2 Mitglied im Partner im 2 3 3 EDITO Liebe Leserinnen und Leser, Anett Steinbrecher ist ein Glücksfall für den <strong>strassenfeger</strong>. Warum? Ganz einfach: Wir wollten eigentlich schon lange mal eine Ausgabe mit dem Titelthema „MODE“ machen, haben es aber immer ein wenig vor uns hergeschoben. Uns war klar, wenn wir eine MODE-Ausgabe machen, dann muss sie auch richtig gut werden. Einfach so ein paar Topmodels in irgendwelchen Modemarken zu präsentieren oder die berühmten Modedesigner zum tausendsten Mal zu präsentieren, das war nicht unser Anspruch. Es sollt schon etwas sein, was auch mit uns, unserem Verein mob – obachlose machen mobil e.V., mit den Verkäufern des <strong>strassenfeger</strong> zu tun haben. Anders eben als die Modemagazine der etablierten Zeitschriften. Na ja und dann kam da plötzlich diese Mail, in der es hiess: „Ich heiße Anett, studiere an der Modeschule <strong>AMD</strong> in <strong>Berlin</strong> und würde gerne meine Abschlussarbeit mit Euch als Modeausgabe des <strong>strassenfeger</strong> produzieren.“ Da haben wir nicht lange gezögert und schnell Nägel mit Köpfen gemacht. Anett stellte ihr Konzept in der Redaktionssitzung vor und verteidigte es auch gegen viele Zweifler. Jetzt ist die Ausgabe fertig und wir finden sie sehr gelungen. Danke, Anett! Und viel Erfolg auf Deinem Weg als Modejournalistin! Viel Spaß beim Lesen wünscht Andreas Düllick strassen|feger Die soziale Straßenzeitung <strong>strassenfeger</strong> wird vom Verein mob – obdachlose machen mobil e.V. herausgegeben. Das Grundprinzip des <strong>strassenfeger</strong> ist: Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe! Der <strong>strassenfeger</strong> wird produziert von einem Team ehrenamtlicher Autoren, die aus allen sozialen Schichten kommen. Der Verkauf des <strong>strassenfeger</strong> bietet obdachlosen, wohnungslosen und armen Menschen die Möglichkeit zur selbstbestimmten Arbeit. Sie können selbst entscheiden, wo und wann sie den <strong>strassenfeger</strong> anbieten. Die Verkäufer erhalten einen Verkäuferausweis, der auf Verlangen vorzuzeigen ist. Der Verein mob e.V. finanziert durch den Verkauf des <strong>strassenfeger</strong> soziale Projekte wie die Notübernachtung und den sozialen Treffpunkt „Kaffee Bankrott“ in der Prenzlauer Allee 87. Der Verein erhält keine staatliche Unterstützung. Spenden für die Aktion „Ein Dach über dem Kopf“ bitte an: mob e.V., Bank für Sozialwirtschaft, BLZ: 100 205 00, Kto.: 32838 01 Detlef Flister über seine Lebederjacken und die damit verbundenen Erinnerungen 8 Jacken, 8 Geschichten, 1 Mann. Titel DETLEF strassen|feger 21/2011 Liebe Leserinnen und Leser, wie jeder Student des 6. Semesters der Akademie Mode und Design (<strong>AMD</strong>) stand ich vor der Aufgabe, eine Abschlussarbeit in Form eines Booklets abzugeben. Überthema: „Mode als Kulturphänomen“. Für gewöhnlich sucht man sich ein Thema, überlegt sich dazu fünf Texte und ein, zwei Fotostrecken, druckt und bindet das Ganze, um es dann an einem festgelegten Tag in der Uni abzugeben. Die Dozenten der Hauptfächer schauen sich das an und vergeben Noten in Modejournalismus, Journalismus, Visuelle Kommunikation und Marketing. Schön und gut, nur fragte ich mich, ob man diese ganze Energie, die schlaflosen Nächte nicht in etwas Sinnvolleres stecken könnte. Etwas wie - exakt, die vorliegende Ausgabe: eine Modeausgabe für eine Obdachlosenzeitung. Die Herausgeber des <strong>strassenfeger</strong> stimmten schnell zu. Doch nun galt es, auch die ständigen, ehrenamtlichen Autoren von meinem Projekt zu überzeugen. So richtig toll fanden diese Idee anfangs nur wenige. Ich erinnere mich an die erste Redaktionssitzung, als wäre sie gestern gewesen. Da saßen sie, die Autoren des <strong>strassenfeger</strong>: Viele deutlich älter als ich, stark bezweifelnd, dass dieses junge Ding so eine Ausgabe stemmen kann. Ich erzählte, wer ich bin, was ich mache - und da kamen sie auch schon, die ersten Reaktionen: Es wurde gestöhnt und mit den Augen gerollt. Das eine oder andere Lächeln und zustimmendes Nicken gab es allerdings auch. So ging ich mit gemischten Gefühlen, aber auch immer bestärkt von der Redaktionsleitung, in die Produktion. Nun halten Sie das Ergebnis in den Händen. Entstanden sind die Seiten in enger Zusammenarbeit mit der Redaktion. Ziel war es, der Grundphilosophie des <strong>strassenfeger</strong> treu zu bleiben und mit dem zu arbeiten, was vorhanden war: den Autoren, dem Layoutgerüst, den Prinzipien des Vereins. Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist die von Detlef. Zu jeder seiner acht Lederjacken verfasste er die damit verbundene Erinnerung und betitelte diese als „Kennlernjacke“ oder als „Musikjacke“. Es sind Geschichten aus seinem Leben, die bewegen. Detlefs Seiten bringen meine Intention für dieses Heft auf den Punkt: Mode von einem ganz anderen Blickwinkel zu beleuchten. Denn Mode ist mehr als das oberflächliche Getue, als das sie oft und gerne abgetan wird. Mode ist ein Kulturphänomen! ICH BEDANKE MICH BEI ALLEN, DIE MIR GEHOLFEN HABEN! Viel Spaß beim Lesen wünscht Anett Steinbrecher Titel DETLEF – 8 Jacken, 8 Geschichten, 1 Mann. 3-7 ROGER EBERHARD – Interview zu IN GOOD LIGHT 8-13 KLEIDERSTUBE PANKOW – Fotostrecke 14-21 STRAßENPORTRAITS26-28 art <strong>strassenfeger</strong> ANITA – Über ihre Bachelor Arbeit in Modedesign 22/23 zum Thema Identität <strong>strassenfeger</strong>-radio iC BERLIN-CHEF RALPH ANDERL im Interview 24-25 Hartz-IV-Ratgeber EIN-EURO-JOBS UND DAS URTEIL DES BSG 29 Mittendrin VON KPTN GRAUBÄR 30 Vorletzte Seite LESERBRIEFE, IMPRESSUM, VORSCHAU 31 Fotos Harry Weber DIE KENNLERNJACKE Es begann im März 1995. Mein bester Kumpel Klaus Marx fragte mich, ob ich am Nachmittag zu ihm in den Garten kommen wolle. Marita, seine Ex-Freundin würde auch dabei sein. Ich kannte sie, war aber nie sonderlich beeindruckt von ihr. An jenem Nachmittag war sie erstaunlich gut aufgelegt, wir lachten und scherzten die ganze Zeit. Dann fragte sie mich, ob ich nicht noch zu ihr mitkommen und was trinken wolle. Der Abend wurde der Auftakt zu den glücklichsten Jahren meines Lebens. Unsere Liebe war gegenseitig, ehrlich und innig. Sie hielt acht Jahre lang. Bis zu ihrem Tod an Hirnschlag im Jahre 2003. Nie wieder hat mich eine Frau ohne viele Worte so verstanden wie sie, und nie wieder habe ich eine Frau mit derartiger Hingabe lieben können. strassen|feger 21/2011