LandtagsNachrichten - Landtag Mecklenburg Vorpommern
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A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r D e b a t t e<br />
Veto gegen Gerichtsreform<br />
Koalition hält an Vorhaben fest und lehnt Antrag von Linken und Grünen ab<br />
Die Regierungsparteien SPD und CDU halten an der umstrittenen Gerichtsstrukturreform fest und lehnen die Prüfung<br />
des Vorhabens durch eine unabhängige Expertenkommission ab. Mit der Koalitionsmehrheit wiesen sie am 5. September<br />
im <strong>Landtag</strong> einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Die Oppositionsparteien<br />
hatten gefordert, die Reform zu stoppen und eine Expertenkommission die Notwendigkeit von Änderungen bei<br />
den Amtsgerichten untersuchen zu lassen. Laut Gesetzentwurf soll sich die Zahl der Amtsgerichte im Land von 21 auf<br />
zehn verringern, außerdem sollen sechs Standorte als Außenstellen erhalten bleiben. <strong><strong>Landtag</strong>sNachrichten</strong> veröffentlichen<br />
Auszüge aus der Debatte.<br />
Barbara Borchardt (DIE LINKE)<br />
brachte den gemeinsamen Antrag<br />
von Linken und Grünen in<br />
den <strong>Landtag</strong> ein. „Der vorliegende<br />
Gesetzentwurf ist wohl einer der<br />
schlechtesten, den eine Regierung<br />
diesem Haus jemals vorgelegt hat“,<br />
begründete sie die Forderung an<br />
die Landesregierung, den Gesetzentwurf<br />
zurückzuziehen.<br />
Als Ziel der Reform sei von Beginn<br />
an die drastische Reduzierung der Zahl der Amtsgerichte<br />
festgeschrieben gewesen. „Alles andere drum herum wurde<br />
passend gemacht“, warf Borchardt der Koalition vor.<br />
Die dreitägige Anhörung von über 60 Sachverständigen hätte<br />
gezeigt, dass die Mehrheit der Experten gegenüber einer<br />
Justizreform offen sei, aber die Reform in der geplanten Weise<br />
ablehne. Den Bürgermeistern sei es dabei nicht nur um<br />
ihre eigene Stadt gegangen, sondern um die Entwicklung<br />
der Regionen, um Bürgernähe, um den Rechtsgewährungsanspruch,<br />
um die vorhandenen ehrenamtlichen Strukturen<br />
und um die möglichen finanziellen Folgen für die kommunalen<br />
Haushalte und den Landeshaushalt.<br />
Insbesondere stellte Borchardt die Wirtschaftlichkeit der Reform<br />
in Frage. „Auch wenn es angeblich nicht um Einsparungen<br />
geht, hat die Wirtschaftlichkeitsberechnung zutreffend<br />
und belastbar zu erfolgen“, forderte sie. Niemand hätte<br />
die Effizienz größerer Einheiten bestätigen können, und bei<br />
der Frage nach den zehn Richterplanstellen als Mindestgröße<br />
„guckten alle Sachverständigen nur fragend Löcher in die<br />
Luft“.<br />
Skepsis äußerte Borchardt auch in Bezug auf die Verfahrenskosten.<br />
Während die Landesregierung hierfür 250.000 Euro<br />
pro Jahr eingestellt habe, hätten Berechnungen des Rechtsanwaltsvereins<br />
Mehrkosten von 800.000 Euro ergeben. „Warum<br />
hat man seitens des Justizministeriums keine derartigen<br />
überschlägigen Berechnungen vorgenommen?“, fragte sie.<br />
Den Fachausschüssen warf die Linke-Abgeordnete vor, sich<br />
nicht ernsthaft mit den Argumenten der Reformkritiker auseinandergesetzt<br />
zu haben. „Soweit ich informiert wurde,<br />
gab es vonseiten der Abgeordneten der Koalition so gut<br />
wie keine Nachfragen, keinen Handlungsbedarf, in welche<br />
Richtung auch immer nachzubessern, und sei es bei der<br />
konkreten Darstellung der Kosten für den Landeshaushalt“,<br />
kritisierte sie und kündigte an, dass die Redner von Linken<br />
und Grünen in der Debatte auf weitere Kritikpunkte zum<br />
Gesetzentwurf eingehen würden.<br />
Eckpunkte der Reformpläne<br />
AMTSGERICHTE<br />
Die Zahl der Amtsgerichte wird von 21 auf zehn mit sechs<br />
Zweigstellen verringert. Bestehen bleiben selbstständige<br />
Amtsgerichte in Greifswald, Güstrow, Ludwigslust, Neubrandenburg,<br />
Pasewalk, Rostock, Schwerin, Stralsund, Waren<br />
und Wismar. Die Standorte Anklam, Bergen, Demmin,<br />
Grevesmühlen, Neustrelitz und Parchim werden zu Zweigstellen.<br />
Die bisherigen Amtsgerichte Bad Doberan, Hagenow,<br />
Ribnitz-Damgarten, Ueckermünde und Wolgast werden<br />
zeitlich gestaffelt aufgehoben.<br />
ARBEITSGERICHTE<br />
Das Arbeitsgericht Neubrandenburg wird aufgehoben, die<br />
Zahl der erstinstanzlichen Arbeitsgerichte verringert sich<br />
somit auf drei (Rostock, Schwerin, Stralsund). Zugleich sollen<br />
in Neubrandenburg auswärtige Kammern des Arbeitsgerichts<br />
Stralsund eingerichtet werden. Das Landesarbeitsgericht<br />
bleibt in Rostock.<br />
SOZIALGERICHTE<br />
Die vier Standorte Rostock, Schwerin, Stralsund und Neubrandenburg<br />
bleiben erhalten. Das Landessozialgericht<br />
wird von Neubrandenburg nach Neustrelitz verlegt.<br />
VERWALTUNGSGERICHTE<br />
Die bisherigen Standorte Schwerin und Greifswald bleiben<br />
erhalten. Einzelne Zuständigkeiten werden vom Verwaltungsgericht<br />
Schwerin an das Verwaltungsgericht Greifswald<br />
verlagert. In Greifswald befindet sich weiterhin das<br />
Oberverwaltungsgericht.<br />
LANDGERICHTE und OBERLANDESGERICHT<br />
sind unverändert in Rostock, Schwerin, Stralsund und Neubrandenburg.<br />
Das Oberlandesgericht sitzt weiter in Rostock.<br />
FINANZGERICHT<br />
Das Finanzgericht arbeitet weiterhin in Greifswald.<br />
<strong><strong>Landtag</strong>sNachrichten</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> 7/2013 11