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Die PISA-Studie hat – bezogen auf das Lesen …

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<strong>Die</strong> <strong>PISA</strong>-<strong>Studie</strong> <strong>hat</strong> <strong>–</strong> <strong>bezogen</strong> <strong>auf</strong> <strong>das</strong> <strong>Lesen</strong> <strong>…</strong><br />

<strong>…</strong> dazu beigetragen, die besondere Bedeutung der Leseförderung<br />

in den Mittelpunkt der Forschung zu rücken.<br />

<strong>…</strong> die Rolle der Lesekompetenz als wichtigste<br />

Schlüsselqualifikation deutlich gemacht <strong>–</strong> auch vor dem<br />

Hintergrund der Neuen Medien.<br />

<strong>…</strong> die Bedeutung der Lesekompetenz durch den engen<br />

Zusammenhang mit der mathematischen und<br />

naturwissenschaftlichen Grundbildung hervorgehoben.<br />

<strong>…</strong> festgestellt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Ausmaß der Lese-Rechtschreib-<br />

Kompetenz weitgehend den Schulerfolg von Kindern bestimmt.<br />

<strong>…</strong> als provozierendes Ergebnis ermittelt, <strong>das</strong>s es einen<br />

Zusammenhang zwischen Leseleitungen und familiären<br />

Lebensverhältnissen gibt und führt zur Frage nach sozialen<br />

Bedingungskontexten des Erwerbs von Lesekompetenz.<br />

<strong>…</strong> <strong>hat</strong> den Lesekompetenz-Begriffs erweitert: „Lesekompetenz ist<br />

(<strong>…</strong>) als Fähigkeit anzusehen, schriftliche Dokumente zu<br />

verstehen, in denen sowohl verbale Informationen in Form von<br />

Schriftzeichen (graphemisch) als auch piktorale Informationen in<br />

Form von Bildzeichen (graphisch) enthalten sind. Lesekompetenz<br />

entspricht also der Fähigkeit zum Verstehen von multiplen<br />

Darstellungen in schriftlichen Dokumenten, die Texte, Bilder,<br />

Diagramme, Tabellen oder andere Arten externer<br />

Repräsentationen enthalten können.“<br />

<strong>…</strong> gezeigt, <strong>das</strong>s fast ein Viertel der 15-jährigen nicht die definierte<br />

Kompetenzstufe 2 erreicht <strong>hat</strong>, <strong>das</strong>s die Leseleistung von Jungen<br />

schwächer ist als die der als Mädchen, <strong>das</strong>s Schüler mit<br />

Migrationshintergrund schwächer lesen als Schüler ohne<br />

Benachteiligungen, sowie, <strong>das</strong>s diese Relation in kaum einem<br />

anderen Land stärker ausgeprägt als in Deutschland


mögliche Ursachen von Leistungsunterschieden zwischen<br />

schwachen und guten Lesern:<br />

- defizitäre Worterkennungsprozesse<br />

- gering dimensionierte Arbeitsgedächtniskapazität<br />

- geringes inhaltliches Vorwissen<br />

- niedrig ausgeprägte verbale Intelligenz<br />

- niedriges Niveau der phonologischen Bewusstheit<br />

- niedriges Niveau der sprachlichen Analysefähigkeit<br />

- Familienhintergrund mit ungünstigen wirtschaftlichen<br />

Verhältnissen<br />

- wenig lesespezifische Förderung in der Familie<br />

- erhöhter Fernsehkonsum (mit Einschränkungen!)<br />

- geringes <strong>auf</strong> <strong>Lesen</strong> <strong>bezogen</strong>es Selbstkonzept<br />

- unterdurchschnittliche Lesemotivation<br />

- eher geringes metakognitives Wissen<br />

- u.a.m.


Lesesozialisation / literarische Sozialisation<br />

Literarische Sozialisation =<br />

„(...) was im Überschneidungsbereich von Literatur- und<br />

Erziehungssystem geschieht“<br />

(Bettina Hurrelmann 1998)<br />

Kernfrage der Lesesozialisation / literarischen Sozialisation:<br />

Wie wird jemand zum Leser?<br />

Leseverhalten von Jugendlichen (ausgewählte Ergebnisse)<br />

1. <strong>Lesen</strong> als Freizeitbeschäftigung:<br />

<strong>Die</strong> Attraktivität des <strong>Lesen</strong>s nimmt nach<br />

1. der Grundschule sowie nach<br />

2. der Orientierungsstufe ab („Lesepubertät“).<br />

2. Medienverbund statt Medienkonkurrenz:<br />

Das Fernsehen <strong>hat</strong> die Buchlektüre nicht verdrängt,<br />

Fernsehen und <strong>Lesen</strong> schließen sich nicht gegenseitig aus.<br />

3. Geschlechtsspezifik:<br />

Mädchen lesen anders und anderes als Jungen.<br />

4. Buch und Schule:<br />

Das Buch ist immer noch Leitmedium in der Schule.<br />

Allerdings wird dadurch nicht durchgehend eine Beziehung<br />

zur Lesekultur (im Sinne literarischen <strong>Lesen</strong>s) erreicht.<br />

5. <strong>Die</strong> Entwicklung zum lesenden Menschen ist durch alle<br />

Sozialisationsagenturen positiv wie negativ beeinflussbar.


Sozialisationsbegriff<br />

bezeichnet die Entwicklung der Persönlichkeit <strong>auf</strong>grund ihrer<br />

Interaktion mit einer spezifischen materiellen und sozialen<br />

Umwelt. Durch sie wird ein Individuum zu einem vollwertigen<br />

Teil der Gesellschaft.<br />

primäre Sozialisation (Familie)<br />

• Rolle der Eltern (vorlesen, über <strong>Lesen</strong> und Literatur<br />

kommunizieren,<br />

• Rolle des Leseangebots (Bücher zu Hause, eigene Bücher<br />

verfügbar)<br />

• Aufgabenverschiebung: von der Familie zur Schule<br />

(B. Hurrelmann: Kompensationsthese)<br />

sekundäre Sozialisation (Kindergarten, Schule, peer-group)<br />

• Rolle der Schule (Lustlektüre?, Musslektüre?)<br />

• Rolle der LehrerInnen (Position des <strong>Lesen</strong>s im Unterricht?)<br />

• Rolle der peer-group<br />

• Leseförderung in der Schule<br />

- oft: Eventcharakter<br />

- oft: Verschieben von Zuständigkeit zwischen den<br />

Fächern<br />

- oft: wenig kontinuierliche Förderung<br />

- oft: Klassenlektüre (Notwendigkeit und Problem)<br />

tertiäre Sozialisation (Beruf)<br />

quartiäre Sozialisation (Medien)<br />

• Rolle der Medien (vgl. Serienlektüre, Mystery u.a.)<br />

• Veränderung der Rezeptionsgewohnheiten (z.B.<br />

Bildschirmlay-out bei VIVA u.a.)


Idealtypischer Verl<strong>auf</strong> einer Lesebiografie<br />

Quelle: Regine Ahrens-Draht / Christoph Bräuer / Irene Pieper / Heike Wirthwein (2005): Lesekompetenz im Kontexte <strong>–</strong><br />

Lesesozialisation und schulische Praxis. In: Literatur im Unterricht. 6.Jg. Heft 1. S.65ff.


Empirische Ergebnisse zur Lesesozialisation<br />

Quelle:<br />

Gattermaier, Klaus (2003): Literaturunterricht & Lesesozialisation. Eine empirische<br />

Untersuchung zum Lese- und Medienverhalten von Schülern und zur<br />

lesesozialisatorischen Wirkung ihrer Deutschlehrer. Regensburg (edition vulpes).<br />

Schüler-Gesamtsample<br />

(N=1699)<br />

Buchlesetypus<br />

[dreistufig]<br />

jeweilige Anteile in %<br />

Habituelle Buchleser<br />

Binnendifferenzierter Buchlesetypus<br />

[sechsstufig]<br />

Vielleser:<br />

sehr starke Bindung<br />

ans Medium Buch<br />

jeweilige Anteile in %<br />

Leser:<br />

starke Bindung ans<br />

Medium Buch<br />

24,8<br />

Gelegenheits-Buchleser<br />

40,5<br />

Wenig- bzw. Nicht-<br />

Buchleser<br />

34,7<br />

6,4<br />

Gelegenheitsleser:<br />

mit (noch) stärkerer<br />

Bindung ans Medium<br />

Buch<br />

22,1<br />

Wenigleser:<br />

schwache Bindung ans<br />

Medium Buch<br />

12,2<br />

18,4<br />

Gelegenheitsleser:<br />

mit (schon) schwächerer<br />

Bindung ans Medium<br />

Buch<br />

18,4<br />

Nichtleser:<br />

keine Bindung ans<br />

Medium Buch<br />

22,5


Das Leseverhalten von Kindern<br />

Was weiß man heute über die literarische<br />

(bzw. Lese-)Sozialisation in der Kindheit ?<br />

1. Wer als Kind keine intensive Phase der „Lesesucht“ durchlebt,<br />

entwickelt auch später keine stabilen Lesegewohnheiten.<br />

2. „Lesekindheit“ ist an Sozialform der bürgerlichen Kleinfamilie<br />

( ab 18. Jahrhundert) gebunden. Im 20. Jahrhundert ändern sich<br />

die Bedingungen durch „Medienkonkurrenz“.<br />

3. Erinnerungen an Lesesituationen aus der Kindheit sind oft<br />

intensiver als an den Inhalt des Gelesenen.<br />

4. Bedeutung des Vorlesens in der paraliterarischen Phase und<br />

weiterer familiärer Lesesozialisation ist zentral (Vorbildfunktion<br />

der Eltern).<br />

5. <strong>Die</strong> Familie büßt diese Rolle zunehmend ein. <strong>Die</strong> Schule muss<br />

<strong>das</strong> zu kompensieren versuchen.<br />

6. Lesekompetenz bleibt auch heute „Schlüssel zur<br />

Medienkultur“. Deshalb ist der Aufbau stabiler Lesemotivation<br />

wichtig.<br />

(vgl. H. Eggert/C. Garbe: Literarische Sozialisation. Stuttgart-Weimar 2/2003)


Literarische Sozialisation: Einige Grundbegriffe<br />

<br />

Lesefertigkeit: Beherrschung des Schriftsystems<br />

<br />

<br />

Lesekompetenz: Fähigkeit, größere Textmengen durch<br />

Strukturierung zu bewältigen<br />

Literarische (Rezeptions-)Kompetenz: Fähigkeiten, die zur<br />

Teilhabe an der literarischen Kultur befähigen<br />

Literarische (Rezeptions-) Kompetenzen<br />

„Ästhetische Lektüre zeichnet sich dadurch aus, <strong>das</strong>s in ihr<br />

unterschiedliche Gewichtungen des (...) Verhältnisses von<br />

Leiblichkeit, Emotionalität und Kognitivität möglich sind. Der<br />

kompetente Leser verfügt dabei über verschiedene Modi der<br />

Textrezeption, die ihm eine Variierung in der Herstellung<br />

zwischen Nähe und Distanz zwischen sich und dem Text erlauben,<br />

aber auch die Wahl verschiedener Lesestoffe.“<br />

Aspekte Literarischer Kompetenz (nach Eggert 2002):<br />

<br />

Literarisches Gattungswissen (z.B. über Erzählperspektiven)<br />

Fähigkeit zur Kontextualisierung (z. B. von Anspielungen <strong>auf</strong><br />

zeitgenössische Kontexte in der Satire)<br />

Kulturelles Wissen / Kulturelles Gedächtnis (z. B. Verweise<br />

<strong>auf</strong> biblische, antike Mythologie, Märchentradition usw.)<br />

(Lese-)Genussfähigkeit (zwischen Reflexion und<br />

Involviertheit)


Entwicklung literarischer Rezeptionskompetenzen<br />

<br />

Fiktionsbewusstsein (zwischen 6. und 10. Lebensjahr)<br />

Einsicht in „Eigenrecht“ literarischer Fiktion (ca. 14.-16.<br />

Lebensjahr)<br />

Verstehen indirekten Sprachgebrauchs (z.B. Symbole,<br />

Gleichnisse, Ironie): (ca. 14.-16. Lebensjahr)<br />

Figurenperspektiven, psychische Tiefendimensionen (ca. Ende<br />

der Pubertät)<br />

<br />

Komikverständnis, z.B. Sinn für Sartire ( s.o.)<br />

(vgl. H. Eggert/ C. Garbe: Literarische Sozialisation. Stuttgart-Weimar 2/2003)

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