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Der Zauberlehrling - Das Gedicht - Onilo.de

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1<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Hat <strong>de</strong>r alte Hexenmeister<br />

sich doch einmal wegbegeben!<br />

Und nun sollen seine Geister<br />

auch nach meinem Willen leben.<br />

Seine Wort’ und Werke<br />

merkt ich und <strong>de</strong>n Brauch,<br />

und mit Geistesstärke<br />

tu ich Wun<strong>de</strong>r auch.


2<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Walle! walle<br />

manche Strecke,<br />

daß, zum Zwecke,<br />

Wasser fließe<br />

und mit reichem, vollem Schwalle<br />

zu <strong>de</strong>m Ba<strong>de</strong> sich ergieße.


3<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Und nun komm, du alter Besen!<br />

Nimm die schlechten Lumpenhüllen;<br />

bist schon lange Knecht gewesen;<br />

nun erfülle meinen Willen!<br />

Auf zwei Beinen stehe,<br />

oben sei ein Kopf,<br />

eile nun und gehe<br />

mit <strong>de</strong>m Wassertopf!


4<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Walle! walle<br />

manche Strecke,<br />

daß, zum Zwecke,<br />

Wasser fließe<br />

und mit reichem, vollem Schwalle<br />

zu <strong>de</strong>m Ba<strong>de</strong> sich ergieße.


5<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Seht, er läuft zum Ufer nie<strong>de</strong>r,<br />

wahrlich! ist schon an <strong>de</strong>m Flusse,<br />

und mit Blitzesschnelle wie<strong>de</strong>r<br />

ist er hier mit raschem Gusse.<br />

Schon zum zweiten Male!<br />

Wie das Becken schwillt!<br />

Wie sich je<strong>de</strong> Schale<br />

voll mit Wasser füllt!


6<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Stehe! stehe!<br />

Denn wir haben<br />

<strong>de</strong>iner Gaben<br />

vollgemessen! ‐<br />

Ach, ich merk es! Wehe! wehe!<br />

Hab ich doch das Wort vergessen!


7<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Ach, das Wort, worauf am En<strong>de</strong><br />

er das wird, was er gewesen!<br />

Ach, er läuft und bringt behen<strong>de</strong>!<br />

Wärst du doch <strong>de</strong>r alte Besen!<br />

Immer neue Güsse<br />

bringt er schnell herein,<br />

ach! und hun<strong>de</strong>rt Flüsse<br />

stürzen auf mich ein.


8<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Nein, nicht länger<br />

kann ichs lassen;<br />

will ihn fassen.<br />

<strong>Das</strong> ist Tücke!<br />

Ach! nun wird mir immer bänger!<br />

Welche Miene! welche Blicke!


9<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

O du Ausgeburt <strong>de</strong>r Hölle!<br />

Soll das ganze Haus ersaufen?<br />

Seh ich über je<strong>de</strong> Schwelle<br />

doch schon Wasserströme<br />

laufen.<br />

Ein verruchter Besen,<br />

<strong>de</strong>r nicht hören will!<br />

Stock, <strong>de</strong>r du gewesen,<br />

steh doch wie<strong>de</strong>r still!


10<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Willsts am En<strong>de</strong><br />

gar nicht lassen?<br />

Will dich fassen,<br />

will dich halten<br />

und das alte Holz behen<strong>de</strong><br />

mit <strong>de</strong>m scharfen Beile spalten.


11<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Seht, da kommt er schleppend wie<strong>de</strong>r!<br />

Wie ich mich nur auf dich werfe,<br />

gleich, o Kobold, liegst du nie<strong>de</strong>r;<br />

krachend trifft die glatte Schärfe.<br />

Wahrlich! brav getroffen!<br />

Seht, er ist entzwei!<br />

Und nun kann ich hoffen,<br />

und ich atme frei!


12<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Wehe! wehe!<br />

Bei<strong>de</strong> Teile<br />

stehn in Eile<br />

schon als Knechte<br />

völlig fertig in die Höhe!<br />

Helft mir, ach, ihr hohen Mächte!


13<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

Und sie laufen! Naß und nässer<br />

wirds im Saal und auf <strong>de</strong>n Stufen.<br />

Welch entsetzliches Gewässer!<br />

Herr und Meister! hör mich rufen! ‐<br />

Ach, da kommt <strong>de</strong>r Meister!<br />

Herr, die Not ist groß!<br />

Die ich rief, die Geister<br />

werd ich nun nicht los.


14<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauberlehrling</strong><br />

“In die Ecke,<br />

Besen! Besen!<br />

Seids gewesen.<br />

Denn als Geister<br />

ruft euch nur, zu diesem Zwecke,<br />

erst hervor <strong>de</strong>r alte Meister.”<br />

Johann Wolfgang von Goethe (1749‐1832)

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