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Eine Herausforderung für die Mathematik(didaktik)?

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Entwicklung kulminierte um 1900 in Minkowskis genialer Geometrie der<br />

Zahlen.<br />

Diese Dominanz und der mathematische Erfolg der Gitterpackungen<br />

ließen keinen Platz für nicht–gitterförmige Kugelpackungen, mit einer Ausnahme:<br />

schon lange vor Max von Laues experimentellem Nachweis der atomaren<br />

Gitterstruktur hatten Physiker diverse ”<br />

regelmäßige“, also gitterförmige<br />

und periodische Kugelpackungen untersucht, und folgerichtig entdeckte<br />

der Physiker Barlow 1893, daß es unendlich viele Beispiele nicht–gitterförmiger<br />

Kugelpackungen derselben Packungsdichte wie das fcc–Gitter gibt.<br />

3. ... von 1900 bis 1990 ...<br />

Im Jahr 1900 wurde das Kepler–Problem erstmals als Problem formuliert,<br />

und zwar durch Hilbert als Problem 18 Teil 3 seiner beühmten 23 Probleme.<br />

Hilbert erwähnt Kepler nicht, und es ist m.W. offen, ob er Keplers Behauptung<br />

kannte, während ihm Barlows Beispiele wohl bekannt waren. Trotz der<br />

großen Paten machte <strong>die</strong> Lösung des Kepler–Hilbert–Problems lange keine<br />

Fortschritte; erst ab 1950 gab es einige methodisch brauchbare Ansätze,<br />

nichttriviale obere Schranken etc. Den Wissensstand um 1950 beschrieb Rogers<br />

ebenso prägnant wie humorvoll: ”<br />

Alle Physiker wissen und <strong>die</strong> meisten<br />

<strong>Mathematik</strong>er glauben, daß es (im E 3 ) keine dichtere Kugelpackung als <strong>die</strong><br />

dichteste gitterförmige gibt“. Und <strong>die</strong> Hoffnungslosigkeit bei den Lösungsversuchen<br />

formulierte J. Milnor 1975 bei seinem Review der Hilbert–Probleme<br />

drastisch: ”<br />

Es ist ein Skandal ... Alles was fehlt, ist ein Beweis“.<br />

4. ... und ab 1990.<br />

Man begreift <strong>die</strong> gespannte Erwartung, als Hsiang 1990 <strong>die</strong> Lösung des<br />

Kepler-Problems in diversen Vorträgen ankündigte. Aber nach einiger Zeit,<br />

vielen Diskussionen und etlichen Preprints kam bald Skepsis auf: <strong>die</strong> Preprints<br />

des über 100 Seiten langen Beweises enthielten Lücken, kleine Lücken<br />

zwar, aber das Schließen <strong>die</strong>ser Lücken riß neue Lücken, <strong>die</strong> auch bei Vorträgen,<br />

langen Diskussionen und Nachbesserungen nicht überzeugend geschlossen<br />

werden konnten. Die Kritik kulminierte in einem Brief von Conway,<br />

Hales, Muder und Sloane im Math. Intelligencer 1993 und einer anschließenden<br />

Arbeit von Hales, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Kritikpunkte an dem Beweis von Hsiang<br />

pointiert und zuweilen scharf zusammenfaßte. Trotzdem erschien Hsiangs<br />

Beweis 1993 im Internat. Journal of Math. als 90–seitige Arbeit. Danach<br />

wurde es etwas stiller um das Kepler–Problem, das weiterhin als ungelöst<br />

galt. Nur einige Experten verfolgten Tom Hales’ Bemühungen, mit einer<br />

breit angelegten Strategie aus mathematischen Einzelschritten und einem<br />

umfangreichen Computer–Programm das Kepler–Problem zu lösen.<br />

Mit der eingangs erwähnten Nachricht von Hales’ Erfolg scheint <strong>die</strong> 387–<br />

jährige Geschichte des Kepler–Problems abgeschlossen ... Oder doch nicht??<br />

Tatsächlich sind <strong>die</strong> Computer–Programme so umfangreich, daß m.W. bisher<br />

noch kein anderer Experte alle Schritte nachgeprüft hat und somit noch<br />

keine endgültige Entscheidung vorliegt. Daß selbst im negativen Fall Hales<br />

weit über alle Vorgänger hinausgekommen ist, ist unstrittig. Aber selbst im<br />

positiven Fall bleibt ein Rest von Unbehagen an einer so stark computergestützten<br />

Lösung eines so klassischen Problems der ”<br />

reinen“ <strong>Mathematik</strong> –<br />

ähnlich wie beim Vierfarben–Satz.<br />

5. Zur Bedeutung von Kugelpackungen und Kepler–Problem.<br />

Das Konzept von Packungen, Überdeckungen und Zerlegungen von Mengen<br />

gehört zu den allgemeinsten der <strong>Mathematik</strong>; man denke nur an den<br />

3

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