Theorie kommunikativen Handelns (Jürgen Habermas)
Theorie kommunikativen Handelns (Jürgen Habermas)
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<strong>Theorie</strong> <strong>kommunikativen</strong> <strong>Handelns</strong> (<strong>Jürgen</strong> <strong>Habermas</strong>)<br />
1. <strong>Theorie</strong> der Moderne als System- und Handlungstheorie<br />
Ausgangspunkt 2 Handlungstypen:<br />
a) teleologisches Handeln<br />
b) kommunikatives Handeln<br />
2-stufiges Modell der Gesellschaft:<br />
Lebenswelt + System<br />
Zusammenhalt der komplexen modernen Gesellschaft<br />
<strong>Theorie</strong> der Moderne = System- und Handlungstheorie<br />
Zentraler Baustein: System- Lebenswelt-Konzept<br />
2. System-Lebenswelt-Konzept<br />
Verknüpfung einer <strong>Theorie</strong> der Rationalisierung und Differenzierung (Lebenswelt)<br />
mit einer <strong>Theorie</strong> der funktionalen Differenzierung gesellschaftlicher Subsysteme<br />
gesellschaftliche Rationalisierung = Prozess der Distanzierung von mythischen<br />
Weltbildern („Entzauberung der Welt“)<br />
kommunikative Bearbeitung strittiger Fragen in den unterschiedlichen Sphären<br />
der Wissenschaft, der Moral und der Kunst durch das Medium des Diskurses<br />
3. <strong>Theorie</strong> <strong>kommunikativen</strong> <strong>Handelns</strong> als Sprach- und Diskurstheorie<br />
Ausgangspunkt:<br />
Unsere Äußerungen haben institutionellen Charakter:<br />
Sprechakte/Sprechhandlungen, die soziale Konsequenzen nach sich ziehen<br />
Begriff der <strong>kommunikativen</strong> Kompetenz im Mittelpunkt
3.1. Sprechhandlung und Weltbezug<br />
4 verschiedene Klassen von Sprechhandlungen:<br />
a) Konstative Sprechakte (objektive Welt der Dinge, Tatsachen und Ereignisse)<br />
b) Regulative Sprechakte (soziale Welt = normativer Kontext)<br />
c) Repräsentative Sprechakte (subjektive Welt der Einstellungen, Intentionen,<br />
Wünsche und Gefühle<br />
d) Kommunikative Sprechakte (Bezugspunkt = andere Sprechhandlungen)<br />
3.2. Geltungsansprüche<br />
entscheidendes Moment: in jedem Sprechakt ein Geltungsanspruch artikuliert; kann<br />
angenommen, abgewiesen oder dahingestellt werden<br />
Unterscheidung nach Realitätsbereich (Weltbezug), auf den sich Sprechakt bezieht<br />
a) Konstative Sprechakte: Geltungsanspruch der Wahrheit<br />
- wird Aussage über Welt der Tatsachen als zutreffend akzeptiert oder nicht?<br />
b) Regulative Sprechakte: Geltungsanspruch der Richtigkeit<br />
- bestimmte Formen sozialen Verhaltens gerechtfertigt oder nicht?<br />
c) Repräsentative Sprechakte: Geltungsanspruch der Aufrichtigkeit<br />
- ausgedrückte Intentionen, Gefühle oder Wünsche authentisch?<br />
d) Kommunikative Sprechakte: Geltungsanspruch der Verständlichkeit<br />
- Bedeutung des Gesagten; bezieht sich nicht auf bestimmten Ausschnitt aus der Welt<br />
4 Geltungsansprüche = pragmatische Universalien:<br />
sind bei jedem Sprechakt automatisch vorausgesetzt<br />
entsprechend der 4 unterschiedlichen Geltungsansprüche 4 verschiedene<br />
Handlungstypen:<br />
3.3. Handlungstypen<br />
a) teleologische Handlungen: strikt erfolgsorientiert (zweckrational), „einsamer“ Akteur<br />
- Bezug auf objektive Welt: instrumentelles Handeln (Arbeit)<br />
- Bezug auf soziale Welt (Akteure): strategisches Handeln<br />
teleologischem Handeln liegt „technisch und strategisch verwertbares Wissen“<br />
zugrunde, das im Hinblick auf Wahrheitsansprüche kritisiert und durch<br />
wissenschaftlichen Fortschritt verbessert werden kann (Falsifikation)<br />
b) normenregulierte Handlungen: Mitglieder einer Gruppe, die ihr Handeln an<br />
gemeinsamen Werten orientieren<br />
gemeinschaftliche Normen können im Hinblick auf Berechtigung<br />
(Richtigkeitsansprüche) kritisiert und ggf. verändert werden<br />
c) dramaturgisches Handeln: Interaktionsteilnehmer<br />
- Publikum füreinander<br />
- orientiert sich an Wissen um innere Welt der Subjektivität<br />
dramaturgisches Handeln kann im Hinblick auf Authentizität (Wahrhaftigkeit)<br />
thematisiert und ggf. als unwahrhaftig kritisiert werden<br />
d) kommunikatives Handeln: Interaktion von mind. 2 sprach- und handlungsfähigen<br />
Subjekten, die interpersonale Beziehung eingehen
wenn problemlose Konversation versagt (Klasse 1-3), dient kommunikatives Handeln<br />
dazu, eine Verständigung über Handlungssituation und Handlungspläne von<br />
Individuen herzustellen, um ihre Handlungen einvernehmlich koordinieren zu können<br />
(Diskurs)<br />
dabei werden Geltungsansprüche in objektiver, subjektiver und sozialen Welt für<br />
rationale Diskurse geöffnet, in denen sich besseres Argument durchsetzt<br />
3.4. Diskurs<br />
Beim Diskurs wird Gespräch selbst zum Thema gemacht<br />
zur erfolgreichen Verständigung bestimmte Grundsätze zu beachten:<br />
a) alle potentiellen Teilnehmer haben gleiche Chance, sich in gemeinsamen Diskurs<br />
einzubringen<br />
b) alle Diskursteilnehmer müssen Chance haben, in konstativen Sprechakten alle ihnen<br />
relevant erscheinenden Sachverhalte anzusprechen (keine Tabus!)<br />
c) alle Diskursteilnehmer müssen Chance haben, repräsentative Sprechakte zu<br />
verwenden, d.h. ihre Einstellungen, Gefühle und Intentionen zum Ausdruck zu<br />
bringen<br />
d) alle Diskursteilnehmer haben dieselbe Chance, regulative Sprechakte zu verwenden,<br />
d.h. zu befehlen, widersetzen, erlauben, verbieten etc.<br />
all diese Bedingungen erfüllt: ideale Sprechsituation<br />
4. Entkopplung System – Lebenswelt<br />
Sprach und Diskurs-<strong>Theorie</strong> muss sytemtheoretisch ergänzt werden, da sich gesellschaftliche<br />
Integration nicht nur unter den Voraussetzungen verständnisorientierten <strong>Handelns</strong> vollzieht<br />
Gesellschaft = System und Lebenswelt<br />
zielgreichtete Handlungen werden nicht nur über Vertändigung koordiniert,<br />
sondern über funktionale Zusammenhänge, die von den Akteuren nicht<br />
intendiert sind<br />
Entkopplung von System und Lebenswelt, Aufteilung in System- und<br />
Sozialintegration