei den derzeitigen Bewohnern an, kommt man zu dem<br />
Ergebnis, dass bei ca. 20 Personen eine Therapeutische Wohngruppe bzw. generell ein Heim nötig<br />
ist. 4 Personen könnten relativ bald ins Betreute Wohnen wechseln, evtl. auch in betreute WGs,<br />
sofern dafür einige Voraussetzungen erfüllt sind, was Lage und Zuschnitt der Wohnungen angeht.<br />
18 der jetzigen Betreuten wären zum Zeitpunkt ihres Einzuges in die Therapeutische Wohngruppe<br />
vor Betreutem Wohnen völlig überfordert gewesen.<br />
Perspektive<br />
Wir gehen davon aus, dass sich in den nächsten Jahren konzeptionell einiges verändern muss.<br />
Da der LWV verstärkt die Forderung „ambulant – vor stationär“ vertritt, muss damit gerechnet werden,<br />
dass mehr Bewerber zunächst an Betreutes Wohnen verwiesen werden. Eventuell ziehen<br />
dann mehr Personen in eine Wohngruppe, die einen größeren Hilfebedarf haben als es bisher der<br />
Fall war. Entsprechend müssen sich unsere Angebote auch darauf beziehen und verändern. Dafür<br />
dürfte dann mehr Personal notwendig sein, und es müssen auf jeden Fall die Angebote in unserer<br />
Zentrale in der Biegenstraße weiter ausgebaut werden. Notwendig ist dafür auch eine Ergotherapiestelle,<br />
um Bewohnern, die von externer Tagesstruktur überfordert sind, entsprechende Angebote<br />
machen zu können.<br />
Durch die Existenz der Therapeutischen Wohngruppen können Aufenthalte in anderen Wohnheimen<br />
und in Kliniken kürzer gehalten werden. Therapeutische Wohngruppen stellen für Marburg<br />
und Umgebung und auch über den Landkreis Marburg-Biedenkopf hinaus das einzige Angebot für<br />
psychisch Kranke dar, die gerne in einer 4er oder 5er Wohngruppe leben wollen. Dass dieses Angebot<br />
auch weiter notwendig ist, zeigen die vielen Anfragen aus Kliniken und anderen Einrichtungen.<br />
Jährlich werden durchschnittlich mit 30 Bewerbern Gespräche geführt.<br />
Bereits seit vielen Jahren bieten wir in Einzelfällen Bewohnern nach dem Auszug in eine eigene<br />
Wohnung eine Weiterbetreuung durch unser Team an, zurzeit bei 2 Personen.<br />
Mit dem oben angesprochenen Abbau von Heimplätzen einhergehend bieten wir nun in Einzelfällen<br />
auch integriertes Betreutes Wohnen in der Wohngruppe an.<br />
Entwicklung der Betreuungsangebote 2006
22<br />
Neben dem Thema Wohnheimplatzabbau waren wir im Jahr 2006 häufiger damit beschäftigt, wie<br />
sich unsere Angebote besser an den Bedarf der Betreuten anpassen lassen. Es wurde deutlich,<br />
dass doch in einigen Wohngruppen eine häufigere Präsenz der Betreuer notwendig ist. Es mussten<br />
auch mehr Versorgungsleistungen übernommen werden: Essen auf Rädern, Hilfe beim Einkauf,<br />
insgesamt Hilfe bei der alltäglichen Versorgung.<br />
Die übergreifenden Gruppenangebote, insbesondere Kaffeetrinken, Spielegruppe, Freitagsfrühstück<br />
sowie die Wochenendangebote werden sehr gut von den Bewohnern angenommen. Etwas<br />
schwieriger ist es, sportliche Angebote, Kochgruppe u. ä. zu etablieren.<br />
Mit dem Übergangsheim Sauersgässchen wurde vereinbart, in Zukunft stärker Angebote für die<br />
Bewohner des anderen Bereiches zu öffnen, z. B. Kochgruppe Ü-Heim, Sportgruppe, Gartenarbeit<br />
sowie die oben genannten Gruppen in der Biegenstraße.<br />
Es ist erfreulich, dass inzwischen auch ein Überblick vorliegt über alle Angebote in der gesamten<br />
<strong>BI</strong>, die Betreuten aus anderen Bereichen offen stehen.<br />
Freizeitangebote im Jahr 2006<br />
Die jährliche Wohngruppenfreizeit in Ueckermünde an der Ostsee kam bei allen Beteiligten sehr<br />
gut an. Im Laufe des Jahres wurden eine Reihe von Ausflügen organisiert u. a. zum Edersee, nach<br />
Wetzlar, zum Hessenpark, nach Moselkern, nach Gießen (u. a. zum Mathematikum), zum Fußballturnier<br />
nach Biedenkopf-Kombach. Das jährliche Grillen fand wieder in der Marbach statt. Außerdem<br />
gab es zum Abschied des Ergotherapeuten Axel Rosemann und der FsJlerin Katharina<br />
Schenk ein Grillen in der Biegenstraße, das sehr gut besucht war, sowie einen Termin koreanisches<br />
Kochen.<br />
Bei den Freizeitangeboten sollte das vielfältige Engagement der Mitarbeiterinnen im FsJ sowie das<br />
der studentischen Praktikantinnen hervorgehoben werden.<br />
Personelle Veränderungen<br />
Ende August beendete Axel Rosemann seine 2-jährige Mitarbeit als Ergotherapeut. Außerdem<br />
schied Katharina Schenk als FSJ-Lerin aus, an ihrer Stelle trat Anne Frenzel ein. Frau Böhle hatte<br />
Mutterschaftsurlaub für 4 Monate.<br />
Insbesondere der Weggang von Axel Rosemann hat zu starken Einschränkungen des ergotherapeutischen<br />
Angebots geführt. So konnten nicht mehr alle oben genannten Angebote umgesetzt<br />
werden. Auch viele Reparaturen, die mit dem Ergotherapeuten als Qualifizierungsmaßnahme für<br />
Bewohner möglich gewesen waren, müssen wir nun an Handwerker und Hausmeisterdienste vergeben<br />
werden.<br />
Statistische Daten der Therapeutischen Wohngruppen<br />
Alter:
20 – 30 Jahre: 11<br />
31 - 40 Jahre: 7<br />
41 - 50 Jahre: 6<br />
Diagnose:<br />
Schizophrenie: 18<br />
Neurotische<br />
Störungen/Angststörungen: 3<br />
Affektive Störungen: 2<br />
Tourettesyndrom: 1<br />
Altersgruppe männlich weiblich<br />
20 - 30 Jahre 9 2<br />
31 – 40 Jahre 4 3<br />
41 - 50 Jahre 5 1<br />
Insgesamt 18 6<br />
Hilfebedarfsgruppe Wohnen männlich weiblich<br />
HBG 1 1<br />
HBG 2 15 3<br />
HBG 3 2 2<br />
HBG 4 1<br />
Insgesamt 18 6<br />
Gestaltung des Tages männlich weiblich<br />
HBG 1<br />
HBG 2 5 2<br />
HBG 3 1 1<br />
HBG 4<br />
Insgesamt 6 3<br />
Aufnahmen im letzten Jahr:<br />
23<br />
Insgesamt wurden 7 Personen aufgenommen, davon kam 1 aus der Übergangseinrichtung Sauersgässchen,<br />
1 aus dem Wohnheim Wetter, 3 aus Kliniken und 2<br />
aus anderen Wohnheimen.
24<br />
Auszüge:<br />
Insgesamt sind 5 Bewohner ausgezogen, davon 2 in eine eigene Wohnung, 1 Person in das<br />
Wohnheim Wetter und 2 Personen in ein anderes Wohnheim.<br />
Regionale Herkunft:<br />
5 Personen kommen aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, 8 aus angrenzenden Landkreisen, 3<br />
aus anderen in Hessen, 2 aus anderen Bundesländern.
25<br />
IV. AMBULANTE ANGEBOTE<br />
Betreutes Wohnen<br />
Nach dem sich im Jahr 2005 etliche Klienten aus dem Betreuten Wohnen kurzfristig abmeldeten,<br />
weil sie u.a. unter dem Druck standen, für die Finanzierung des Angebotes teilweise oder vollständig<br />
aufzukommen, ist es uns weiter gelungen, die Lücke zu füllen und neue Klienten aufzunehmen.<br />
Zeitweise konnten wir auch Neuanfragen an die Kollegen in Biedenkopf weiterleiten.<br />
Deutlich wurde jedoch, dass mit den neuen Aufnahmeregelungen bzw. für die Beantragung der<br />
Kosten in das Betreute Wohnen wesentlich höhere Anforderungen an den Hilfesuchenden gestellt<br />
werden, - zum Teil ist ein langer Atmen notwendig bis es zu einer Kostenübernahme Seiten des<br />
LWV kommt. Bei einigen der bei uns anfragenden Personen kam es trotz intensiver Vorbereitung<br />
nicht zu einer Aufnahme ins Betreute Wohnen. Zum Teil scheiterte es dabei an kleineren Formalitäten<br />
und der Mitwirkung der KlientInnen bei der Kostenbeantragung.<br />
Die Belegung 2006<br />
Insgesamt begleiteten wir im Rahmen des Betreuten Wohnens im letzten Jahr 50 Personen. Es<br />
wurden zehn Klienten neu aufgenommen, und ebenfalls zehn schieden aus dem Betreuten Wohnen<br />
aus.<br />
Die Gesamtsumme der vom LWV genehmigten Fachleistungsstunden erhöhte sich im Laufe des<br />
Jahres. Es wurden mehr Personen mit höherem Hilfebedarf aufgenommen, und auch bei einzelnen<br />
Personen erhöhte sich die Anzahl der Fachleistungsstunden. Nur in zwei Fällen verringerte<br />
sich der Hilfebedarf. Alle der zehn neu aufgenommenen Personen leben in einer eigenen Wohnung.<br />
Vor Aufnahme wohnten sieben Personen allein in der eigenen Wohnung, zwei bei den Eltern<br />
und eine in einem Wohnheim.<br />
Die <strong>BI</strong>-<strong>Sozialpsychiatrie</strong> begleitete im Jahr 2006, wie auch in den Jahren zuvor, vier Betreute<br />
Wohngemeinschaften mit insgesamt elf Plätzen.<br />
Betreute Wohngemeinschaften<br />
Im letzten Jahr gingen bei uns wiederholt Anfragen nach Wohngemeinschaften ein. Nach dem<br />
einige Jahre lang das Leben in einer Wohngemeinschaft für einen Großteil unserer Klienten<br />
scheinbar weniger wünschenswert war, scheint das Interesse an dieser Wohnform wieder gestiegen<br />
zu sein. Aufgrund dieser Nachfrage, fanden in der zweiten Jahreshälfte von uns organisierte<br />
Treffen für WG Interessierte statt, die zum Teil von BewohnerInnen aus unseren Wohnheimen<br />
aber auch von Neu-Bewerbern besucht wurden. Die Erwartungen der Besucher dieser Treffen<br />
waren sehr unterschiedlich. Vorrangig ging es darum, die Teilnehmer miteinander ins Gespräch zu<br />
bringen. Es wurde deutlich, dass es für die Interessierten eine große Entlastung darstellen würde,
26<br />
wenn bereits geeigneter Wohnraum zur Verfügung stünde. Die <strong>BI</strong> <strong>Sozialpsychiatrie</strong> ist bereit,<br />
selbst Wohnungen anzumieten und dann unterzuvermieten. Wir sind derzeit auf der Suche nach<br />
Wohnungen, die eine gute Infrastruktur für unsere KlientInnen bieten.<br />
Ergotherapie<br />
In Folge der veränderten Richtlinien im Betreutem Wohnen, des damit verbundenen finanziellen<br />
Drucks und der Öffnung für andere Berufsgruppen kam es erstmals im August 2006 dazu, dass an<br />
Stelle von Sozialarbeiterstunden eine vakante Teilzeitstelle an eine Egotherapeutin vergeben wurde.<br />
Dies erforderte eine Umschichtung und Veränderung des bisherigen Konzepts des Betreuten<br />
Wohnens. Während die Fallverantwortlichkeit bei dem „sozialtherapeutischen“ Personal (Bezugsbetreuung)<br />
liegt, übernimmt die Ergotherapeutin neben den Gruppenangeboten zur Freizeitgestaltung<br />
in Einzelfällen, nach Absprache und Indikation, ergotherapeutische Aufgaben in der Einzelbetreuung<br />
(z.B. Konzentrationstraining).<br />
Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Marburg<br />
Im Jahr 2006 nutzten insgesamt 183 Personen das Beratungsangebot der Kontakt- und Beratungsstelle.<br />
Davon waren insgesamt 104 Frauen (56,8%) und 79 Männer (43,2%).<br />
Die meisten unserer Klienten, bei denen das Alter bekannt ist, sind zwischen 1970 und 1980 geboren.<br />
Ein großer Teil der Ratsuchenden nutzte die Beratungsstelle kurzfristig: 50 Personen (27,3%)<br />
wendeten sich einmalig an die Beratungsstelle, 70 Personen (38,3%) nutzten sie bis zu drei Monate<br />
lang.<br />
34 KlientInnen (18,6%) nahmen die Unterstützung der Beratungsstelle ein Jahr und länger in Anspruch.<br />
Bei diesen handelt es sich um chronisch psychisch kranke Menschen oder Angehörige mit<br />
einem festen Beratungskontakt, der bei vielen schon seit Jahren besteht. Hierbei ist zu bedenken,<br />
dass die langfristige Begleitung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung und von Angehörigen<br />
(zeit-)intensiver ist als zum Beispiel ein einmaliges Informationsgespräch mit einem Ratsuchenden.<br />
Mit dem größten (Zeit-)Anteil unserer Tätigkeiten unterstützen wir Menschen mit i.d.R.<br />
chronisch psychischen Erkrankungen.<br />
Hilfeplanung<br />
Im vergangenen Jahr haben die PSKBn des Landkreises auf Wunsch der Kreisverwaltung ein Modell<br />
zur Verbesserung der Hilfeplanung entworfen. Ziel war zum einen die Verbesserung der Zugangswege<br />
zu den einzelnen Angeboten, zum anderen die Hilfeplanung ergebnisoffen und personenzentriert<br />
zu gestalten, den Bedarf der Menschen mit Behinderungen festzustellen und die richtigen<br />
Hilfen für sie zu finden.
27<br />
Nach unserem Modell wird der Eingang ins Hilfesystem über die PSKB gesteuert. Sie hat die<br />
Funktion der Clearingstelle und Steuerungsfunktion.<br />
Leider stieß unsere Idee auf Kritik innerhalb der sozialpsychiatrischen Landschaft. Von Seiten der<br />
Kreisverwaltung gibt es noch keine Rückmeldung zu diesem Entwurf.<br />
KreisJobCenter<br />
Seit 2005 gibt es eine Zusammenarbeit der Psychosozialen Beratungsstellen des Landkreises mit<br />
dem Kreisjobcenter. Ziel ist die psychosoziale Beratung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger zur Eingliederung<br />
in das Erwerbsleben. Es handelt sich um Personen, bei denen u. U. psychosoziale<br />
Probleme ein Vermittlungshemmnis darstellen.<br />
Sehr zögerlich kam es im Jahr 2006 zu einer weiteren praktischen Umsetzung dieser Kooperation.<br />
Dabei stoßen wir auf unterschiedliche Ansätze und Erwartungen z.B. im Hinblick auf die Freiwilligkeit<br />
unserer Kontakte, die Schweigepflicht gegenüber dem KreisJobCenter und unsere fördernde<br />
und weniger reglementierende Haltung. Diesbezüglich ist noch einiger Erfahrungsaustausch notwendig<br />
und als Basis eine verbindliche finanzielle Absicherung des Auftrags erforderlich.<br />
Die Freizeitfahrt 2006 nach Ueckermünde (ein Erfahrungsbericht)<br />
Ein besonderes Ereignis in diesem Jahr war die Freizeit im Sommer vom 8.7. bis 15.07.2006. Das<br />
Reiseziel war Ueckermünde am Stettiner Haff.<br />
Gemeinsam mit den Bereichen „Therapeutische Wohngruppen“ und „RPK“ wurde die Fahrt geplant<br />
und durchgeführt. Mit insgesamt 26 Personen, davon vier MitarbeiterInnen und einer Praktikantin,<br />
machten wir uns per VW-Bus und Zug auf die Reise dorthin.<br />
Unsere Unterkunft, eine Bildungs- und Freizeitstätte, lag unmittelbar am Haff, hatte einen eigenen<br />
Hafen und ein großes Gelände, das allerlei Möglichkeiten bot, eine schöne Zeit dort zu verbringen:<br />
wir haben den Naturerlebnispfad erlaufen; auf der Wiese wurden von einer Kollegin morgendliche<br />
Qi Gong-Übungen angeboten; man konnte Federball spielen oder mit Leuten, auch von anderen<br />
Gruppen, ins Gespräch kommen. Ein schöner Platz und Treffpunkt war der Leuchtturm direkt am<br />
Wasser, u.a. abends, um von dort aus den Sonnenuntergang zu genießen. Der Badestrand war<br />
ganz in der Nähe, aber nur per Boot – innerhalb weniger Minuten – zu erreichen. Ein Mitarbeiter<br />
der Freizeitstätte setzte uns nach Absprache über.<br />
Die Freizeit fiel in die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft: Einige Mitreisende nutzten die Gelegenheit,<br />
im Gemeinschaftsraum die letzten Spiele dort zu verfolgen.<br />
Vom Wetter wurden wir verwöhnt und auch die Umgebung bot zahlreiche Möglichkeiten: Einige<br />
nutzen die Gelegenheit, um am Strand zu liegen, sich zu sonnen und schwimmen zu gehen: Es<br />
wurden aber auch Radtouren ins 2 km entfernte Zentrum von Ueckermünde (mit einer schönen<br />
Altstadt) oder an den Strand unternommen. Wir sind auf der Uecker Boot gefahren. Einige Mitfah-
28<br />
rende haben sich getraut und sind zum ersten Mal gesegelt, was ein ganz besonderes Erlebnis<br />
war.<br />
Wir haben einen Mittelalterlichen Markt besucht und unternahmen größere Ausflüge nach Usedom,<br />
verbunden mit einer Schiffsreise übers Haff, und nach Stettin.<br />
Am letzten Abend haben wir –schon fast traditionell- gegrillt, am Lagerfeuer gesessen und die letzten<br />
Stunden in dieser schönen Umgebung genossen.<br />
Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen<br />
Umfang der Beratungstätigkeit<br />
Die Anzahl der Anfragen an die Selbsthilfekontaktstelle lag im Jahr 2006 bei insgesamt 209. Der<br />
Schwerpunkt der Beratungstätigkeit lag auf der telefonischen und persönlichen Beratung von 164<br />
Personen, die aus eigener Betroffenheit für sich selbst eine Selbsthilfegruppe (SHG) suchten. Die<br />
übrigen Anfragen verteilen sich auf Angehörige und Mitarbeiter anderer Einrichtungen, die für Familienmitglieder<br />
bzw. ihre KlientInnen und PatientInnen nach einer passenden Selbsthilfegruppe<br />
fragten.<br />
Es wurde auch im Jahr 2006 sichtbar, dass ein höherer Bedarf an Beratung und weiterreichender<br />
Unterstützung besteht, der sich dann zeigt, wenn KlientInnen durch verbesserte Information den<br />
Weg zur Selbsthilfekontaktstelle finden. Wir stellen regelmäßig nach Veröffentlichungen, wie sie<br />
weiter unten beschrieben werden, einen Anstieg der Anfragen fest. Daneben machte es sich klar<br />
bemerkbar, daß noch gegen Ende des Vorjahres unsere neue Internetseite www.selbsthilfemarburg.de<br />
startete. Viele KlientInnen bezogen sich direkt darauf, daß sie bei der Suche im Internet<br />
unsere Homepage gefunden hatten. Auch der Weg, über das Kontaktformular der Homepage<br />
oder die neue E-Mail-Adresse info@selbsthilfe-marburg.de Kontakt aufzunehmen, wurde zunehmend<br />
genutzt.<br />
Themen in der Beratung<br />
Unsere Dokumentation zeigt, dass sich die Anfragen wie in den Vorjahren thematisch im Bereich<br />
„Lebensprobleme/Seelische Belastungen/psychische Erkrankungen“ konzentrieren. Ob die von<br />
den Ratsuchenden gewählten Bezeichnungen für die Probleme diagnostisch „richtig“ sind, muss<br />
dahingestellt bleiben – es sind jedenfalls die Begriffe, mit denen die MitarbeiterInnen in der Beratung<br />
zu arbeiten beginnen. An oberster Stelle stehen bei den Betroffenen wieder die Themen Depression,<br />
Angst/Panik, andere psychische Erkrankungen und Angehörige von – sowohl psychisch<br />
als auch körperlich – Erkrankten. Das Thema Essstörungen kommt mittlerweile mit einem nicht<br />
mehr so hohen Anteil vor.
29<br />
Beim Thema „Depression“ konnte auf mehrere SHGn verwiesen werden, die schon längere Zeit<br />
relativ stabil bestehen. Zum Thema „Angst/Panik“ wurde eine neue SHG gegründet. Beim Thema<br />
„Essstörungen“ wird immer wieder von Betroffenen die offenkundige Diskrepanz beklagt zwischen<br />
der Tatsache, dass es auf der einen Seite keine SHG gibt, auf der anderen Seite aber die große<br />
Verbreitung des Störungsbildes in den Medien breit behandelt wird. Für manche Ratsuchende ist<br />
die Diskrepanz noch offenkundiger, weil ihnen während der Behandlung in einer psychosomatischen<br />
Klinik dringend die Teilnahme an einer SHG von Menschen mit Essstörungen nahe gelegt<br />
wurde, und weil so eine Gruppe aber nicht auffindbar ist. Die Bereitschaft, sich an einer Gruppengründung<br />
zu beteiligen, ist vermutlich aus diesem Grund kaum gegeben. Wie die Erfahrung der<br />
letzten Jahre (auch bei anderen Selbsthilfekontaktstellen) zeigt, sind Versuche zur Gruppengründung<br />
fast regelmäßig erfolglos. Bei den übrigen Themen stellt sich die Situation oft so dar, dass es<br />
sich um stark beeinträchtigte Ratsuchende handelt, die zur Gründung einer neuen SHG kaum oder<br />
nicht zu motivieren sind. Dafür steht dann nach der Besprechung der Möglichkeiten von SHGn die<br />
Erörterung geeigneter Hilfs-/ Behandlungsangebote im Vordergrund.<br />
Gruppengründungen<br />
Im Jahr 2006 haben sich mit unserer Unterstützung vier neue SHGn gegründet. Im Einzelnen waren<br />
das Gruppen zu den Themen „chronische Gesichtsschmerzen“, „Junge Erwachsene in Krisenzeiten“,<br />
„selbstverletzendes Verhalten“ und „Angst/Panik“. Die entsprechenden Zeitungsveröffentlichungen<br />
besonders zum Thema „Angst/Panik“ hatten eine bemerkenswerte Resonanz bei Betroffenen.<br />
Die bei allen genannten Themen teilweise sehr langwierigen Vorbereitungen führten bei den<br />
Themen „Essstörung“ und „Angehörige depressiv Kranker“ letztlich nicht zur Entstehung einer<br />
neuen Gruppe. Die jeweilige Gründungsphase machte eine teilweise intensive Begleitung unsererseits<br />
notwendig. Zunächst kam eine Anfrage zu jeweils einem der Themen, meist telefonisch.<br />
Wenn zu diesem Thema noch keine SHG im Landkreis existierte, motivierten wir die Interessierten,<br />
indem wir beispielsweise ein oder mehrere ausführliche Beratungsgespräche zu einer Gruppengründung<br />
anboten und durchführten. Wir informierten die regionalen Zeitungen und Anzeigenblätter<br />
über die neue Gruppe, sammelten die Namen und Adressen weiterer Interessierter, die sich<br />
aufgrund dieser Zeitungsmitteilungen bei uns meldeten, stimmten einen Termin für ein erstes Treffen<br />
ab und moderierten dieses, damit die Teilnehmenden die wichtigsten Grundlagen für das Gelingen<br />
der Gruppe im Blick hatten. Teilweise wurden außer der Gründungssitzung weitere Gruppentreffen<br />
durch uns begleitet und moderiert.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Mit einem Informationsstand nahmen wir an drei öffentlichen Veranstaltungen teil: Gesundheitstage<br />
in Biedenkopf, Tag der Betreuung (veranstaltet von den Betreuungsvereinen im Landkreis);<br />
Patiententag des Universitätsklinikums zu Krebserkrankungen. Es bestand weiter starkes Interesse<br />
an dem im Vorjahr veröffentlichten SHG-Wegweiser und wir konnten weitere gut 220 Exemplare
30<br />
an die MitarbeiterInnen anderer Einrichtungen versenden. Es erreichten uns mehrere Anfragen<br />
von Firmen, die Reportagen für Fernsehen oder Radio herstellen und von Zeitschriftenredaktionen,<br />
die zu bestimmten Themen (Epilepsie, Zwänge, Angst/Panik, Selbstverletzung, Junge Erwachsene<br />
in Krisenzeiten) Kontakt zu Selbsthilfegruppen bzw. Betroffenen suchten und um Kontaktvermittlung<br />
baten. In der Mehrzahl waren die Themenstellungen der Anfragen unrealistisch oder dem<br />
Thema der Selbsthilfegruppe unangemessen. Nach langer Vorbereitungsphase kam eine Radioreportage<br />
über die Selbsthilfegruppe von Menschen, die sich selber verletzen, zustande, die in einer<br />
Sendereihe des Hessischen Rundfunks ausgestrahlt wurde.<br />
Informationsmaterial<br />
Auch in diesem Jahr erhielten wir wieder von allen möglichen Absendern, die „Selbsthilfe“ als thematischen<br />
Aufhänger benutzen, mit der Post oder via E-Mail große Mengen an Informationsmaterial.<br />
Das Sichten und Sortieren beansprucht in nennenswertem Umfang Arbeitszeit. Der Umgang<br />
mit Werbung von Kliniken und Pharmafirmen (Angebote zur „Kooperation“) stellt ein wichtiges Diskussionsthema<br />
auch in der Landesarbeitsgemeinschaft der Hessischen Selbsthilfekontaktstellen<br />
dar.<br />
Organisatorische Aufgaben<br />
Neben der Beratungsarbeit waren alle organisatorischen und koordinierenden Aufgaben rund um<br />
die Belegung der Gruppenräume zu leisten, die wir in einem stadteigenen Gebäude („Selbsthilfezentrum“)<br />
zur Verfügung stellen können. Die Belegung der Räume bewegt sich zwischen 10 und<br />
15 SHGn, die sich dort regelmäßig treffen, wobei jede Gruppe ihren ganz eigenen Rhythmus hat.<br />
Landesarbeitsgemeinschaft Hessische Selbsthilfekontaktstellen<br />
Wichtig ist die regelmäßige Teilnahme an den Arbeitstreffen der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen<br />
Selbsthilfekontaktstellen, die zwei- bis dreimal jährlich an wechselnden Orten ganztägig<br />
tagt. Die dort behandelten Themen umfassen fachliche Fragen und Erfahrungen in der täglichen<br />
Beratungsarbeit und Fragen der Finanzierung durch die Gesetzliche Krankenversicherung und<br />
durch die Kommunen im Rahmen der geltenden gesetzlichen Richtlinien.<br />
Qualitätssicherung<br />
Wir nahmen an einer von der AOK Hessen getragenen und von der Paritätischen Dienstleistungs-<br />
GmbH durchgeführten Qualifizierungsmaßnahme teil. Ziel der Maßnahme ist es, ein Qualitätshandbuch<br />
für die Selbsthilfekontaktstelle auf der Grundlage des Qualitätssicherungssystems PQ-<br />
SYS herzustellen. Die Maßnahme ist ein Projekt der AOK Hessen, gibt sechs von 18 Selbsthilfekontaktstellen<br />
aus Hessen die Möglichkeit zur Teilnahme und wird im Jahr 2007 und den folgenden<br />
Jahren in Form von moderierten Qualitätszirkeln weitergeführt.
Arbeitskapazität<br />
31<br />
Die geplante Verdoppelung der Arbeitszeit gegenüber dem Vorjahr konnte auch in diesem Jahr<br />
nicht umgesetzt werden. Die verfügbare Arbeitszeit war deutlich zu gering, um alle wünschbaren<br />
Tätigkeiten einer Selbsthilfekontaktstelle auszufüllen. Am Jahresende teilten die Kollegen der<br />
Selbsthilfekontaktstelle LOK in Stadtallendorf mit, daß sie ihre Tätigkeit im Selbsthilfebereich beenden.<br />
Damit tut sich die Frage auf, in welcher Form wir die damit entstehende Lücke im Ostkreis<br />
wieder schließen können. Grundsätzlich wird die Notwendigkeit dazu gesehen und entsprechend<br />
wurden Anträge an die Gesetzlichen Krankenkassen und an den Landkreis formuliert. Die Aufgabe<br />
der Tätigkeit der Kollegen in Stadtallendorf steht in einer Reihe mit entsprechenden Entscheidungen<br />
der Träger von Selbsthilfekontaktstellen an anderen Orten in Hessen (Frankenberg, Wetzlar,<br />
Dillenburg). Der Grund ist die verbreitete zu geringe Finanzierung durch Krankenkassen und<br />
kommunale Kostenträger. Für das Jahr 2007 wird im Kontext der Gesetzgebung zur „Gesundheitsreform“<br />
eine Gesetzesänderung erwartet, die den Gesetzlichen Krankenkassen bundesweit einen<br />
engeren Rahmen für ihre Beteiligung an der Finanzierung der Selbsthilfekontaktstellen gibt und<br />
bewirken soll, daß zur Verfügung stehende Geldbeträge von Seiten der Krankenkassen vollständig<br />
zur Förderung der im Gesetz bezeichneten Zielgruppen ausgegeben werden.<br />
Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke und Behinder-<br />
te – RPK<br />
Belegung<br />
In der Rückschau auf das Jahr 2006 rückt die schwierige Belegungssituation in den Fokus. Abgelehnte<br />
Anträge, zwei Maßnahmeabbrüche und wenige oder noch zu kranke Bewerber häuften sich<br />
in der ersten Jahreshälfte. Anstatt wie geplant die RPK auszubauen, war es schwierig, die bisherigen<br />
Plätze belegen.<br />
Zweifel kamen auf, ob im Marburger Raum die Nachfrage nach medizinisch-beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen<br />
für eine eigenständige RPK überhaupt ausreichend ist. Das von vielen Seiten<br />
geäußerte große Interesse an unserem Angebot legte andererseits die Interpretation nahe, dass<br />
zufällige Schwankungen sich in unserer kleinen Einheit gerade sehr ungünstig bemerkbar machen<br />
und eher ein vorübergehendes Phänomen sind.<br />
Bedingt durch das aufwendige Antragsverfahren benötigen die Anträge in der Praxis mindestens<br />
drei Monate vom Erstkontakt bis zur Aufnahme. Dazu kommt, dass manche Bewerber ambivalent<br />
sind oder erneut erkranken und der Zeitraum zwischen Erstkontakt und Aufnahme in vielen Fällen<br />
ein halbes Jahr beträgt. Offensichtlich wurde, dass für eine kontinuierliche Belegung eine langfristige<br />
Planung notwendig ist.
32<br />
Ende des Jahres hatten wir die vier Plätze endlich kontinuierlich belegt und die Aussicht ab Januar<br />
07 eine 6-er Belegung zu erreichen.<br />
Nachfrage<br />
Parallel zu der schwierigen Belegungssituation war die Nachfrage nach Informationsgesprächen<br />
hoch. Wie bereits in den vorangegangenen Jahresberichten geschildert, stößt die Kombination von<br />
medizinischer und beruflicher Rehabilitation mit sozialtherapeutischer Begleitung auf großes Interesse.<br />
Wieder eine regelmäßige Tagesstruktur zu haben, beruflich eine Perspektive zu entwickeln,<br />
mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und durch eine gute medizinische Behandlung gesünder<br />
zu werden, ist für viele ein sehr attraktives Angebot.<br />
Die Nachfrage von den Sozialdiensten der Kliniken und anderen in diesem Bereich Tätigen war<br />
vorhanden. Das „neue“ Angebot wird sowohl von den Rehabilitanden als auch den Professionellen<br />
als ein sehr sinnvolles therapeutisches Angebot eingeschätzt. Unser Bekanntheitsgrad steigerte<br />
sich kontinuierlich. Insgesamt sind wir, auch durch unsere Informationsschreiben, in der Region als<br />
Anbieter medizinisch-beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen stetig bekannter geworden.<br />
Insgesamt wurden mit 45 Personen Informations- und Bewerbungsgespräche geführt. Für die<br />
Klienten haben die Informationsgespräche in der Regel eine klärende Funktion. Meist entscheidet<br />
sich im dem ersten Kontakt, ob eine RPK-Maßnahme ein passendes Angebot ist. Hauptgründe,<br />
weshalb die Perspektive RPK nicht weiter verfolgt wird, sind: Überforderung durch das ambulante<br />
Angebot, eine Stellenvermittlung wird gewünscht, Entscheidung gegen eine Rehabilitation, zu weite<br />
Anfahrwege und finanzielle Erwägungen.<br />
Bei einigen der Bewerber ist nach dem ersten Gespräch großes Interesse vorhanden, jedoch auch<br />
offensichtlich, dass diese sich gesundheitlich noch stabilisieren müssen, um mit Aussicht auf Erfolg<br />
eine ambulante Rehabilitation zu beginnen. Wir laden diese dann zu weiteren Terminen hier in<br />
Haus ein. Dafür bieten sich Spielegruppe und Kaffeetrinken oder das Freitagsfrühstück an. Probewochen<br />
führen wir nur in Ausnahmefällen durch, da diese für uns mit hohem Aufwand verbunden<br />
sind.<br />
Generell laden wir diejenigen, die im Bewerbungsverfahren sind, im Vorfeld bereits zu den oben<br />
genannten Terminen ein. Neben der Funktion, Wartezeit zu überbrücken, ergibt sich für uns die<br />
Möglichkeit, die „Neuen“ kennen zu lernen, wodurch die Planung der Maßnahmen vereinfacht wird.<br />
Rahmenbedingungen<br />
Im Frühjahr fand in Schlüchtern das erste Treffen der hessischen RPKs statt. Die überregionale<br />
Vernetzung und der Austausch mit anderen RPKs hat viele Anregungen gebracht. Interessant war,<br />
zu erfahren, wie die anderen arbeiten, wo Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen. Gerade<br />
in der Zeit, als unsere Belegungssituation schwierig war, war die Einschätzung und Rückmeldung<br />
der anderen RPKs wichtig.
33<br />
Wichtiger Meilenstein im vergangenen Jahr war die Verabschiedung der neuen RPK-<br />
Empfehlungsvereinbarung zum 01.07.07. Um diese war im Vorfeld viel gerungen worden, die Agentur<br />
für Arbeit und die Krankenkassen forderten Veränderungen. Für uns ein wichtiger Punkt ist<br />
die geforderte Präsenz des Arztes während der Öffnungszeiten der RPK. Durch die Zusammenarbeit<br />
mit der Praxis von Frau Dr. Bartsch gehen wir davon aus, dass wir diese Forderung erfüllen.<br />
Wie sich die neuen Rahmenvereinbarungen perspektivisch auswirken, ist zurzeit unklar. Eine Veränderung<br />
ist die restriktive Auslegung der Maßnahmedauer. Bisher hatte die deutsche Rentenversicherung<br />
Bund Kostenzusagen für ein halbes Jahr gegeben, seit Sommer bekommen wir auch<br />
von der DRB nur noch Kostenzusagen für drei Monate. Das bedeutet, dass vor Ablauf der drei<br />
Monate ein Verlängerungsantrag gestellt werden muss, also mehr Schreibarbeit. Die Rentenversicherungen<br />
genehmigen in der Regel die Verlängerungsanträge problemlos, bei den Krankenversicherungen<br />
ist es schwieriger.<br />
Mit der Zusammenarbeit mit dem BBZ sind wir sehr zufrieden. Bürobereich und Schreinerei sind<br />
geeignete Arbeitsbereiche für noch weniger belastbare Rehabilitanden. Absprachen über Einstieg<br />
oder Rückkehr in Krisenzeiten und Austausch über die Rehabilitanden sind unkompliziert und unbürokratisch.<br />
Personelle Situation<br />
Bedauerlich ist, dass durch die schlechte Belegung im vergangenen Jahr der Ausbau der RPK<br />
verzögert wurde. Konzeptionelle Planungen, eine Ausdifferenzierung unserer Angebote und gezielte<br />
Weiterbildungen sind unter dem Druck, die Belegung sicher zu stellen, untergegangen. Sehr<br />
bedauerlich ist die Auswirkung auf die personelle Situation, d.h. dass Herrn Rosemanns Vertrag<br />
nicht verlängert wurde. Vorübergehend wurden die sechs Ergotherapiestunden von Frau Schaub<br />
übernommen, die sich schnell in das neue Aufgabengebiet einarbeiten konnte. Dennoch hat der<br />
Wechsel die Arbeitskontinuität unterbrochen.<br />
2006 hatten wir zum ersten Mal eine Praktikantin. Bedingt durch den relativ langen Anfahrtsweg<br />
und zeitliche Unflexibilität war der Einsatz sehr eingeschränkt. Durch diesen ersten Versuch wurde<br />
klarer, welche Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen, um ein für beide Seiten befriedigendes<br />
Ergebnis zu gewährleisten.<br />
Durchgeführte Maßnahmen<br />
Nachdem in diesem Bericht überwiegend von Belegung und Nachfrage die Rede war, soll noch<br />
einmal kurz auf die durchgeführten Maßnahmen eingegangen werden. Diese sind recht erfolgreich<br />
verlaufen. Schwerpunkte sind teilweise schon bei Beginn deutlich oder kristallisieren sich im Verlauf<br />
heraus:<br />
• Optimierung der Medikation<br />
• Belastbarkeit trainieren<br />
• Angst vor anderen Menschen abbauen
• Berufliche Orientierung entwickeln<br />
• Verschüttete Fähigkeiten aufzubauen<br />
34<br />
• Eine Stelle zu finden<br />
Bei allen fand im Verlauf der Zeit eine deutliche Stabilisierung statt. Eine realistische Perspektive<br />
konnte entwickelt werden, die bei einem Rehabilitanden sogar eine feste Anstellung beinhaltete.<br />
Fazit<br />
2006 war ein schwieriges Jahr. Abbrüche, Ablehnungen und eine ungleichmäßige Verteilung der<br />
Anfragen haben sich in unserer kleinen Einheit massiv bemerkbar gemacht. Gegen Ende des Jahres<br />
sind wir aus diesem Tief herausgekommen und streben den weiteren Ausbau an.<br />
Statistik<br />
• Im Jahr 2006 haben insgesamt 11 Rehabilitanden an einer RPK-Maßnahme teilgenommen.<br />
Aufgenommen wurden im vergangenen Jahr acht, nach einigen Wochen vorzeitig aus<br />
Krankheitsgründen abgebrochen haben zwei Personen.<br />
• Informations- und Bewerbungsgespräche wurden mit 45 Personen geführt.<br />
• 13 Anträge wurden gestellt, davon acht Personen aufgenommen, drei Anträge wurden von<br />
den Kostenträgern abgelehnt, einer der Betroffenen legte erfolgreich Widerspruch ein, die<br />
beiden anderen verfolgten die Perspektive RPK nicht weiter.<br />
• In einem Fall hatten wir eine Kostenzusage, die nicht wirksam wurde, da der geplante Umzug<br />
nach Marburg zu schwierig zu realisieren war.<br />
• Ein weiterer Antrag wurde zurückgestellt, da sich der Gesundheitszustand verschlechterte.<br />
• In zwei Fällen haben wir über einen längeren Zeitraum eine Probephase mit regelmäßigem<br />
Programm in der Biegenstraße angeboten. In beiden Fällen ist die angestrebte Maßnahme<br />
wegen Überforderung nicht zustande gekommen.<br />
• Entlassen wurden sieben Personen mit der Perspektive:<br />
- Weiterbeschäftigung an der Praktikumsstelle mit Anbindung an die PSKB<br />
- Berufsvorbereitender Lehrgang mit Weiterbetreuung über betreutes Wohnen<br />
- 1-€- Job mit Weiterbetreuung über betreutes Wohnen<br />
- zwei Personen in stationäre Behandlung<br />
- Studium und Betreuung in einer therapeutischen Wohngruppe<br />
- Unklare Perspektive (Diskrepanz zwischen Wünschen und Realisierungsmöglickeit)
V. DER TREFF<br />
Psychosoziales Zentrum mit Psychosozialer Kontakt- und<br />
Beratungsstelle, Betreutem Wohnen und Tagesstätte<br />
35<br />
Die Arbeit des Psychsoziale Zentrums (PSZ) mit den Bausteinen Psychosoziale Kontakt- und<br />
Beratungsstelle (PSKB), dem Betreuten Wohnen (BW) und der Tagesstätte (TS) verlief unter Berücksichtigung<br />
der Fallzahlen auf ähnlich hohem Niveau wie bereits im Vorjahr.<br />
Angesichts der Belegungseinbrüche im Betreuten Wohnen im Vorjahr - bedingt durch die Strukturänderung<br />
des LWV u.a. durch Heranziehung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der<br />
Klienten und die Einführung der Fachleistungsstunde – konnte in diesem Jahr gerade in diesem<br />
Bereich eine leichte Konsolidierung festgestellt werden. Dennoch gibt es im Betreuten Wohnen<br />
nach wie vor eine größere Fluktuation angesichts häufigeren An- bzw. Abmeldungen. Damit verbunden<br />
ist ein höherer Verwaltungsaufwand bei gleichzeitig geringerer Planungssicherheit im Hinblick<br />
auf Personalstellen, zumal der Vergütung der Fachleistungsstunden im neuen Jahr eine weitere<br />
Absenkung bevorsteht (von 54,16 auf 52,50 €). Inhaltlich haben wir uns in diesem Jahr der<br />
Gruppe der jungen Erwachsenen zugewandt, die aus Jugendhilfeeinrichtungen kommend den<br />
Weg in die Erwachsenenhilfe suchen. Hier wird ein wachsender Versorgungsbedarf registriert.<br />
Eine Arbeitsgruppe hat sich mit diesem Thema unter Mitwirkung eines Jugendhilfeträgers auseinandergesetzt.<br />
Gegen Ende des Jahres konnten wir einen Ergotherapeuten als Mitarbeiter für das<br />
Betreute Wohnen gewinnen, der u.a. die Aufgabe hat, sich der neuen Aufgabe mit den jungen<br />
Klienten zu widmen. Die Stelle ist in der Aufbauphase als 50%-Stelle mit einem Stellenanteil von 6<br />
Wochenstunden in der Tagesstätte konzipiert. Die Tagesstätte arbeitete auch im zurückliegenden<br />
Berichtsjahr auf dem gewohnten Niveau einer 100%- Auslastung. Das Angebot der „Latzhose“ der<br />
Tagesstätte in Kooperation mit dem DW Biedenkopf wird weiterhin stark nachgefragt und bietet<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klienten der Tagesstätte.<br />
In diesem Jahr wurde erstmals nach langer Zeit keine Freizeitfahrt durchgeführt angesichts knapper<br />
Kassen aller Beteiligter. Für die kommenden drei Jahre zeichnet sich eine weitere Verschlechterung<br />
der Finanzierung der Tagesstätte ab, zumal die Zuwendungen in drei Schritten, beginnend<br />
mit dem Jahr 2007 bis 2009 um insgesamt ca.10% gekürzt werden sollen. Für den Bereich der<br />
Tagesstätte sind somit andere Einkunftsmöglichkeiten erforderlich, um den laufenden Betrieb in<br />
dieser Form zu erhalten.
36<br />
Sparmaßnahmen der Stadt Biedenkopf hatten auch Auswirkungen auf die Arbeit der PSKB. Insgesamt<br />
fehlten 7.000 € , da die Stadt Biedenkopf ihr Engagement für diesen Bereich von zuletzt<br />
10.000 € auf 3.000 € zurückgeschraubt hatte. Dies führte in der Summe zu einer Verschlechterung<br />
des Beratungsangebots. Die Freizeitangebote waren ohnehin bereits im Vorjahr eingestellt worden.<br />
Das Engagement der PSKB im Hinblick auf Durchführungen von Projekten in Zusammenarbeit mit<br />
dem KreisJobCenter hat trotzt verschiedener Projektideen bis zum Jahresende noch nicht zum<br />
Erfolg geführt, ebenso wie die geplante Zusammenarbeit mit den Fallmanagern.<br />
Einige der Klienten, die sich aus dem BW abmeldeten mussten durch die PSKB weiter betreut<br />
werden. Die Anzahl der Neuanfragen stieg an, deshalb liegt die Nachfragesituation in der PSKB<br />
insgesamt auf einem höheren Niveau als im Vorjahr.<br />
Die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen, die sich als Außenstelle der Kontaktstelle in Marburg<br />
versteht, war im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit u.a. an den erstmals veranstalteten Gesundheitstagen<br />
in Biedenkopf beteiligt. Zurzeit treffen sich regelmäßig drei Selbsthilfegruppen in den<br />
Räumen vom Treff.<br />
Fußballturnier TS<br />
Die lokale Presse und auch der Hessische Rundfunk berichteten<br />
über die Veranstaltung. Trotz zum Teil kühler<br />
Witterung und kräftiger Schauer war die Veranstaltung für<br />
alle Beteiligte ein großer Erfolg. Für den Treff reichte es<br />
unter Mitwirkung des Geschäftsführers 1 nach spannendem<br />
Turnierverlauf immerhin zu einem hervorragenden 3. Platz.<br />
In diesem Jahr war die Tagesstätte Ausrichter des jährlich<br />
stattfindenden Fußballturniers der hessischen Tagesstätten.<br />
Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Bolldorf<br />
versammelten sich am 29.08.06 insgesamt 11<br />
Mannschaften aus ganz Hessen auf dem Fußballplatz in<br />
Kombach zum sportlichen Wettstreit.<br />
Am Ende konnten sich angesichts sehenswerter sportlicher Leistungen auf dem Sportplatz auch<br />
alle als Sieger fühlen, die dem Wetter getrotzt haben und den Tag in guter Stimmung bei Kaffee;<br />
Kuchen und Würstchen ausklingen ließen. Das Team vom Treff wurde bei der Durchführung des<br />
Turniers tatkräftig unterstützt von Kollegen aus den anderen Einrichtungen der <strong>BI</strong>.<br />
1 Genannt „Diego“
Psychiatrietage<br />
37<br />
Am 11.05.06 war die <strong>BI</strong> Mitveranstalter der Psychiatrietage für den Bereich des Hinterlands. Unter<br />
dem Titel „Quo Vadis Hinterland? Tradition und Identität in Zeiten wirtschaftlicher und soziale Krisen“<br />
wurde der wirtschaftliche und kulturelle Wandel der Region thematisiert und die Auswirkungen<br />
auf die Ausbildung von Identität für den Einzelnen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.<br />
Neben Beiträgen von einem Historiker, des Bürgermeisters von Steffenberg, der sich mit Zukunftschancen<br />
des Hinterlandes beschäftigte, leistete auch ein Psychiater seinen Beitrag aus seiner<br />
Sichtweise. Der Abend klang bei einem regen Gedankenaustausch mit einem „kulinarischem Höhepunkt“<br />
aus. Leider hatte die Veranstaltung nicht die erhoffte Resonanz in der Bevölkerung. Bereits<br />
zur Nachmittagsveranstaltung hatten sich eine große Anzahl von Klienten und Bewohner der<br />
verschiedenen Einrichtungen der Region eingefunden.<br />
Einbindung und fachliche Konzeption<br />
Das Psychosoziale Zentrum (PSZ) ist Bestandteil des Beratungszentrums DER TREFF in Biedenkopf.<br />
Unter einem Dach vereinigt sind eine Schuldnerberatungstelle mit Insolvenzberatungsstelle,<br />
eine Jugend- und Drogenberatungsstelle und eine Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen.<br />
Das Psychosoziale Zentrum besteht aus den Bausteinen Psychosoziale Kontakt- u. Beratungsstelle<br />
(PSKB), Betreutes Wohnen (BW) sowie Tagesstätte (TS). Das PSZ ist zuständig für die gemeindepsychiatrische<br />
Versorgung.<br />
Mit den anderen Beratungsangeboten im Hause bestehen enge kooperative Beziehungen. Seit<br />
Anfang Dezember 1997 sind diese Kernstücke eines Verbundsystems unter einer Trägerschaft in<br />
Biedenkopf realisiert. Das PSZ umfasst neben der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle<br />
das Betreute Wohnen und eine Tagesstätte mit 16 Plätzen.<br />
Das PSZ ist zuständig für den ehemaligen Kreis Biedenkopf.<br />
Die PSKB ist mit 1,56 Stellen und einem Verwaltungsanteil von 0,4 Stellen besetzt. Tätig sind in<br />
diesem Bereich des PSZ eine Dipl.-Sozialarbeiterin, ein Dipl.-Psychologe/Psychologischer Psychotherapeut<br />
(Ausbildung in Verhaltenstherapie), sowie in der Leitung der Einrichtung ein Dipl.-<br />
Pädagoge (mit Ausbildung in Systemischer Familientherapie). Das Kernteam des BW besteht aus<br />
zwei Mitarbeitern: Einem Diplom-Pädagogen mit einer vollen Stelle und einer Diplom-<br />
Sozialpädagogin mit einer halben Stelle. Zum Personal der Tagesstätte gehören drei Ergotherapeuten<br />
und eine Diplom-Sozialpädagogin.<br />
Zwischen der Fokus-Ergotherapie-Schule Marburg und der Tagesstätte besteht eine enge Kooperation.<br />
Im Rahmen der Ausbildung dort absolvieren Schüler regelmäßig ihre obligatorischen Praktika<br />
in der Tagesstätte. Die Kreativangebote werden durch die Mitarbeit der Praktikanten zusätzlich<br />
bereichert.
38<br />
Im Rahmen von Qualitätszirkeln wird die Arbeit regelmäßig einer Prüfung im Hinblick auf die Verbesserung<br />
der Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität auf der Grundlage von<br />
ProPsychiatrieQualität unterzogen und das Konzept fortgeschrieben.<br />
In der Arbeit orientieren sich die Mitarbeiter an aktuellen fachlichen Erkenntnissen durch Teilnahme<br />
an Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen sowie Mitarbeit in Fachgremien.<br />
Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle<br />
Innerhalb des PSZ „bildet die PSKB den Kristallisationspunkt des PSZ; sie ist die niedrigschwellige<br />
Eingangstür, Kontaktbereich und Koordinationsstelle. 2 Die PSKB übernimmt die erste Kontaktaufnahme<br />
aller Hilfesuchender, die sich an das PSZ wenden. Hier kommt es zu einer ersten Klärung<br />
der Problemsituation und zu einer Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs. Danach werden die<br />
Ratsuchenden ggf. innerhalb des PSZ an die Bereiche des Betreuten Wohnens bzw. Tagesstätte<br />
sowie im Bedarfsfall an externe psychosoziale Einrichtungen vermittelt. Innerhalb der PSKB erfolgt<br />
darüber hinaus auch eine kontinuierliche Beratung und Begleitung psychisch Kranker und deren<br />
Angehörigen.<br />
Die PSKB ist hauptverantwortlich für die Planung und an der Durchführung sämtlicher Gruppenangebote<br />
innerhalb des PSZ beteiligt. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildet hierbei der Bereich<br />
Sport und Bewegung. Im Berichtsjahr wurden insgesamt 182 Klienten beraten. (s.auch Klientel).<br />
Betreutes Wohnen<br />
In der Regel wird die Betreuung mit einem Fachleistungsstundensatz von 99 Stunden durchgeführt.<br />
Bei einem größeren Hilfebedarf besteht die Möglichkeit, einen höheren Betreuungsschlüssel<br />
zu beantragen.<br />
Von insgesamt 19 Klienten waren 10 Männer und 9 Frauen. Es gab neun Neuaufnahmen und<br />
sechs Abmeldungen.<br />
Sechs Klienten waren 2006 in stationärer psychiatrischer Behandlung, alle anderen Krisen konnten<br />
ambulant aufgefangen werden.<br />
Die vormalige Niederschwelligkeit unserer Arbeit wurde durch die veränderten Aufnahmebedingungen<br />
seit Januar 2005 stark erhöht. So mussten wir in den letzten zwei Jahren häufiger die Erfahrung<br />
machen, dass die Vermögens- und Einkommensprüfung sowie die Erstellung des Integrierte<br />
Behandlungs- /Rehabilitationsplan (IBRP) den Einstieg in die Betreuungsbeziehung oft erschwert<br />
und viele Klienten sehr verunsichert, es kam in 2006 bei drei Klienten nach einer kurzen<br />
Anfangsphase des Betreuten Wohnens zu Abbrüchen der Betreuungsbeziehung. Nicht selten<br />
bleibt der Verein in solchen Fällen auf den Kosten für die geleisteten Fachleistungsstunden sitzen.<br />
2<br />
LWV (1993) : Perspektiven für die Schaffung von Lebensräumen für psychisch kranke/seelisch behinderte<br />
Menschen in der Gemeinde S. 29
39<br />
Tagesstätte<br />
Die Tagesstätte verfolgt u.a. das Ziel, der Verbesserung und des Erhalts der alltagspraktischen<br />
Fähigkeiten, der Kompensation verloren gegangener Funktionen, der Verbesserung bzw. des Erhals<br />
sozialer und kommunikativer Kompetenzen.<br />
Voraussetzung für die Aufnahme in die Tagesstätte ist ein fachärztliches Gutachten und ein vorangegangenes<br />
Aufnahmegespräch in der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle (PSKB) im<br />
Treff.<br />
Die Tagesstätte bietet als offene Gruppen für ambulante Besucher wöchentlich eine „Gehirnjogging“-<br />
sowie eine Sportgruppe an. Darüber hinaus finden alle 4 Wochen Tagesausflüge statt.<br />
Ehemalige Tagesstättenbesucher, die mittlerweile abgemeldet sind, haben das Angebot, bei Bedarf<br />
die TS sporadisch als Gast aufzusuchen.<br />
Seit 2001 besteht in Kooperation mit dem Diakonischen Werk (DW) Biedenkopf das Arbeitsprojekt<br />
„Latzhose“, ein Kinder - Secondhand – Laden.<br />
In den Räumen des DW steht ein Verkaufsraum zur Verfügung, in dem Besucherinnen der Tagesstätte<br />
einmal wöchentlich Baby- und Kleinkindkleidung und Zubehör zu sehr niedrigen Preisen<br />
verkaufen. Die Ware besteht aus Spenden, die für das Projekt im DW abgegeben werden. In der<br />
Tagesstätte werden die Sachen sortiert, ausgebessert und gereinigt, bevor sie in den Verkauf gehen.<br />
Die vier dort beschäftigten Klientinnen der Tagesstätte bekommen für ihren Einsatz eine Aufwandsentschädigung<br />
in Form von einer Gewinnbeteiligung. Darüber hinaus bestehen Zuverdienstmöglichkeiten<br />
durch den Verkauf kunsthandwerklichen Erzeugnissen auf Bestellung von<br />
Privatkunden.<br />
Der im Jahr 2004 veränderte Betreuungsschlüssel hat 2006 seine Gültigkeit behalten. Die Tagesstätte<br />
verfügt damit weiterhin über 16 Plätze. 21 angemeldete Klienten teilen sich die vorhandenen<br />
Plätze. Die Tagesstätte war im abgelaufenen Jahr zu 100% ausgelastet..<br />
Diagnosegruppen in der Tagesstätte in Prozent im Jahr 2006 (Zahlen von 2005)<br />
9,5% (15,0%) Manisch- depressive Psychosen<br />
19,0% (25,0%) Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis<br />
28,6% ( 30,0%) Depressionen<br />
28,6% (20,0%) Persönlichkeitsstörungen<br />
9,5% ( 5,0%) hirnorganisch bedingte psychische Auffälligkeiten<br />
4,8% ( 5,0%) Zwangserkrankungen<br />
Angebote mit Kontaktstellenfunktion<br />
Zu unseren Angeboten mit Kontaktstellenfunktion gehören nach den erfolgten Kürzungen verbunden<br />
mit der Einstellung der Freizeitgruppen lediglich die Sportangebote und hier insbesondere die<br />
Tischtennisgruppe, die regelmäßig stattfindet.
Klientel 2006<br />
40<br />
Ingesamt 182 Klienten wurden im Berichtsjahr vom PSZ beraten, davon 104 Frauen und 78 Männer.<br />
Die meisten Klienten kamen aus der Stadt Biedenkopf (N=54), es folgten an zweiter Stelle<br />
Bewohner der Gemeinde Dautphetal (N=31). Die Altergruppe der 41-50 Jährigen war am stärksten<br />
vertreten (N=52), gefolgt von der Gruppe der 31-40 Jährigen. Von den insgesamt 182 Klienten<br />
waren 126 Patienten, 41 Angehörige sowie 12 Teilnehmer der verschiedenen Gruppen. Wie die<br />
statistische Auswertung zeigt, behandelte das PSZ im Jahre 2006 überwiegend Klienten mit<br />
schweren chronischen psychischen Erkrankungen (Abb. 1, Abb. 2). Den Hauptanteil bildeten Menschen<br />
mit Depressionen (N=43) psychotischen Erkrankungen (N=38), wobei 62% der Klienten<br />
wegen dieser Erkrankungen bereits mindestens 2 Mal in stationärer psychiatrischer Behandlung<br />
waren.<br />
Sonst<br />
Persönl.<br />
Sucht<br />
Psychose<br />
Neuropsych.<br />
Depression<br />
Angst<br />
7<br />
7<br />
11<br />
11<br />
Erkrankungen<br />
17<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Abb.1. Erkrankungsformen der Klienten<br />
38<br />
43
32%<br />
41<br />
Stationäre Behandlungen<br />
22%<br />
Abb. 2 Stationäre psychiatrische Vorbehandlungen<br />
21%<br />
25%<br />
Fortbildung der Mitarbeiter, Mitarbeit in Fachgremien<br />
Im zurückliegenden Jahr nahmen die Mitarbeiter an folgenden Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen<br />
teil:<br />
• Jahrestagung der Gesellschaft zur Förderung empirisch begründeter Therapieansätze bei<br />
schizophrenen Menschen (gfts) in München „Theory of mind“ vom 19.10.-20.10.2006<br />
• Borderline-Störung – Ressourcenorientiertes Arbeiten mit Betroffenen (DGSP- Kurzfortbildung<br />
19.-20.06.2006 in Fulda)<br />
keine<br />
1<br />
2 bis 3<br />
ü. 4<br />
Die Mitarbeiter arbeiteten in folgenden Fachgremien mit:<br />
� AG PSKB in Hessen<br />
� AG PSKB Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />
� Psychosoziales Netzwerk Hinterland<br />
� PSAG Marburg-Biedenkopf<br />
� AG Betreutes Wohnen Mittelhessen<br />
� Landes-Arbeitsgemeinschaft der Tagesstätten in Hessen<br />
� AG der Tagesstättenleiter in Hessen<br />
� AG Arbeit für psychisch Kranke<br />
� AK Integriertes Wohnen (<strong>BI</strong>-intern)<br />
� Mitarbeit an der Anti-Stigma-Kampagne der <strong>BI</strong><br />
Die interdisziplinarische Verknüpfung zwischen Psychosozialem Zentrum, Jugend- und Drogenberatung,<br />
Schuldnerberatung und Selbsthilfe-Kontaktstelle gehört zur Stärke und zur Tradition der
42<br />
Einrichtung. Für das neue Jahr wünschen wir uns die finanzielle Absicherung unserer Arbeit, um<br />
die dringend notwendigen Aufgaben in der Region im Sinne der betroffenen Menschen fortzusetzen.<br />
Jugend- und Drogenberatungsstelle<br />
Zielgruppen<br />
• Jugendliche und erwachsene Konsumenten illegaler Drogen<br />
• Jugendliche und junge Erwachsene bei allen Formen von legalen und stoffungebundenen<br />
Süchten, z.B. Essstörungen, Spielsucht, suchtähnlicher Umgang mit dem Internet<br />
• Jugendliche und junge Erwachsene mit psychosozialen Problemen, z.B. Eltern-Kind-<br />
Konflikte, Mobbing in Schule, Ausbildung und Beruf<br />
• Angehörige und Bezugspersonen<br />
Drogenberatung<br />
Im Beratungsgespräch mit Drogengefährdeten bzw. -abhängigen streben wir zunächst eine Klärung<br />
der aktuellen Problemsituation an und entscheiden dann gemeinsam darüber, welcher Weg<br />
beschritten werden soll. Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:<br />
• Einmalige bis mehrmalige intensive und kontinuierliche Beratung für die Betroffenen<br />
und nach Möglichkeit auch für deren Angehörige.<br />
• Hilfestellung bei der Beantragung der Kostenübernahme für eine stationäre Entwöhnungsbehandlung<br />
und der Auswahl einer geeigneten Fachklinik.<br />
• Vermittlung in Entgiftungskliniken, Übergangseinrichtungen und ambulante Reha-<br />
Maßnahmen.<br />
• Psychosoziale Betreuung von Opiat-Abhängigen im sog. „Methadon-Programm“. Mit<br />
dem Landkreis Marburg-Biedenkopf besteht die Vereinbarung, dass die Anzahl der von<br />
uns im Rahmen der psychosozialen Versorgung betreuten Substituierten auf 10 Klienten<br />
beschränkt wird, auch eine Auswirkung der Streichung der Landesmittel.<br />
Neben der Arbeit mit den Betroffenen selbst sehen wir einen wichtigen Baustein unserer Tätigkeit<br />
darin, Eltern und Angehörige in den Beratungsprozess mit einzubeziehen. Für die Eltern bietet sich<br />
als Einstieg die Teilnahme am Elternkreis an.
Gruppenangebote bzw. Selbsthilfegruppen in Kooperation<br />
Der Elternkreis<br />
43<br />
Der Gesprächskreis für Eltern von drogenabhängigen bzw. -gefährdeten Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen besteht seit 1988 und trifft sich 1x pro Monat zu jeweils 2 Stunde<br />
Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Die MitarbeiterInnen der Beratungsstelle nahmen an folgenden Arbeitsgemeinschaften und Gremien<br />
teil:<br />
• Sucht AG des Landkreises Marburg/ Biedenkopf<br />
• Beratungsstellentreffen des Landkreises Marburg/ Biedenkopf<br />
• Regionalkonferenz Mitte der hessischen Drogenhilfe<br />
• Regionaler AK Netzwerk Essstörungen<br />
• Arbeitskreis Suchtprävention in Gladenbach<br />
• Qualitätszirkel Substitution am Gesundheitsamt Marburg<br />
• AG Sucht des Diakonischen Werkes Kurhessen-Waldeck e. V.<br />
Im Rahmen der Kooperation der Suchtberatungsstellen des Landkreises Marburg –Biedenkopf mit<br />
dem KreisJobCenter wurde Mitte des Jahres ein Verfahren für die Zusammenarbeit mit den Fallmanagern<br />
im KreisJobCenter verbindlich vereinbart. Bis zum Jahresende konnte jedoch noch keine<br />
Verbesserung in der Zusammenarbeit registriert werden. Bisher wurde in der Beratungsstelle<br />
noch kein Klient nach dem entwickelten Verfahren beraten. Auch für die aus Sicht der Beratungsstelle<br />
notwendigen Projekte, für die noch für 2006 Projektmittel in Aussicht gestellt wurden, gab es<br />
bis zum Ende des Berichtsjahres keine Rückmeldung und damit auch keine Planungssicherheit für<br />
die Umsetzung.<br />
Hier besteht für das kommende Jahr dringender Handlungsbedarf.<br />
Veranstaltungen<br />
• Mitveranstalter der 1. Gesundheitstage in Biedenkopf. (siehe Presseecho im Anhang).<br />
• Informationsveranstaltungen für Teilnehmer an Seminaren des Jugendbildungswerks<br />
• Informationsveranstaltungen mit Schülern der Burgbergschule<br />
Qualitätsmanagement<br />
Nach Fertigstellung des Rahmenhandbuchs „Qualitätsmanagement der ambulanten diakonischen<br />
Suchthilfe der Diakonischen Werke Kurhessen-Waldeck und Hessen - Nassau“ wurde der Prozess<br />
fortgesetzt, die Leitlinien des Qualitätsentwicklungssystems auf Einrichtungsebene anzuwenden.
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Im Berichtsjahr wurden 126 Personen mit insgesamt 638 Kontakten beraten. Personelle Ausstattung:<br />
eine Mitarbeiterin mit 0,38 Stellenanteil, ein Mitarbeiter mit 0,5 Stellenanteil.
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Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle<br />
Die ersten ernüchternden Praxiserfahrungen mit „Hartz IV“ sowie die von den politischen Parteien<br />
im Bundestagswahlkampf vielstimmig angekündigte letztlich aber nach Regierungswechsel doch<br />
nicht recht feststellbare Verbesserung der Arbeitsmarktsituation bewirkten, dass sich die Klientel<br />
der Schuldnerberatungsstelle wenig Hoffnung auf eine erkennbare Verbesserung ihrer Lebenssituation<br />
machen konnte.<br />
Wesentliche Erfahrungen des abgelaufenen Berichtsjahres<br />
Wirtschaftliche Auswirkungen von Hartz IV auf die betroffene Klientel:<br />
Die Kürzung der Leistungsdauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld I auf nur noch max. 12 Monate<br />
(bzw. max. 18 Monate für über 55-jährige) bewirkte schon in 2005 für einen großen Personenkreis<br />
reale Einkommensverluste.<br />
Ihr Leistungsanspruch gegenüber der Arbeitsverwaltung war nun gemäß SGB <strong>II</strong> schneller als früher<br />
der Höhe nach niedriger und zudem früher als nach bisherigem Recht von tatsächlich bestehender<br />
Hilfebedürftigkeit abhängig. Als Konsequenz hieraus mussten früher als nach altem Recht<br />
finanzielle Rücklagen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes aufgebraucht werden. Auch auf bestehende<br />
und primär geltend zu machende Unterhaltsansprüche gegenüber Mitbewohnerinnen/Mitbewohnern<br />
einer Bedarfsgemeinschaft und gesetzlich Unterhaltsverpflichteten im Rahmen<br />
der Bedürftigkeitsprüfung musste vom Leistungsträger entsprechend früher als bisher verwiesen<br />
werden.<br />
Markant war weiterhin die Zunahme der Not leidenden Baufinanzierungen und Zwangsversteigerungen<br />
von Grundeigentum bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB <strong>II</strong>. Dies mag einerseits<br />
daran liegen, dass für viele mit dem Eintreten in den ALG <strong>II</strong> – Leistungsbezug eine Einkommensverschlechterung<br />
verbunden war, die es ihnen unmöglich machte, den vertraglich vereinbarten<br />
Schuldendienst beim Hausfinanzierer aufrechtzuerhalten. Es scheint aber leider auch eine generelle<br />
Entwicklung dahin zu geben, dass Banken kaum noch bereit sind, dieser Personengruppe im<br />
erforderlichen Umfang nachhaltige Zugeständnisse zu machen, um den Verlust oder die Verwertung<br />
des Grundeigentums vielleicht doch noch abwenden zu können.<br />
Auswirkungen von Hartz IV auf die Beratungsstellenarbeit allgemein:<br />
Mit dem Inkrafttreten von Hartz IV ging erkennbar ein deutlicher Anstieg der Beratungsnachfrage<br />
einher, insbesondere stieg die Anzahl der (allerdings hier statistisch nicht erfassten) telefonischen<br />
Klientenkontakte rasant an.<br />
In einer Übergangsphase bezogen sich die Anfragen vor allem auf das Antragsverfahren selbst,<br />
den Umfang des gesetzlich festgelegten Leistungsanspruches, die Richtigkeit der Bedarfsberechnungen<br />
sowie auf Fragen des Vermögenseinsatzes. Hier war zu erkennen, dass sich viele der
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Betroffenen in der Defensive sahen, im negativen Sinne voreingenommen waren und deshalb<br />
auch der neuen Institution KreisJobCenter sehr misstrauisch gegenüber standen. Im Laufe des<br />
Jahres nahmen diese Anfragen ab und reduzierten sich zuletzt auf wenige Einzelfälle.<br />
Es zeigte sich aber auch, dass die Hoffnungen vieler Betroffener, über Hartz IV schneller wieder in<br />
ein Arbeitsverhältnis zu kommen, enttäuscht wurden. In diesem Zuge mussten sie sich auch eingestehen,<br />
ihr Verschuldungsproblem doch nicht über ein besseres (Erwerbs-) Einkommen aus<br />
eigener Kraft angehen zu können, so dass der Gang zur Beratungsstelle mitunter erst dadurch<br />
unausweichlich wurde.<br />
Freiwilliger Schuldendienst war den Beziehrinnen/Beziehern von Leistungen nach dem SGB <strong>II</strong> in<br />
der Regel nur noch möglich, wenn sie zusätzlich einer Beschäftigung nachgingen und durch den<br />
gesetzlich erlaubten Zuverdienst ein etwas besseres Einkommen zur Verfügung hatten.<br />
Letztlich soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass Betroffene zunehmend von<br />
den Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern des KreisJobCenters auf das Hilfsangebot Schuldnerberatung<br />
hingewiesen und zu dessen Wahrnehmung auch direkt aufgefordert wurden.<br />
Auswirkungen von Hartz IV auf den Arbeitsbereich Insolvenzberatung:<br />
Soziale Insolvenzberatung ist mittlerweile eine anerkannt effiziente Symbiose mit der Schuldnerberatung<br />
eingegangen, von der insbesondere vermögenslose einkommensschwache Ratsuchende<br />
profitieren.<br />
Sie fängt diejenigen auf, die einerseits so überschuldet sind, dass ein Verbraucherinsolvenzverfahren<br />
Sinn macht und die andererseits ein so geringes Einkommen haben, dass sie sich die begleitende<br />
Unterstützung eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters finanziell nicht leisten können.<br />
Diese Merkmale sind bei den Beziehern von SGB <strong>II</strong> – Leistungen jedenfalls dann regelmäßig erfüllt,<br />
wenn kein Grundeigentum vorhanden ist. Entsprechend hoch war auch der Anteil dieser<br />
Klientel bei den in 2005 neu eingeleiteten Verbraucherinsolvenzverfahren.<br />
Personelle Situation<br />
Da der Wegfall der für 2003 noch erhaltenen Landeszuwendungen für den Aufgabenbereich Insolvenzberatung<br />
bedauerlicherweise auch im Berichtsjahr nicht kompensiert werden konnte, musste<br />
die Beratungsstelle das Berichtsjahr wiederum mit einer deutlich schlechteren finanziellen Ausstattung<br />
gegenüber damals bestreiten.<br />
Möglich war dies letztlich nur unter Aufrechterhaltung der in 2004 bereits vorgenommenen Kürzungen<br />
in der personellen Ausstattung und der Beibehaltung der im Bericht für 2004 bereits aufgezeigten<br />
Umstrukturierung der Beratungsstellenarbeit. Nach wie vor ist die frühere Vollzeitstelle des<br />
Beraters auf 26 Wochenstunden und die der Verwaltungskraft auf 4 Wochenstunden verkürzt.
Perspektive<br />
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Zwar sollten 2005 extreme Wartezeiten für Erstgespräche vermieden werden. Gelungen ist dies<br />
jedoch aufgrund der hohen Beratungsnachfrage nur sehr eingeschränkt. Wartezeiten von 2-3 Monaten<br />
für ein ausführliches persönliches Gespräch waren nur in begründeten Ausnahmesituationen<br />
zu unterschreiten.<br />
Es ist nicht zu erkennen, wie die Beratungsstelle dem ständig steigenden Beratungsbedarf künftig<br />
noch gerecht werden kann, wenn eine Ausweitung der Beratungskapazität nicht möglich werden<br />
sollte.<br />
Finanzierung<br />
Die Beratungsstelle wurde 2005 ausschließlich finanziert vom Landkreis Marburg-Biedenkopf.<br />
Statistischer Teil zum Arbeitsschwerpunkt SCHULDNERBERATUNG<br />
Neben der laufenden Fallarbeit und umfangreichen Gläubigerverhandlungen fanden in der Beratungsstelle<br />
insgesamt 266 persönliche Gespräche statt.<br />
Zusätzlich zu der Arbeit an den sog. Altfällen aus den Vorjahren waren im Jahr 2005 insgesamt<br />
129 Neufälle zu registrieren, bei denen 146 Personen die Beratungsstelle zu mindestens einem<br />
ausführlichen Erstgespräch aufsuchten.<br />
Die 146 Ratsuchenden aus den Neufällen setzten sich wie folgt zusammen:<br />
56 Personen hatten mindestens einmal eine eidesstattliche Versicherung (Vermögensoffenbarung)<br />
abgegeben.<br />
Bei 55 Personen mussten schriftliche Gläubigerverhandlungen geführt werden.<br />
Mit dem Ziel (auch) einer umfassenden Beratung zum Verbraucherinsolvenzverfahren suchten 100<br />
Personen die Beratungsstelle auf. (s. u.)<br />
Statistischer Teil zum Arbeitsschwerpunkt INSOLVENZBERATUNG<br />
Die Beratungsstelle war im Berichtsjahr ganzjährig mit zwei hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt:<br />
• 1 Berater (Volljurist; Teilzeit 26 Wochenstunden)<br />
• 1 Verwaltungsangestellte (Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin; Teilzeitzeit 4 Wochenstunden)<br />
Bei 100 der Neuklienten war im Erstgespräch (auch) das Verbraucherinsolvenzverfahren wesentlicher<br />
Gegenstand der Beratung. Diese setzten sich wie folgt zusammen:<br />
• 55 der Neuklienten waren arbeitslos bzw. nicht oder nicht mehr berufstätig. Drei waren<br />
selbstständig oder verdienten ihren Lebensunterhalt im Rahmen einer „Ich-AG“.
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• Bei 39 der Neufälle wurde nach einem ausführlichen Erstgespräch eine Akte mit dem Ziel<br />
angelegt, ein Verbraucherinsolvenzverfahren tatsächlich einzuleiten.<br />
• Bei 39 der Neufälle ging zumindest das Erstanschreiben mit der Ankündigung eines außergerichtlichen<br />
Einigungsversuches an die Gläubiger heraus.<br />
Unter Mitberücksichtigung der vor 2005 bereits angelaufenen Verbraucherinsolvenzverfahren wurden<br />
von der Beratungsstelle im Berichtsjahr insgesamt 65 Insolvenzakten aktiv bearbeitet. Diese<br />
hatten zum Jahresende 2005 folgenden Verfahrensstand erreicht:<br />
außergerichtlicher Einigungsversuch noch nicht abgeschlossen 32<br />
durch außergerichtliche Einigung abgeschlossen 3<br />
außergerichtliche Einigung gescheitert, aber noch kein Antrag auf<br />
Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens gestellt<br />
gerichtlicher Antrag wurde gestellt 5<br />
durch Einigung im gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren<br />
abgeschlossen<br />
gerichtliches Insolvenzverfahren wurde eröffnet 19<br />
Abbruchfälle<br />
(Umzug/mangelnde Mitwirkung/Wegfall der objektiven Verfahrensvoraussetzungen)<br />
3<br />
3<br />
0
VI. KONTAKTADRESSEN:<br />
Geschäftsstelle<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Telefon: 0 64 21 / 1 76 99 - 0<br />
Telefax: 0 64 21 / 1 76 99 - 40<br />
E-Mail: info@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
49<br />
Haus am Ortenberg<br />
Alfred-Wegener-Straße 34<br />
35039 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 1 20 41<br />
Fax: 0 64 21 / 16 33 20<br />
E-Mail: Haus-am-Ortenberg@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
Übergangswohneinrichtung "Sauersgässchen"<br />
Sauersgässchen 12<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 6 45 56<br />
Fax: 0 64 21 / 61 76 63<br />
E-Mail: Sauersgaesschen@t-online.de<br />
Therapeutische Wohngruppen<br />
Therapeutische Wohngruppen<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 1 76 99 - 26<br />
Fax: 0 64 21 / 1 76 99 - 40<br />
E-Mail: thwg@bi-sozialpsychiatrie.de
Wohneinrichtung Wetter<br />
Wohneinrichtung Wetter<br />
Bahnhofstraße 17<br />
35083 Wetter<br />
Tel.: 0 64 23 / 63 12<br />
Fax: 0 64 23 / 33 20<br />
E-Mail: Wohnheim-Wetter@t-online.de<br />
Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 1 76 99 - 0<br />
Fax: 0 64 21 / 1 76 99 - 40<br />
E-Mail: pskb@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
Betreutes Wohnen<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 1 76 99 - 0<br />
Fax: 0 64 21 / 1 76 99 - 40<br />
E-Mail: betreuteswohnen@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg/Lahn<br />
Tel.: 0 64 21 / 1 76 99 - 0<br />
Fax: 0 64 21 / 1 76 99 - 40<br />
E-Mail: info@selbsthilfe-marburg.de<br />
Internet: www.selbsthilfe-marburg.de<br />
Beratungszentrum "Der Treff"<br />
Hainstraße 39<br />
35216 Biedenkopf<br />
Tel.: 0 64 61 / 95 24 - 0<br />
Fax.: 0 64 61 / 95 24 - 22<br />
E-Mail: der-treff@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
50
51<br />
Psychosoziales Zentrum<br />
Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Biedenkopf<br />
Betreutes Wohnen Biedenkopf und Tagesstätte<br />
Im Frauental 4<br />
E-Mail: TS-Treff@t-online.de<br />
Jugend- und Drogenberatungsstelle<br />
E-Mail: jdb-treff@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
Schuldnerberatungsstelle/Insolvenzstelle<br />
E-Mail: sb-treff@bi-sozialpsychiatrie.de<br />
Selbsthilfekontaktstelle Biedenkopf<br />
E-Mail: info@selbsthilfe-marburg.de<br />
RPK - Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke<br />
Berufliche und medizinische Rehabilitation<br />
Biegenstraße 7<br />
35037 Marburg<br />
Tel.: 06421/17699-23<br />
Fax: 06421/17699-40<br />
E-Mail: rpk@bi-sozialpsychiatrie.de