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Normative Grundannahmen Integrationsparadigma - Andreas Ladner

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Politische Parteien<br />

Teil 1 - Träger politischer Ideen: Parteien<br />

Politische Parteien<br />

<strong>Normative</strong> <strong>Grundannahmen</strong><br />

• Was sind Parteien?<br />

• Wie entstehen Parteien?<br />

• Das Schweizer Parteiensystem<br />

Der Begriff der "Politischen Partei" ist eng<br />

mit dem Begriff der "Demokratie"<br />

verknüpft.<br />

<strong>Normative</strong> demokratietheoretische<br />

Vorstellungen wirken sich auf<br />

theoretische Ansätze über Parteien aus.<br />

Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Wiesendahl (1980) unterscheidet drei<br />

Paradigmen in der Parteienforschung:<br />

• <strong>Integrationsparadigma</strong><br />

• Transmissionsparadigma<br />

• Konkurrenzparadigma<br />

<strong>Integrationsparadigma</strong><br />

Ausgangspunkt (normativ):<br />

• ein an Konsenssicherung und<br />

Konfliktvermeidung orientiertes Zielmodell<br />

stabiler Demokratie<br />

• oder systemtheoretisch:<br />

Systemüberlebensmodell von Demokratie,<br />

welches das Augenmerk auf funktionale<br />

Erfordernisse der Bestands- und<br />

Funktionssicherung richtet


Politische Parteien<br />

Konkurrenzparadigma<br />

Wird von den Anhängern der<br />

ökonomischen Theorie der Politik<br />

vertreten (Schumpeter 1950, Downs<br />

1968), unterstellt der Demokratie ein<br />

Marktmodell und basiert auf der<br />

Vorstellung von einer demokratischen<br />

Eliteherrschaft.<br />

Politische Parteien<br />

Transmissionsparadigma<br />

Basisdemokratisches Leitbild politischer<br />

Willensbildung<br />

Eine Partei artikuliert die Bedürfnisse<br />

und Wünsche einer Gruppe von<br />

Bürgern und Bürgerinnen und bringt sie<br />

unverfälscht in den politischen<br />

Entscheidungsprozess ein.<br />

Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Definitionen von Parteien<br />

• Zweck der Definition?<br />

• Reicht Rekurs auf Wahlen?<br />

• Definition hängt von Parteiparadigma ab<br />

Transmissionsparadigmatische<br />

Definition: Gruner (1977)<br />

"(...) politische Organisationen, die<br />

Anhänger mit ähnlicher Gesinnung oder<br />

ähnlichen Interessen in ihren Reihen<br />

sammeln, um auf die politische<br />

Willensbildung des Volkes Einfluss zu<br />

nehmen, sei's bei Wahlen, sei's bei<br />

Abstimmungen, sei's in der Mitwirkung bei<br />

der Meinungsbildung."


Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

<strong>Integrationsparadigma</strong>tische<br />

Definition: (Burke zit. nach Sartori<br />

1976: 9)<br />

"A party is a body of men united, for<br />

promoting by their joint endeavours<br />

the national interest, upon some<br />

particular principle in which they are all<br />

agreed."<br />

Konkurrenzparadigmatische Definition: (Max<br />

Weber 1972: 167)<br />

"Parteien sollen heissen auf (formal) freier<br />

Werbung beruhende Vergesellschaftungen<br />

mit dem Zweck, ihren Leitern innerhalb eines<br />

Verbandes Macht und ihren aktiven<br />

Teilnehmern dadurch (ideelle oder<br />

materielle) Chancen (der Durchsetzung von<br />

sachlichen Zielen oder der Erlangung von<br />

persönlichen Vorteilen oder beides)<br />

zuzuwenden."<br />

Politische Parteien<br />

Weite Definition: Walter<br />

Burckhardt (1914)<br />

"Un parti politique est donc la réunion<br />

de personnes qui se donnent pour but<br />

le maintien ou le changement de l'ordre<br />

légal existant. Peu nous importe que<br />

cette réunion prenne la forme juridique<br />

d'une association ou qu'elle existe du<br />

seul fait d'une entente en vue d'une<br />

action."<br />

Politische Parteien<br />

Funktionen von Parteien<br />

Unterschiedliche Bezugsrahmen für<br />

Bestimmung der Funktionen:<br />

• <strong>Integrationsparadigma</strong>: Politisches System<br />

• Konkurrenzparadigma: Parteiensystem<br />

• Transmissionsparadigma: Gesellschaftliches<br />

Umfeld


Politische Parteien<br />

Parteifunktionen aus integrationsparadigmatischer<br />

Perspektive:<br />

• Alternativenreduktion (Komplexitätsreduktion),<br />

• Mobilisierung von Unterstützung fürs<br />

politische System,<br />

• Prellbock- oder Pufferfunktionen,<br />

• Integration,<br />

• Legitimation und<br />

• Innovation im Dienste der Stabilität<br />

Politische Parteien<br />

Legitimation des politischen Systems:<br />

• Wie kann politische Entscheidungsmacht<br />

legitimiert werden?<br />

• Wahlen als zentrales Mittel der Legitimation<br />

• Parteien sind Hauptträger des<br />

Wahlverfahrens<br />

• Legitimation durch Verfahren (Luhmann)<br />

Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Legitimation durch Verfahren<br />

• Legitimation, wenn Beteiligte Verfahren<br />

akzeptieren und einhalten<br />

• Wahlen: Nicht Ziel der Wahl (repräsentative<br />

Besetzung der politischen Ämter), sondern<br />

Wahlverfahren ist zentral für Legitimation<br />

• Luhmann: Systemtheoretische Analyse des<br />

Wahlverfahrens<br />

Legitimation durch Verfahren<br />

• Funktionale Spezifizierbarkeit des Verfahrens<br />

– Allgemeines Wahlrecht<br />

– Gleichheit des Stimmgewichts<br />

– Geheimhaltung Stimmabgabe<br />

• Wahlverfahren muss Komplexität des<br />

Systems abbilden (Konflikte, Gegensätze)<br />

• spezifische Träger des Verfahrens<br />

– Parteien: auch Mittel der formalen Trennung von<br />

politischen Machtansprüchen und direkten<br />

Interessen


Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Parteifunktionen aus<br />

konkurrenzparadigmatischer<br />

Sichtweise<br />

• Stimmenerwerb<br />

• Interessenmakelung<br />

Parteifunktionen aus transmissionsparadigmatischer<br />

Perspektive<br />

• Willensbildung,<br />

• Mobilisierung,<br />

• Organisation und<br />

• Vertretung der Interessen.<br />

Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Funktionen von Parteien<br />

Aufgabe:<br />

Politisch-administratives System (I)<br />

Parteien (K)<br />

Wie würden Transmissions-, Konkurrenz- und<br />

<strong>Integrationsparadigma</strong>tiker den heutigen Zustand der<br />

Schweizer Parteien beurteilen?<br />

Gesellschaft (T)


Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Entstehung von Parteien<br />

Drei theoretische Erklärungsansätze<br />

• institutionelle Ansätze<br />

• historische Krisensituationstheorien<br />

• Modernisierungstheorien<br />

Institutionelle Ansätze<br />

• Regierungssystem<br />

– z.B. parlamentarische Systeme in USA, GB<br />

• Wahlrecht/Wahlsystem<br />

– z.B. Einführung Proporzwahlsystem in CH<br />

• Direkte Demokratie<br />

– Z.B. CH: : „Kinder der Volksrechte“ (Gruner)<br />

Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Krisentheorien<br />

Modernisierungstheorien<br />

• Entstehung neuer Staaten (Belgien, Irland,<br />

Island)<br />

• Legitimitätsbrüche aufgrund von<br />

dynastischen Rivalitäten (Frankreich und<br />

Spanien zu Beginn des 19. Jh. „Grand<br />

Empire“)<br />

• Zusammenbrüche von parlamentarischen<br />

Demokratien durch die Machtübernahme<br />

faschistischer oder faschistoider Systeme<br />

Entstehung von Parteien wird mit dem<br />

sozialen Wandel und den strukturellen<br />

und kulturellen Veränderungen erklärt<br />

(Urbanisierung, Industrialisierung,<br />

Bildungssystem, Wirtschaftliche<br />

Indikatoren usw.)


Politische Parteien<br />

Politische Parteien<br />

Erklärungsansätze für die<br />

Herausbildung von einzelnen<br />

Parteien<br />

• Lipset/Rokkan 1967<br />

• Historisch-soziologische Argumentation<br />

• Konsolidierung der (klassischen) nationalen<br />

Parteiensysteme als Resultat der<br />

Kombination gesellschaftlicher Spaltungen<br />

(„cleavages“)<br />

Entstehung der Parteiensysteme gemäss<br />

Lipset/Rokkan (1967):<br />

• Ausgangspunkt: Revolutionen, welche<br />

die Entwicklung des modernen Europas<br />

geprägt haben: nationale Revolution<br />

und industrielle Revolution.<br />

• Jede dieser Revolutionen hat zwei<br />

fundamentale Cleavages nach sich<br />

gezogen:<br />

Politische Parteien<br />

Zwei Revolutionen – vier<br />

Cleavages<br />

Politische Parteien<br />

Vier Etappen<br />

Cleavage entscheidender Moment Gegenstand der Parteien (Bsp. CH)<br />

Auseinandersetzung<br />

• Die nationale Revolution:<br />

– Cleavage zwischen Zentrum und Peripherie<br />

– Cleavage zwischen Nationalstaat und Kirche,<br />

• die industrielle Revolution:<br />

– Cleavage zwischen den Landbesitzern<br />

(Aristokratie, Bauern) und der Bourgeoisie<br />

– Cleavage zwischen der Bourgeoisie und dem<br />

Proletariat.<br />

Zentrum- Reformation-Gegenrefor- Nationale vs. supra- FDP-CVP<br />

Peripherie mation: 16./17. Jh. nationale Religion<br />

Nationalsprache vs.<br />

Latein<br />

Staat - Demokratische Revolution: laizistische vs. kirchliche FDP-CVP<br />

Kirche 1789 und später Kontrolle des öffentlichen<br />

Bildungswesens<br />

Land- Industrielle Revolution: Preisbindung für agra- FDP-SVP<br />

Industrie 19. Jahrhundert rische Produkte;<br />

Kontrolle vs. freies<br />

Unternehmertum<br />

Unternehmer- Russische Revolution: nationale Integration vs. FDP-SP<br />

Arbeiter 1917 und später internationale revolutionäre<br />

Bewegung


Politische Parteien<br />

Schema der Ausdifferenzierung von<br />

Parteien (von Beyme 1984: 36):<br />

1. Liberalismus gegen das alte Regime -<br />

2. Konservative<br />

3. Arbeiterparteien gegen das bürgerliche System<br />

4. Agrarparteien gegen das industrielle System<br />

5. Regionale Parteien gegen das zentralistische System<br />

6. Christliche Parteien gegen das laizistische System<br />

7. Kommunistische Parteien gegen den "Sozialdemokratismus"<br />

8. Faschistische Parteien gegen demokratische Systeme<br />

9. Protestparteien des Kleinbürgertums gegen das bürokratischwohlfahrtsstaatliche<br />

System (Poujadismus, Frankreich;<br />

Fortschrittspartei, Dänemark)<br />

10. Ökologische Bewegung gegen die Wachstumsgesellschaft

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