Arbeitsrecht 2/14
Newsletter zu Entwicklungen im Arbeitsrecht
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II. Hürden für Auskunftsansprüche abgelehnter Stellenbewerber<br />
Bewerber haben grds. keinen Auskunftsanspruch<br />
über die Gründe<br />
der Ablehnung<br />
In der Rechtssache Meister verneinte der EuGH zum Wohle der Arbeitgeber die umstrittene<br />
Frage, ob abgelehnten Stellenbewerbern ein Auskunftsanspruch über die Gründe<br />
ihrer Nichtberücksichtigung zusteht. Gleichzeitig ließ der EuGH jedoch ein Schlupfloch<br />
für solche Fälle offen, in denen der Arbeitgeber jeglichen Informationszugang gegenüber<br />
dem abgelehnten Stellenbewerber verweigert (EuGH v. 19.4.2012 – C-415/10). Das<br />
BAG hat diesen Ansatz nunmehr aufgegriffen und bestätigt, dass Bewerber keinen allgemeinen<br />
Auskunftsanspruch über die Ablehnungsgründe haben. Das BAG entschied<br />
weiter, dass allerdings im Einzelfall eine „Totalverweigerung“ des Arbeitgebers, jegliche<br />
Informationen darüber zu erteilen, warum die Bewerbung nicht erfolgreich war, zu<br />
einer Beweislastumkehr nach § 22 AGG führen könne, so dass der Arbeitgeber ggf. die<br />
Nichtdiskriminierung darlegen und beweisen müsste (BAG v. 25.4.2013 – 8 AZR 287/08).<br />
Dies gelte jedoch nur dann, wenn der abgelehnte Stellenbewerber hierfür schlüssig<br />
darlegen kann, dass einer der beiden folgenden Fallgruppen vorliege:<br />
••<br />
die Auskunftsverweigerung erschwere dem Arbeitnehmer unzumutbar die Darlegung<br />
von Indiztatsachen für eine unzulässige Benachteiligung oder<br />
••<br />
die Auskunftsverweigerung stelle selbst eine Indiz für eine unzulässige Benachteiligung<br />
dar.<br />
Bei genauerer Betrachtung stellt dies für Bewerber eine hohe Hürde dar. Der Bewerber<br />
darf sich insbesondere nicht auf Behauptungen ins Blaue hinein beschränken, sondern<br />
muss glaubhaft darlegen, welchen Inhalt die verweigerte Auskunft aller Voraussicht<br />
nach hätte. Dies dürfte nur wenigen Bewerbern gelingen.<br />
III. Bewerbungsverfahren bei Schwerbehinderten<br />
Besonderheiten bei schwerbehinderten<br />
Bewerbern<br />
In Bewerbungsverfahren mit schwerbehinderten Bewerbern müssen Arbeitgeber die<br />
besonderen für Schwerbehinderte anwendbaren Vorschriften der §§ 81 f. SGB IX beachten.<br />
Diese stellen eine Vielzahl von Verfahrensvorschriften auf, deren Verletzung die<br />
Annahme einer Diskriminierung indizieren kann. Hierzu hat die Rechtsprechung jüngst<br />
folgende Grundsätze aufgestellt:<br />
Gem. § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX hat ein Arbeitgeber den nicht berücksichtigten schwerbehinderten<br />
Stellenbewerber unverzüglich über seine Nichtberücksichtigung unter Darlegung<br />
der Gründe zu unterrichten. Nach Ansicht des BAG kann bereits ein Verstoß<br />
gegen diese Verfahrensvorschrift eine Diskriminierung indizieren (BAG v. 21.2.2013 –<br />
8 AZR 180/12). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber die gesetzliche Beschäftigungsquote<br />
Schwerbehinderter gem. § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Das BAG begründet<br />
dies damit, dass sich die Regelung in § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX systematisch nur auf die in<br />
§ 81 Abs. 1 S. 7 SGB IX genannten Arbeitgeber bezieht, die diese Quote nicht erfüllen.<br />
Öffentliche Arbeitgeber unterliegen noch schärferen Vorschriften. Sie sind gem. § 82<br />
S. 2 SGB IX verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen,<br />
sofern diesen nicht bereits „offensichtlich“ die erforderliche fachliche Eignung<br />
fehlt. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls ein Indiz für eine Diskriminierung dar. Der<br />
Arbeitgeber kann sich dann insbesondere nicht mit dem Einwand verteidigen, der nicht<br />
eingeladene Schwerbehinderte sei geringer qualifiziert als andere eingeladene schwerbehinderte<br />
Bewerber. Maßgeblich für die Einladungspflicht ist nämlich allein die stets<br />
individuell zu betrachtende offensichtliche Nicht-Eignung des Schwerbehinderten.<br />
Eine Rechtfertigung scheidet nach Ansicht des BAG selbst dann aus, wenn der Arbeitgeber<br />
überproportional viele schwerbehinderte Bewerber einlädt (BAG v. 24.1.2013 –<br />
8 AZR 188/12).<br />
Sofern ein schwerbehinderter Bewerber durch einen öffentlichen Arbeitgeber ohne<br />
Einladung zum Vorstellungsgespräch eine Absage erhält, kann die hierdurch eingetretene<br />
Vermutungswirkung einer Diskriminierung sogar nicht einmal dadurch beseitigt<br />
oder geheilt werden, dass der Arbeitgeber nach Hinweis des Bewerbers auf die verletzte<br />
Rechtspflicht diesen nunmehr erneut einlädt (BAG v. 22.8.2013 – 8 AZR 563/12).<br />
ArbR 2/<strong>14</strong> Seite 4