Ev. Kirchengemeinde Roth - Gemeindebrief Febr. - April 2014
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Biblische Besinnung<br />
Der Weg der Gerechtigkeit<br />
"Es ströme aber das Recht wie Wasser und die<br />
Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach": So<br />
sagt es der Prophet Amos im Namen dieses<br />
gemeinschaftstreuen Gottes (Amos 5,24).<br />
Eines der großen Themen unserer Zeit ist die<br />
Frage nach der Gerechtigkeit. Wenn es um<br />
Spitzengehälter geht oder um sonstige große<br />
Unterschiede in der Verteilung der Lebensgüter,<br />
taucht diese Frage auf. Sie stellt sich aber auch in<br />
anderen Lebenszusammenhängen, wenn etwa<br />
die einen reichlich Anerkennung und Wertschätzung<br />
für ihr Tun erfahren - und anderen das<br />
versagt bleibt.<br />
In der Bibel wird von Gott gesagt, dass er<br />
"gerecht" sei. Zu leicht schleicht sich dabei die<br />
Vorstellung eines göttlichen Bilanzbuchhalters<br />
ein, der sich allem Anschein nach gelegentlich<br />
auch verrechnet. Aber der biblische Gerechtigkeitsbegriff<br />
ist ein anderer. Da geht es nicht um<br />
Bilanzen oder Paragraphen. Am besten gibt man<br />
das biblische Wort für "Gerechtigkeit" mit<br />
"Gemeinschaftstreue" wieder. Gott ist "gerecht",<br />
weil er uns Menschen die Treue hält. Er ist<br />
"gerecht", indem er auf die Erniedrigten und<br />
Gedemütigten schaut, ihnen also ganz wörtlich<br />
ein "Ansehen" gibt. Und er wird "zornig", wenn<br />
er unter uns Menschen die Gemeinschaftstreue<br />
beschädigt sieht. Das ist dann kein willkürlicher<br />
Jähzorn, sondern gleichsam ein heiliger Zorn.<br />
Im Gefolge der biblischen Botschaft ist es uns<br />
Christen aufgetragen, für Recht und Gerechtigkeit<br />
einzutreten. Wichtiger Grundsatz ist dabei,<br />
dass aus der von Gott gewiesenen Gemeinschaftstreue<br />
niemand ausgeschlossen bleibt. Das<br />
zeigt sich daran, wie eine Gesellschaft mit den<br />
Schwächsten ihrer Glieder umgeht. Und es zeigt<br />
sich auch in unserer Kirche daran, worauf wir<br />
unseren Blick richten und wofür wir ein Herz<br />
haben.<br />
Der Vollzug der Gerechtigkeit im biblischen<br />
Sinn ist ein Weg, der aus vielen kleinen Schritten<br />
und Zeichen besteht. Er taugt in der Regel nicht<br />
für die große Reklame und Zur-Schau-Stellung.<br />
Diese Erfahrung kann man auch bei Menschen<br />
unserer Gemeinde machen: Die wissen oft gar<br />
nicht, dass sie den Weg der Gerechtigkeit gehen<br />
(zumindest verlieren sie darüber keine großen<br />
Worte). Aber sie gehen diesen Weg auf ihre<br />
eigene Weise - gewiss in aller Unvollkommenheit,<br />
aber beharrlich. Es lohnt sich, genau<br />
hinzuschauen.<br />
Pfr. Dr. Karl Eberlein