Physische Geographie - Pearson Schweiz AG
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19 Glaziale Umbildung des Terrains<br />
Der Periglazialraum<br />
19.8<br />
Mehr als 20 Prozent der heutigen Landfläche der Erde<br />
sind als periglaziales Gebiet einzustufen (Gr. peri, um<br />
... herum + Lat. glacies, Eis). Der größte Teil davon<br />
war im Verlauf der Epoche des Pleistozäns (–1,8 bis<br />
–0,01 Millionen Jahre) einmal oder mehrfach von Eis<br />
bedeckt.<br />
Periglaziale Landschaften finden sich entweder in<br />
hohen geographischen Breiten oder in Höhenlagen der<br />
Gebirge. Fast alle befinden sich auf der Nordhalbkugel<br />
der Erde, weil sich auf der Südhalbkugel die Kontinente<br />
entweder nicht weit genug in die hohen südlichen<br />
Breiten erstrecken, um in signifikantem Ausmaß<br />
von der rezenten Vergletscherung betroffen zu sein,<br />
oder größtenteils von Eis bedeckt sind (Antarktis).<br />
In den periglazialen Gebieten wirken nichtglaziale,<br />
landschaftsbildende Prozesse. Ein charakteristisches<br />
Element der Periglazialräume tritt in Verbindung mit<br />
den sehr niedrigen Temperaturen auf – die Bildung<br />
von Permafrostboden (siehe dazu Kapitel 9). Dauerhafter<br />
oder nichtdauerhafter Permafrostboden tritt im<br />
größten Teil Alaskas sowie der Hälfte des Gebietes Kanadas<br />
und Russlands (Sibiriens) auf. Es gibt außerdem<br />
ausgedehnte Hochlandareale mit Permafrostbedingungen<br />
in Asien, Skandinavien und im Westen der USA.<br />
In einigen Fällen erstreckt sich der gefrorene Boden<br />
bis in außerordentliche Tiefen: Im kanadischen Nord-<br />
westterritorium ist er bis in eine Tiefe von 1.000 m<br />
nachgewiesen worden, in Nordmittelsibirien gar bis in<br />
1.500 m Tiefe.<br />
Das spezifischste und auffälligste periglaziale Terrain<br />
ist Frostmusterboden – ein allgemeiner Begriff,<br />
der sich auf verschiedenartige geometrische Muster<br />
bezieht, die in der Arktis über große Flächen wiederholt<br />
in Erscheinung treten (►Abbildung 19.45). Die<br />
Muster sind variabel, und ihre Herausbildung geht auf<br />
die Einwirkung von Frost auf das Erdreich zurück. Die<br />
Hauptbedeutung des Frostmusterbodens besteht darin,<br />
dass er uns die Mobilität der periglazialen Oberflächen<br />
vor Augen führt und dabei die Bedeutung des<br />
Eises im Boden für die Hervorbringung geomorphologischer<br />
Aktivitäten, die in wärmeren Gebieten der<br />
Erde größtenteils unbekannt sind, verdeutlicht.<br />
Eine weitere, manchmal auffällige Entwicklung in<br />
Periglazialräumen sind Eisrandseen ( proglaziale Seen<br />
Lat. pro, anstelle von, vor, für + glacies, Eis; hier in der<br />
Bedeutung von: „am Rande des“ oder „vor dem“ Eis/-<br />
es gelegen). Dort, wo Eis über eine Landoberfläche<br />
fließt, wird der natürliche Abfluss entweder behindert<br />
oder völlig blockiert, und aus dem Eis austretendes<br />
Schmelzwasser kann sich vor der Kante des Eises anstauen<br />
und einen proglazialen See (Eisrandsee) bilden.<br />
Ein solches Ereignis kann bei der alpinen Vergletscherung<br />
eintreten, ist aber viel häufiger an den Rändern<br />
kontinentaler Eisdecken zu beobachten – insbesondere<br />
dann, wenn das Eis zum Stehen gekommen ist.<br />
RUSSLAND<br />
BERINGSEE<br />
Alaska<br />
Prudhoe<br />
Bay<br />
PAZIFIK<br />
KANADA<br />
Abbildung 19.45: Ein polygonales Muster in der Erdoberfläche in der Nähe der Prudhoe Bay in Alaska (USA). (© P. Dunwiddle/Visuals Unlimited)<br />
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