Trekking auf den Lofoten - outdoor guide
Trekking auf den Lofoten - outdoor guide
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<strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong> HAUTNAH<br />
<strong>Lofoten</strong> und Vesterålen<br />
Wo Königinnen wandern<br />
und staunen<br />
Wer <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong> und Vesterålen wandert, muss mit Einsamkeit,<br />
anstrengen<strong>den</strong> Aufstiegen und garstigem Wetter rechnen.<br />
Trotzdem will man immer wieder hin, wenn man einmal da gewesen ist.<br />
Eine Liebeserklärung.<br />
Nach einer Nacht im Auto, irgendwo <strong>auf</strong> einem Parkplatz<br />
im Westen der Vesterålen, erreichen wir am Morgen über<br />
eine regenweiche Lehmpiste Nyksund – ein winziger Ort<br />
am Ende der Welt, mehr ins Meer gebaut, als <strong>auf</strong> Land.<br />
Wir halten <strong>auf</strong> dem ersten Parkplatz im Dorf, daneben<br />
steht ein schmuckes weisses Hotel. «Nyksund Ekspedisjonen»<br />
steht dran und drinnen gibt’s Gemütlichkeit, Ku<br />
chen, Cappuccino. Und Ingo Hammerich, <strong>den</strong> Chef, der<br />
Deutscher ist und daran beteiligt, dass Nyksund lebt und<br />
funktioniert. 1972 verliessen alle Bewohner <strong>den</strong> einst<br />
zweitgrössten Fischerort der Vesterålen – dem Staat war<br />
der Unterhalt der vielen, über das Archipel verteilt liegen<strong>den</strong><br />
Orte zu kostspielig. Deshalb finanzierte sie eine<br />
Umsiedlung nach Myre, <strong>den</strong> neu erbauten Hauptort der<br />
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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong><br />
Am Ende des<br />
steilsten Aufstiegs<br />
der <strong>Lofoten</strong> liegt<br />
auch ihr bekanntester<br />
Ausblick:<br />
vom Reinebryngen<br />
<strong>auf</strong> <strong>den</strong> Ort Reine.<br />
Kommune. Auflage: keine Rückkehr nach Nyksund innerhalb<br />
der nächsten 30 Jahre.<br />
Der Ort verfiel und erlebte seine Wiedergeburt erst<br />
durch <strong>den</strong> Berliner Karl Heinz Nickel, der nach einem<br />
ersten Besuch Anfang der Achtzigerjahre mit viel Liebe<br />
und Einsatz Projekte initiierte, um Nyksund wieder <strong>auf</strong>zubauen.<br />
Heute gibt es eine handvoll Menschen und touristische<br />
Betriebe im Ort. «Die Leute sind schon etwas<br />
speziell», erzählt Ingo, der sich zu uns an <strong>den</strong> Tisch setzt<br />
als das Frühstücksbuffet abgebaut ist und sich seine<br />
Gäste verabschiedet haben. «Ganz zufällig lässt man sich<br />
ja auch nicht am Ende der Welt nieder.» Er lebt seit 2003<br />
in Nyksund. Zuletzt nur noch im Sommer, aber auch das<br />
reicht ihm jetzt. Er möchte das Hotel verk<strong>auf</strong>en. «Das war<br />
eine Phase und nun kommt halt was anderes.»<br />
Ein Hochplateau, das überrascht<br />
Mit neu erwachten Lebensgeistern – durch Kaffee und<br />
Kuchen, später Fischsuppe und noch mal Kuchen – fühlen<br />
wir uns trotz des schlechten Wetters irgendwann<br />
stark genug, um das anzugehen, weshalb wir überhaupt<br />
nach Nyksund gekommen sind: Wir wollen <strong>auf</strong> <strong>den</strong><br />
König innenweg. «Die Wanderung heisst übrigens erst<br />
seit 1994 so», weiss Ingo. Damals kam die Norwegische<br />
Königin Sonja zu Besuch und wanderte nach Stø, dem<br />
nächsten kleinen Ort im Nor<strong>den</strong>. Sie war sehr begeistert.<br />
Dabei «kümmern» sich um die Wege eigentlich nur die<br />
umherziehen<strong>den</strong> Schafe. Doch die haben ihren Job gut<br />
gemacht. Schon eine Stunde später verstehen wir, warum<br />
Sonja so begeistert war: Auf einem schmalen Grat steigen<br />
wir im Rücken von Nyksund steil in die Berge. Zu zwei<br />
Seiten sehen wir das Meer durch Dunst und her<strong>auf</strong>ziehen<strong>den</strong><br />
Nebel, unter uns breiten sich in Senken ein halbes<br />
Dutzend Seen aus, liegen trotz des grauen Himmels<br />
leuchtend im satten Grün. Bald dar<strong>auf</strong> klebt der Trail an<br />
einem Steilhang (zum Glück sind wir schwindelfrei),<br />
dann erreichen wir ein Hochplateau, das man beim Anblick<br />
der steilen Hänge nicht erwartet hätte. Die plötzliche<br />
Ebene entlastet die Muskeln, was uns angesichts der<br />
schweren Last der Rucksäcke besonders freut. Normalerweise<br />
kann man <strong>den</strong> 15 Kilo meter langen Rundweg gut<br />
an einem Tag bewältigen. Doch für unser kleines Projekt,<br />
die schönsten Wanderungen der <strong>Lofoten</strong> und Vesterålen<br />
<strong>auf</strong>zuspüren, haben wir uns vorgenommen, die Touren<br />
möglichst mit einer Übernachtung auszudehnen. Wir<br />
wollen ganz allein sein an <strong>den</strong> schönsten Flecken, über<br />
Nacht bleiben und sehen, wie die Sonne nicht untergeht.<br />
Wirklich verl<strong>auf</strong>en kann<br />
man sich kaum. Aber ein GPS-<br />
Gerät hilft bei der Standortbestimmung<br />
<strong>auf</strong> <strong>den</strong> oft gänzlich<br />
unmarkierten Wegen.<br />
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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong><br />
Ein für uns seltener Anblick <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Vesterålen: Die Sonne leuchtet gol<strong>den</strong>, bevor sie im Meer versinkt.<br />
Wir wollen vom Zelt aus Streifzüge durch die Umgebung<br />
unternehmen, dabei vielleicht Beeren sammeln,<br />
um dann, beim Frühstück, das «Müsli» damit zu versüssen.<br />
Durch <strong>den</strong> inzwischen verdichteten Nebel hören<br />
wir Schafe blöken, dann und wann tauchen Konturen<br />
der Landschaft <strong>auf</strong>, die uns umgibt: das Meer im Nor<strong>den</strong><br />
und Südwesten, neue Seen, links unter uns am Fuss eines<br />
steil abfallen<strong>den</strong> Berghangs und voraus, gegen Sü<strong>den</strong><br />
eine Reihe spitzer Felszähne, aus <strong>den</strong>en einer etwas vorwitzig<br />
und angeberisch hervorragt. Es ist der 671 Meter<br />
hohe Klotin<strong>den</strong>. Vorbei am weicheren Gipfel des Sörkulen<br />
(517 m ü. M.) schwenkt der Weg bald nordwärts ab<br />
und führt gerade <strong>auf</strong> Stø zu. Wir sind von der Landschaft<br />
fasziniert, insbesondere vom Kampf zwischen Sonne<br />
und Wolken draussen über dem Ozean, die dabei einen<br />
Flickenteppich aus Licht übers Wasser werfen.<br />
Die Wolken gewinnen <strong>den</strong> Kampf<br />
Es scheint, als hätten die Wolken <strong>den</strong> Kampf für eine<br />
längere Zeit gewonnen. Eine Woche später glauben wir<br />
kaum mehr daran, die Sonne dauerhaft zu sehen. Wir<br />
haben Pech mit dem Wetter hier oben. Vor elf Jahren waren<br />
wir zum ersten Mal <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong>, da regnete es an<br />
acht von zehn Tagen. Acht Jahre später wagten wir uns<br />
wieder <strong>auf</strong> die Inseln und hatten absolutes Glück: 90 Prozent<br />
Sonnenschein. Drei Jahre später, vor dem Start zu<br />
dieser Reise, war das «Wetterkonto» also ziemlich ausgeglichen.<br />
Inzwischen stehen wir tief im Minus.<br />
Weiter im Sü<strong>den</strong> der Vesterålen, <strong>auf</strong> einer Wanderung bei<br />
Straume, war es uns ähnlich ergangen: nur zwei Stun<strong>den</strong><br />
vor dem Einschlafen, am Zeltplatz in einer stillen Bucht,<br />
gab es Mitternachtssonnenlicht, das alles Grün mit einem<br />
gol<strong>den</strong>en Schimmer überzog und dann <strong>den</strong> Himmel<br />
in Feuer verwandelte. Am nächsten Morgen: grau so weit<br />
das Auge reicht, dazu Wind und Wellen. Einerseits frustriert<br />
das, andererseits kann man auch versuchen, sich<br />
dar<strong>auf</strong> einzulassen. Dann kann es passieren, dass man<br />
ganz plötzlich feststellt, wie sehr das Wetter mitunter<br />
zur Landschaft passt. Sie ist wild und unbezwungen<br />
und wird es immer bleiben. Die Inseln liegen wie ein<br />
Bollwerk vor der norwegischen Küste. Vom südlichsten<br />
Punkt der <strong>Lofoten</strong> zum nördlichsten der Vesterålen sind<br />
es 215 Kilometer. Dabei sind es <strong>auf</strong> mancher Insel von<br />
einer Küste zur anderen nur ein paar hundert Meter.<br />
Die Wege, die wir ausgewählt haben, sind lediglich rot<br />
gestrichelte Linien <strong>auf</strong> unserer Landkarte, über die es<br />
selten so viele Informationen gibt, wie beim Königinnenweg.<br />
Wir lassen uns von unserem Gespür und <strong>den</strong> topographischen<br />
Daten <strong>auf</strong> dem Papier leiten. Der Weg bei<br />
Straume hat nicht einmal einen Namen. Seinen Anfang<br />
am Ende einer namenlosen Schotterpiste fin<strong>den</strong> wir erst<br />
im dritten Anl<strong>auf</strong>. Und doch entspricht er voll und ganz<br />
unseren Erwartungen: einsam, wild und landschaftlich<br />
sehr reizvoll mit einer Wegführung, bei der scheinbar<br />
wieder mal die Schafe federführend waren. Er beginnt<br />
entspannt über Wiesen, führt an einen schneeweissen<br />
Strand, verschwindet in einem Feld riesengrosser Felsblöcke<br />
und klebt dann, kaum fussbreit, hoch über dem<br />
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so abriebsfest ist wie andere 2-Lagen Laminate, weswegen diese auch einen separaten<br />
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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong><br />
<strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong> HAUTNAH<br />
Kunst am Bau: Graffito des<br />
Künstler Pøbel an einer Holzfassade<br />
<strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong>.<br />
Entschädigung für das wilde Wetter: aussergewöhnliche Lichtstimmungen vor bedrohlichen Wolkenwän<strong>den</strong>.<br />
grauen Meer an einem grünen, steilen Hang. «Irgendwie<br />
hätte Sonnenschein heute auch gar nicht gepasst», rufe<br />
ich Katrin zu, die sich vor mir durchs Gestrüpp und dicht<br />
gewachsenes Unterholz kämpft.<br />
Nur eine Strasse<br />
zwischen Berg und Meer<br />
Wenn wir nicht zu Fuss unterwegs sind, fahren wir im<br />
Auto über die Inseln, versuchen möglichst unbefahrene<br />
Strassen zu nehmen, wobei das mitunter schwer ist, weil<br />
zwischen Meer und Berge nicht viel mehr passt als eine<br />
Strasse. Im Nor<strong>den</strong> der Vesterålen ist das für eine Weile<br />
anders. Das Land liegt platt und weit da, wie man es nie<br />
vermutet hätte, doch schnell gibt es auch wieder steile<br />
Wände, an <strong>den</strong>en sich die Wolken <strong>auf</strong>reiben. Nur in An<strong>den</strong>es,<br />
am nördlichsten Ort der Versterålen, bekommen<br />
wir für drei Stun<strong>den</strong> Sonne. Warum, wieso, woher? Das<br />
bleibt genauso ungeklärt, wie die Tatsache, dass wir wenig<br />
später schon wieder durch satten Nebel schleichen.<br />
Auf <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong> machen wir uns im gleichen Wetter <strong>auf</strong><br />
die Suche nach etwas ganz besonderem: Street Art. Der<br />
norwegische Künstler Pøbel hat alte Häuser und Schuppen<br />
<strong>auf</strong> <strong>den</strong> Inseln mit wundersamen Graffiti verziert.<br />
Es gibt keinen Lageplan und kaum jemand, <strong>den</strong> wir fragen,<br />
kennt alle Kunstwerke <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Inseln. Die bei<strong>den</strong><br />
bekanntesten prangen bei Borg direkt an der Hauptver<br />
kehrsader der <strong>Lofoten</strong> <strong>auf</strong> einem verlassenen Holzhaus.<br />
Dar<strong>auf</strong> zu sehen: ein kleines Mädchen, das einen gigantischen<br />
Fliegenpilz pflückt, und ein gealterter Batman,<br />
der im Rollstuhl sitzt. Nach <strong>auf</strong>wändiger Suche stossen<br />
wir <strong>auf</strong> weitere Graffiti. Sie strahlen eine wundersame<br />
Stimmung aus und berühren mich weit tiefer, als mich<br />
Kunst in Museen bisher erreichen konnte.<br />
Nur noch der Atlantik – sonst nichts<br />
Dann parken wir <strong>den</strong> Wagen <strong>auf</strong> der Insel Moskenesøya<br />
am Strassenrand und machen uns <strong>auf</strong> nach Kvalvika.<br />
Die «Walbucht» ist eine der schönsten der <strong>Lofoten</strong>, das<br />
hatten wir schon damals gelesen und mit unseren eigenen<br />
Augen gesehen. Je<strong>den</strong> Tag erinnern uns daran zwei<br />
bunte, in unserem Garten hängende Bojen aus dem sich<br />
ewig erneuern<strong>den</strong> Treibgut von Kvalvika. Immer wollten<br />
wir zurückkehren und noch eine Nacht am Strand<br />
verbringen, im Blick die gigantischen Felswände des<br />
Ryten und des Fuglhuken, die Kvalvika im Nor<strong>den</strong> einfassen<br />
und mehr als 550 Meter aus dem Meer ragen. In<br />
der Bucht schimmert das Wasser grün und die Wellen<br />
l<strong>auf</strong>en schäumend <strong>auf</strong> annähernd weissem Sand aus in<br />
diesem kleinen Paradies. Über einen Weg, der gut drei<br />
Stun<strong>den</strong> lang durch die <strong>Lofoten</strong>-typische Natur von Wiesen<br />
und Birkenwäldern, Bächen, Tümpeln, Hügeln und<br />
dahin gewürfelten Steinblöcken führt, wandern wir am<br />
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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong><br />
<strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong> HAUTNAH<br />
Daune und Primaloft gehören<br />
im Nor<strong>den</strong> Norwegens<br />
auch im Sommer in <strong>den</strong> Rucksack.<br />
Die wahrscheinlich schönste<br />
Bucht der <strong>Lofoten</strong>: Kvalvika.<br />
Abend hinaus an die Westseite der <strong>Lofoten</strong>. Dort gibt es<br />
nur noch <strong>den</strong> Atlantik – sonst nichts. Wieder sind unsere<br />
Rucksäcke schwer, wieder wollen wir übernachten, wo<br />
die meisten nur kurz innehalten, bevor sie in die Zivilisation<br />
zurückkehren. Ein Pass, vielleicht 100 Meter über<br />
dem Meer, bildet <strong>den</strong> höchsten Punkt des Weges. Als wir<br />
ihn erreichen, sind wir still. Jeder von uns hat noch das<br />
Bild von damals vor Augen, als wir hinabwanderten und<br />
Kvalvika in einer Mischung aus Nebel und gleissendem<br />
Licht dort lag und sich plötzlich ein doppelter Regenbogen<br />
formte und alles krönte.<br />
Heute ist es weniger spektakulär. Oder besser: anders<br />
spektakulär. Denn was da vor uns liegt, wird immer<br />
spektakulär sein. Die Sonne hat sich bereits zurückgezogen,<br />
wirft letzte Strahlen <strong>auf</strong> die Steilwände, an deren<br />
Spitzen sich Wolken reiben. Den letzten Wanderern<br />
sind wir schon vor einer Stunde begegnet, wir haben die<br />
Bucht für uns und können unser Zelt <strong>auf</strong>schlagen, wo es<br />
uns gefällt. Adler, Möwen, Seeschwalben, Austernfischer<br />
und auch Schafe kümmert das nicht.<br />
«Zwei Familien haben einst in Kvalvika gewohnt», erzählt<br />
uns ein Freund, der <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong> geboren ist und<br />
diesen Ort liebt, wie wir. «Sie hatten <strong>den</strong> Zweiten Weltkrieg<br />
und die Deutschen überstan<strong>den</strong> und lebten von<br />
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HAUTNAH <strong>Trekking</strong> <strong>Lofoten</strong><br />
Tipps und Informationen<br />
Beim <strong>outdoor</strong> <strong>guide</strong> kann ein ausführliches Infoblatt<br />
zum Reisen und Wandern <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong> und Vesterålen<br />
mit vielen nützlichen Tipps bezogen wer<strong>den</strong>.<br />
Anfragen per Post mit frankiertem Antwortcouvert an:<br />
<strong>outdoor</strong> <strong>guide</strong>, Fleubenstrasse 6, 9450 Altstätten.<br />
Via Website: www.<strong>outdoor</strong>-<strong>guide</strong>.ch<br />
Per E-Mail: redaktion@<strong>outdoor</strong>-<strong>guide</strong>.ch<br />
einer Hand voll Schafen und dem, was sie selbst anbauten.<br />
Eines Tages wurde eine Seemine an <strong>den</strong> Strand geschwemmt<br />
und detonierte. Sie tötete einen Mann und ein<br />
Mädchen.» Seitdem wohnt niemand mehr in Kvalvika.<br />
In Reine eine Rechnung offen<br />
Mit einem Abstecher nach Skrova, eine <strong>den</strong> <strong>Lofoten</strong> östlich<br />
vorgelagerte Insel, <strong>auf</strong> der es noch so eine rot gestrichelte<br />
Linie und nur wenig Menschen gibt (dafür Adler,<br />
Strände, Beeren und einen grandiosen Blick <strong>auf</strong> die gesamte<br />
<strong>Lofoten</strong>kette), gelangen wir am Schluss unserer<br />
Reise an das südliche Ende des Archipels: Reine. Nur der<br />
Ort Å liegt noch weiter südlich, dahinter irgendwann die<br />
Inseln Mosken, Værøya und Røst. Wir haben in Reine<br />
noch eine Rechnung offen. Mit dem Reinebringen, dem<br />
Hausberg. Nie hatten wir uns an seine steile Flanke gewagt,<br />
<strong>auf</strong> bei<strong>den</strong> Reisen hatte uns das Wetter einen Aufstieg<br />
unmöglich gemacht, beziehungsweise eine plausible<br />
Ausrede geliefert. Diesmal haben wir uns geschworen,<br />
<strong>den</strong> Gipfel zu erreichen, von dem man einen grandiosen<br />
Blick <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Ort und die Buchten und Berge der Umgebung<br />
haben soll. «Wir könnten ja noch einen Tag warten»,<br />
schlage ich Katrin vor, als wir im Hafen von Reine<br />
im Auto sitzen und <strong>den</strong> Wolken zusehen, die sich an <strong>den</strong><br />
grünen Graten über uns ihre dicken Bäuche <strong>auf</strong>reissen.<br />
«Erstens ist es morgen garantiert nicht besser und<br />
zweitens ist da schon das erste blaue Loch im Himmel,<br />
schau», antwortet sie mir. Es ist winzig. Doch da ich mir<br />
sicher bin, dass wir belohnt wer<strong>den</strong>, wenn wir uns nur<br />
an <strong>den</strong> beschwerlichen Anstieg wagen (500 Meter horizontal,<br />
448 Meter vertikal), willige ich ein. Ich träume<br />
von einer Nacht dort oben, im Schlafsack <strong>auf</strong> einer kleinen<br />
Terrasse am Hang. Daraus wird nichts, das wird mir<br />
schon beim Anstieg klar, als wir durch Birkengestrüpp<br />
und über Felsplatten, Wurzeln, Schlammfelder und<br />
dann eine steile Rinne aus Matsch, Steinen, Rinnsalen<br />
beinahe senkrecht dem Himmel entgegen steigen. Hinter<br />
uns liegt das Sü<strong>den</strong>de der Insel Moskenesøya und dann<br />
das offene Meer. Bedrohlich tiefblau leuchten Himmel<br />
wie Wasser von dort herüber und in Schlieren peitscht<br />
Schauer um Schauer <strong>auf</strong>s Meer.<br />
Die Regengüsse nähern sich, doch wir steigen<br />
weiter. Schlammverschmiert und gespannt legen wir die<br />
letzten Meter zum Grat unterhalb des Gipfels zurück.<br />
Dann ist er da, der Blick, <strong>auf</strong> <strong>den</strong> wir so lange hingefiebert<br />
haben: Unter uns liegt Reine, seine bunten Häuser<br />
gedrängt <strong>auf</strong> das bisschen Land zwischen Meer und Bergen<br />
und dem grossen Kjerkfjord, der hinüber reicht, bis<br />
fast an die Westküste der Insel. Und überall diese steilen<br />
Felswände, das Rückgrat der <strong>Lofoten</strong>, das sich dunkelgrau<br />
und düster unter <strong>den</strong> Wolken in Richtung Nor<strong>den</strong><br />
schiebt. Vorbei an all <strong>den</strong> unscheinbar in der grandiosen<br />
Landschaft liegen<strong>den</strong> Wegen, die sogar Königinnen zum<br />
Staunen bringen können, jeder einzelne von ihnen. Und<br />
dorthin, wo die Vesterålen liegen, und der winzige Ort<br />
Nyksund, wo diese Geschichte begann. <br />
✸<br />
Text und Fotos<br />
Lars Schneider<br />
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pics ©: hansiheckmair.com<br />
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