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Das Krankenhaus der Zukunft - Sportklinik Halle

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Presseinfo;<br />

integra <strong>Halle</strong> in Financial Times Deutschland vom 6. Oktober 2OO6<br />

<strong>Das</strong> <strong>Krankenhaus</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

von Susanne Amann<br />

In <strong>Halle</strong> an <strong>der</strong> Saale wird in einem <strong>Krankenhaus</strong> die Versorgung <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong> geprobt. In<br />

einem Netzwerk werden die Patienten besser und schneller versorgt - und die Kassen<br />

sparen reichlich Kosten.<br />

Diakoniekra nkenhaus<br />

.' _Mehr Hotel, weniger <strong>Krankenhaus</strong>: die Integra-Station im<br />

<strong>Halle</strong><br />

Der Tee ist wohl überall <strong>der</strong> Gleiche, Fein säuberlich aufgereiht stehen Pfefferminz-, Hagebuttenund<br />

Kamillen-Tee nebeneinan<strong>der</strong> in <strong>der</strong> schmalen Küche <strong>der</strong> Station. Sie sind das einzige, was in<br />

dem lindgrünen Raum daran erinnert, dass man sich in einem <strong>Krankenhaus</strong> befindet.<br />

Denn tatsächlich sieht <strong>der</strong> schmale Raum nicht aus, wie man sich gemeinhin eine<br />

<strong>Krankenhaus</strong>küche vorstellt: An den Wänden hängen Kunstdrucke, in den Regalen steht dezent<br />

gemustertes Geschirr, die Mahlzeiten werden als Buffet serviert, an dem sich je<strong>der</strong> Patient<br />

bedienen kann. Die Bettwäsche ist gemustert, die Betten mit Tagesdecken versehen. Und statt des<br />

klassischen PVC-Bodens liegt hier ein dezent gemusterter Teppichboden.<br />

Hinter dem Teppichboden steckt Konzept<br />

"Die Teppichbodenstation" wird die Station von den Angestellten des Diakoniekrankenhauses in<br />

<strong>Halle</strong> deshalb auch ironisch genannt, ob Verachtung o<strong>der</strong> Neid dahinter stecken, lässt sich nicht so<br />

genau sagen. Klar ist auf jeden Fall: Hier, auf <strong>der</strong> Integra-Station, ist alles an<strong>der</strong>s als sonst im<br />

<strong>Krankenhaus</strong> - und das ist Konzept.<br />

Denn die Station ist Teil eines Projektes zur Integrierten Versorgung, eine neue Form <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit zwischen Arzten, Kliniken, Reha-Einrichtungen, Apotheken, Krankengymnasten -<br />

zwischen all den Einrichtungen also, die in <strong>der</strong> Regel aktiv werden, um aus kranken Menschen<br />

gesunde Menschen zu machen.<br />

Bessere Vernetzung als Grundprinzip<br />

"Integrierte Versorgung ist die Versorgung <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>" preist das Bundesgesundheitsministerium<br />

das Konzept, das inzwischen in ganz Deutschland in den unterschiedlichsten Formen erprobt wird.<br />

Grundprinzip ist die bessere Vernetzung und Zusammenarbeit <strong>der</strong> unterschiedlichen Sektoren im<br />

Gesundheitssystem: Hausarzt und Facharzt, operieren<strong>der</strong> Klinikarzt und nachbehandeln<strong>der</strong><br />

nie<strong>der</strong>gelassener Arzt sollen mehr miteinan<strong>der</strong> reden, sich auf die Voruntersuchungen des Kollegen<br />

verlassen, anstatt teure Doppeluntersuchungen zu veranlassen.<br />

Die Abfolge von Diagnose, Operation und Rehabilitation soll im besten Fall aus einer Hand<br />

koordiniert werden, damit Wartezeiten entfallen, möglichst viel ambulant versorgt werden kann<br />

und sich hilflose Patienten nicht selbst auf den Weq nach dem besten Arzt o<strong>der</strong> dem besten<br />

Krankengymnasten machen müssen.<br />

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Bessere Betreuung und Aufklärung - ein Ziel <strong>der</strong> integrierten Versorgung<br />

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit - allerdings nicht im deutschen Gesundheitssystem, das nach<br />

Angaben von Transparency International zwar hinsichtlich <strong>der</strong> Ausgaben an dritter Stelle nach <strong>der</strong><br />

Schweiz und den USA, bei <strong>der</strong> Qualität aber nur im Mittelfeld liegt. Auch das<br />

Bundesgesundheitsministerium sieht "die mangelhafte Zusammenarbeit zwischen den einzelnen<br />

Sektoren" als "wesentliches Problem".<br />

"Unheimliche Barrieren in den Köpfen"<br />

"In den Köpfen <strong>der</strong> Arzte müssen zum Teil unheimliche Barrieren überwunden werden", sagt<br />

Mechthild Jansen vom Bundesgesundheitsministerium. "Je<strong>der</strong> vertraut nur <strong>der</strong> eigenen Diagnose,<br />

deshalb kommt es zu Doppeluntersuchungen und zu Verzögerungen - alles zu Lasten des Patienten<br />

versteht sich."<br />

Diese Erfahrung hat auch Barbara Yokota Beuret gemacht, die Pflegedienstleiterin des<br />

Diakoniekrankenhauses <strong>Halle</strong> und Leiterin des Integra-Projektes. 28 Kooperationspartner gibt es<br />

inzwischen außerhalb <strong>der</strong> Klinik, und dass ambulante Fachärzte plötzlich in die Klinik kommen, zwei<br />

Stunden ihre Patienten operieren und dann wie<strong>der</strong> verschwinden, war nicht nur den zwei<br />

Chefärzten suspekt, die plötzlich nicht mehr Herr über ihre OP-Zeitpläne waren.<br />

Mehr Service, weniger <strong>Krankenhaus</strong>atmosphäre: die Integra-Station im<br />

Diakoniekrankenhaus <strong>Halle</strong><br />

"Wir legen in großen Wert auf Service - mehr, als das bislang in Krankenhäusern <strong>der</strong> Fall war", sagt<br />

Yokota Beuret. Deshalb wurden für die Integra-Station Pflegekräfte von außerhalb angestellt, es<br />

gelten flexible Arbeitszeiten, Jahresarbeitszeitkonten und leistungsabhängige Bezahlung. Alles<br />

dreht sich um das Wohl des Patienten, denn <strong>der</strong> soll besser, schneller und komfortabler behandelt<br />

werden. Auch das war für viele <strong>der</strong> alteingesessenen <strong>Krankenhaus</strong>mitarbeiter erst mal<br />

gewöhnu ngsbed ürftig.<br />

Wer als Patient bei einem <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassenen Kooperationsärzte eine Diagnose erhält, die einen<br />

<strong>Krankenhaus</strong>aufenthalt notwendig macht, <strong>der</strong> wird zentral angemeldet, erhält einen genauen<br />

Zeitplan und kann sich - so er denn will - sein <strong>Krankenhaus</strong>zimmer auch vorab schon mal<br />

anschauen. Voruntersuchungen und -besprechungen werden vom behandelnden Kooperationsarzt<br />

durchgeführt o<strong>der</strong> organisiert, so dass <strong>der</strong> Patient tatsächlich erst an dem Morgen in die Klinik<br />

kommen muss/ an dem die Operation stattfindet.<br />

Arzte und Patienten sind begeistert<br />

Seit Herbst 2003 besteht die Integra-Station, mehr als 2400 Patienten werden Ende dieses lahres<br />

dort behandelt worden sein - bei nur 20 Betten eine sehr gute Bilanz. "Es ist tatsächlich die Zahl<br />

<strong>der</strong> Betten, die uns momentan eine Grenze setzt", sagt Yokota Beuret. Sowohl die kooperierenden<br />

Arzte als auch die Patienten sind begeistert, vorallem aberfreuen sich die Krankenkassen.<br />

Denn: <strong>Das</strong> Grundprinzip <strong>der</strong> Integrierten Versorgung heißt weniger stationäre, dafür mehr<br />

ambulante Behandlung. Durch koordinierte Untersuchungen und Behandlungen reduzieren sich<br />

<strong>Krankenhaus</strong>aufenthalte zum Teil fast um die Hälfte - und das soart Geld. Zwischen 10 und 30<br />

Prozent weniger Kosten fallen nach Aussagen <strong>der</strong> beteiligten Krankenkassen - darunter die<br />

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Techniker Krankenkasse, die DAK und die Barmer - für die Behandlung an. Auch Yokota Beuret hat<br />

beobachtet, dass "die Patienten kürzer liegen und weniger Schmerzmittel brauchen". Manche<br />

fühlen sich gar so wohl, dass sie hinterher von ihrer "schönsten OP" schwärmen - weil sie besser<br />

aufgeklärt, versorgt und vorbereitet worden sind.<br />

Der Kosteneffekt wird zwar von allen Beteiligten als zweitrangig herunter gespielt und die optimale<br />

Versorgung <strong>der</strong> Patienten zum obersten Ziel erklärt. Klar ist aber: <strong>Das</strong> Grundprinzip <strong>der</strong><br />

Integrierten Versorgung mit unabhängigen Verträgen zwischen Kassen, Krankenhäusern und<br />

Arzten soll die Konkurrenz zwischen den einzelnen Akteuren im Gesundheitswesen för<strong>der</strong>n und<br />

damit langfristig Kosten sparen. <strong>Das</strong> ist vom Gesetzgeber so gewollt.<br />

Wettbewerbsinstrument, das die Qualität verbessert<br />

Seit Anfang 2004 stehen deshalb bis zu ein Prozent <strong>der</strong> jeweiligen Gesamtvergütung <strong>der</strong><br />

Kassenärztlichen Vereinigungen und <strong>der</strong> <strong>Krankenhaus</strong>vergütungen als Anschubfinanzierung für<br />

Integrierte Versorgung zur Verfügung. "<strong>Das</strong> Ziel ist eine breiter angelegte Öffnung <strong>der</strong><br />

Krankenhäuser für die ambulante Versorgung", sagt Jansen vom BMGS. "<strong>Das</strong> ist ein<br />

Wettbewerbsinstrument, das unbestritten auch die Qualität <strong>der</strong> Versorgung verbessert."<br />

Die Kassenärztlichen Vereinigungen, über die normalerweise die Abrechnungen aller ärztlichen<br />

Leistungen laufen, ist weniger begeistet von dem Konzept. "Wir haben keine Furcht vor<br />

Wettbewerb", beteuert Roland Stahl von <strong>der</strong> Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Ihn störe<br />

allerdings die "mangelndeTransparenz", es sei nicht immer klar, ob "da, wo integrierte Versorgung<br />

drauf steht, auch integrierte Versorgung drin ist."<br />

Kassenä rztl iche Verei ni g u n g wen i g begeistert<br />

Klar ist aber auch: <strong>Das</strong> eine Prozent geht vom Budget <strong>der</strong> Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ab<br />

- Geld, das nicht mehr von <strong>der</strong> KV an die Arzte verteilt, son<strong>der</strong>n als Honorar direkt zwischen den<br />

Kassen, den Arzten und den Kliniken ausgehandelt wird. <strong>Das</strong>s die KV, die gerne als Wettbewerb<br />

verhin<strong>der</strong>nde Monopole und Kartelle bezeichnet werden, daran kein Interesse haben, versteht sich<br />

von selbst.<br />

In <strong>Halle</strong> hat man einen ganz eigenen Weg gefunden, die KV mit ins Boot zu holen, um - wie ein<br />

Krankenkassenvertreter recht offen sagt - möglichst wenig Wi<strong>der</strong>stand von dieser Seite zu<br />

provozieren. Obwohl die Krankenkassen ihre Honorare mit den behandelnden Arzten und dem<br />

Diakoniekrankenhaus selbst aushandeln, zahlt die KV den nie<strong>der</strong>gelassenen Arzten die Honorare<br />

für prä- und postoperative Behandlungen. Und hat damit - immerhin - einen Fuß in <strong>der</strong> Tür für die<br />

Versorgung <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>,<br />

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