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Tim Leatherman - Outdoor Guide

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porträt<br />

porträt<br />

Der Mensch hinter<br />

dem Werkzeug<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>, Erfinder der <strong>Leatherman</strong> Tools<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> erzählt an diesem grauen, verregneten<br />

Märztag 2001 seine Geschichte, die auch die Geschichte<br />

des berühmten Multifunktionswerkzeugs ist. Er spricht leise,<br />

wählt seine Worte mit Bedacht. Oft überlegt er einige Sekunden,<br />

bevor er zur Antwort ansetzt. Die Frage, ob er nach<br />

all seinen geschäftlichen Erfolgen glücklich sei, beschäftigt<br />

ihn über das Interview hinaus. «Es ist das erste Mal, dass<br />

mir diese Frage gestellt wird», sagt er im Frühling 2001. «Ja,<br />

ich bin mit dem Leben, wie ich es momentan führe, zufrieden.»<br />

Nach dem Erscheinen des Porträts in einem Schweizer<br />

Magazin lässt er den Text in seiner Heimat übersetzen<br />

und schreibt dem Autor, dass ihn das Gespräch zum Nachdenken<br />

über sich und sein Leben angeregt habe.<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> ist ein Mann mit Tiefgang. Heute, sieben<br />

Jahre nach diesem Tag, ist er bereits seit geraumer Zeit<br />

nicht mehr operativ in seinem Unternehmen tätig. Er sei<br />

«zu 80 Prozent in Pension», sagt er selber. Das Amt des<br />

CEO hat er im Juli 2005 an Jake Nichol übergeben. «Ich bin<br />

absolut glücklich mit dieser Besetzung – Jake hat mir mein<br />

Leben massiv erleichtert.» Er habe die Produktivität der<br />

<strong>Leatherman</strong> Group gesteigert, und die Moral der Angestellten<br />

sei nach wie vor sehr hoch. Und er engagiere sich<br />

auch für die Nachhaltigkeit des Unternehmens und nehme<br />

die soziale Verantwortung wahr. «Dies ist sehr wichtig –<br />

ich selber habe diesen Themen wegen Zeitmangels nicht<br />

genügend Beachtung geschenkt», wie <strong>Leatherman</strong> selbst-<br />

Text: Thorsten Kaletsch<br />

Fotos: Jeffrey Condit/LTG<br />

Wer ist der Mensch, der sich hinter<br />

den berühmten «<strong>Leatherman</strong> Tools»<br />

verbirgt? Welche Eigenschaften<br />

zeichnen den Erfinder aus, der die<br />

«<strong>Leatherman</strong> Group» zum Weltmarktleader<br />

im Bereich der Taschenwerkzeuge<br />

gemacht hat? Ein Porträt<br />

des Amerikaners <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>.<br />

sich selber verwirklichen? Das erste Aufeinandertreffen<br />

mit <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> im Mai März 2001 ist eine Überraschung.<br />

Der Amerikaner aus Portland ist kein verschrobener<br />

Tüftler, der tagelang hinter der Werkbank neue Produkte<br />

entwickelt. Er gibt aber auch nicht den geschliffenen<br />

CEO eines weltweit tätigen Unternehmens mit weit über<br />

100 Millionen Franken Jahresumsatz. Obwohl auf PR-Mission<br />

für seine neuste Produktelinie, sind ihm laute Töne<br />

fremd. Seine Werkzeuge sollen für sich sprechen. Erhältlich<br />

sind sie in über 80 Ländern. Millionen davon gehen<br />

jährlich über den Ladentisch. Die <strong>Leatherman</strong> Tool Group<br />

ist Weltmarktleader im Bereich der Multifunktionswerkzeuge.<br />

Dass sich diese «Pocket Tools» sogar in der Schweiz<br />

hervorragend verkaufen, im Land der «Swiss Army Knives»,<br />

spricht für sich. Und es macht den Erfinder ganz besonders<br />

stolz.<br />

Was bringt einen Menschen dazu, ein Werkzeug zu erfinden,<br />

das anderen das Leben erleichtert? Wie viel Beharrlichkeit<br />

und Glauben an die eigene Idee braucht es, bis<br />

sich ein Produkt durchsetzt? <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> weiss es. Er<br />

ist der Mensch hinter den <strong>Leatherman</strong> Tools. Acht Jahre<br />

lang kämpfte er für seine Idee. Nahm Entbehrungen in<br />

Kauf und steckte trotz Rückschlagen nie auf. Und gewann<br />

am Ende einen scheinbar aussichtslosen Kampf.<br />

Erfinder müssen etwas Revolutionäres an sich haben. Sind<br />

sie Weltverbesserer, weil sie sich nicht mit dem Bestehenden<br />

zufrieden geben? Oder wollen sie am Ende doch nur<br />

Der scheue Gentleman<br />

Ein «scheuer, ruhiger Mensch» sei <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>, sagt<br />

Adrian Schmidhaeusler, CEO von Tradenet, dem Schweizer<br />

Importeur für Produkte der <strong>Leatherman</strong> Tool Group.<br />

«Er ist nicht einer, der einen Raum ausfüllt und nach dem<br />

sich alle umdrehen.» Er besteche durch fachliche Kompetenz<br />

und bringe seinen Geschäftspartnern eine sehr hohe<br />

Wertschätzung entgegen. «Ein absoluter Gentleman und<br />

nicht der toughe Businessman, der einen bis auf den letzten<br />

Rappen ausquetscht.»<br />

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kritisch bemerkt. Die 20 Prozent, in denen der Mehrheitsaktionär<br />

noch für sein Unternehmen tätig ist, füllt er mit<br />

Repräsentationsaufgaben im Ausland und als Präsident<br />

des Verwaltungsrats aus. Sein Büro im Firmenkomplex in<br />

Portland (Oregon) hat er nach wie vor. «Die rote Schürze,<br />

die ich in der Firma jeweils trug, ist aber mit mir in Pension<br />

gegangen», schmunzelt er. Sie war im Unternehmen<br />

bekannt – und für <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> ein wichtiges Symbol.<br />

«Obwohl ich als CEO nicht mehr selber Hand anlegte und<br />

mich nicht mehr schmutzig machte, zeigte ich damit, dass<br />

ich bereit wäre, es wieder zu tun, wenn es nötig gewesen<br />

wäre.»<br />

Adrian Schmidhäusler von der Firma Tradenet hat die beiden<br />

zweimal in Portland besucht. Er findet, dass sich Châu und<br />

<strong>Tim</strong> perfekt ergänzen. «Er ist zurückhaltend und kleidet sich<br />

einfach, währenddem sie gerne auf die Leute zugeht und<br />

eine elegante, eloquente Gesellschafterin ist.» Der Sohn der<br />

beiden, der 27jährige Lee, ist inzwischen ausgeflogen. «Wie<br />

viele andere in seinem Alter sucht er noch immer seine Berufung»,<br />

sagt sein Vater. Basketballprofi, Surfer, Musiker und<br />

Schriftsteller seien Wunschberufe. «Er macht es richtig», ist<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> überzeugt. «Auch ich suchte lange und<br />

war nicht bereit, mir wie andere nach dem Studium einen<br />

Job zu suchen und diesen bis zur Pension auszuüben.»<br />

möchten die <strong>Leatherman</strong>s auch den Mittleren Osten besser<br />

kennenlernen.<br />

Das Reisen spielte im Leben von <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> schon<br />

immer eine zentrale Rolle. Während seines Ingenieurstudiums<br />

an der Oregon State University verliebte er sich in<br />

eine Mitstudentin aus Vietnam – seine heutige Frau Châu.<br />

Die USA bombardierten zu dieser Zeit Vietnam und seine<br />

Nachbarstaaten. Nach dem Studium musste Châu in ihr<br />

Heimatland zurückkehren, währenddem sich <strong>Tim</strong> zunächst<br />

als Designer von Pipelines durchschlug, ohne je eine Öl-<br />

Raffinerie zu Gesicht zu bekommen. Schon bald entschloss<br />

rischer Sicherheit Motorräder reparierten – und zwar bewusst<br />

so, dass schon bald wieder etwas kaputtging. «Ich<br />

selber hatte mich als Kind nie wirklich für Technik interessiert<br />

und auch während des Studiums nur theoretische<br />

Aufgaben gelöst. Hier entdeckte ich aber die praktische<br />

Seite – ging den Dingen auf den Grund und lernte ihre<br />

Funktion und Konstruktionsweise kennen.»<br />

Dieses Wissen war es schliesslich, das zur Erfindung des<br />

ersten <strong>Leatherman</strong> Tools führte. Auf einer Europa- und<br />

Asienreise, einem neunmonatigen «Low Budget Trip»<br />

durch 20 Länder, vermisste er an seinem Pfadfindermes-<br />

5 Die Weltreise im klapprigen Fiat 1975 war so etwas wie das Schlüsselerlebnis für <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>. In der mechanischen Werkstätte<br />

5<br />

von Steve Berliners Vaters begann dann der berufliche<br />

Erfolg.<br />

Die legendäre rote Schürze war für <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> nicht nur praktisch, sondern auch ein wichtiges Symbol. Heute trägt er sie<br />

nicht mehr: «Sie ist mit mir in Pension gegangen.»<br />

Ausgefüllter Vorruhestand<br />

Heute geniesst der 59jährige Amerikaner seinen Vorruhestand<br />

in vollen Zügen. Zweimal pro Woche spielt er<br />

mit Steve Berliner, dem Mitbesitzer und Verwaltungsrat<br />

der <strong>Leatherman</strong> Group, Tennis. «Ich glaube, in den letzten<br />

fünf Jahren habe ich noch kein einziges Match gegen<br />

ihn gewonnen», lacht <strong>Leatherman</strong>. Die Freundschaft mit<br />

seinem ehemaligen Studienkollegen ist ihm wichtig. «Wir<br />

hatten in den vergangenen 40 Jahren nie eine ernsthafte<br />

Meinungsverschiedenheit. Mit seinen Analysen leistet er<br />

noch heute wertvolle Beiträge für das Unternehmen.» <strong>Tim</strong><br />

arbeitet im Haus und im Garten, geht ab und zu mit seinem<br />

91-jährigen Vater angeln, empfängt mit seiner Frau<br />

Châu Gäste und geht mit ihr regelmässig ins Kino. «Sie<br />

trainiert, leitet Floristikkurse und ist deutlich weniger zu<br />

Hause als ich.»<br />

Das Reisen als Lebenselixier<br />

Eine wichtige Rolle im Leben der <strong>Leatherman</strong>s spielt das<br />

Reisen. «Bei meiner Pensionierung habe ich gesagt, dass<br />

ich alle Grand-Slam-Turniere im Tennis einmal live miterleben<br />

möchte», sagt <strong>Tim</strong>. «In New York und an den Australian<br />

Open waren wir bereits, dieses Jahr haben wir nun<br />

Paris und das Roland Garros besucht – fehlt also nur noch<br />

Wimbledon.» Letztes Jahr tourten Châu und <strong>Tim</strong> neun<br />

Wochen lang durch Afrika, davon 30 Tage mit Zelt und<br />

Jeep von Johannesburg nach Nairobi. «Dabei realisierten<br />

wir einmal mehr, wie viel wir in der westlichen Welt haben<br />

und mit wie wenig andere Menschen auskommen müssen.»<br />

Im Jahr zuvor weilten sie in der Mongolei, «wo die<br />

Leute sehr viel Energie und eine überraschend progressive<br />

Einstellung zum Leben haben.» Die weiteren Reisenziele<br />

stehen bereits fest: Neben Südamerika und Zentralasien<br />

er sich, seiner Freundin nach Asien nachzureisen – ein ungewöhnlicher<br />

Schritt für die USA dieser Zeit. Die beiden<br />

heirateten und lebten zweieinhalb Jahre in Vietnam – ein<br />

Lebensabschnitt, der <strong>Tim</strong> massgeblich prägte. «Ich nahm<br />

jede Arbeit an und hielt mich mit Gelegenheitsjobs über<br />

Wasser. Ich war Englisch-Lehrer, Helikopter-Mechaniker<br />

und Mitarbeiter einer Adoptions-Agentur.»<br />

Asiatische Genügsamkeit und<br />

Anpassungsfähigket<br />

In Asien habe er gelernt, sich anzupassen und genügsam<br />

zu sein. «Ich realisierte, dass einem im Leben nichts geschenkt<br />

wird, dass man selber aktiv werden muss, statt herumzusitzen<br />

und zu hoffen.» Am meisten beeindruckten<br />

ihn die 12- oder 13jährigen Kinder, die mit traumwandle-<br />

ser schmerzlich einen Schraubenzieher und eine Zange.<br />

Der alte, klapprige Fiat, den die beiden für 300 Dollar in<br />

Amsterdam gekauft hatten, musste immer wieder reparariert<br />

werden, und auch in billigen Hotelzimmern mussten<br />

da und dort notdürftig Spenglereiarbeiten ausgeführt werden.<br />

«In dieser Zeit träumte ich von einem Multifunktionswerkzeug»,<br />

blickt <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> zurück. «Wenn ich<br />

mich richtig entsinne, habe ich diese Idee in Rumänien<br />

oder Bulgarien aufgeschrieben.» Das war 1975. Im gleichen<br />

Jahr zogen <strong>Tim</strong> und Châu mit deren ganzer Familie<br />

nach Portland um. Die Idee aber liess ihn nicht mehr los.<br />

«Ich fragte Châu, ob es okay sei, wenn ich das Werkzeug<br />

bauen würde, das ich im Kopf hatte. Sie fragte mich, wie<br />

lange das dauere – ich sagte, einen Monat.» Der erste Prototyp,<br />

der <strong>Tim</strong> zufriedenstellte, war drei Jahre später fertig.<br />

<strong>Tim</strong>s Studienkollege und noch heutiger Geschäftspartner,<br />

Steve Berliner, hatte seinen Vater überredet, ihnen in seiner<br />

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5<br />

Auch mit 59 Jahren noch ab und zu in der Fabrik der <strong>Leatherman</strong> Tool Group in Portland (Oregon) anzutreffen. <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>:<br />

«Ich bin zu 80 Prozent in Pension.»<br />

mechanischen Werkstätte Raum zur Verfügung zu stellen.<br />

<strong>Tim</strong>s Schwager hatte ihm beigebracht, wie man mit Metall<br />

umgeht, und Châu hatte das Ehepaar mit ihrem Job zweieinhalb<br />

Jahre lang über Wasser gehalten.<br />

Enttäuschungen und Ernüchterungen<br />

Mit dem ersten Prototypen begann aber der Leidensweg<br />

des Erfinders erst richtig. Die Messerfabrikanten lachten<br />

<strong>Leatherman</strong> aus, als er ihnen sein Patent verkaufen wollte.<br />

Auch die Armee (Werkzeug für die Soldaten) und die Telefongesellschaft<br />

AT&T (für die Monteure) winkten ab.<br />

Erste Erfolgserlebnisse stellten sich erst ein, als sich <strong>Leatherman</strong><br />

und sein Partner Steve Berliner an Versandkataloge<br />

wandten und bereit waren, die Werkzeuge selber zu<br />

produzieren. Auf den Tipp eines Versandhauses hin liess<br />

<strong>Leatherman</strong> eine der beiden Zangen und die Schere weg<br />

und verbilligte so das Multitool. Und siehe da – der Durchhaltewillen<br />

zahlte sich aus. 1983 – acht Jahre nach dem Beginn<br />

der Arbeit am Multitool – traf die erste Bestellung bei<br />

den Jungunternehmern ein. Der «Cabela›s Versand» bestellte<br />

500 Stück des Werkzeugs, dessen Endverkaufspreis<br />

45 Dollar betrug. «Ich war total aufgeregt und schwebte<br />

für einen Moment im siebten Himmel», weiss <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong><br />

noch heute. «Doch schnell landete ich wieder<br />

auf dem Boden und fragte mich, wie wir die übrigen 3500<br />

produzierten Tools absetzen könnten.» Zusammen mit<br />

Berliner war er davon ausgegangen, dass 4000 Stück ihre<br />

Investitionen decken würden. «Reichlich naiv», wie <strong>Leatherman</strong><br />

heute findet.<br />

Nun, über den Verkauf der restlichen 3500 Stück musste<br />

sich <strong>Leatherman</strong> nicht lange den Kopf zerbrechen. Der Erfolg<br />

stellte sich quasi über Nacht ein. 2000 Stück verliessen<br />

im ersten Produktionsmonat die mechanische Werkstätte<br />

bei Steve Berliners Vater. Und die Versandkataloge bestellten<br />

angesichts blendender Verkäufe schnell nach. 1984<br />

verkaufte das junge Unternehmen bereits sechsmal mehr<br />

als die budgetierten 5000 Werkzeuge und <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong><br />

konnte den Nebenjob aufgeben, den er nach der dreijährigen<br />

Entwicklungsphase angenommen hatte. Nachdem<br />

der Handel sich jahrelang gesträubt und schwer getan hatte,<br />

entschieden die Konsumenten, dass es einen Markt für<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong>s Erfindung gab. Und nach wie vor gibt.<br />

Zuversichtlicher Blick in die Zukunft<br />

Heute zählt die <strong>Leatherman</strong> Tool Group 400 Angestellte.<br />

Sie verkauft neben Multifunktionswerkzeugen aller<br />

Art auch Pfadfindermesser, Jagdmesser, Taschenlampen,<br />

Gartenwerkzeuge und Gartenscheren. <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong><br />

ist überzeugt, dass die Diversifizierung richtig war. «Was<br />

die Zukunft des Unternehmens betrifft, bin ich zuversichtlich.<br />

Ich sehe uns in den nächsten 25 Jahren weiterhin als<br />

weltweiten Marktleader, der sich mit Innovationen und<br />

Komplementärprodukten ein starkes Wachstum sichert.»<br />

Angst vor der Konkurrenz aus Asien hat der Firmengründer<br />

nicht. «In Sachen Qualität heben wir uns immer noch<br />

deutlich ab. Kritisch für uns könnte es erst werden, wenn<br />

unsere Konkurrenten aus China 80 Prozent unserer Qualität<br />

erreichen und die Produkte zu einem Drittel unserer<br />

Preise anbieten.» Auch die Finanzkrise bereitet <strong>Leatherman</strong><br />

für sein Unternehmen derzeit keine Sorgen. «Wir<br />

sind gut aufgestellt und haben keine Liquiditätsprobleme.»<br />

Trotzdem macht er sich Gedanken über die Ursachen der<br />

Finanzkrise. «Ich denke, die Menschen in den USA haben<br />

jahrelang mehr Geld ausgegeben, als sie verdienten und<br />

über ihren Verhältnissen gelebt. Hier muss ein Umdenken<br />

stattfinden.» So gesehen habe die Krise auch ihr Gutes.<br />

«Die Menschen müssen wieder bescheidener werden und<br />

lernen, zu sparen.»<br />

Apropos Regierung: Auch hier scheut sich <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong><br />

nicht vor klaren Worten. Zuvor weist er aber darauf<br />

hin, dass dies seine private Meinung sei und sich sein Unternehmen<br />

nicht politisch positioniere. «Ich habe in den<br />

letzten acht Jahren kaum eine Entscheidung der Regierung<br />

mittragen können. Es war mir wichtig, einen Mann zu<br />

wählen, der Amerika auf einen neuen Kurs bringen kann.»<br />

Seine Entscheidung stand unter dem Motto «It’s time for<br />

a change».<br />

Bald eine neue Erfindung?<br />

<strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong> mag die Schweiz sehr gerne. «Es ist eines<br />

meiner liebsten Länder – die Schweizer, die ich kennengelernt<br />

habe, waren alle sehr nett, und die Landschaft ist<br />

wirklich traumhaft.» Vom Schweizer Konkurrenten Victorinox<br />

spricht er mit Respekt. «Es ist eine freundschaftliche<br />

Rivalität – wir schauen beide sehr genau, was wir tun und<br />

schätzen unsere Produkte gegenseitig.» Mit den Victorinox-Geschäftsführern<br />

Eduard und Carl Elsener verbindet<br />

ihn sogar eine Freundschaft. Er selber hat auch heute<br />

noch Ideen für neue Produkte, die den Alltag erleichtern<br />

könnten. «Ich habe es mir aber angewöhnt, jeweils einige<br />

Tage über die erste Euphorie zu schlafen.» Nicht viele<br />

Ideen würden diese Hürde nehmen, sagt <strong>Leatherman</strong>. An<br />

einer Erfindung will er aber weiter arbeiten. «Es ist ein Produkt,<br />

das ich selber haben möchte und das einem draussen<br />

nützt, wenn das Wetter nicht so gut ist.» Selbstverständlich<br />

hat er immer eines seiner Pocket Tools, ein «Charge»,<br />

dabei. Er benützt es täglich, wie er betont: «Zum Öffnen<br />

von Briefen und Kartons, zum Schneiden von Brombeersträuchern<br />

und vielem mehr. Kürzlich half es mir auch<br />

beim Reparieren unseres Garagentoröffners.»<br />

Dann die unvermeidliche Frage, die bei <strong>Tim</strong> <strong>Leatherman</strong><br />

auch diesmal nachhallt. Wie definiert er den Sinn seines<br />

Lebens – und wie zufrieden ist er mit dem Erreichten? «Ich<br />

habe lange darüber nachgedacht: Ich versuche ein gutes<br />

Mitglied der Gesellschaft zu sein und mehr Gutes als<br />

Schlechtes zu tun – in Bezug auf meinen Kontakt mit Mitmenschen<br />

wie auch auf die Umwelt.» Einen kleinen Beitrag<br />

zur Verbesserung der Welt möchte er leisten, und diese<br />

Worte klingen aus seinem Mund weder pathetisch noch<br />

schönfärberisch. Am meisten stolz ist er darauf, dass er in<br />

seinem Unternehmen für 400 Menschen eine Arbeitsstelle<br />

geschaffen hat und Millionen mit seinen Erfindungen das<br />

Leben ein wenig erleichtert.<br />

]<br />

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