Isabelle Marthaler - Priori
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Die Fahrt auf dem Fluss ist gemächlich, friedlich, meditativ, sehr entschläunigend. Wie<br />
zwei Königinnen sassen wir in der Mitte der Pirogue. Vorne hielt Robinson nach<br />
Chamäleons, Krokodilen, Lemuren, Fledermäusen und speziellen Pflanzen, Bäumen und<br />
Vögeln Ausschau. Denn, die wirklich einmaligen Tiere und Pflanzen, die es nur noch in<br />
Madagaskar gibt, bieten sich einem nicht einfach so à la Masoala-Halle des Zürcher Zoos<br />
an, sondern müssen gefunden werden, oder wenn man Glück hat finden sie einen! Hinten<br />
hielt Olivier uns rudernd im Auge. Ruckartige Bewegungen führten automatisch dazu, dass<br />
wir nass wurden, da eine Pirogue nur wenige Zentimeter aus dem Wasser ragt. Hin und<br />
wieder wurde das Fliessen des Wassers und das Eintauchen des Paddels durch<br />
Kinderrufe, Frauen, die am Ufer wuschen, Männer, die fischten, das Tuckern eines<br />
Bootes, oder das Kreuzen einer anderen Pirogue unterbrochen. Mit all diesen Menschen,<br />
denen der Fluss als Versorgungsweg dient, gab's dann ein Schwätzchen mit der in<br />
Madagaskar üblichen Einleitung: „Inona no vaovao?“ (Gibt's Neuigkeiten?), worauf der/die<br />
Angesprochene meist mit: „Tsy misy vaovao!“ (Es gibt nichts Neues) antwortet. Geredet<br />
wird dann aber doch! Hin und wieder haben wir auch gesungen. Wir Frauen haben<br />
versucht, die Männer mit urschweizerischem Gejodele in allen vier Landessprachen zu<br />
übertrumpfen!<br />
Nach etwa vier Stunden steuerte Olivier die Pirogue ans Ufer. Er und Robinson fingen<br />
sofort an zu kochen, und wir beide konnten uns unter einem grossen Mangobaum auf das<br />
leckere Mal freuen. Alleine waren wir aber nicht. Im Nu verbreitete sich offensichtlich die<br />
Information, dass „Vazahs“ (weisse Fremde) am Campieren seien, und schon waren viele<br />
Kinder und teilweise auch Erwachsene der umliegenden Dörfchen zur Stelle. Vor allem<br />
wollten sie von uns Kleidungsstücke und leere PET-Flaschen – jawoll, leere, nicht volle –<br />
damit sie mit Selbstgemachtem gefüllt werden konnten. Das gute Essen erfreute uns nicht<br />
wirklich und der Hunger wurde gedämpft, da uns die Präsenz des grossen, nichtessenden<br />
Publikums schon nachdenklich stimmte. Robinson hat dann unsere Resten unter den<br />
„Zuschauern“ verteilt!