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Laborversuche zur Physik 1 I - Didaktik der Physik

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FB <strong>Physik</strong><br />

<strong>Laborversuche</strong> <strong>zur</strong> <strong>Physik</strong> 1 I - 2<br />

Reversionspendel<br />

Reyher<br />

Reversionspendel <strong>zur</strong> Messung <strong>der</strong> Erdbeschleunigung<br />

Ziele<br />

Kennenlernen des Reversionspendels, geduldiges und genaues Messen<br />

Präzisionsmessung <strong>der</strong> Erdbeschleunigung<br />

Erkennen <strong>der</strong> Bedeutung einer soliden Fehlerbetrachtung<br />

1 Grundlagen<br />

Als physikalisches Pendel bezeichnet man einen ausgedehnten Körper, <strong>der</strong> sich unter dem Einfluss<br />

<strong>der</strong> Schwerkraft um eine horizontale Achse pendelt. Wenn Sie zum Beispiel eine Stricknadel quer<br />

durch eine Salatgurke stechen und die Stricknadel horizontal lagern, so haben Sie ein physikalisches<br />

Pendel gebaut. Es ist klar, dass dieses Pendel nur dann pendelt, wenn <strong>der</strong> Schwerpunkt unterhalb<br />

<strong>der</strong> Drehachse liegt. Abb. (1) zeigt ein „Gurkenpendel“ und ein Fadenpendel zum Vergleich.<br />

Da ein Fadenpendel wesentlich bekannter ist als<br />

ein physikalisches Pendel und da bezüglich <strong>der</strong><br />

Unterschiede häufig Verwirrung besteht, sollen<br />

hier in Kürze beide Pendel in Zusammenhang<br />

gebracht werden.<br />

Im Prinzip stellt auch ein Fadenpendel ein<br />

physikalisches Pendel dar. Normalerweise vernachlässigt<br />

man aber dort die Fadenmasse und<br />

die Ausdehnung <strong>der</strong> Kugel. Das (fiktive) Gebilde<br />

aus masselosem Faden und Massenpunkt<br />

wird mathematisches Pendel genannt.<br />

Bei diesem Pendel wird die Bewegungsgleichung<br />

üblicherweise als dynamisches<br />

Kräftegleichgewicht (D'Alembert) zwischen<br />

Abbildung 1: <strong>Physik</strong>alisches Pendel und Fadenpendel.<br />

Rückstellkraft beim Fadenpendel als Projektion <strong>der</strong><br />

Schwerkraft auf die Kreisbahn. Die krummlinige<br />

Koordinate x ist über die Pendellänge l mit dem Winkel Φ<br />

verknüpft. Man kann die gleiche Rückstellkraft für den<br />

Schwerpunkt des physikalischen Pendels verwenden.<br />

Rückstellkraft, tangential <strong>zur</strong> Kreisbahn, und entgegengesetzter Trägheitskraft angesetzt. Abb. (1)<br />

I-2 Reversionspendel 28.09.2012 1


zeigt auch die bekannte Konstruktion <strong>zur</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Rückstellkraft. Man arbeitet also wie im<br />

linearen Fall (jedoch mit <strong>der</strong> krummlinigen Koordinate x), statt mit Drehmoment und Drehimpuls,<br />

wie es bei einer Drehbewegung ansonsten üblich ist.<br />

Man könnte nun versucht sein, das physikalische Pendel in einzelne Masseelemente dm i zu<br />

zerlegen und für jedes dm i ein D'Alembertsches dynamisches Kräftegleichgewicht wie beim<br />

Fadenpendel aufzustellen. Ein solcher Versuch führt jedoch nicht zum richtigen Ergebnis, da die<br />

Massenelemente nicht unabhängig voneinan<strong>der</strong> schwingen, son<strong>der</strong>n starr miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />

sind. Dies führt zu weiteren Bedingungen, so genannten Zwangsbedingungen, für die Kräfte auf die<br />

dm i , die aus <strong>der</strong> bloßen For<strong>der</strong>ung nach Kräftegleichgewicht nicht bestimmt werden können.<br />

Derartige Probleme vermeidet man, wenn man mit den bei Drehbewegungen üblichen Größen<br />

Trägheitsmoment, Drehmoment und Drehimpuls arbeitet.<br />

Die schon in <strong>der</strong> Schule gängige, einfache Behandlung des Fadenpendels mit <strong>der</strong> Koordinate x<br />

kann als „irreführend“ angesehen werden, weil dadurch das physikalische Pendel als (komplizierter)<br />

Spezialfall erscheinen kann. Man sollte sich aber bewusst machen, dass man eher das Fadenpendel<br />

als Spezialfall ansehen sollte, <strong>der</strong> angenehm einfach ist, da „komplizierte“ Größen wie das<br />

Trägheitsmoment vermieden werden.<br />

Man etabliert die Bewegungsgleichung eines physikalischen Pendels also in sinnvoller Weise durch<br />

das „dynamische Drehmomentgleichgewicht“, rückstellendes Drehmoment M r entgegengesetzt<br />

gleich Trägheitsdrehmoment M t ,<br />

M r<br />

=− M t<br />

=− d dt L . (1)<br />

Die letzte Gleichheit entspricht dem Drehimpulssatz. Alle Vektoren liegen parallel <strong>zur</strong> Drehachse,<br />

sind also eindimensional, weshalb wir die Vektorpfeile weglassen können und nur die<br />

Komponenten betrachten dürfen.<br />

Man setzt nun links in Gl. (1) als rückstellendes Drehmoment M r<br />

=M g sin (Φ) r S ein, mit M als<br />

Gesamtmasse und r S als Abstand Drehachse-Schwerpunkt, und rechts L=I ˙Φ , mit I als<br />

Trägheitsmoment bezüglich <strong>der</strong> vorgegebenen Achse. Damit ergibt sich mit <strong>der</strong> üblichen<br />

Kleinwinkelnäherung sin (Φ )≈Φ die bekannte Bewegungsgleichung<br />

M g r S<br />

Φ=−I ¨Φ . (2)<br />

Diese Gleichung hat die ebenso bekannte harmonische Lösung mit <strong>der</strong> Schwingungsperiode<br />

I-2 Reversionspendel 2


Den Ausdruck<br />

T =2 π<br />

√<br />

I<br />

. (3)<br />

M g r S<br />

I<br />

=L<br />

M r red. nennt man reduzierte Pendellänge, da ein mathematisches Pendel<br />

S<br />

dieser Länge die gleiche Schwingungsdauer hat, nämlich T =2 π<br />

√ L red.<br />

g .<br />

Zur Übung sollten Sie Gleichung (3) für ein Fadenpendel mit punktförmiger Masse anwenden. Sie<br />

werden das bekannte einfache Ergebnis erhalten.<br />

1.1 Reversionspendel<br />

Ein Reversionspendel ist nichts an<strong>der</strong>es als ein physikalisches Pendel mit 2 Aufhängungsmöglichkeiten,<br />

also 2 parallelen Drehachsen A und B , wobei <strong>der</strong> Schwerpunkt dazwischen liegt<br />

(Abb. 2).<br />

Abbildung 2: Reversionspendel = <strong>Physik</strong>alisches Pendel mit 2<br />

Aufhängepunkten A und B, dessen Massenverteilung so verän<strong>der</strong>t<br />

werden kann (nicht gezeigt), dass T A =T B gilt. S ist <strong>der</strong><br />

dazwischen liegende Schwerpunkt. Die im Versuch verwendete<br />

Bauform wird weiter unten dargestellt.<br />

Reversion heißt so viel wie „Umkehr“, meist eines<br />

Vorgangs o<strong>der</strong> eines Trends. Hier ist die physische<br />

Umkehr des Pendels von Aufhängung A nach B<br />

gemeint. Man kann durch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Massenverteilung auf dem Pendel bei festem Abstand<br />

<strong>der</strong> Achsen A und B erreichen, dass die Perioden für<br />

Aufhängung in A und B gleich sind. Aus dieser Periode<br />

T =T A<br />

=T B kann dann die Erdbeschleunigung g sehr<br />

genau ermittelt werden.<br />

In <strong>der</strong> angelsächsischen Literatur wird dieses Pendel „Kater's Pendulum“ genannt, manche meinen<br />

aber, es sei von dem Tübinger Professor von Bohnenberger um 1800 erfunden worden. Mit dem<br />

Reversionspendel wurde im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t g in vielen Erdteilen sehr genau gemessen. Im Internet<br />

finden Sie sicher interessante Geschichten dazu<br />

Wenn T =T A<br />

=T B durch Massenverschiebung erreicht ist, so sind auch die dazugehörigen<br />

reduzierten Pendellängen gleich, also<br />

I-2 Reversionspendel 3


I A<br />

A<br />

M r A<br />

= L red.<br />

= L B red.<br />

= I B<br />

(4)<br />

M r B<br />

Man bemüht nun für beide Trägheitsmomente I A und I B den Steiner'schen Satz,<br />

2<br />

I A,B<br />

=M r A,B<br />

I S . (5)<br />

Dabei ist I S das Trägheitsmoment bezüglich einer zu den Achsen A und B parallelen Achse durch<br />

den Schwerpunkt (s. Lehrbuch). Dabei ist zu bedenken, dass I S sich bei Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Massenverteilung ebenfalls än<strong>der</strong>t. Aus den Gln. (4,5) folgt<br />

und schließlich<br />

I S<br />

M r A2 r B<br />

= I S<br />

M r B2 r A<br />

r B<br />

−r A I S<br />

−M r B<br />

r A =0.<br />

Eine Lösung dieser Gleichung, r A<br />

=r B<br />

= L 2<br />

, kann man sofort deuten: Der Schwerpunkt liegt dann<br />

in <strong>der</strong> Mitte zwischen den Achsen, weshalb die Trägheitsmomente I A und I B gleich sind (folgt<br />

aus Gl. 5). Folglich liegt gleiche Schwingungsdauer vor, also eine triviale Lösung, mit <strong>der</strong> man aber<br />

ohne detaillierte Kenntnis des Pendelaufbaus ( I S !) nichts anfangen kann. Bei dem verfügbaren<br />

Pendel kann ohnehin <strong>der</strong> Schwerpunkt nicht in die Mitte geschoben werden.<br />

Die zweite, interessantere Lösung entspricht <strong>der</strong> Bedingung I S<br />

=M r B<br />

r A o<strong>der</strong><br />

r B<br />

=<br />

I S<br />

M r A<br />

, o<strong>der</strong> auch r A<br />

= I S<br />

M r B<br />

. (6)<br />

Um diese Bedingung zu deuten, muss man ein wenig argumentieren: Laut Abb. (2) gilt für den<br />

Abstand <strong>der</strong> Achsen L=r A<br />

r B . Setzt man hier Gl. (6) ein, so erhält man<br />

L= I M r 2<br />

S A<br />

, o<strong>der</strong> auch L= I M r 2<br />

S B<br />

.<br />

M r A<br />

M r B<br />

Der Abstand L entspricht folglich für den Fall T A<br />

=T B<br />

=T genau <strong>der</strong> reduzierten Pendellänge.<br />

Hat man T A<br />

=T B<br />

=T gefunden, so kann g berechnet werden gemäß<br />

g=4 π 2 L<br />

T 2 . (7)<br />

Es existieren an<strong>der</strong>e Argumentationen, von denen die in Bergmann-Schaefer, Bd. 1, vielleicht<br />

eleganter als die hier präsentierte erscheinen mag.<br />

I-2 Reversionspendel 4


Gleichung (7) ist wirklich prima, denn kein schreckliches Trägheitsmoment geht mehr ein. Sie<br />

bildet die Basis <strong>der</strong> g-Messung mit dem Reversionspendel. Es muss „nur“ die Schwingungsdauer<br />

ermittelt werden, die herrscht, wenn das Pendel um A und um B mit <strong>der</strong> gleichen Frequenz<br />

schwingt. Dies kann mit hoher Genauigkeit erfolgen. Außerdem braucht man „nur“ noch den<br />

Abstand <strong>der</strong> Achsen A und B zu bestimmen, was ebenfalls sehr präzise geschehen kann. Dabei sei<br />

nochmals betont, dass dieser Abstand baulich eine fixe Größe ist. Die Gleichheit T A<br />

=T B wird<br />

durch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Massenverteilung erreicht. Dies sehen wir am tatsächlichen Aufbau, <strong>der</strong> im<br />

folgenden Abschnitt dargestellt wird.<br />

2 Aufgaben und Hinweise<br />

2.1 Beschreibung des Reversionspendels <strong>der</strong> Fa. Leybold<br />

Abbildung 3: Skizze des im Versuch benutzten Reversionspendels. Die<br />

Masse m Z ist im Versuch ortsfest, m L wird verschoben. Sie werden<br />

also im Versuch die Koordinate x variieren, und damit auch r A . m L<br />

ist kleiner als m Z .<br />

Das Drehpendel besteht aus einer rechteckigen Stahlstange<br />

(Querschnittsmaße a=0.6 cm ,b=1.6 cm ) <strong>der</strong> Länge<br />

c=167 cm ), in die zwei Schneiden im Abstand L=99.39 cm<br />

eingelassen sind. Zwischen den Schneiden, welche die Achsen A<br />

und B bilden, befindet sich eine verschiebbare Masse m L , die<br />

das sogenannte „Laufgewicht“ darstellt. Außerhalb <strong>der</strong><br />

Schneiden ist auf einer Seite eine Zusatzmasse m Z<br />

m L in einem<br />

festen, aber einstellbaren Abstand y <strong>zur</strong> Achse A angebracht<br />

(Abb. 3).<br />

Die Massen und Geometrien sind so gewählt, dass für beliebige<br />

Positionen <strong>der</strong> Massen immer r A<br />

L/2 gilt. Es kann gezeigt<br />

werden, dass bei diesem Pendel die Bedingung nach Gl. (6) für<br />

zwei Werte von x erfüllt werden kann 1 . Für die entsprechenden Positionen gilt x 1<br />

≫ x 2 . Bei x 2<br />

liegen beide Massen relativ dicht beisammen, weshalb ein kleineres Gesamtträgheitsmoment I s<br />

vorliegt als bei x 1 . Daher schwingt das Pendel bei x 1 stabiler und wir messen nur bei dieser<br />

Position, die zwischen dem aufgeklebten Maßband und <strong>der</strong> Schneide B liegt.<br />

1 Dies folgt im Prinzip aus Gl. (6), ist aber recht mühsam zu zeigen, da I S über einige unbekannte, aufbaubedingte<br />

Parameter mit x und daher mit r A zusammenhängt.<br />

I-2 Reversionspendel 5


Verwechseln Sie nicht die beiden Aufhängungen. Wir wollen diejenige Position mit A bezeichnen,<br />

bei <strong>der</strong> m z oben ist. Erfahrungsgemäß werden T A und T B ab und zu vertauscht notiert. Auch<br />

deshalb sollen Sie während <strong>der</strong> Messung die Messpunkte grafisch darstellen, siehe unten.<br />

2.2 Messung <strong>der</strong> Schwingungsdauer<br />

Die Schwingungsdauer wird mit einer Lichtschranke gemessen, die an einem Datenerfassungsgerät<br />

angeschlossen ist (Xplorer GLX <strong>der</strong> Firma Pasco, USA). Bei <strong>der</strong> Frage des Gerätes nach<br />

angeschlossenem Sensor ist „Lichtschranke und Pendel“ („Photogate and Pendulum“) zu wählen.<br />

Die Lichtschranke soll senkrecht <strong>zur</strong> Schwingungsebene justiert werden, sodass die kleinen<br />

Holzstäbchen am Ende <strong>der</strong> Pendelstange dicht vor dem Empfänger des Lichts (kleine Bohrung)<br />

vorbeischwingen.<br />

Es empfiehlt sich, die Periode T als Funktion <strong>der</strong> Zeit als Grafik aufzuzeichnen. Sie können auf<br />

diese Weise erkennen, dass sich T nach einigen 10 Sekunden häufig vom Anfangswert entfernt hat,<br />

insbeson<strong>der</strong>e wenn die Schwingung nicht gut angeworfen wurde o<strong>der</strong> bei zu großer Amplitude<br />

(mehr als 1cm am Ende <strong>der</strong> Stange).<br />

Kontrollieren Sie für eine gewisse Zeit (60, besser 90 Sekunden), ob die Periode stabil ist.<br />

An<strong>der</strong>enfalls müssen Sie erneut anwerfen. Bei stabilen T-Werten können Sie die Mittelungsfunktion<br />

des Xplorer <strong>zur</strong> Feststellung des Endwertes verwenden.<br />

2.3 Grobe Messung von T A und T B als Funktion von x.<br />

Sicherheitshinweis: Beim Hantieren mit dem Pendel auf die scharfen Schneiden achten. Achten<br />

Sie ebenso beim Drehen des Pendels auf Ihren Nachbarn, die Massen sind nicht unerheblich.<br />

Geräteschonung: Die Qualität <strong>der</strong> Scheiden ist entscheidend für die Güte <strong>der</strong> Messung. Setzen Sie<br />

das Pendel daher VORSICHTIG in das Schneidenlager ein. Durch Fallenlassen werden die<br />

Schneiden beschädigt, obgleich sie aus gehärtetem Stahl sind.<br />

Die runde Stange, die das Lager für die Schneiden des Pendels trägt, soll zunächst so gut es geht an<br />

beiden Enden an <strong>der</strong> Wand fixiert sein. Prüfen Sie und ziehen Sie gegebenenfalls die Halterungen<br />

fest an (Inbusschlüssel).<br />

Überprüfen Sie nun den Abstand y des äußeren Gewichtes (Abb. 3), <strong>der</strong> etwa bei 10 cm liegen soll<br />

(zulässige Grenzen 7< y< 15 cm ). Sie protokollieren natürlich auch y und halten es im weiteren<br />

Versuchsverlauf fest!<br />

I-2 Reversionspendel 6


Um die Positionen x 1 des Laufgewichts m L zu finden, bei <strong>der</strong> T A<br />

=T B gilt, variiert man zunächst<br />

x in groben Schritten von 2 cm und bestimmt T mit <strong>der</strong> Lichtschranke für möglichst kleine<br />

Anfangsamplituden (weniger als 1 cm). Bei dieser Messung kann T A<br />

x durchgemessen werden<br />

und erst danach T B<br />

x (statt bei jedem x-Wert das Pendel zu drehen und beide Zeiten abwechselnd<br />

zu messen).<br />

Verwenden Sie zum Einstellen <strong>der</strong> Anfangsamplituden und zum Loslassen einen Anschlag<br />

(Plexiglaswinkel) und finden Sie heraus, wie klein die Amplitude sein darf, damit die Lichtschranke<br />

noch richtig arbeitet. Die Messung von x geschieht mit dem auf <strong>der</strong> Stange aufgeklebten Maßband<br />

und einem Lineal. Sie sollten sich dabei überlegen, in wie weit (a) <strong>der</strong> Absolutwert und (b) die<br />

Genauigkeit <strong>der</strong> Einstellung von x von Bedeutung ist. Bitte teilen Sie diese Überlegung im<br />

Protokoll mit.<br />

Tragen Sie während <strong>der</strong> Messung (PFLICHT!) T A<br />

x und T B<br />

x in ein und dasselbe Diagramm<br />

ein. Wenn Sie keinen PC benutzen, so müssen Sie als erstes die Extremwerte von beiden<br />

Schwingungsdauern im angestrebten x-Bereich von 20-30cm ermitteln, damit Sie eine vernünftige<br />

Skala verwenden können. (Wenn Sie mit PC arbeiten, so können Sie Ihr Diagramm im<br />

Betreuerzimmer ausdrucken lassen.)<br />

Sie sollten sowohl für T A<br />

( x ) als auch für T B<br />

( x ) einen leicht gekrümmten Kurvenverlauf finden.<br />

Zeichnen Sie die Ausgleichskurven freihändig ein. Der Schnittpunkt liefert ungefähr die gesuchte<br />

Zeit T =T A<br />

=T B und damit auch die ungefähre Position x 1 .<br />

Im folgenden Abschnitt wird es das Ziel sein, diesen Schnittpunkt möglichst genau zu ermitteln.<br />

2.4 Präzisionsbestimmung von g<br />

Variieren Sie im Bereich des Schnittpunkts die Position x von m L und messen Sie die<br />

Schwingungsdauern. Dabei müssen Sie bei jedem eingestelltem x-Wert unbedingt beide Perioden T<br />

nacheinan<strong>der</strong> ermitteln, d. h., Sie müssen bei jedem x-Wert das Pendel einmal umdrehen. Dies<br />

ergibt genauere Messungen als das bequemere Verfahren, zunächst T A<br />

x für alle x und dann<br />

T B<br />

x zu ermitteln, erneut für alle x.<br />

Es empfiehlt sich, zuerst bei einem Wert x links und bei einem zweiten rechts vom zuvor grob<br />

ermittelten Schnittpunkt x 1 zu messen. Sodann führen Sie eine Intervallschachtelung durch. Dies<br />

ist immer besser, als bei einem Wert zu starten und dann bei Mini-Schritten zum Ende <strong>der</strong><br />

Versuchszeit den Schnittpunkt immer noch nicht erreicht zu haben.<br />

I-2 Reversionspendel 7


Überlegen Sie dabei, ob Sie die Zahl <strong>der</strong> Schwingungen erhöhen sollten, um eine bessere<br />

Genauigkeit zu erhalten. Die Angaben des Xplorer bei <strong>der</strong> Mittelung sind dabei hilfreich.<br />

Wenn Sie den Bereich um x 1 ausreichend eng gewählt haben, besteht das aus dieser Messung<br />

resultierende Diagramm T A<br />

( x ) und T B<br />

x näherungsweise aus zwei Geraden, also<br />

T A<br />

( x )=S A<br />

x+ B A und T B<br />

( x)=S B<br />

x+ B B . Auch hier ist während <strong>der</strong> Messung ein Diagramm<br />

anzufertigen, das als Messprotokoll später abzugeben ist. Schreiben Sie Messwerte aber zusätzlich<br />

in eine Tabelle.<br />

Für T =T A<br />

=T B erhält man in dieser linearen Näherung T = S A B B −S B B A<br />

S A<br />

−S B<br />

. Durch lineare<br />

Regression können also sowohl T als auch ΔT ermittelt werden, da die Regression ja auch ΔS und<br />

ΔΒ liefert.<br />

Berechnen Sie schließlich aus dem Schnittpunkt die Erdbeschleunigung g und geben Sie die<br />

Fehlerschranke Δg an. Die Unsicherheit bei <strong>der</strong> Bestimmung von L schließen Sie bitte aus <strong>der</strong><br />

Genauigkeit, mit welcher <strong>der</strong> Wert für L oben angegeben worden ist.<br />

Diskutieren Sie die Abweichung vom Literaturwert, <strong>der</strong> für das Laborgebäude bei 9.8127 m/s 2 liegt.<br />

2.5 Näherung nach Bessel<br />

Der gute Herr Bessel (bekannt von <strong>der</strong> Besselfunktion) hat sich ebenfalls mit dem Reversionspendel<br />

auseinan<strong>der</strong>gesetzt 2 und unter an<strong>der</strong>em eine Interpolationsformel für T angegeben, welche die<br />

zeitraubende Ermittlung des Schnittpunktes überflüssig macht. Danach reicht es aus, T A und T B<br />

für ein x in <strong>der</strong> Nähe des Schnittpunktes zu messen und zusätzlich den Abstand r A des<br />

Schwerpunktes <strong>zur</strong> Schneide A zu ermitteln. Der Wert für T ergibt sich dann aus<br />

T 2 = T 2 2<br />

A+ T B<br />

2<br />

+ T 2 2<br />

A−T B<br />

L<br />

2 ( 2r A −L) . (8)<br />

Da g sich lokal relativ wenig än<strong>der</strong>t kann man folglich ein Reversionspendel mit festen Gewichten<br />

bauen, für das im Labor, also für ein gewisses g, die Gleichheit T A<br />

=T B<br />

=T gilt. Außerdem kann<br />

man im Labor r A mit großer Sorgfalt bestimmen. Will man g an einem an<strong>der</strong>en Ort messen, so<br />

genügt dort eine möglichst genaue Messung von T A und T B . Entsprechende Pendel wurden früher<br />

in <strong>der</strong> Geodäsie (Gravimetrie) verwendet, wobei Genauigkeiten von 10 −6 g bis 2⋅10 −4 g<br />

interessant sind.<br />

2 F. W. Bessel, „Untersuchungen über die Länge des einfachen Secundenpendels“, Abhandlungen <strong>der</strong> Königlichen<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften zu Berlin (1826), zitiert und zusammengefasst von D. Candela, K. M. Martini, R. V.<br />

Krotkov, K. H. Langley, American Journal of Physics 69 (2001) 714.<br />

I-2 Reversionspendel 8


Aufgabe: Stellen Sie ein x in <strong>der</strong> Nähe des Schnittpunktes ein (siehe Ihre Grafik), bestimmen Sie<br />

T A und T B sowie r A und benutzen Sie Gl. (8) um g erneut zu ermitteln. Genauigkeitsangabe und<br />

Vergleich mit dem zuvor bestimmten Wert dürfen nicht fehlen.<br />

r A kann durch Balancieren auf einer Schneide (ein senkrecht eingespanntes Blech) gemessen<br />

werden. Die Fehleranalyse zeigt, dass Δr A nicht allzu kritisch ist.<br />

2.6 Bestimmung von g bei weniger gut befestigtem Pendellager<br />

Entfernen Sie die obere Wandbefestigung <strong>der</strong> runden Trägerstange und wie<strong>der</strong>holen Sie die letzte<br />

Messung. Vergleichen Sie die Ergebnisse. Können Sie Abweichungen feststellen? Worauf könnten<br />

diese ggf. <strong>zur</strong>ückzuführen sein? Was lehrt das Ergebnis hinsichtlich <strong>der</strong> Messgenauigkeit eines<br />

Experimentes?<br />

I-2 Reversionspendel 9

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