26.05.2014 Aufrufe

LebensdauerpruÄŒfung von Elastomerbauteilen - Plastverarbeiter

LebensdauerpruÄŒfung von Elastomerbauteilen - Plastverarbeiter

LebensdauerpruÄŒfung von Elastomerbauteilen - Plastverarbeiter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

PRUÈ FEN UND MESSEN<br />

TESTING AND MEASURING<br />

LebensdauerpruÈ fung multiaxial Gummifeder<br />

Rainflow Weibull<br />

Gummifedern fuÈ r Schienenfahrzeug-<br />

Drehgestelle stellen komfort- und laufdynamisch<br />

relevante Bauteile mit besonderen<br />

ZuverlaÈ ssigkeitsanforderungen<br />

dar. Ein Lebensdauernachweis fuÈ r Neuentwicklungen<br />

kann im allgemeinen nur<br />

auf Basis ein- oder multiaxialer BauteilpruÈ<br />

fungen erbracht werden. Hierbei gilt<br />

es, die realen Bauteilbelastungen des<br />

Fahrbetriebes in moÈ glichst repraÈ sentativer<br />

Form zu erfassen und anschlieûend<br />

in PruÈ fsignale fuÈ r den Laborversuch zu<br />

transformieren. Neben dem komplexen<br />

Betriebsfestigkeitsverhalten <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

sind hierbei vor allem auch<br />

wirtschaftliche Belange <strong>von</strong> Bedeutung.<br />

Am Beispiel der RadsatzfuÈ hrungsbuchsen<br />

aus den Hochgeschwindigkeits-<br />

Laufwerken des ICE II werden exemplarisch<br />

die typischen Elemente eines Lebensdauernachweises<br />

nachgezeichnet.<br />

Schwerpunkte der Darstellung bilden die<br />

Erfassung <strong>von</strong> dreidimensionalen Verformungssignalen<br />

im Fahrversuch, das<br />

PruÈ fsignaldesign fuÈ r den multiaxialen<br />

PruÈ fstandlauf sowie zwei Vorgehenskonzepte<br />

fuÈ r eine effiziente statistische Lebensdauerabsicherung.<br />

Life endurance testing of<br />

rubber springs<br />

Life endurance testing Multiaxial Rubber<br />

spring Rainflow Weibull<br />

Rubber springs for railway bogies are<br />

important components for comfort and<br />

ride dynamics and have to meet special<br />

reliability requirements. Generally the<br />

proof of the endurance for new articles<br />

is only possible by means of single- or<br />

multiaxial component tests. For this original<br />

component loads, which are highly<br />

representative for the real vehicle service,<br />

have to be determined and then<br />

transformed into test signals. The sophisticated<br />

life endurance properties of<br />

rubber springs as well as economic aspects<br />

have to be considered in a particular<br />

manner. The wheelset guiding<br />

bushes of the ICE II high speed trailer<br />

bogies are taken as reference to explain<br />

the typical elements of a life evidence<br />

procedure. In the present contribution<br />

the emphasis is put on the measuring of<br />

three-dimensional deflection signals<br />

during vehicle operation, the test signal<br />

design for multiaxial component testing<br />

and two different methods for an efficient<br />

statistical life evidence procedure.<br />

LebensdauerpruÈfung <strong>von</strong><br />

<strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

P. Eckwerth, E. Neitzel, Hamburg<br />

Die LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

erfolgt im Schienenfahrzeugbereich<br />

uÈ berwiegend anhand <strong>von</strong> Bauteilversuchen<br />

auf ein- oder mehrachsigen<br />

PruÈ fmaschinen. Im Gegensatz zur Situation<br />

in der Automobilindustrie kann die<br />

Entwicklung <strong>von</strong> Gummifedern fuÈ r Eisenbahnfahrwerke<br />

in der Regel nicht durch<br />

Bauteilerprobungen im Feld (Fahrversuche)<br />

abgesichert werden.<br />

Ein Betriebsfestigkeitsnachweis erfordert<br />

so stets eine geeignete Abbildung<br />

der realen Bauteilbelastungen des Fahrbetriebes<br />

auf den Labormaûstab, wobei<br />

technische und wirtschaftliche Anforderungen<br />

gleichermaûen zu beruÈ cksichtigen<br />

sind.<br />

Im Rahmen der Versuchsplanung liegt<br />

die eigentliche Herausforderung in einer<br />

angemessenen BeruÈ cksichtigung des<br />

komplexen Eigenschaftsprofiles <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong>,<br />

das in der einschlaÈ gigen<br />

Literatur ausfuÈ hrlich dokumentiert<br />

ist (siehe z. B. Timm [1], Payne [2], Clamroth<br />

[3], Hinsch [4], Rapra [5, 6] und Alshuth<br />

[7]):<br />

± nichtlineare HyperelastizitaÈ t, abhaÈ ngig<br />

<strong>von</strong> Mischungszusammensetzung<br />

± Dehnungsmaxima unter Betriebslasten<br />

<strong>von</strong> weit uÈ ber 100 Prozent<br />

± Hystereseverhalten (Payne-Effekt,<br />

Energiedissipation)<br />

± TemperaturabhaÈ ngigkeit der Betriebsfestigkeitseigenschaften<br />

± AbhaÈ ngigkeit dynamischer Kennwerte<br />

<strong>von</strong> Frequenz und Amplitude (ViskoelastizitaÈt)<br />

± Setzungsverhalten<br />

± Alterungsverhalten<br />

± keine ausgepraÈ gte Dauerfestigkeitsgrenze<br />

± UÈ berlagerung verschiedener SchaÈ digungsprozesse<br />

(Alterung, ErmuÈ dung,<br />

ZermuÈ rbung)<br />

± nichtlineare BeanspruchungsuÈ berlagerung<br />

im Bauteil bei mehrachsiger<br />

Belastung<br />

± Datenbasis fuÈ r das Betriebsfestigkeitsverhalten<br />

der Mischungen noch nicht<br />

umfassend<br />

± Einfluû des Fertigungsprozesses auf<br />

die Betriebsfestigkeitseigenschaften.<br />

Die vorhandene Vielfalt an Einfluûparametern<br />

auf das Betriebsfestigkeitsverhalten<br />

<strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong> bildet mit den<br />

Hauptgrund dafuÈ r, daû die rechnerische<br />

Lebensdauerprognose in puncto AussagezuverlaÈ<br />

ssigkeit noch nicht mit realitaÈ tsnahen<br />

Bauteilerprobungen konkurrieren<br />

kann.<br />

Die AussagefaÈ higkeit eines Lebensdauerversuches<br />

im PruÈ ffeld ist stets an<br />

der GuÈ te der zur VerfuÈ gung stehenden<br />

Lastdaten zu messen. Die optimale Informationsbasis<br />

fuÈ r einen Betriebsfestigkeitsnachweis<br />

hoher ZuverlaÈ ssigkeit umfaût<br />

die im Fahrbetrieb fuÈ r allen relevanten<br />

Bauteilfreiheitsgrade gemessenen Belastungs-Zeit-Funktionen<br />

(Wege, Winkel,<br />

KraÈ fte, usw.), deren Zuordnung zu Fahrgeschwindigkeiten,<br />

BeladungszustaÈnden<br />

und Streckenkategorien sowie<br />

Kenntnisse uÈ ber die zeitliche Verteilung<br />

dieser GroÈ ûen uÈ ber der geforderten Bauteillebensdauer.<br />

Nach entsprechender<br />

Aufbereitung dieser Daten stehen Belastungszeitfolgen<br />

fuÈ r PruÈ fstandlaÈ ufe zur<br />

VerfuÈ gung, die jeweils ein Minimum an Informationsverlust<br />

gegenuÈ ber der originaÈren<br />

Belastungssituation im Feld beinhalten.<br />

Die Bahnindustrie ist in der Regel nicht<br />

in der Lage, den Entwicklern <strong>von</strong> Gummifedern<br />

umfassende Daten fuÈ r eine betriebsfeste<br />

Bauteilbemessung zur VerfuÈgung<br />

zu stellen. Wenn die technischen<br />

Bauteilspezifikationen anstelle der ausschlieûlichen<br />

Nennung <strong>von</strong> Maximalla-<br />

578 KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

sten auch Lastwechselkollektive enthalten,<br />

so basieren diese in vielen FaÈ llen allein<br />

auf lauftechnischen Berechnungen<br />

(¹synthetischeª Lastkollektive). Die hiermit<br />

verbundene Aussageunsicherheit<br />

fuÈ hrt nicht selten zu sogenannten<br />

¹Schirmkollektivenª, in denen die unguÈ n-<br />

stigsten Belastungskombinationen ± beaufschlagt<br />

mit Sicherheitsfaktoren ± die<br />

Bemessungsgrundlage bilden. Derartige<br />

Kollektive sind oft wenig repraÈ sentativ<br />

fuÈ r den realen Fahrbetrieb und auch haÈ u-<br />

fig gar nicht pruÈ fbar (z. B. im Hinblick auf<br />

erforderliche PruÈ fstandlaufzeiten).<br />

Der im weiteren exemplarisch vorgestellte<br />

Betriebsfestigkeitsnachweis fuÈ r<br />

ein PrimaÈ rfederelement aus dem Hochgeschwindigkeitsdrehgestell<br />

des ICE II<br />

basiert auf Feldmessungen des Fraunhofer<br />

Instituts fuÈ r Betriebsfestigkeit (LBF) in<br />

Darmstadt, die im Sommer 1997 im<br />

Streckennetz der Deutschen Bahn AG<br />

durchgefuÈ hrt wurden, Herbert [8].<br />

Dreidimensionale Verformungsmessungen<br />

an mehreren RadsatzfuÈ hrungsbuchsen<br />

(RSF-Buchsen) des unter den<br />

ICE II-Mittelwagen eingesetzten Laufwerkes<br />

SGP 400, dargestellt in Abb. 1, bilden<br />

die Grundlage der NachweisfuÈ hrung.<br />

RadsatzfuÈ hrung ICE II<br />

Abb. 1. Laufwerk<br />

SGP 400, Quelle:<br />

Siemens SGP, Graz<br />

Die RadsaÈ tze des Laufwerkes SGP 400<br />

werden horizontal durch jeweils vier vertikale<br />

LinearfuÈ hrungen gehalten. Die<br />

RSF-Buchsen sind innenseitig fest mit<br />

den FuÈ hrungszapfen des Drehgestellrahmens<br />

verbunden und gleiten mit ihrer AuûenhuÈ<br />

lse in den Gleitbuchsen des AchslagergehaÈ<br />

uses, siehe Abb. 2. Ihre Hauptfunktion<br />

besteht in der UÈ bertragung der<br />

im Fahrbetrieb in LaÈ ngs- und Querrichtung<br />

auftretenden Achslasten. Bedingt<br />

durch die Reibeffekte in der GleitfuÈ hrung<br />

unterliegen sie zudem einem nicht zu vernachlaÈ<br />

ssigenden Vertikallasteinfluû.<br />

Aus den durchgefuÈ hrten dreidimensionalen<br />

Verformungsmessungen lassen<br />

sich die maximalen Bauteillasten uÈ ber<br />

die vorliegenden Bauteilsteifigkeiten ableiten.<br />

In der LaÈ ngsrichtung ergibt sich<br />

fuÈ r die RSF-Buchse z.B. eine Spitzenlast<br />

<strong>von</strong> F x ˆ 30; 8kN.<br />

Bei den RSF-Buchsen handelt es sich<br />

um komfort- und laufdynamisch relevante<br />

Bauteile, vgl. Neitzel [9] und HoÈ dl<br />

[10], fuÈ r die der Fahrzeughersteller eine<br />

schadensfreie Laufleistung unter Betriebsbedingungen<br />

<strong>von</strong> insgesamt 3<br />

Mio. Schienenkilometern einfordert.<br />

Ermittlung der Bauteilverformungen<br />

im Betrieb<br />

FuÈ r die Erfassung der relevanten Bauteilverformungen<br />

in LaÈ ngs-, Quer- und Vertikalrichtung<br />

werden drei kalibrierte DMS-<br />

Federbleche zwischen Buchseninnenteil<br />

und -auûenhuÈ lse in orthogonaler Anordnung<br />

appliziert, vgl. Abb. 3. Die Enden<br />

der Federbleche sind als Gleitkontakte<br />

ausgefuÈ hrt, damit die Signale in jeder<br />

Meûrichtung weitgehend ohne StoÈ ranteile<br />

aufgezeichnet werden koÈ nnen. Die Gestaltung<br />

<strong>von</strong> Federblechen und Meûsensorik<br />

orientiert sich an verschiedenen Anforderungen:<br />

Abb. 2. RSF-<br />

Buchse<br />

± Umsetzung der Bauteilverformungen<br />

in hinreichend groûe lokale Dehnungen<br />

in den Federblechen<br />

± betriebsfeste SignalfuÈ hrung, d. h. insbesondere<br />

keine plastischen Verformungen<br />

± Eigenfrequenzen (hier: > 100 Hz) weit<br />

oberhalb der maximalen Auswertefrequenz<br />

Alle Verformungssignale laufen uÈ ber<br />

einen MeûverstaÈ rker und werden zeitgleich<br />

<strong>von</strong> einem Meûdatenerfassungssystem<br />

aufgenommen. Die Sample-<br />

Rate betraÈ gt 256 Hz, so daû Signalanteile<br />

bis zu einer Frequenz <strong>von</strong> etwa 25 Hz<br />

noch zuverlaÈ ssig identifiziert werden koÈ n-<br />

nen.<br />

Die Fahrbetriebsmessungen werden<br />

waÈ hrend des regulaÈ ren Zugbetriebes<br />

KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001 579


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

innerhalb <strong>von</strong> 4 Wochen auf dem ICE-<br />

Streckennetz vorgenommen. Die gesamte<br />

Laufleistung des ¹Meûwagensª<br />

zwischen erster und letzter Messung umfaût<br />

insgesamt 35 000 km. Meûsignale<br />

werden dabei auf einer Summendistanz<br />

<strong>von</strong> etwa 9000 km aufgezeichnet.<br />

Die zu den einzelnen Meûfahrten gehoÈ<br />

rigen Streckenabschnitte sind in 5<br />

QualitaÈ tsklassen (I: Schnellfahrstrecke<br />

bis 250 km/h, II: Ausbaustrecke bis<br />

200 km/h, III: Altbaustrecke bis 160 km/<br />

h, IV: Altbaustrecke kurvenreich, V: Rangierfahrten)<br />

unterteilt. Ferner werden besondere<br />

FahrzustaÈ nde wie z. B. Notbremsungen<br />

separat gemessen.<br />

Abb. 4 zeigt Beispiele fuÈ r gemessene<br />

SignalverlaÈ ufe. Rechts sind Fahrgeschwindigkeit,<br />

Fahrweg und vertikaler<br />

PrimaÈ rfederweg dargestellt. Die drei linken<br />

Kurven beziehen sich auf die orthogonalen<br />

Buchsenverformungen in x-, y-<br />

und z-Richtung.<br />

Abb. 4. Meûsignale<br />

PruÈ fsignaldesign<br />

Abb. 3. Meûsensorik<br />

FuÈ r die Generierung einer statistisch zuverlaÈ<br />

ssigen Bemessungsgrundlage muÈ s-<br />

sen die fuÈ r verschiedene Streckenkategorien<br />

vorliegenden dreidimensionalen Verformungs-Zeit-Funktionen<br />

der RSF-<br />

Buchse weiter aufbereitet werden. Hierzu<br />

werden die Einzeldateien der Meûfahrten<br />

zunaÈ chst zu Streckenklassendateien verkettet.<br />

In Absprache zwischen dem Bauteillieferanten,<br />

dem Fahrzeughersteller<br />

sowie dem Fahrzeugbetreiber erfolgt die<br />

Festlegung <strong>von</strong> Zuschlagfaktoren, die im<br />

vorliegenden Fall folgende SystemveraÈ n-<br />

derungen in die Betrachtung einbeziehen:<br />

± Streckenverschlechterung<br />

± Fahrzeugverschlechterung<br />

± SteifigkeitsaÈ nderung<br />

FuÈ r die Klassierung der mit Zuschlagfaktoren<br />

bewerteten Streckenklassendateien<br />

kommt die zweiparametrige Rainflow-ZaÈ<br />

hlung zum Einsatz, aus der sich<br />

die einparametrigen Klassierungen nach<br />

Klassengrenzen- (level crossing counting)<br />

bzw. BereichspaaruÈ berschreitungen<br />

(range pair counting) direkt ableiten lassen<br />

[Buxbaum 11, Weltin 12].<br />

Die dreidimensionalen Verformungskollektive<br />

werden fuÈ r jede Streckenklasse<br />

auf Grundlage einer einheitlichen Referenzfahrleistung<br />

L R (hier: 10 000 km) ermittelt.<br />

Durch Konvergenuntersuchungen<br />

mit Klassierergebnissen, die sich<br />

fuÈ r anteilige Fahrleistungen (1/16, 1/8,<br />

1/4, 1=2 L R ) ergeben, laÈ ût sich eine statistisch<br />

zuverlaÈ ssige Extrapolation der Kollektive<br />

<strong>von</strong> den Meûfahrtstrecken auf die<br />

geforderte schadensfreie Gesamtfahrleistung<br />

absichern.<br />

Zur Definition einer 3-axialen PruÈ f-<br />

standzeitfolge fuÈ r einen experimentellen<br />

Lebensdauernachweis sind die gemessenen<br />

und extrapolierten Streckenklassensignale<br />

einer Raffung, vgl. Weltin<br />

[12], zu unterziehen. Folgende Aspekte<br />

sind hierbei <strong>von</strong> Bedeutung:<br />

± Eliminierung <strong>von</strong> Stillstandzeiten<br />

± simultane Auswertung aller drei orthogonalen<br />

Verformungssignale (Phaseninformation)<br />

± Einsatz der FEM<br />

R Bestimmung der schadenskritischen<br />

Stelle(n) im Bauteil<br />

R Ermittlung des nichtlinearen Zusammenhanges<br />

zwischen SchaÈ digungsparameter<br />

und dreidimensionalen<br />

Bauteilverformungen<br />

± Festlegung eines Omissionstripels fuÈ r<br />

die Signalomission<br />

± Geschwindigkeitsoptimierung fuÈ r PruÈ f-<br />

standlauf unter besonderer BeruÈ cksichtigung<br />

<strong>von</strong> Leistungsgrenze und<br />

DynamikfaÈ higkeit der servohydraulischen<br />

PruÈ fmaschine<br />

Als Omissionsgrenze wird im vorliegenden<br />

Fall eine Hauptnormaldehnungsamplitude<br />

<strong>von</strong> 15 % angesetzt. Ausgehend<br />

<strong>von</strong> diesem Wert wird mit Hilfe<br />

der Finite-Elemente-Methode (FEM) ein<br />

entsprechendes Grenzverformungstripel<br />

festgelegt.<br />

Die Signalomission erfolgt auf Basis<br />

einer Rainflow-Filterung, siehe z. B. Weltin<br />

[12], bei der die stochastischen Verformungssignale<br />

in eine Folge <strong>von</strong> Umkehrpunkten<br />

umgewandelt werden, siehe<br />

Abb. 5. Kennzeichend fuÈ r die Rainflow-<br />

Filterung ist, daû originaÈ res und gefiltertes<br />

Signal bzgl. der zweiparametrigen Rainflow-Klassierergebnisse<br />

in den schaÈ digungsrelevanten<br />

Mittelwert-Amplituden-<br />

Kombinationen ident sind.<br />

580 KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001 581


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

Abb. 5. Rainflow-Filterung<br />

Die demgemaÈ û berechneten gerafften<br />

Zeitfolgen aller 5 Streckenklassen werden<br />

nach einem <strong>von</strong> der Deutschen<br />

Bahn AG definierten repraÈ sentativen<br />

Streckenklassenmix gewichtet (Strekkenklasse<br />

I: 20 %, II: 20 %, III: 50 %, IV:<br />

10 %, V: zusaÈ tzl. eine Rangierfahrt pro<br />

800 km) und zu einem 3-axialen PruÈ fzyklus<br />

verknuÈ pft.<br />

Bedingt durch die Raffung entspricht<br />

nun eine PruÈ fstandzeitfolge <strong>von</strong> 66 min<br />

einer schaÈ digungsaÈ quivalenten Laufleistung<br />

<strong>von</strong> 13 203 km im Feld. Die PruÈ f-<br />

standzeitfolge ist demgemaÈ û 228 mal<br />

zu durchlaufen, um 3 Mio. Schienenkilometer<br />

Fahrbetrieb im PruÈ ffeld abzubilden.<br />

BauteilpruÈ fung<br />

Die dreidimensionale LebensdauerpruÈ -<br />

fung erfolgt an einem 4-AchspruÈ fstand<br />

Abb. 6. servohydraulischer<br />

4-Achs-<br />

PruÈ fstand<br />

mit 3 servohydraulischen Zylindern fuÈ r<br />

translatorische Bewegungen und einem<br />

zusaÈ tzlichen servohydraulischen Drehantrieb<br />

um die Hochachse, der im vorliegenden<br />

Fall nicht genutzt wird, siehe<br />

Abb. 6.<br />

Am PruÈ fstand lassen sich folgende<br />

Kraft- und WeggroÈ ûen realisieren:<br />

Achse 1: 65 kN 50 mm<br />

Achse 2: 1250 Nm 608<br />

Achse 3: 25 kN 50 mm<br />

Achse 4: 35 kN 25 mm<br />

Die ZylinderkraÈ fte werden in den 3<br />

translatorischen Achsen uÈ ber insgesamt<br />

6 paarweise angeordnete Koppelstangen<br />

auf das Bauteil uÈ bertragen. Jede Koppelstange<br />

ist mit einer DMS-VollbruÈ cke fuÈ r<br />

die Ermittlung der PruÈ fkraÈ fte versehen.<br />

Die Wegmessung erfolgt innerhalb der<br />

Hydraulikzylinder. Die Nachgiebigkeiten<br />

des PruÈ fstandes sowie der Bauteilaufnahme<br />

koÈ nnen uÈ ber die Regelungssoftware<br />

kompensiert werden.<br />

FuÈ r die VersuchsdurchfuÈ hrung wird die<br />

RSF-Buchse innenseitig uÈ ber eine Zapfenvorrichtung<br />

mit der PruÈ fstandplattform<br />

verschraubt, die uÈ ber die Koppelstangen<br />

in drei orthogonalen Translationsfreiheitsgraden<br />

momentenfrei angelenkt werden<br />

kann. Die AuûenhuÈ lse der Buchse wird<br />

in einer Nabenaufnahme fixiert, die an<br />

das raumfeste Querhaupt des PruÈ fstandes<br />

angebunden ist, siehe Abb. 7.<br />

Die PruÈ fstandsoftware erlaubt das<br />

Nachfahren <strong>von</strong> mehraxialen Signalen in<br />

Kraft- und Wegregelung. Hierbei werden<br />

die Abweichungen der gemessenen Ist-<br />

Signale (z. B. KraÈ fte in den Koppelstangen)<br />

vom Sollwert in allen Achsen fuÈ r<br />

einen Signaldurchlauf ermittelt, mit der<br />

zuvor gemessenen inversen PruÈ fstanduÈ<br />

bertragungsfunktion (KoppelstangenkraÈ<br />

fte R Servoventilwege) multipliziert<br />

und nach Gewichtung zu den alten Stellsignalen<br />

(Servoventilwege) aufaddiert.<br />

Somit stehen fuÈ r den nachfolgenden Signaldurchlauf<br />

optimierte StellgroÈ ûen fuÈ r<br />

die Servoventilansteuerung zur VerfuÈ -<br />

gung. Dieser Prozeû wird solange iteriert,<br />

bis eine ± z. B. auf Basis <strong>von</strong> Mean- und<br />

Peak-Fehlern ± definierte NachfahrguÈ te<br />

erreicht ist. Erst in diesem Fall geht das<br />

Programm in den Dauerlauf.<br />

Die Dauererprobung der RSF-Buchsen<br />

erfolgt zweckmaÈ ûig in Kraftregelung,<br />

damit verschiedene Bauteile untereinander<br />

verglichen werden koÈ nnen.<br />

FuÈ r die UÈ berfuÈ hrung der vorliegenden<br />

Verformungszeitfolgen in Kraftzeitfolgen<br />

muû am PruÈ fstand an einer vom LBF<br />

im Rahmen der Fahrversuche verwendeten<br />

Buchse ein kompletter Signaldurchlauf<br />

nachgestellt werden.<br />

FuÈ r die RSF-Buchsen sind als Schadenskriterien<br />

Risse oder eine SteifigkeitsaÈ<br />

nderung <strong>von</strong> 10 % gegenuÈ ber dem Neuzustand<br />

in irgendeiner Bauteilachse festgelegt.<br />

Zur Dokumentation des Verschleiû-<br />

und ErmuÈ dungsverhaltens werden<br />

daher jeweils nach einer vorgebenen<br />

Anzahl <strong>von</strong> Signalzyklen Kennlinienmessungen<br />

in allen Achsen durchgefuÈ hrt.<br />

Abb. 8 zeigt einen im Rahmen eines<br />

Laststufenversuches, siehe naÈ chster Abschnitt,<br />

aufgetretenen Polsteranriû in y-<br />

Richtung. Rechts ist der mit diesem<br />

Schadens-bild in Verbindung stehende<br />

Abfall der Quersteifigkeit uÈ ber der PruÈ f-<br />

dauer dargestellt.<br />

582 KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

Lebensdauerprognose im<br />

Versuch<br />

Abb. 7. Aufnahme der RSF-Buchse im PruÈ fstand<br />

Abb. 8. BauteilschaÈ digung<br />

Abb. 9. DehnungswoÈ hlerlinie<br />

Im Rahmen der Lebensdauerversuche ist<br />

fuÈ r die zu untersuchenden RSF-Buchsen<br />

der Nachweis zu erbringen, daû die<br />

Bauteile mit einer MindestzuverlaÈ ssigkeit<br />

<strong>von</strong> R ˆ 95 % eine Laufstrecke <strong>von</strong> 3<br />

Mio. Schienenkilometern schadensfrei<br />

uÈ berstehen. Die zugehoÈ rige Aussagewahrscheinlichkeit<br />

soll P A ˆ 90% betragen.<br />

Da die Bauteillebensdauer naturgemaÈ<br />

û einer statistischen Streuung unterliegt,<br />

muÈ ssen zur ErfuÈ llung der genannten<br />

Nachweisforderung mehrere Bauteile gepruÈ<br />

ft werden. Die minimal notwendige<br />

Probenanzahl ergibt sich dabei aus der<br />

Ausfallverteilung (Weibull-Verteilung) des<br />

Bauteils, die anhand <strong>von</strong> FeldausfaÈ llen<br />

oder Voruntersuchungen im PruÈ ffeld abzuschaÈ<br />

tzen ist.<br />

Eine erhebliche Reduktion <strong>von</strong> PruÈ f-<br />

standlaufzeiten und -kosten kann erzielt<br />

werden, wenn am ersten PruÈ fling die<br />

schadensfrei uÈ berstandene PruÈ fdauer<br />

die geforderte Bauteillebensdauer deutlich<br />

uÈ bersteigt, d. h. LebensdauerverhaÈ ltnisse<br />

L V > 1 vorliegen. Unter der Voraussetzung,<br />

daû der Formfaktor b der Weibull-Verteilung<br />

aus FeldausfaÈ llen oder<br />

vorangegangenen PruÈ fstandlaÈ ufen an<br />

aÈ hnlichen Bauteilen bekannt ist, kann<br />

der ¹Bayessche Ansatzª verwendet werden,<br />

der folgenden statistischen Zusammenhang<br />

begruÈ ndet, siehe VDA [13]:<br />

P A ˆ 1 R nLb v<br />

…1†<br />

Im Rahmen der Dauererprobung der<br />

RSF-Buchse wird bei PruÈ fung eines einzigen<br />

Bauteiles, d.h. n ˆ 1!, ein LebensdauerverhaÈ<br />

ltnis <strong>von</strong> 2,2 erzielt. Aus Voruntersuchungen<br />

kann ein minimaler<br />

Formfaktor <strong>von</strong> 5,8 abgesichert werden<br />

(uÈ blicher Wertebereich bei ElastomerbauteilpruÈ<br />

fungen: b ˆ 3 9). Hieraus ergibt<br />

sich mit Gl. (1) unter BeruÈ cksichtigung<br />

der geforderten Mindest-ZuverlaÈ s-<br />

sigkeit eine Aussagewahrscheinlichkeit<br />

<strong>von</strong> P A ˆ 99 %. Weitere Bauteilversuche<br />

sind damit aus statistischer Sicht nicht erforderlich.<br />

Zur Minimierung der PruÈ fkosten hat<br />

sich in der Praxis noch eine andere Vorgehensweise<br />

bewaÈ hrt. Wenn eine PruÈ -<br />

fung <strong>von</strong> ± im Extremfall ± nur einem Bauteil<br />

mit einem LebensdauerverhaÈ ltnis<br />

L V > 1 nicht moÈ glich ist, so koÈ nnen alternativ<br />

auch mehrere Bauteile mit einem<br />

KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 54. Jahrgang, Nr. 11/2001 583


LebensdauerpruÈ fung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

Die derzeitige Entwicklung auf dem Gebiet<br />

der Lebensdauerprobung <strong>von</strong> <strong>Elastomerbauteilen</strong><br />

ist im wesentlichen<br />

durch folgende Trends gekennzeichnet:<br />

± StaÈ ndige Verbesserung bzw. ErgaÈ n-<br />

zung des experimentellen Betriebsfestigkeitsnachweises<br />

durch rechnerische<br />

Prognosekonzepte<br />

± Lebensdauererprobungen muÈ ssen<br />

grundsaÈ tzlich auf Meûergebnissen basieren,<br />

die in moÈ glichst hohem Maûe<br />

repraÈ sentativ fuÈ r die tatsaÈ chlichen Betriebsbeanspruchungen<br />

sind. In jedem<br />

Fall muû eine eindeutige Zuordnung<br />

zwischen den Laufleistungen im Feld<br />

und am PruÈ fstand moÈ glich sein.<br />

± Eine weitere Reduktion der PruÈ fzeiten<br />

durch Entwicklung und Validierung<br />

neuer OmissionsansaÈ tze wird angestrebt.<br />

± SchaÈ digungsaÈ quivalente Transformation<br />

<strong>von</strong> multiaxialen auf einaxiale Lebensdauerversuche<br />

in Zukunft moÈ g-<br />

lich?<br />

± Speziell bei sicherheitskritischen Bauteilen<br />

muû das technische Restrisiko<br />

durch einen umfassenden Informationsfluû<br />

<strong>von</strong> ZuverlaÈ ssigkeitsdaten zwischen<br />

Fahrzeughersteller, Lieferant<br />

und Endkunden weiter eingegrenzt<br />

werden (z.B. Ausfallverteilungen, Restlebensdaueruntersuchungen).<br />

± Lieferanten und Fahrzeughersteller<br />

sind gemeinsam aufgerufen, auf Basis<br />

intensivierter Feldmessungen standardisierte<br />

PruÈ fkollektive zu erarbeiten.<br />

LebensdauerverhaÈ ltnis L V

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!