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ALEK KAWKA – Natura Obscura

2014

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heben sie sie auf <strong>–</strong> den Weg zu ihr damit verstellend.<br />

Die ›Barthsche Nabelschnur‹ vom Bild zum<br />

Ursprünglichen ist durchtrennt. Das Bild hat sich<br />

abgenabelt, verselbstständigt.<br />

Die Kawkaschen Nebellandschaften zitieren<br />

nicht nur selbstbewusst Caspar David Friedrichs<br />

Gebirsglandschaften und reflektieren das Paradigma<br />

romantischer Erhabenheitsmalerei und<br />

damit die Apotheose des souveränen Subjekts,<br />

das sich gegenüber der übermächtigen Natur seiner<br />

Freiheit gewahr wird <strong>–</strong> sie überblenden sie.<br />

Die Ablichtung präparierter Tiere und Pflanzen,<br />

die an die objektivierenden kühlen wissenschaftlichen<br />

Bilder aus Naturkundefibeln erinnern,<br />

kommentieren überdies eben jene Hypostasierung<br />

des Subjekts, das die Natur zum Naturobjekt<br />

degradiert. Hier steht das Subjekt nicht<br />

mehr der gewaltigen, erhabenen Natur respektvoll<br />

(wenn auch überlegen) gegenüber, hier hat<br />

es selbst Hand angelegt, seine Unschuld verloren.<br />

Das Verfahren belegt es: Es wird seziert, ausgeschnitten,<br />

fragmentiert, zerlegt, geklebt, präpariert.<br />

Das Objekt ist Ergebnis manueller Intervention<br />

und Manipulation <strong>–</strong> und das Foto somit<br />

eben nicht physikalischer Abdruck, technisches<br />

Abbild, in dem das Abgebildete als unberührtes<br />

seine "magische" Präsenz findet.<br />

Die minimalistische Konzentration auf das Objekt<br />

verdichtet es zum Konzentrat. Das Individuelle,<br />

Singuläre kippt in das Exemplarische um. So<br />

zehrt das fotografische Bild die Logik ikonographischer<br />

und indexikalischer Referenz dissoziierend<br />

hervor, und entlarvt sie als pure Anmaßung.<br />

Besonders deutlich wird das im fotografischen<br />

Stillleben, das Malerei und Film in wechselvolle<br />

Spannung bringt. Die Bedeutungsschwere des<br />

barocken memento mori, das an die Endlichkeit<br />

der Zeit gemahnt und Trost nur in der Bezogenheit<br />

auf die jenseitige Ewigkeit findet, wird<br />

invertiert, indem das fotografische Stillleben die<br />

Objekte gleichsam in die eigene Absolutheit des<br />

fotografischen Zeit - / Raums holt. Gebrochen<br />

wird dies durch die ebenso starke Assoziation<br />

des Filmstills, das zufällig festgehaltene Einzelbild,<br />

das seine Notwendigkeit nur als funktionaler<br />

Durchgangspunkt im Plural bewegter Bilder<br />

findet. Das ›Jetzt‹ des Einzelbildes ist flüchtig, als<br />

Moment bedeutungslos, stets fortgerissen in das<br />

Geflecht von ›Vor‹ - und ›Nach‹ - Bild. Als stillgestelltes<br />

Bild folgt es der gleichen Dramaturgie des<br />

"fruchtbaren Augenblicks", von der die Dynamik<br />

der Skulptur lebt.<br />

Plastisch wirken die Bilder aber nicht nur durch<br />

ihre eigentümliche Zeitlichkeit, ihr ›Jetzt‹, das<br />

keinen Halt findet, sondern auch durch ihren<br />

Eigenraum, der im Leeren <strong>–</strong> bei Kawka oft im<br />

Dunkeln <strong>–</strong> gleichsam in der Luft hängt und darauf<br />

wartet von Licht getränkt und gekrümmt zu<br />

werden.

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