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Unerwünschte Wirkungen und Qualitätsmängel bei ... - bei der NÖGKK

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<strong>Unerwünschte</strong> <strong>Wirkungen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Qualitätsmängel</strong> <strong>bei</strong> Arzneimitteln<br />

Immer wie<strong>der</strong> wird den österreichischen Krankenversicherungsträgern von ihren VertragsärztInnen<br />

über <strong>Qualitätsmängel</strong> <strong>und</strong> vermutete Nebenwirkungen von Arzneimitteln berichtet.<br />

><br />

><br />

Wie sollte <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Meldung dieser Probleme optimalerweise aussehen, um auch <strong>der</strong>en<br />

zentrale Erfassung <strong>und</strong> Weiterverfolgung zu gewährleisten?<br />

Wer ist für die Erfassung <strong>und</strong> Bewertung von <strong>der</strong>artigen Mängeln eigentlich zuständig, <strong>und</strong> an<br />

wen können sich Angehörige <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsberufe wenden, wenn sie einen Mangel o<strong>der</strong><br />

eine vermutete Nebenwirkung melden wollen?<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

Seite<br />

<strong>Unerwünschte</strong> <strong>Wirkungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Qualitätsmängel</strong> <strong>bei</strong> Arzneimitteln 1 - 4<br />

Die Anwendung empfohlener Arzneimittel nach Herzinfarkt in Österreich 5 - 8<br />

Kurzzeitige Lanzeittherapien 8 - 12<br />

Blick über die Grenzen - Teil 1: Deutschland 13 - 16


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Der Vorgang zur Meldung vermuteter Nebenwirkungen<br />

<strong>und</strong> <strong>Qualitätsmängel</strong> ist festgelegt in § 75a,<br />

§75b <strong>und</strong> §75c des Arzneimittelgesetzes <strong>und</strong> wird<br />

spezifiziert durch die Pharmakovigilanz-Verordnung<br />

2006. Meldepflichtig sind Angehörige von Ges<strong>und</strong>heitsberufen,<br />

wie Ärzte <strong>und</strong> Apotheker sowie Großhändler<br />

<strong>und</strong> Zulassungsinhaber von Arzneispezialitäten.<br />

Gemeldet werden müssen:<br />

> Vermutete schwerwiegende Nebenwirkungen<br />

> Häufig beobachteter unsachgemäßer Gebrauch<br />

<strong>und</strong> schwerwiegen<strong>der</strong> Missbrauch<br />

> <strong>Qualitätsmängel</strong>, wenn dadurch eine Gefährdung<br />

von Leben o<strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit von Menschen zu<br />

befürchten ist<br />

Da<strong>bei</strong> ist die „schwerwiegende Nebenwirkung“ definiert<br />

als Nebenwirkung, die tödlich o<strong>der</strong> lebensbedrohlich<br />

ist, eine stationäre Behandlung o<strong>der</strong> Verlängerung<br />

einer stationären Behandlung erfor<strong>der</strong>lich<br />

macht, zu bleiben<strong>der</strong> o<strong>der</strong> schwerwiegen<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung<br />

o<strong>der</strong> Invalidität führt o<strong>der</strong> eine kongenitale<br />

Anomalie bzw. einen Geburtsfehler hervorruft.<br />

Zulassungsinhaber sind verpflichtet, eigene Pharmakovigilanzverantwortliche<br />

zu bestellen, <strong>der</strong>en<br />

Aufgabe es unter an<strong>der</strong>em ist, sämtliche Informationen<br />

über vermutete Nebenwirkungen zu sammeln<br />

<strong>und</strong> Berichte über vermutete schwerwiegende Nebenwirkungen<br />

schnellstmöglich an die zuständigen<br />

Behörden zu melden.<br />

Darüber hinaus sind Zulassungsinhaber verpflichtet,<br />

ausführliche Aufzeichnungen über alle, auch über<br />

nicht-schwerwiegende, ihnen bekannt gewordene Nebenwirkungen<br />

zu führen, die in Form eines regelmäßig<br />

aktualisierten Berichts über die Unbedenklichkeit von<br />

Arzneimitteln (Periodic Safety Update Report, PSUR)<br />

an die Behörde weitergeleitet werden. Je kürzer ein<br />

Arzneimittel auf dem Markt ist, desto häufiger müssen<br />

PSURs erstellt werden. Dies gewährleistet die Sicherheit<br />

gerade <strong>bei</strong> Arzneimitteln, für die noch keine o<strong>der</strong><br />

nur limitierte Langzeiterfahrungen vorliegen.<br />

Ablauf <strong>der</strong> Meldungen<br />

Formalrechtlich sind Meldungen an das „B<strong>und</strong>esamt<br />

für Sicherheit im Ges<strong>und</strong>heitswesen“ zu richten,<br />

dessen operative Agenden jedoch von <strong>der</strong> AGES<br />

PharmMed übernommen werden. Da<strong>bei</strong> ist zwischen<br />

<strong>der</strong> Meldung einer vermuteten Arzneimittel-<br />

Nebenwirkung <strong>und</strong> jener eines Qualitätsmangels,<br />

<strong>der</strong> für die Arzneimittelsicherheit von Bedeutung<br />

sein könnte, zu unterscheiden:<br />

Die Meldung einer vermuteten Arzneimittel-Nebenwirkung<br />

erfolgt mittels des eigens dafür aufgelegten<br />

Formulars, das einschließlich Freiumschlägen von<br />

<strong>der</strong> AGES PharmMed bezogen werden kann o<strong>der</strong><br />

auf <strong>der</strong> Website <strong>der</strong> AGES (www.ages.at) unter dem<br />

Menüpunkt „Das Unternehmen/B<strong>und</strong>esamt für Sicherheit<br />

im Ges<strong>und</strong>heitswesen/Formulare“ zur Verfügung<br />

steht.<br />

Eine Meldung gilt als valide, wenn 4 Minimalkriterien<br />

erfüllt sind:<br />

> Angaben zur betroffenen Person, wie zB Alter,<br />

Geschlecht, Gewicht <strong>und</strong> Initialen. Diese Angaben<br />

sind nicht nur für die Beurteilung <strong>der</strong> Meldung,<br />

son<strong>der</strong>n auch zur Vermeidung von Doppelmeldungen<br />

notwendig.<br />

> Beschreibung <strong>der</strong> Nebenwirkung, <strong>der</strong>en Verlauf,<br />

Ausgang <strong>und</strong> Behandlung<br />

> Das verwendete Arzneimittel, seine Dosierung,<br />

Dauer, Art <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Anwendung<br />

> Name <strong>und</strong> Kontaktdetails des Mel<strong>der</strong>s für eventuelle<br />

Rückfragen<br />

Zur Beurteilung einer Meldung sind folgende<br />

weitere Angaben hilfreich:<br />

> Weitere Erkrankungen <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>krankheit<br />

des Patienten<br />

> Beschreibung des Zusammenhangs zwischen<br />

Nebenwirkung <strong>und</strong> Arzneimittel<br />

Sämtliche Meldungen werden da<strong>bei</strong> selbstverständlich<br />

vertraulich behandelt. Aus den Nebenwirkungsmeldungen<br />

ergeben sich keinerlei negative<br />

Konsequenzen für den Mel<strong>der</strong>.<br />

Für Meldungen von <strong>Qualitätsmängel</strong>n steht eine<br />

eigene Meldekarte auf <strong>der</strong> Website <strong>der</strong> AGES (www.<br />

ages.at) unter dem Menüpunkt „Das Unternehmen/<br />

B<strong>und</strong>esamt für Sicherheit im Ges<strong>und</strong>heitswesen/<br />

Formulare“ zur Verfügung.<br />

Vorgehensweise<br />

vermutete Nebenwirkung<br />

Einsendung <strong>der</strong> ausgefüllten<br />

Meldekarte per Post o<strong>der</strong> Fax an<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Sicherheit im<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Institut Pharmakovigilanz<br />

Schnirchgasse 9, 1030 Wien<br />

Fax: +43 50 555-36207<br />

Anzugeben sind darauf Informationen zu<br />

> Herkunft <strong>der</strong> Meldung<br />

> Produkt <strong>und</strong> Chargennummer, <strong>bei</strong> dem <strong>der</strong><br />

Qualitätsmangel aufgetreten ist<br />

> Art <strong>und</strong> Ausmaß des Mangels<br />

> Getroffene bzw. geplante Maßnahmen<br />

Bei Defekten von Arzneimitteln ist es für die Aufar<strong>bei</strong>tung<br />

unbedingt notwendig, das Mangel-Exemplar<br />

im Original einzuschicken. Der Einsen<strong>der</strong> erhält als<br />

Antwort einen Proben-Entnahmeschein, mit dem er<br />

die eingesandte Arzneispezialität über eine konzessionierte<br />

Apotheke vom Zulassungsinhaber ersetzt<br />

bekommt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist von <strong>der</strong> Zusendung<br />

defekter Arzneimittel an die österreichischen Krankenversicherungsträger<br />

abzuraten.<br />

Qualitätsmangel<br />

Einsendung <strong>der</strong> ausgefüllten<br />

Meldekarte per Mail o<strong>der</strong> Fax an<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Sicherheit im<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Institut Inspektionen<br />

Fax: +43 50 555-36408<br />

E-Mail: am-qualitaetsmangel@ages.at<br />

Einsenden von Proben an<br />

AGES PharmMed – OMCL<br />

Abt. PHCA – z.H. Dr. Mayrhofer<br />

Zimmermanngasse 3, 1090 Wien


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Informationen zur Sicherheit von Arzneimitteln im Internet<br />

> Amtliche Nachrichten des B<strong>und</strong>esamtes für Sicherheit im Ges<strong>und</strong>heitswesen:<br />

http://www.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/<br />

7DBF204FA8A94F90C12570DC0040BBCD<br />

> Bad Drug News von Infomed (kritische <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Industrie unabhängige<br />

Arzneimittelinformation für Fachleute im Ges<strong>und</strong>heitsbereich):<br />

http://www.infomed.org/bad-drug-news/index.php<br />

><br />

><br />

Sicherheitsinformationen <strong>der</strong> FDA zu Arzneimitteln:<br />

http://www.fda.gov/c<strong>der</strong>/drug/DrugSafety/DrugIndex.htm<br />

Informationen <strong>der</strong> Arzneimittelkommission <strong>der</strong><br />

deutschen Ärzteschaft zum Thema Arzneimittelsicherheit:<br />

http://www.akdae.de/20/index.html<br />

Nebenwirkungen, die sehr selten o<strong>der</strong> nur unter<br />

bestimmten Bedingungen auftreten, zeigen sich<br />

häufig erst in <strong>der</strong> praktischen Anwendung von Arzneimitteln.<br />

Nur die systematische Erfassung von<br />

Nebenwirkungen erlaubt eine ständige Abwägung<br />

des Nutzens eines Arzneimittels gegenüber einem<br />

möglichen Risiko.<br />

Praktizierende Anwen<strong>der</strong> von Humanarzneimitteln<br />

leisten durch Ihre Meldungen einen direkten Beitrag<br />

zur Arzneimittelsicherheit <strong>und</strong> spielen damit eine zentrale<br />

Rolle im Pharmakovigilanzsystem. Ihre Beobachtungen<br />

schaffen die Basis, auf <strong>der</strong> Behörden Ihnen<br />

<strong>und</strong> Ihren KollegInnen Informationen für die sichere<br />

Anwendung von Arzneimitteln geben können.<br />

Obwohl diese Informationen selbstverständlich auch<br />

für die österreichischen Krankenversicherungsträger<br />

von Interesse sind, gilt als primärer Ansprechpartner<br />

die AGES PharmMed. Nur so wird gewährleistet,<br />

dass die Meldungen zentral erfasst <strong>und</strong> die notwendigen<br />

Maßnahmen eingeleitet werden.<br />

Red.<br />

Die Anwendung empfohlener Arzneimittel nach<br />

Herzinfarkt in Österreich<br />

Redaktionelle Zusammenfassung <strong>der</strong> Studie<br />

„Use of recommended medications after myocardial infarction in Austria“<br />

von Wolfgang C. Winkelmayer aus dem European Journal of Epidemiology 1<br />

Kardiovaskuläre Erkrankungen zählen zu den wichtigsten Ursachen für Krankheit <strong>und</strong> vorzeitigen<br />

Tod in <strong>der</strong> westlichen Welt. Durch neue Akutinterventionen sowie Medikamente zur Sek<strong>und</strong>ärprävention<br />

konnte die Prognose dieser Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich<br />

verbessert werden. In evidenzbasierten Leitlinien werden Acetylsalicylsäure (ASS), Betablocker,<br />

Statine <strong>und</strong> ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) als Medikation empfohlen.<br />

Die erwiesene Wirksamkeit lässt ihren Einsatz als ges<strong>und</strong>heitsökonomisch sinnvoll erscheinen<br />

<strong>und</strong> wird in einigen Län<strong>der</strong>n als Qualitätsindikator herangezogen. Studien aus Nordamerika <strong>und</strong><br />

Europa weisen allerdings diesbezüglich auf eine Unterversorgung hin. Da es in Österreich bisher<br />

dazu nur eine regional begrenzte Untersuchung gab, wurden in einer großen Querschnittsuntersuchung<br />

die Verordnungen von Betablockern, Statinen, ACE-Hemmern bzw. ARB (= „untersuchte<br />

Medikamentenklassen“) für HerzinfarktpatientInnen in Österreich ausgewertet.<br />

Methoden<br />

Basis <strong>der</strong> Analyse sind patientInnenbezogene Medikamenten-Abrechnungsdaten<br />

von sechs Gebietskrankenkassen<br />

(WGKK, <strong>NÖGKK</strong>, OÖGKK, StGKK,<br />

KGKK, BGKK) <strong>und</strong> zwei b<strong>und</strong>esweiten Krankenversicherungsträgern<br />

(BVA, SVB). Diese betreuen etwa<br />

6,1 Millionen Personen.<br />

Eingeschlossen wurden alle Versicherten <strong>der</strong> genannten<br />

Träger, die im Jahr 2004 erstmalig mit <strong>der</strong><br />

Hauptdiagnose „Akuter Myokardinfarkt“ aus einem<br />

Akutkrankenhaus entlassen wurden, <strong>bei</strong> denen <strong>der</strong><br />

Krankenhausaufenthalt mindestens vier <strong>und</strong> maximal<br />

30 Tage betrug, <strong>und</strong> die 120 Tage nach <strong>der</strong><br />

Krankenhausaufnahme am Leben waren.<br />

Der Untersuchungszeitraum für den Medikamentenbezug<br />

ist die Zeit zwischen <strong>der</strong> Krankenhausentlassung<br />

<strong>und</strong> 120 Tagen ab <strong>der</strong> Krankenhausaufnahme.<br />

Der Bezug von Betablockern, Statinen <strong>und</strong><br />

ACE-Hemmern bzw. ARB wurde für alle Betroffenen<br />

ermittelt. Da <strong>der</strong> Kassenpreis von ASS unter <strong>der</strong> Rezeptgebühr<br />

liegt, wurde dieser Wirkstoff nur <strong>bei</strong> von<br />

<strong>der</strong> Rezeptgebühr befreiten PatientInnen getrennt<br />

untersucht.


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Für alle PatientInnen wurden folgende Parameter<br />

ausgewertet:<br />

> Alter im Jahr 2004<br />

> Geschlecht<br />

> Krankenhausaufenthaltsdauer wegen Herzinfarkt<br />

> Rezeptgebührbefreiungsstatus<br />

> Medikation in den dem Krankenhausaufenthalt<br />

vorangegangenen 365 Tagen aus mehreren Medikamentenklassen<br />

(zB Antidiabetika, verschiedene<br />

kardiovaskuläre Medikamente, COPD-Medikation,<br />

Analgetika, Psychopharmaka, etc.) als Hinweis auf<br />

bestehende Begleiterkrankungen<br />

> Anzahl <strong>der</strong> Spitalsaufenthaltstage im Jahr vor <strong>der</strong><br />

Krankenhausaufnahme wegen Herzinfarkt<br />

Die Analysen wurden einerseits für die Gesamtpopulation,<br />

an<strong>der</strong>erseits für rezeptgebührbefreite<br />

PatientInnen durchgeführt; ebenso wurden neu eingestellte<br />

PatientInnen, d.h. PatientInnen, welche das<br />

jeweilige Medikament im Jahr vor dem Herzinfarkt<br />

nicht bezogen hatten, geson<strong>der</strong>t untersucht.<br />

Ergebnisse<br />

4.105 PatientInnen entsprachen den Einschlusskriterien.<br />

Das mittlere Alter betrug 68,8 Jahre, 60 %<br />

waren Männer, wo<strong>bei</strong> diese im Median um 10 Jahre<br />

jünger waren als Frauen. Jede/r sechste PatientIn<br />

war rezeptgebührenbefreit. Die mittlere Krankenhausaufenthaltsdauer<br />

wegen des Herzinfarktes betrug<br />

10,9 (+/- 5,3) Tage, <strong>und</strong> im Jahr davor waren<br />

diese PatientInnen durchschnittlich 6,7 (+/- 14,7)<br />

Tage in stationärer Behandlung.<br />

74 % aller PatientInnen bezogen im Beobachtungszeitraum<br />

zumindest eine Verordnung für einen Betablocker,<br />

jeweils r<strong>und</strong> 2/3 ein Statin o<strong>der</strong> einen<br />

ACE-Hemmer bzw. ARB. Diese Verteilung war <strong>bei</strong><br />

rezeptgebührenbefreiten PatientInnen ähnlich. Von<br />

den rezeptgebührenbefreiten PatientInnen bezogen<br />

71 % eine Verordnung für ASS (siehe Abbildung<br />

1). Eine Medikation aus allen drei Klassen, gleichbedeutend<br />

mit optimaler medikamentöser Sek<strong>und</strong>ärprävention,<br />

erhielten 41,2 % <strong>der</strong> PatientInnen,<br />

33,9 % erhielten zwei <strong>der</strong> drei Medikamentenklassen,<br />

16,1 % erhielten nur eine Klasse <strong>und</strong> 8,8 %<br />

erhielten gar keines dieser Medikamente (siehe<br />

Abbildung 2). Die Anzahl <strong>der</strong> bezogenen Medikamentenklassen<br />

war <strong>bei</strong> Männern etwas höher als<br />

<strong>bei</strong> Frauen <strong>und</strong> nahm mit dem Alter ab.<br />

PatientInnen im höheren Alter (70-89 Jahre) erhielten<br />

eher ACE-Hemmer bzw. ARB als PatientInnen unter<br />

50 Jahren, hoch betagte PatientInnen (90 Jahre <strong>und</strong><br />

älter) erhielten diese am seltensten. Ähnlich verhielt<br />

es sich <strong>bei</strong> den Statinen <strong>und</strong> Betablockern. Zusammenhänge<br />

konnten gef<strong>und</strong>en werden zwischen dem<br />

geringeren Bezug <strong>der</strong> Studienmedikation <strong>und</strong> folgenden<br />

Faktoren:<br />

> Alter <strong>der</strong> PatientInnen<br />

> Anzahl <strong>der</strong> Aufenthaltstage im Krankenhaus vor<br />

dem Myokardinfarkt als Hinweis auf Begleiterkrankungen<br />

> Einnahme von Antipsychotika.<br />

Ebenso wurden Beziehungen zwischen den einzelnen<br />

untersuchten Medikamentenklassen <strong>und</strong> den für<br />

die Therapie <strong>der</strong> Begleiterkrankungen eingesetzten<br />

Arzneimittel festgestellt.<br />

Diskussion<br />

Die Ergebnisse dieser großen Querschnittsuntersuchung<br />

stellen erstmals die medikamentöse Versorgung<br />

von PatientInnen nach akutem Myokardinfarkt<br />

im nie<strong>der</strong>gelassenen Bereich in Österreich<br />

dar. Sie zeigen, dass diese suboptimal ist <strong>und</strong> ein<br />

Verbesserungspotential besteht. Mit gewissen Einschränkungen<br />

sind die Resultate mit internationalen<br />

Untersuchungen vergleichbar <strong>und</strong> zeigen ähnliche<br />

Ergebnisse.<br />

Diese Untersuchung weist eine Reihe von Limitierungen<br />

auf: Die Abrechnungsdaten für den Medikamentenbezug<br />

könnten zu einer Überschätzung<br />

<strong>der</strong> tatsächlichen Medikamenteneinnahme führen,<br />

da PatientInnen die bezogenen Medikamente nicht<br />

unbedingt auch einnehmen. Zu möglichen Kontraindikationen<br />

liegen keine Informationen vor, aber<br />

absolute Kontraindikationen für die untersuchten<br />

Medikamentengruppen sind selten. Fehlende Daten<br />

zur Verwendung von ASS <strong>bei</strong> PatientInnen ohne<br />

Rezeptgebührenbefreiung stellen eine weitere Einschränkung<br />

dar. Zwischen rezeptgebührenbefreiten<br />

PatientInnen <strong>und</strong> solchen ohne Befreiung konnte<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

Abbildung 1<br />

kein Unterschied in <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> untersuchten<br />

Medikamentengruppen gef<strong>und</strong>en werden, was als<br />

Zeichen dafür gewertet werden kann, dass die Rezeptgebührenbefreiung<br />

die ökonomischen Barrieren<br />

zur medikamentösen Sek<strong>und</strong>ärprävention effektiv<br />

beseitigt.<br />

Die aufgezeigte Möglichkeit zur Optimierung <strong>der</strong><br />

Medikation in <strong>der</strong> Sek<strong>und</strong>ärprävention ist sowohl<br />

aus PatientInnen- als auch aus gesellschaftlicher<br />

Perspektive wünschenswert. Die optimale Sek<strong>und</strong>ärprävention<br />

nach einem Herzinfarkt ist lebensverlängernd<br />

<strong>und</strong> wird zu den kosteneffektiven Interventionen<br />

gezählt. Das Verbesserungspotenzial<br />

in diesem Bereich sollte durch gezielte Maßnahmen<br />

genützt werden.<br />

Anteil <strong>der</strong> PatientInnen mit Medikation nach dem Herzinfarkt unter<br />

Berücksichtigung des Rezeptgebührenstatus:<br />

ACEI/ARB Betablocker Statin ASS<br />

Alle<br />

PatientInnen<br />

Rezeptgebühr<br />

Keine<br />

Rezeptgebühr


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Verteilung <strong>der</strong> PatientInnen nach Anzahl <strong>der</strong> erhaltenen Medikamente:<br />

drei<br />

Medikamente<br />

41%<br />

kein<br />

Medikament<br />

9%<br />

ein Medikament<br />

16%<br />

Seretide Diskus forte 50/500 mcg Plv. z. Inh.<br />

„Mittelschweres bis schweres Asthma mit nächtlichen Anfällen; Patienten mit COPD, mit<br />

FEV1 unter 60 % des Normwertes <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holten Exazerbationen (mehr als 1x pro<br />

Jahr) nach Erstverordnung durch Pulmologen“<br />

Symbicort Turbohaler Dosier-Pulverinhalator<br />

„Mittelschweres bis schweres Asthma mit nächtlichen Anfällen; Patienten mit COPD Stadium<br />

III <strong>und</strong> IV <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holte Exarzerbationen (mehr als 1x pro Jahr) nach Erstverordnung<br />

durch Pulmologen“.<br />

Die bestimmte Verwendung <strong>der</strong> im Gelben Bereich angeführten Präparate ist für<br />

zwei<br />

Medikamente<br />

34%<br />

Seretide forte 25/250 mcg/Sprühstoß Dosieraerosol<br />

„Eine Kostenübernahme ist nur möglich, wenn mit Therapiealternativen (Darreichungsformen)<br />

aus dem Grünen Bereich nachweislich nicht das Auslangen gef<strong>und</strong>en werden kann“<br />

Literatur<br />

Abbildung 2<br />

(1) Winkelmayer WC et al. “Use of recommended medications after myocardial infarction in Austria”<br />

Eur J Epidemiol 2008; 23 (2): 153-162<br />

Kurzzeitige Langzeittherapien<br />

Red.<br />

Symbicort Turbohaler Dosier-Pulverinhalator<br />

„Bei Erstverordnung durch Pulmologen, wenn mit Therapiealternativen (langwirksame Betamimetika<br />

<strong>und</strong> Glukokortikoide in Kombination, R03AK06 o<strong>der</strong> R03AK07) aus dem Grünen<br />

Bereich <strong>bei</strong><br />

a) schwerer <strong>und</strong> sehr schwerer COPD FEV1 kleiner 50 % d. Norm nach Bronchospasmolyse<br />

<strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holten Exazerbationen (mehr als 2x pro Jahr)<br />

b) schwer persistierendem Asthma bronchiale FEV1 kleiner gleich 50 % d. Norm<br />

nicht das Auslangen gef<strong>und</strong>en werden kann“<br />

Seretide o<strong>der</strong> Symbicort<br />

Seretide <strong>und</strong> Symbicort sind Kombinationspräparate eines selektiven Beta-2-Adrenorezeptor-Agonisten<br />

mit einem Glucocorticoid. Die IND-Vorgaben sind für<br />

Seretide junior 25/50 mcg/Sprühstoß Dosieraerosol,<br />

Symbicort mite Turbohaler Dosier-Pulverinhalator,<br />

Seretide Diskus junior 50/100 mcg Plv. z. Inh.<br />

„Mittelschweres Asthma mit nächtlichen Anfällen“<br />

Seretide standard 25/125 mcg/Sprühstoß Dosieraerosol,<br />

Seretide Diskus standard 50/250 mcg Plv. z. Inh.<br />

„Mittelschweres bis schweres Asthma mit nächtlichen Anfällen“<br />

Bei den Präparaten aus dem Grünen Bereich des<br />

EKO können zwei Packungen zu je 60 Hüben auf<br />

einem Rezept verordnet werden. Das Dosieraerosol<br />

von Seretide enthält bereits 120 Hübe, <strong>und</strong><br />

es ist nur eine Packung kassenfrei auf einem<br />

Rezept verschreibbar. Die Erwartungshaltung<br />

für den Einsatz dieser Medikamente entspricht<br />

den Therapieleitlinien, zB Arznei <strong>und</strong> Vernunft:<br />

Die PatientInnen bedürfen einer Vortherapie<br />

mit den Einzelsubstanzen <strong>und</strong> einer stabilen<br />

Einstellung.<br />

Aus den Abrechnungsdaten <strong>der</strong> KV-Träger kann allerdings<br />

abgeleitet werden, dass von allen Neueinstellungen<br />

im ersten Halbjahr 2007 je nach B<strong>und</strong>esland<br />

70 % bis 81 % aller PatientInnen, die mit Seretide<br />

o<strong>der</strong> Symbicort eingestellt wurden, nur ein bis zwei<br />

Packungen im Gesamtjahr 2007 erhalten haben. Es<br />

wird daher für diese Präparate mit Monatstherapiekosten<br />

von über € 50,00 beson<strong>der</strong>s empfohlen, sie<br />

nur dann zu verordnen, wenn die IND-Vorgaben bzw.<br />

die bestimmte Verwendung eingehalten werden <strong>und</strong><br />

die Compliance gewährleistet ist.


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Abbruchrate nach Therapiebeginn<br />

Abbruchrate nach Therapiebeginn<br />

100%<br />

100%<br />

90%<br />

90%<br />

80%<br />

80%<br />

70%<br />

70%<br />

Abbruchrate<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

Abbruchrate<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

30%<br />

20%<br />

20%<br />

10%<br />

10%<br />

0%<br />

BGKK KGKK <strong>NÖGKK</strong> OÖGKK SGKK StGKK WGKK<br />

0%<br />

BGKK KGKK <strong>NÖGKK</strong> OÖGKK SGKK StGKK WGKK<br />

SV-Träger<br />

SV-Träger<br />

Diagramm 1:<br />

PatientInnenanteil an den Neueinstellungen, die maximal 2 Packungen Seretide o<strong>der</strong> Symbicort nach<br />

Ersteinstellung erhalten<br />

Diagramm 2:<br />

PatientInnenanteil an den Neueinstellungen, die maximal 2 Packungen Spiriva nach Ersteinstellung<br />

erhalten<br />

Spiriva<br />

Opiatpflaster<br />

Spiriva ist im Grünen Bereich <strong>und</strong> hat die IND-Vor-<br />

ten haben <strong>und</strong> im ersten Halbjahr 2007 erstmalig auf<br />

Die Präparate Durogesic, Fentanyl 1A, Fentanyl<br />

nen auf einem Rezept verordnet werden.<br />

gabe „COPD ab Stadium II nach Erstverordnung<br />

Spiriva eingestellt wurden, haben 41 % bis 53 %<br />

Hexal, Fentanyl „Sandoz“ <strong>und</strong> Fentoron mit dem<br />

durch einen Pulmologen“. COPD ist eine chronische<br />

im Gesamtjahr 2007 nur ein o<strong>der</strong> zwei Packungen<br />

Wirkstoff Fentanyl <strong>und</strong> Transtec mit dem Wirk-<br />

Von allen PatientInnen, die im ersten Halbjahr 2007<br />

Erkrankung, sodass eine länger dauernde Therapie<br />

erhalten. Es wird daher empfohlen, Spiriva nur dann<br />

stoff Buprenorphin haben die IND-Vorgabe „chro-<br />

auf ein Opiatpflaster mit dem Wirkstoff Fentanyl<br />

erwartet wird.<br />

zu rezeptieren, wenn die IND-Vorgaben eingehalten<br />

nische Schmerzen, die durch starke orale Opioide<br />

o<strong>der</strong> Buprenorphin eingestellt wurden, haben 44 %<br />

werden <strong>und</strong> das vorgeschlagene Therapiekonzept<br />

nicht ausreichend behandelbar sind“. Kurzfristige<br />

bis 50 % im Gesamtjahr 2007 nur ein o<strong>der</strong> zwei<br />

Von jenen PatientInnen, die 2006 kein Spiriva erhal-<br />

von den PatientInnen mitgetragen wird.<br />

Schmerzzustände sind <strong>bei</strong> einigen Präparaten laut<br />

Packungen erhalten. Die Verordnung von Opiat-<br />

Fachinformation sogar als Kontraindikation ange-<br />

pflastern sollte unbedingt <strong>der</strong> IND-Vorgabe ent-<br />

führt. Da außerdem eine Dosistitration erfor<strong>der</strong>lich<br />

sprechen, da <strong>der</strong> Einsatz <strong>bei</strong> akuten <strong>und</strong> kurzfri-<br />

ist, wird von einer längerfristigen Therapienotwen-<br />

stigen Schmerzzuständen aus pharmakokinetischen<br />

digkeit ausgegangen. Die Präparate sind im Grünen<br />

Gründen nicht sinnvoll ist <strong>und</strong> zu keiner adäquaten<br />

Bereich des EKO gelistet, <strong>und</strong> zwei Packungen kön-<br />

Schmerzbehandlung <strong>bei</strong>trägt.<br />

10<br />

11


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Abbruchrate<br />

Abbruchrate nach Therapiebeginn<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

BGKK KGKK <strong>NÖGKK</strong> OÖGKK SGKK StGKK WGKK<br />

SV-Träger<br />

Diagramm 3:<br />

PatientInnenanteil an den Neueinstellungen, die maximal 2 Packungen eines Opiatpflasters nach Ersteinstellung<br />

erhalten<br />

Blick über die Grenzen – Teil 1: Deutschland<br />

Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland gaben laut Arzneiverordnungsreport 2007 im<br />

Jahr 2006 r<strong>und</strong> 26 Milliarden Euro für Arzneimittel aus. Die stark steigende Kostenentwicklung<br />

<strong>bei</strong> Arzneimitteln hat so wie in Österreich auch in unserem Nachbarland im Laufe <strong>der</strong> Jahre zu<br />

zahlreichen, allerdings meist nur kurzfristig erfolgreichen Kostendämpfungsmaßnahmen geführt.<br />

17,0%<br />

12,0%<br />

7,0%<br />

2,0%<br />

-3,0%<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Heilmittelkosten seit 1992, österr. KV-Träger<br />

<strong>und</strong> gesetzliche KV in Deutschland<br />

Großhandelsspannensenkungen<br />

Spannensenkung<br />

Arzneidialog<br />

Spannensenkungen +<br />

Son<strong>der</strong>nachlass<br />

EKO<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />

Die Analyse <strong>der</strong> Abrechnungsdaten <strong>der</strong> SV-Träger weist auf einen großen Anteil an Patienten<br />

mit chronischen Erkrankungen hin, <strong>der</strong>en Therapiekonzept nach dem 1. Rezept<br />

abgebrochen wird. Das führt zu einer Verzögerung des auch vom Patienten mitgetragenen<br />

Therapieansatzes <strong>und</strong> damit zB <strong>bei</strong> Schmerzpatienten zu einer unnötigen Leidensverlängerung.<br />

Zusätzlich werden Ressourcen vergeudet, die im Ges<strong>und</strong>heitswesen an allen Ecken<br />

fehlen. Auch Medikamente wie Opiatpflaster, Seretide, Spiriva o<strong>der</strong> Symbicort, <strong>der</strong>en<br />

Wirksamkeit in klinischen Studien gut dokumentiert ist, haben unter den Bedingungen <strong>der</strong><br />

Realversorgung nur dann einen Patientennutzen, wenn die IND-Regel eingehalten <strong>und</strong> das<br />

Therapiekonzept vom Patienten mitgetragen wird.<br />

-8,0%<br />

-13,0%<br />

Preissenkungen, Einführung<br />

Arzneimittelbudgets, neue<br />

Zuzahlungsregelung<br />

Zuzahlungserhöhung<br />

Österreich<br />

Einführung von Aut-idem<br />

Deutschland<br />

Quelle: Statistisches Handbuch <strong>der</strong> österr. Sozialversicherung, Arzneiverordnungsreport 2007<br />

Einzelne Kostendämpfungsmaßnahmen in Deutschland<br />

AVWG<br />

Kassenrabatte,<br />

Gründung des IQWIG<br />

Red.<br />

Aut-idem<br />

Die Aut-idem-Regelung wurde Mitte 2002 eingeführt<br />

<strong>und</strong> verpflichtet den Apotheker, statt des verordneten<br />

ein preisgünstigeres vergleichbares Arzneimittel<br />

abzugeben. Die Substitutionsverpflichtung gilt<br />

dann nicht, wenn <strong>der</strong> Arzt selbst ein preisgünstiges<br />

Arzneimittel verordnet o<strong>der</strong> einen Austausch auf<br />

dem Rezeptblatt ausdrücklich ausgeschlossen hat.<br />

Die Vergleichbarkeit ist gegeben, wenn Wirkstoff,<br />

Wirkstärke, Darreichungsform <strong>und</strong> Packungsgröße<br />

sowie zugelassener Indikationsbereich identisch<br />

sind. Als preisgünstig gilt ein Arzneimittel dann,<br />

wenn sein Preis im unteren Drittel <strong>der</strong> Preisdifferenz<br />

zw. den Durchschnitten <strong>der</strong> drei billigsten <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

drei teuersten wirkstoffgleichen Präparate liegt. Der<br />

Arzt kann entwe<strong>der</strong> den Wirkstoffnamen o<strong>der</strong> den<br />

Namen des Präparates rezeptieren.<br />

12<br />

13


Top Tipps<br />

Top Tipps<br />

Vergleich des Generikaanteils zwischen<br />

Deutschland (01-09/2007) <strong>und</strong> Österreich (01-08/2007)<br />

Arzneimittelvereinbarungen<br />

Zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen<br />

4,1 % betragen. Weiters wurden (Verordnungs- <strong>und</strong><br />

90,0<br />

<strong>und</strong> den Landesverbänden <strong>der</strong> Krankenkassen wer-<br />

Umsatz-) Quoten von kostengünstigen Leitsubstan-<br />

Generikaanteil in %<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

19,8<br />

57,0<br />

40,1<br />

82,0<br />

Österreich<br />

Deutschland<br />

den jährlich prospektiv Arzneimittelvereinbarungen<br />

getroffen. Die Rahmenvorgaben dafür werden auf<br />

B<strong>und</strong>esebene festgelegt: So darf die Heilmittelkostensteigerung<br />

im Jahr 2008 b<strong>und</strong>esweit nicht mehr als<br />

Arzneimittelgruppe<br />

zen in 12 verordnungsstarken Arzneimittelgruppen<br />

festgelegt, um den Ärzten eine Orientierungsmöglichkeit<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven<br />

zu bieten.<br />

Leitsubstanz(en)<br />

Anteil <strong>der</strong> Gruppe<br />

Verordnung / Umsatz<br />

Statine Simvastatin 1,95 % / 1,81 %<br />

Selektive Betablocker Bisoprolol, Metoprolol 4,06 % / 2,11 %<br />

0,0<br />

Generika an<br />

den Pkg. gesamt<br />

Generika an<br />

den generikafähigen Präparaten<br />

Alpha-Rezeptorenblocker Tamsulosin 0,41 % / 0,40 %<br />

SSRI Citalopram, Fluoxetin 0,62 % / 0,75 %<br />

Quelle: PEGASUS, Pro Generika (Wirtschaftsverband <strong>der</strong> Generikahersteller in Deutschland)<br />

Bisphosphonate Alendronsäure 0,30 % / 0,66 %<br />

Triptane Sumatriptan 0,24 % / 0,33 %<br />

Preisvereinbarungen<br />

Die Einführung des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes<br />

(AVWG) im Frühjahr 2006 ermöglichte<br />

es nun den Krankenversicherungsträgern,<br />

mit den Pharma-Anbietern spezielle Rabattverträge<br />

für einzelne Wirkstoffe abzuschließen. Eine größere<br />

Wirkung erhielten diese Rabattverträge durch<br />

das im Jahr 2007 in Kraft getretene GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz,<br />

dem zufolge Apotheken<br />

nur noch Packungen <strong>der</strong> Rabattpartner abgeben<br />

dürfen, sofern <strong>der</strong> Arzt Aut-idem nicht ausdrücklich<br />

ausgeschlossen hat. Dies hatte zur Folge, dass<br />

einzelne Präparate binnen kürzester Zeit die Hälfte<br />

ihres Umsatzes einbüßten <strong>und</strong> gleichzeitig an<strong>der</strong>e<br />

Anbieter explosionsartig gewachsen sind.<br />

Als Schwachstellen dieser Regelung werden die<br />

Preiskämpfe, <strong>bei</strong> denen nur wenige Anbieter überleben<br />

werden, <strong>und</strong> das durch die jeweils von den<br />

einzelnen Kassen getroffenen, teilweise sehr unterschiedlichen<br />

Vereinbarungen immer komplizierter<br />

<strong>und</strong> unüberschaubarer werdende System angeführt.<br />

Außerdem sind bislang nur wenige patentgeschützte<br />

Medikamente miteinbezogen, die den Großteil des<br />

Budgets verschlingen, da hier we<strong>der</strong> staatliche Preisgrenzen<br />

noch Konkurrenz bestehen. Darüber hinaus<br />

wird diese Regelung <strong>der</strong>zeit juristisch angefochten.<br />

PPI Omeprazol 3,02 % / 3,57 %<br />

ACE-Hemmer Enalapril, Lisinopril, Ramipril 3,29 % / 1,33 %<br />

NSAR Diclofenac 5,25 % / 1,97 %<br />

Nie<strong>der</strong>molekulare Heparine Enoxaparin-Natrium 0,51 % / 1,14 %<br />

Schleifendiuretika Furosemid 1,67 % / 0,75 %<br />

Orale Antidiabetika Glibenclamid, Metformin 2,46 % / 1,47 %<br />

Quelle: Unterlagen zur Pressekonferenz zu den Rahmenvorgaben Arzneimittel <strong>und</strong> Heilmittel 2008, KBV, 9. 10. 2007<br />

Auf Basis dieser b<strong>und</strong>esseitigen Vorgaben legen die Kassenärztlichen Vereinigungen <strong>und</strong> die Landesverbände<br />

<strong>der</strong> Krankenkassen landesspezifische Wirtschaftlichkeitsziele zu den einzelnen Leitsubstanzen fest.<br />

14<br />

15


Top Tipps<br />

Richtgrößenvereinbarungen<br />

Ebenso werden jährlich zwischen den Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen <strong>und</strong> den Landesverbänden<br />

<strong>der</strong> Krankenkassen Richtgrößen vereinbart: Es handelt<br />

sich da<strong>bei</strong> um fachgruppenspezifische Durchschnittswerte<br />

für die Verordnung von Medikamenten<br />

pro Jahr, Patient <strong>und</strong> Altersgruppe. Arzneimittel<br />

zur Behandlung schwerer o<strong>der</strong> chronischer Erkrankungen<br />

wie zB Zytostatika, Immunsuppressiva,<br />

Zytokine, Immunglobuline, Hypophysen- <strong>und</strong><br />

Hypothalamushormone, Sexualhormone <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Hemmstoffe sowie Virustatika werden davon<br />

ausgenommen. Darüber hinaus können die Ärzte<br />

einen überdurchschnittlich hohen Anteil an „teuren“<br />

Patienten als Praxisbeson<strong>der</strong>heit geltend machen.<br />

Die Vereinbarung einer spezifischen Richtgröße für<br />

die einzelne Praxis ist somit möglich.<br />

Die Überprüfung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Verordnungsweise erfolgt durch so genannte<br />

Prüfausschüsse, die sich aus Vertretern <strong>der</strong> Ärzteschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Krankenkassen in gleicher Stimmenzahl<br />

zusammensetzen. Bei Überschreitungen <strong>der</strong><br />

Richtgrößen um mehr als 25 % muss <strong>der</strong> Arzt den<br />

Mehraufwand rückerstatten, sofern ihm nicht <strong>der</strong><br />

Nachweis einer ursächlichen Praxisbeson<strong>der</strong>heit<br />

gelingt.<br />

Erfolgreiche Modelle, die die Finanzierung unseres Ges<strong>und</strong>heitssystems erleichtern, sollten<br />

nicht a priori negiert werden. Die Entwicklung in Deutschland sollte daher genau beobachtet<br />

werden.<br />

Red.<br />

Kontaktadresse: NÖ Gebietskrankenkasse, Fr. Dr. Jana Fischer, MSc, Tel.: 050899-6110, E-mail: jana.fischer@noegkk.at<br />

Medieninhaber (Verleger), Redaktion <strong>und</strong> Herausgeber: NÖ Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3,<br />

Telefon: 050899-0; Fax: 050899-6550. DVR: 0023965.<br />

Hersteller: Ing. H. Gradwohl GmbH, 3390 Melk, Spielberger Straße 28, Verlagsort: St. Pölten.<br />

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