Aufhebung der Aufhebung einer Ausschreibung durch die ... - NASG
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VergabeR 6/2002<br />
GNITTKE/MICHELS<br />
koordinierungsrichtlinie. Diese Vorgaben<br />
werden <strong>durch</strong> <strong>die</strong> §§ 26a VOL/A und VOB/A<br />
in das nationale Recht umgesetzt. Sie sind<br />
als Ausfluß <strong>der</strong> Vorgaben <strong>der</strong> Richtlinien damit<br />
Prüfungsmaßstab für <strong>die</strong> Rechtmäßigkeit<br />
<strong>einer</strong> <strong>Aufhebung</strong>sentscheidung nach dem<br />
Urteil des EuGH [20]. Weitergehende Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
etwa an <strong>die</strong> Voraussetzungen für<br />
eine <strong>der</strong>artige Entscheidung ergeben sich<br />
aus den Vergaberichtlinien nicht.<br />
3. §§26 VOL/A und VOB/A<br />
Nach den §§ 26 VOL/A und VOB/A kann eine<br />
<strong>Ausschreibung</strong> aufgehoben werden, wenn <strong>einer</strong><br />
<strong>der</strong> auf wenige Fälle begrenzten dort aufgeführten<br />
Gründe vorliegt. Beispielhaft genannt<br />
seien hier nur <strong>der</strong> Fall, daß kein Angebot<br />
eingegangen ist, das den <strong>Ausschreibung</strong>sbedingungen<br />
entspricht o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fall,<br />
daß <strong>die</strong> <strong>Ausschreibung</strong> kein wirtschaftliches<br />
Ergebnis gehabt hat. Diese Gründe dürfen<br />
vom öffentlichen Auftraggeber nicht selbst<br />
verursacht worden sein und dürfen außerdem<br />
erst nachträglich, d. h. nach Beginn des Vergabeverfahrens<br />
entstanden sein [21].<br />
Die nationalen Vorschriften <strong>der</strong> Verdingungsordnungen<br />
als einzelstaatliche Vorschriften<br />
sind nach dem Urteil des EuGH nur dann Prüfungsmaßstab<br />
für eine Überprüfung <strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong>sentscheidung,<br />
wenn sie gemeinschaftsrechtliche<br />
Vorgaben im Bereich des<br />
öffentlichen Auftragswesens umsetzen … soweit<br />
<strong>der</strong> EuGH in seinem Urteil eine Überprüfung<br />
<strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong>sentscheidung auch auf<br />
Verstöße gegen nationales Recht for<strong>der</strong>t, bezieht<br />
er <strong>die</strong>s ausdrücklich nur auf solche nationalen<br />
Vorschriften, <strong>die</strong> das Gemeinschaftsrecht<br />
im Bereich des öffentlichen Auftragswesens<br />
umsetzen. Wie bereits gesehen, enthalten<br />
<strong>die</strong> Vergaberichtlinien keine den §§ 26<br />
VOL/A bzw. 26 VOB/A entsprechenden Vorgaben.<br />
Diese nationalen Vorschriften <strong>die</strong>nen<br />
damit nicht <strong>der</strong> Umsetzung von Gemeinschaftsrecht.<br />
Mangels Anknüpfungspunkt <strong>der</strong><br />
Regelungen <strong>der</strong> §§26 VOB/A und 26 VOL/A<br />
im Gemeinschaftsrecht kann sich <strong>die</strong> For<strong>der</strong>ung<br />
des EuGH nach Überprüfung <strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong><br />
nicht auf <strong>die</strong> Einhaltung <strong>die</strong>ser Vorschriften<br />
beziehen.<br />
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Dem entspricht es auch, wenn <strong>der</strong> EuGH in<br />
seinem Urteil unter Berufung auf seine Entscheidung<br />
Fracasso und Leitschutz [22] ausführt,<br />
<strong>die</strong> Befugnis des öffentlichen Auftraggebers<br />
zur <strong>Aufhebung</strong> sei nicht auf Ausnahmefälle<br />
begrenzt und müsse auch nicht auf<br />
schwerwiegende Gründe gestützt werden<br />
[23]. Der EuGH for<strong>der</strong>t darüber hinaus für <strong>die</strong><br />
Möglichkeit <strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong> we<strong>der</strong> in seinem<br />
aktuellen Urteil noch in <strong>der</strong> Entscheidung<br />
Fracasso und Leitschutz (… Rs. C-27/98 …),<br />
daß hierfür nachträglich entstandene Gründe<br />
vorliegen müssen. Genau <strong>die</strong>se Voraussetzungen<br />
stellen <strong>die</strong> §§ 26 VOL/A und 26 VOB/<br />
A aber auf.<br />
Die Entscheidung des EuGH for<strong>der</strong>t damit<br />
eine Überprüfbarkeit <strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong> auf <strong>die</strong><br />
Verletzung europäischer Grundsätze des<br />
Vergaberechts, nicht aber <strong>die</strong> Überprüfbarkeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Aufhebung</strong> auf das Vorliegen von<br />
Gründen, <strong>die</strong> den in § 26 VOL/A bzw. §26<br />
VOB/A genannten Gründen entsprechen.<br />
4. Grundsätze des EG-Primärrechts<br />
Der EuGH greift in seinem Urteil auf allgemeine<br />
Grundsätze des Gemeinschaftsrechts<br />
zurück, <strong>die</strong> generell und daher auch für <strong>die</strong><br />
<strong>Aufhebung</strong> eines Vergabeverfahrens gelten<br />
[24].<br />
a) Gleichheitsgrundsatz/Diskriminierungsverbot<br />
Nach Ansicht des EuGH ist <strong>die</strong> <strong>Aufhebung</strong>sentscheidung<br />
auf Verstöße gegen den<br />
Gleichheitsgrundsatz/das Diskriminierungsverbot<br />
zu prüfen [25].<br />
Das Diskriminierungsverbot/<strong>der</strong> Gleichheitsgrundsatz,<br />
<strong>der</strong> für das Vergabeverfahren<br />
auch in § 97 GWB ausdrücklich formuliert ist,<br />
beinhaltet <strong>die</strong> Vorgabe, daß alle Bieter unabhängig<br />
von ihrer Herkunft o<strong>der</strong> Staatsangehörigkeit<br />
gleichbehandelt werden müssen<br />
[26]. Das Gebot <strong>der</strong> Gleichbehandlung verpflichtet<br />
<strong>die</strong> Vergabestelle damit lediglich, allen<br />
Marktteilnehmern gleichmäßigen Zugang<br />
[20] Vgl. auch Transparenzgrundsatz unter 4.b.<br />
[21] BGH, NJW 1998, 3640 ff., 3640, 3641; Fett, in: Müller-Wrede,<br />
Kommentar zur VOL/A, 1.Aufl. 2001, §26 Rdnr. 5.<br />
[22] Urteil v. 16. 9.1999 … Rs. C-27/98 ….<br />
[23] EuGH, NZBau 2002, 458 ff., Rdnr. 40.<br />
[24] EuGH, a. a.O., Rdnr. 42.<br />
[25] EuGH, a. a.O., Rdnr. 45 u. 47.<br />
[26] So z. B. Niebuhr, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar<br />
zum Vergaberecht, §97 Rdnr.102.