Die Flussschifferkirche zu Hamburg â eine Annäherung - Kultur.uni ...
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Birgit Ehret: »Ein Schiff, das s<strong>eine</strong>sgleichen sucht«<br />
55<br />
Emotionale Bindungen und fester Zusammenhalt im Netzwerk<br />
Werden die Akteure danach befragt, was die <strong>Flussschifferkirche</strong> für sie bedeutet,<br />
so sind alle Antworten stark emotional positiv konnotiert, auch wenn sie sich<br />
begrifflich leicht unterscheiden. Freundschaft, Gemeinschaft, Zusammenhalt,<br />
Menschlichkeit und Nähe werden genannt. 46 <strong>Die</strong>se Schlagworte bezeichnen<br />
starke Bindungen zwischen den beteiligten Akteuren. <strong>Die</strong>sen Bindungen gilt<br />
es nach<strong>zu</strong>spüren. Wie hängen diese mit der <strong>Flussschifferkirche</strong> <strong>zu</strong>sammen? Wie<br />
kommen sie <strong>zu</strong>stande? Wie ist das Netzwerk der <strong>Flussschifferkirche</strong> strukturiert,<br />
und wie wird es <strong>zu</strong>sammengehalten? Im Mittelpunkt der Handlungen der Akteure<br />
im Netzwerk steht die <strong>Flussschifferkirche</strong>. Sie fordert die Kirchenmitglieder da<strong>zu</strong><br />
auf, Handlungen auf und an ihr vor<strong>zu</strong>nehmen. 47 Um dieser Aufforderung nach<br />
<strong>zu</strong> kommen, kommt es zwischen den unterschiedlichen Akteuren <strong>zu</strong> »face-toface-Interaktionen«<br />
48 , welche dem Austausch und der Absprache zwischen den<br />
Akteuren dienen. Hier können als Beispiele die von Herrn Daberkow organisierten<br />
Gemeindeabende, die Gottesdienste mit dem da<strong>zu</strong>gehörigen anschließenden<br />
»Klön-Schnack« 49 , die Vereinssit<strong>zu</strong>ngen 50 oder auch diverse Ausflüge 51 angeführt<br />
werden. <strong>Die</strong>se Interaktionen lassen temporäre Bindungen – nach Latour das<br />
›Soziale Nr. 3‹ –, aber auch weit reichende und dauerhafte Bindungen – das<br />
erwähnte ›Soziale Nr 2‹ – entstehen, die das Netzwerk stabil machen. 52 Auf<br />
diese Weise lässt sich das Zustandekommen der starken Bindungen zwischen<br />
den Akteuren im Netzwerk erklären, nicht aber die emotionale Qualität dieser<br />
Bindungen.<br />
Der Kampf gegen <strong>eine</strong>n gemeinsamen Feind<br />
Katrin Bauer schildert in ihren Ausführungen <strong>zu</strong>r Bedeutung von<br />
Kirchenschließungen für die betroffenen informellen Gruppen, dass Kirche hier<br />
vor allem Gemeinschaft, Zusammenhalt und Zugehörigkeit bedeute. 53 <strong>Die</strong>s<br />
46<br />
Vgl. Interview mit Wolfgang Daberkow vom 21.11.2010, S. 15; Interview mit Ingrid Schwieger<br />
vom 10.12.2010, S. 55; Interview mit Christiane Hey-Laib vom 24.01.2011, S. 36.<br />
47<br />
<strong>Die</strong> ANT geht davon aus, dass Dinge »[a]ußer <strong>zu</strong> ›determinieren‹ und als bloßer ›Hintergrund<br />
für menschliches Handeln‹ <strong>zu</strong> dienen […] vielleicht ermächtigen, ermöglichen, anbieten, ermutigen,<br />
erlauben, nahelegen, beeinflussen, verhindern […]« können. Latour, wie Anm. 10, S. 124<br />
[Hervorhebungen im Original].<br />
48<br />
Ebd., S. 113.<br />
49<br />
Interview mit Ingrid Schwieger vom 10.12.2010, S. 15.<br />
50<br />
Vgl. ebd., S. 48.<br />
51<br />
Vgl. Interview mit Wolfgang Daberkow vom 21.11.2010, S. 2.<br />
52<br />
Vgl. Latour, wie Anm. 10, S. 112 f.<br />
53<br />
Vgl. Katrin Bauer: Gotteshäuser <strong>zu</strong> verkaufen – Kirchenfusionen, Kirchenschließungen und<br />
Kirchenumnut<strong>zu</strong>ngen. Münster 2011, S. 99.