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PRAXISWISSEN<br />
Leitfaden zur Behandlung<br />
von Dekubitalulcera<br />
J. Ellermann<br />
PAUL HARTMANN AG, Heidenheim<br />
Die Notwendigkeit zur Behandlung<br />
von Druckulcerationen ergibt sich in<br />
allen medizinisch-pflegerischen Bereichen:<br />
in der Klinik, in institutionellen<br />
Alten- und Pflegeheimen ebenso wie in<br />
der ambulanten, häuslichen Pflege.<br />
Durch die spezifischen Gegebenheiten<br />
der einzelnen Bereiche sind hierbei<br />
zwangsläufig Modifikationen bei der<br />
Durchführung der Behandlung vorprogrammiert.<br />
Man sollte sich jedoch der<br />
Tatsache bewußt sein, daß die „klassischen“<br />
Therapieprinzipien für alle Bereiche<br />
uneingeschränkt Gültigkeit haben.<br />
Ein Dekubitus ist zu Hause oder<br />
im Pflegeheim genauso zu versorgen<br />
wie ein Dekubitus in der Klinik.<br />
Die Ausheilung eines Dekubitus<br />
zieht sich nicht selten über Monate hin<br />
und erfordert so, neben dem Fachwissen<br />
zur Wundbehandlung, vom Behandelnden<br />
vor allem Konsequenz und<br />
Geduld. Berücksichtigt man dabei die<br />
vielen frustrierenden Erlebnisse, die im<br />
allgemeinen mit der Dekubitusbehandlung<br />
verbunden sind, ist es nur allzu<br />
verständlich, warum hier Polypragmasie<br />
so weit verbreitet ist. Die allerdings<br />
schadet meist mehr als sie nützt.<br />
Dieser kurze Leitfaden soll deshalb<br />
einen Überblick über den derzeitigen<br />
Standard bei der Behandlung von<br />
Druckulcera geben und mit seinen<br />
praktischen Empfehlungen dazu beitragen,<br />
die konsequente Durchführung<br />
der Behandlung zu erleichtern.<br />
DEKUBITUSENTSTEHUNG UND<br />
DEKUBITUSLOKALISATION<br />
Ein Dekubitus ist definiert als Schädigung<br />
der Haut infolge anhaltender<br />
örtlicher Druckeinwirkung. Der Druck<br />
komprimiert die blutführenden Kapillaren,<br />
so daß das betroffene Hautareal<br />
nicht mehr ausreichend durchblutet<br />
und mit Sauerstoff versorgt werden<br />
kann. Die Minderdurchblutung führt zu<br />
einer Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte<br />
im Gewebe mit nachfolgender<br />
Erhöhung der Kapillarpermeabilität,<br />
Gefäßerweiterung, Ödem und<br />
zellulärer Infiltration.<br />
Diese Entzündungsreaktionen lösen<br />
im Anfangsstadium eine Hyperämie mit<br />
steigendem Kapillardruck aus, weshalb<br />
zu diesem Zeitpunkt die toxischen<br />
Stoffwechselprodukte noch abtransportiert<br />
werden und sich die Hautzellen<br />
regenerieren können – vorausgesetzt,<br />
daß das komprimierte Gebiet vollständig<br />
druckentlastet wird. Bleibt die<br />
Druckeinwirkung jedoch bestehen,<br />
kommt es durch die sich verstärkende<br />
Hypoxie zum irreversiblen Absterben<br />
der Hautzellen mit Nekrosenbildung.<br />
Während nun beispielsweise Hirnzellen<br />
bereits nach wenigen Minuten<br />
Sauerstoffmangel absterben, liegt die<br />
Hypoxietoleranz von Hautzellen bei<br />
etwa zwei Stunden. Allerdings unterliegt<br />
auch dieser Toleranzbereich starken<br />
patientenindividuellen Schwankungen.<br />
Er wird kausal von der Höhe und<br />
Dauer der Druckeinwirkung sowie von<br />
eventuell vorliegenden Grund- und Begleiterkrankungen<br />
beeinflußt, die mit<br />
akuten oder chronischen hypoxischen<br />
Zuständen der Hautzellen einhergehen.<br />
Diese Zusammenhänge sind insbesondere<br />
bei der Einschätzung des<br />
Dekubitusrisikos und der Planung der<br />
Prophylaxe zu berücksichtigen.<br />
Obwohl sich Dekubitalulcera grundsätzlich<br />
an jeder Körperstelle entwicklen<br />
können, treten sie zumeist über<br />
Knochenvorsprüngen auf, die wenig<br />
durch Unterhautfettgewebe abgepolstert<br />
sind. Als klassische Lokalisationen<br />
gelten der Sakralbereich, die Fersen,<br />
die Sitzbeine, der große Rollhügel<br />
sowie die seitlichen Knöchel.<br />
Neben der senkrechten Druckeinwirkung<br />
auf ein Hautareal kann sich eine<br />
Gefährdung auch durch Scherkräfte ergeben.<br />
Diese verursachen eine Verschiebung<br />
der Hautschichten untereinander,<br />
wodurch ebenfalls Blutgefäße<br />
eingeengt und komprimiert werden.<br />
Scherkräfte treten vor allem in der Gesäßregion<br />
auf, beispielsweise dann,<br />
wenn der Patient in eine neue Position<br />
gezogen anstatt gehoben wird oder<br />
beim Sitzen durch eine unzureichende<br />
Abstützung der Füße „rutscht“.<br />
EINTEILUNG IN SCHWEREGRADE<br />
Nach dem Ausmaß der festgestellten<br />
Gewebeschädigung werden Dekubitalulcera<br />
in vier Schweregrade eingeteilt:<br />
24 HARTMANN WundForum 4/95